TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/22 W192 2173114-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2019
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Entscheidungsdatum

22.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 2173114-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2017, Zahl 1093926805-151702367, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F. und §§ 52, 55 FPG i. d. g. F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise am 07.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gab der Beschwerdeführer an, der Volksgruppe der Paschtunen und dem islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung anzugehören. Der Beschwerdeführer stamme aus Jalalabad, habe zehn Jahre Schulbildung absolviert und sei minderjährig. Im Herkunftsstaat hielten sich die Eltern, ein Bruder und fünf Schwestern des Beschwerdeführers auf. Der Beschwerdeführer habe Afghanistan zwei Monate zuvor verlassen und sei über den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien und weitere Länder nach Österreich gelangt. Zu seinem Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, er habe Afghanistan wegen des Krieges und der Taliban verlassen; die Taliban hätten gewollt, dass er für sie arbeite. Bei einer Rückkehr fürchte er, von Taliban getötet zu werden.

Am 28.06.2017 erfolgte im Rahmen des zugelassenen Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eine niederschriftliche Einvernahme des nunmehr volljährigen Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer gab eingangs an, sich psychisch und physisch zur Durchführung der Einvernahme in der Lage zu fühlen, er sei gesund und benötige keine Medikamente. Bei seiner Erstbefragung habe er der Wahrheit entsprechende Angaben erstattet, welche korrekt zu Protokoll genommen und rückübersetzt worden wären. Er habe seine Reise im Juni oder Juli 2015 in der Stadt Jalalabad begonnen.

Der Beschwerdeführer legte eine Tazkira, einen Drohbrief und eine Bestätigung des Stammesrates sowie Bestätigungen über Kursbesuche in Österreich und ein Zertifikat über die Absolvierung einer Deutschprüfung auf dem Niveau A2 vor. Die Familie des Beschwerdeführers würde nach wie vor im Herkunftsort des Beschwerdeführers leben und ihren Unterhalt aus einer eigenen Landwirtschaft bestreiten. Der Beschwerdeführer stehe mit Familienangehörigen über soziale Netzwerke in Kontakt. Er habe im Herkunftsstaat die Schule besucht, sei von seinem Vater unterstützt worden und habe ab und zu in der Landwirtschaft geholfen. Er habe auch Kontakt mit früheren Schulkollegen und Freunden.

Über die Gründe für seine Ausreise brachte der Beschwerdeführer vor, dass im Jahr 2015 die Taliban in sein Herkunftsgebiet gekommen seien. Es habe einen hinter der Wüste gelegenen Ort beim Dorf gegeben, wohin die Taliban junge Leute aus dem Dorf unter Zwang mitgenommen hätten. Falls jemand nicht mitgehen wollte, hätten sie diesen getötet. Zwei Wochen später hätten die Taliban en Beschwerdeführer mitgenommen und er sei etwa zwei bis drei Wochen bei Ihnen am genannten Ort hinter der Wüste aufhältig gewesen. Während dieser drei Wochen hätten er und andere auch für die Taliban kämpfen müssen. Freitags hätten sie immer frei gehabt und ihre Familien besuchen können. Als der Beschwerdeführer zu Hause gewesen sei, sei die Lokalpolizei gekommen und habe den Vater des Beschwerdeführers gefragt, weshalb der Beschwerdeführer für die Taliban kämpfe und ihn aufgefordert, dies einzustellen. Der Beschwerdeführer habe erklärt, dass die Taliban ihn töten würden, falls er nicht für sie kämpfe. Nachdem der Beschwerdeführer erneut von den Taliban zurückgekehrt sei, hätten Angehörige der Lokalpolizei gesagt, der Beschwerdeführer sei dafür verantwortlich, wenn er so weitermache. Der Beschwerdeführer habe zu seinem Vater gesagt, dass er nicht mehr für die Taliban kämpfen wolle. Sein Vater habe angekündigt, Grundstücke zu verkaufen, damit der Beschwerdeführer flüchten könne. Der Beschwerdeführer sei wieder zu den Taliban gegangen. Am Abend beim Nachtdienst für die Taliban sei der Beschwerdeführer mit zwei anderen Freunden von den Taliban geflüchtet und nach Hause gegangen. Es habe etwa einen Monat gedauert, bis die Grundstücke verkauft werden konnten und der Beschwerdeführer habe sich in dieser Zeit zu Hause versteckt. Er habe sich wie eine Frau gekleidet, damit die Taliban den Beschwerdeführer nicht finden konnten. In diesem Monat habe der Beschwerdeführer auch den Drohbrief bekommen. Nach Verkauf der Grundstücke habe ein Nachbar dem Vater des Beschwerdeführers einen Schlepper vermittelt und der Beschwerdeführer sei geflüchtet.

Auf Nachfrage, was der Beschwerdeführer mit "für die Taliban kämpfen" gemeint habe, brachte dieser vor, dass er nicht direkt gekämpft habe. Er habe Wasser und Munition gebracht und habe niemanden getötet. Der Beschwerdeführer sei im ersten oder zweiten Monat 2015 von den Taliban mitgenommen worden und drei Wochen dortgeblieben. Er habe den Drohbrief zwei Wochen nach seiner Flucht erhalten. Dieser sei zur Haustür gelegt worden.

Der Beschwerdeführer sei bei den Taliban drei Wochen lang militärisch ausgebildet worden. Er sei im Zerlegen und Nachladen einer Waffe vom Typ Kalaschnikow geschult worden. Bei den Taliban sei der Beschwerdeführer schlecht behandelt worden, habe manchmal kein Essen erhalten und sei geschlagen worden.

Die Taliban hätten auch die Familie des Beschwerdeführers bedroht und dessen ältere Schwester heiraten wollen. Deshalb habe die Schwester jemanden aus dem Dorf geheiratet. Die Taliban würden von den Dorfbewohnern auch monatlich als Zakat Geldzahlungen bekommen. Die Familie des Beschwerdeführers lebe weiterhin im Herkunftsort des Beschwerdeführers, weil es abgesehen von den Geldzahlungen keine Bedrohungen gebe.

Der Beschwerdeführer brachte auf Nachfrage vor, dass er an einem näher bezeichneten Ort im Jänner oder Februar 2015 gegen die Polizei gekämpft bzw. die Taliban versorgt habe. Der Beschwerdeführer habe niemals in Kabul gelebt. Er sei nicht in einen anderen Teil von Afghanistan geflohen, weil es überall Taliban gebe und diese Spione hätten. Der ältere Bruder des Beschwerdeführers sei in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen und von Taliban deshalb nicht zum Mitkämpfen gezwungen worden. In Österreich gehe der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nach, habe soziale Kontakte, betreibe Sport und habe Deutschkenntnisse erworben.

Bei einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 11.09.2017 tätigte der Beschwerdeführer auf Befragen neuerlich Angaben zur zeitlichen Einordnung der Aktivitäten der Taliban in seiner Herkunftsregion und seiner Ausreise, weiters über die Lage des bezeichneten Ortes, an welchem er von Taliban angehalten worden sei. Etwa eine Woche nach Beginn des Jahres 2015, der ihm bekannt sei, weil in Pakistan der Jahreswechsel im "georgischen" (offensichtlich gemeint: "gregorianischen") Kalender gefeiert werde, seien die Taliban aktiv geworden und der Beschwerdeführer sei in der dritten Woche 2015 mitgenommen worden. Im Rahmen des Nachtdienstes bei den Taliban habe er gekocht und sei als Wachmann aktiv gewesen. Er sei beauftragt gewesen, sofort zu melden, sobald er eine andere Gruppe sehen. Nach 3 bis 4 Wochen sei er mit zwei weiteren Personen um 1:00 Uhr nachts von den Taliban nach Hause geflüchtet. Er habe etwa eine Stunde gebraucht, da er gelaufen sei. Danach seien die Taliban mehrmals zum Haus der Familie des Beschwerdeführers gekommen, um ihn mitzunehmen, dieser habe sich aber in Frauenkleider versteckt. 5 bis 6 Mal seien die Taliban gekommen. Der Beschwerdeführer habe ein langes Kleid seiner Schwester getragen. Der Beschwerdeführer habe den Drohbrief drei Wochen nach seiner Flucht vor den Taliban erhalten. Im dritten Monat 2015 habe er sich entschlossen, das Land zu verlassen und drei Wochen später sei er ausgereist.

Das Lager der Taliban habe aus vier Zelten bestanden und rundherum sei Holz und Stein gewesen. Für das Training hätte der Beschwerdeführer über Holzwände springen müssen. Es habe auch Wachtürme gegeben. Diese hätten aus großen Holzstücken und Steinen sowie Sandsäcken bestanden. Der Beschwerdeführer habe bei den Taliban gekocht, gewaschen, Wasser gebracht und Munition geliefert. Er sei auf dem Schulweg mit Autos, es seien drei Pick-ups gewesen, mitgenommen worden. Damit sei man 30 Minuten zum Lager der Taliban gefahren.

Zur Frage nach der Front gab der Beschwerdeführer an, dass er damit nicht einen Ort, sondern die Kämpfer bezeichnet habe. Die Leute, die gut kämpften, seien ganz vorne gewesen.

Der Beschwerdeführer sei von seinen Eltern nicht gehindert worden, zu den Taliban zu gehen, obwohl er durch die Lokalpolizei bedroht worden sei, da die Taliban im Herkunftsort mächtiger gewesen seien. Der Beschwerdeführer wäre umgebracht worden, wenn er nicht zurückgekehrt wäre. Der Beschwerdeführer habe selbst gesehen, dass zwei seiner Freunde von Taliban erschossen worden seien, als sie sich geweigert hätten, mitzugehen. Nach seiner Flucht vor den Taliban habe sich der Beschwerdeführer noch einen Monat lang im Heimatdorf aufgehalten. In dieser Zeit seien die Taliban sechsmal bei seiner Familie gewesen und hätten ihn gesucht. Er sei nicht in einen anderen Teil von Afghanistan gegangen, weil die Taliban sehr mächtig seien.

Auf weitere Nachfrage über die Ausbildung an der Waffe gab der Beschwerdeführer an, dass er keine besondere Schulung erhalten, sondern man ihm nur gezeigt habe, wie er Munition auffülle.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Religion und Volksgruppenzugehörigkeit, nicht jedoch die Identität des Beschwerdeführers fest. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht vollinhaltlich glaubhaft und nicht asylrelevant. Der Beschwerdeführer sei gesund, habe in der Vergangenheit durch eigene Arbeitsleistung und Unterstützung seiner Familie seinen Lebensunterhalt bestreiten können und sei mit Sprache und Kultur des Herkunftsstaates vertraut. Seine Heimatsprovinz Nangarhar stehe nicht als momentane Rückkehroption zur Verfügung, es bestehe jedoch in der Hauptstadt Kabul eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternativen. Der Beschwerdeführer habe sich nach einer illegalen Einreise lediglich aufgrund einer Stellung eines Asylantrages in Österreich aufgehalten, es bestehe kein schützenswertes Privat und Familienleben und würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfordern.

Die Behörde gründete die negativen Feststellungen über die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers auf grobe Ungereimtheiten hinsichtlich der zeitlichen Einordnung der behaupteten Ereignisse und seiner Reisebewegung, auf den Umstand, dass der Bruder des Beschwerdeführers von Taliban nicht behelligt worden sei und diese auch keine weiteren Sanktionen gegen andere Familienangehörige des Beschwerdeführers gerichtet hätten. Weiters habe der Beschwerdeführer gegenüber der Behörde widersprüchliche Angaben über seine Ausbildung an der Waffe sowie seine Beteiligung an Kampfhandlungen gemacht. Weitere näher bezeichnete Angaben des Beschwerdeführers seien unplausibel und vage gewesen. Hinsichtlich des angeblichen Drohbriefes und der Bestätigung von Dorfältesten wurde unter Hinweis auf Länderberichte über die verbreitete Fälschung solcher Dokumente ausgeführt, dass diesen keine Beweiskraft zukomme.

Dem selbsterhaltungsfähigen Beschwerdeführer sei im Hinblick auf bestehende Unterstützungsleistungen für Rückkehr und Reintegration und die dortige Sicherheitslage eine Rückkehr nach Kabul zumutbar.

3. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 29.09.2017 fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde nach zusammenfassender Wiedergabe des Verfahrensverlaufs im Wesentlichen ausgeführt, dass sich laut einzelnen wiedergegebenen Abschnitten aus Länderberichten die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert habe und insbesondere auch Kabul die Versorgungslage prekär sei, weshalb für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternativen nicht zumutbar sei.

Die Behörde habe es weiters unterlassen, den Beschwerdeführer genau über die Erschießung der beiden Jugendlichen, bei der er anwesend gewesen sei, zu befragen und hätte gegebenenfalls den in der Beschwerde dazu dargestellten Ablauf feststellen können.

Der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides wurde mit dem Hinweis, dass sich zeitliche Diskrepanzen und einzelne Widersprüche auf die Jugend des Beschwerdeführers zurückführen lassen, entgegengetreten. Weitere in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheids vorgeworfene Mängel an Plausibilität und Defizite der Angaben seien auf die Art der Fragestellung der Behörde zurückzuführen. Hinsichtlich der Echtheit des angeblichen Drohbriefes und der Vorfallsbestätigung werde der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die vorgelegten Dokumente echt seien, gestellt. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Schreiben vom 25.07.2018 legte der Beschwerdeführer ein Zeugnis über die Absolvierung der Pflichtschulabschluss-Prüfung vor.

4. Am 14.01.2019 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm, während das BFA keinen Vertreter entsandte. Dabei wurde der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Verhältnissen und den Gründen für die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz einvernommen und wurden aktuelle Länderberichte über die Situation Herkunftsstaat in das Verfahren eingeführt.

Der Beschwerdeführer legte in der Verhandlung Empfehlungsschreiben sowie Bestätigungen über Aktivitäten in einem Sportverein vor.

Mit Schreiben seines Rechtsvertreters vom 28.01.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den in das Verfahren eingeführten Berichten über die Situation in seinem Herkunftsstaat. Darin wurde vorgebracht, dass gemäß der aktuellen Rechtsprechung der österreichischen Höchstgerichte eine genaue Auseinandersetzung mit den UNHCR-Richtlinie vom 30.08.2018 erforderlich sei.

Zum Dokument von Akkord vom 07.12.2018 wurde vorgebracht, dass nach dessen Inhalt eine Integration des Beschwerdeführers in den Großstädten Herat oder Mazar-e Sharif als eventuelle Gastgemeinden schwierig sei, weil der Beschwerdeführer ursprünglich aus anderen Teilen Afghanistans stamme und wegen seines Auslandsaufenthaltes als "verwestlicht" angesehen werde. Ebenso würde er auf Schwierigkeiten stoßen, weil er an diesen Orten über kein etabliertes Netzwerk verfüge.

In Herat würden Rückkehrer oftmals in Slums, improvisierten Zelten oder auf der Straße unter sehr harten Bedingungen leben. Wegen anhaltender Dürre gebe es in der Provinz Herat 2018 Probleme mit der Wasserversorgung und sei eine Verschlechterung der Versorgungslage zu erwarten. Es gebe äußerst begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten nur unzureichende Unterbringung. Auch gebe es in Herat immer wieder Anschläge und des wurde auf Bombenanschläge auf schiitische Einrichtungen hingewiesen.

Von der Dürre sei auch die Provinz Balkh betroffen, während Informationen zu den Dürreauswirkungen insbesondere für Mazar-e Sharif schwer bis gar nicht zu erhalten seien. Die Auswirkungen auf die Provinz würden ein Bild zeichnen, in dem sich Mazar-e Sharif nur unter außergewöhnlichen Anstrengungen dem schlechten Allgemeinzustand der Provinz entziehen werde können. Die Ernährungssicherheit in Mazar-e Sharif sei krisenhaft und eine verstärkende Landflucht führe zu einer verschärften Situation am Arbeits-wie auch am Wohnungsmarkt.

Zu Kabul wurde unter Hinweis auf die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 vorgebracht, dass eine innerstaatliche Fluchtalternativen dort überhaupt nicht verfügbar sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist Muslim sunnitischer Ausrichtung. Seine Identität steht nicht fest. Er stammt aus der Provinz Nangarhar, hat dort die Schule besucht und seinen Lebensunterhalt durch Unterstützung seiner Familie und Mitarbeit in der Landwirtschaft der Familie bestritten. Die Eltern, ein volljähriger Bruder, und fünf Schwestern des Beschwerdeführers halten sich unverändert im Herkunftsort auf und bestreiten ihren Lebensunterhalt durch den Betrieb der Landwirtschaft. Diese Familienangehörigen waren nach der Ausreise des Beschwerdeführers keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt. Der Beschwerdeführer steht mit ihnen in Kontakt. Er verließ Afghanistan 2015 und reiste im Anschluss über den Iran, die Türkei und weitere Staaten nach Österreich ein, wo er am 07.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat verlassen, um in Europa bessere Lebensbedingungen vorzufinden. Die als fluchtkausal geltend gemachte Bedrohung des Beschwerdeführers durch die Taliban respektive eine dem Beschwerdeführer konkret drohende Zwangsrekrutierung oder sonst individuelle Verfolgung durch die Taliban ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hätte im Falle seiner Rückkehr keine Verfolgung seitens einer Talibangruppierung zu befürchten.

Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es wird - wie im angefochtenen Bescheid - zugrunde gelegt, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz in Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde.

Bei einer Ansiedelung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat, besteht für den Beschwerdeführer als leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine konkrete Gefahr, einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit zu erleiden und liefe der Beschwerdeführer auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung im Dezember 2015 durchgehend auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und hat seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung bestritten. Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse und hat im Juli 2018 die Pflichtschulabschlussprüfung absolviert. Der Beschwerdeführer spricht Pashto und Englisch, er war in Österreich ehrenamtlich tätig und in Sportvereinen (Fußball, Taekwondo) aktiv. Er hat in Österreich keine Familienangehörigen aber viele gute Freund. Er hat eine österreichische Freundin, mit der er jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt lebt und zu der keine wechselseitigen persönlichen oder finanziellen Abhängigkeiten bestehen.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:

...

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

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1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

-

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack, https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

-

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

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ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018):

Afghanistan: 67 morti in 24 ore, http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

-

Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison,

https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

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DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul,

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlag-attentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

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DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-regierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

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IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi,

https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistan-attacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

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KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabul-over-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

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LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-la-lecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

-

NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering,

https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

-

Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018

-

SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83,

https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

-

TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack,

https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

-

Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,

https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

-

Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

-TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul, https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html, Zugriff 22.11.2018

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilisten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

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(UNAMA 10.10.2018

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

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Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018

Quellen:

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AAN - Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election

Day Three: Looking at Kandahar's upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-three-looking-at-kandahars-upcoming-vote/, Zugriff 29.10.2018

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AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-evening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

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AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two: A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/, Zugriff 22.10.2018

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AAN - Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One:

A rural-urban divide emerging,

https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/, Zugriff 22.10.2018

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AFP - Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaotic-afghan-elections-doc-1a599v9, Zugriff 22.10.2018

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AJ - Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week-181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

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CNN - Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/index.html, Zugriff 29.10.2018

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LS - La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan,

http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-in-afghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html, Zugriff 22.10.2018

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RN - Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-al-voto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html, Zugriff 22.10.2018

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UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018),

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

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KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan

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Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptstädte von den Taliban angegriffen: Farah-Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

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(BFA Staatendokumentation 15.10.2018a)

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

(BFA Staatendokumentation 15.10.2018b)

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Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Faryab, Helmand und Kandahar waren am stärksten betroffen. Wobei die Zahl der durch Zusammenstöße am Boden verursachten zivilen Opfer um 18% und die Zahl der gezielten Tötungen deutlich zurückging. Jedoch ist die Opferzahl bei komplexen und Selbstmordangriffen durch regierungsfeindliche Gruppierungen gestiegen (um 22% verglichen mit 2017), wobei 52% der Opfer dem ISKP, 40% den Taliban und der Rest anderen regierungsfeindlichen Gruppierungen zuzuschreiben ist (UNAMA 15.7.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen waren im UNAMA-Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) für 3.413 (1.127 Tote und 2.286 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich (67%): 42% der Opfer wurden den Taliban, 18% dem IS und 7% undefinierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben. Im Vergleich mit dem ersten Halbjahr 2017 stieg die Anzahl ziviler Opfer von gezielten Angriffen auf Zivilisten um 28%, was hauptsächlich auf Angriffe auf die öffentliche Verwaltung und Vorfälle mit Bezug auf die Wahlen zurückzuführen ist (UNAMA 15.7.2018).

Ungefähr 1.047 (20%) der verzeichneten zivilen Opfer wurden regierungsfreundlichen Gruppierungen zugeschrieben: 17% wurden von den afghanischen Sicherheitskräften, 2% durch die internationalen Streitkräfte und 1% von regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppierungen verursacht. Gegenüber 2017 sank die den regierungstreuen Gruppen zugerechnete Zahl ziviler Opfer von Zusammenstößen am Boden um 21%. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem Anstieg der Opfer von Luftangriffen um 52% (Kunduz, Kapisa und Maidan Wardak) (UNAMA 15.7.2018; vgl. UNAMA 25.9.2018a, UNAMA 25.9.2018b).

Auch wurden von UNAMA zivile Opfer durch Fahndungsaktionen, hauptsächlich durch die Spezialkräfte des National Directorate of Security (NDS) und regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen wie die Khost Protection Force (KPF) verzeichnet (UNAMA 15.7.2018).

(UNAMA 15.7.2018)

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Dennoch unternahm die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen zur Reduzierung der Zahl ziviler Opfer, was hauptsächlich während Bodenoperationen einen diesbezüglichen Rückgang zur Folge hatte. Die Regierung verfolgt eine "nationale Politik für zivile Schadensminimierung und -prävention" und das Protokoll V der "Konvention über bestimmte konventionelle Waffen in Bezug auf explosive Kriegsmunitionsrückstände", welche am 9.2.2018 in Kraft getreten ist. Bei Bodenoperationen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich Taliban) wurde ein Rückgang der zivilen Opfer um 23% im Vergleich zu 2017 verzeichnet. So sank etwa die Zahl der zivilen Opfer der hauptsächlich von den Taliban eingesetzten Druckplatten-IEDs um 43% (UNAMA 15.7.2018).

Wahlen

Zwischen 14.04.2018 und 27.7.2018 fand die Wählerregistrierung für die Parlaments- sowie Distriktwahlen statt. Offiziellen Angaben zufolge haben sich im genannten Zeitraum 9,5 Millionen Wähler registriert, davon 34% Frauen (UNGASC 10.9.2018). Die Registrierung der Kandidaten für die Parlaments- sowie Distriktwahlen endete am 12.6.2018 bzw. 14.6.2018 und die Kandidatenliste für die Parlamentswahlen wurde am 2.7.2018 veröffentlicht (UNGASC 10.9.2018). Am 25.9.2018 wurde vom Sprecher der Independent Electoral Commission (IEC) verkündet, dass die landesweiten Distriktwahlen sowie die Parlamentswahlen in der Provinz Ghazni am 20.10.2018 nicht stattfinden werden (im Rest des Landes hingegen schon). Begründet wurde dies mit der niedrigen Anzahl registrierter Kandidaten für die Distriktwahlen (nur in 40 von 387 Distrikten wurden Kandidaten gestellt) sowie mit der "ernst zu nehmenden Sicherheitslage und anderen Problematiken". Damit wurden beide Wahlen (Distriktwahlen landesweit und Parlamentswahlen in Ghazni) de facto für 2018 abgesagt. Obwohl noch nicht feststeht, wann diese nachgeholt werden sollen, ist der 20.4.2019, an dem u.a. die Präsidentschafts- sowie Provinzwahlen stattfinden sollen, als neuer Termin wahrscheinlich (AAN 26.9.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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