TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/26 VGW-151/044/8441/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2019
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Entscheidungsdatum

26.07.2019

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
72/01 Hochschulorganisation

Norm

NAG §64 Abs2
NAG-DV §8 Z8 litb
UniversitätsG 2002 §74 Abs1
UniversitätsG 2002 §74 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Senft über die Beschwerde des Herrn A. B., geb. 1988, StA.: Türkei sowie Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Landeshauptmann von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 29.04.2019, ..., mit welchem der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Student" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, § 8 Z 7 lit. b NAG-DV, § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz - UG und § 19 Abs. 3 NAG, abgewiesen wurde

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 64 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018, iVm § 8 Z 8 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II 451/2005 idF BGBl. II Nr. 229/2018, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang

1.       Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 11. Jänner 2019 begehrte der Beschwerdeführer die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student".

2.       Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid 29. April 2019 ab und führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer keinen Nachweis über den erforderlichen Studienerfolg im vorausgegangenen Studienjahr 2017/2018 (Oktober 2017 bis September 2018) vorlegen habe können, da er nur eine positiv beurteilte Prüfung "C." im Ausmaß von 6 ECTS bzw. 4 Wochenstunden nachgewiesen habe. Er sei seit dem Sommersemester 2009 im ordentlichen Bachelorstudium "D.", sohin seit mehr als 10 Jahren. Laut Studienplan der ... Universität ... sei eine Studiendauer von sechs Semestern vorgesehen, die der Beschwerdeführer bei weitem überschritten habe. Der Beschwerdeführer erfülle daher nicht die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die beantragte Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung zum Zweck "Student".

3.       Gegen diesen Bescheid richtet sich die zulässige Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die Verlängerung seines Aufenthaltstitels, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde begehrt.

3.1. In der Beschwerdebegründung wird nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer im Studienjahr 2017/2018 keinen über sechs ECTS- Punkte bzw. 4 Semesterwochenstunden hinausgehenden Studienerfolg erzielen habe können. Der Beschwerdeführer führt im Wesentlichen aus, dass die Verwendung des Wortes "insbesondere" in § 8 Z 8 lit. b NAG-DV darauf schließen lasse, dass zur Beurteilung des Studienerfolges nicht ausschließlich ein solcher Erfolgsnachweis heranzuziehen sei. Dies indiziere, dass der Gesetzgeber bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens des Studienerfolgs den Vollzugsbehörden Ermessen eingeräumt habe. Ein lapidarer Hinweis, die erforderlichen ECTS seien nicht erreicht, bzw. der Beschwerdeführer habe die vorgesehene Studiendauer von sechs Semestern "bei Weitem" überschritten, sei zur Begründung nicht ausreichend. Es wäre viel mehr notwendig gewesen, zu prüfen, ob im Rahmen einer Gesamtschau der bisherigen studentischen Leistungen des Beschwerdeführers ein ausreichender Studienerfolg vorliege. So zeuge die seitens der belangten Behörde festgestellte Tatsache, dass der Beschwerdeführer von 180 ECTS bereits 159 ECTS erreicht habe, von seinem Bestreben, sein Studium erfolgreich zu beenden. Der Beschwerdeführer habe im laufenden Studienjahr Lehrveranstaltungen im Ausmaß von 10 ECTS bzw. 6,5 Semesterwochenstunden absolviert und werde in den nächsten Tagen zu weiteren Prüfungen antreten, sodass er – erfolgreiche Prüfungsergebnisse vorausgesetzt – im Stande sein werde, im aktuellen Studienjahr den notwendigen Erfolgsnachweis auch nach § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz zu erbringen. Gemäß Art. 21 Abs. 2 lit. b RL 2016/801 könnten zwar die Mitgliedstaaten einen Aufenthaltstitel entziehen oder seine Verlängerung verweigern, wenn der Student keine ausreichenden Studienfortschritte nach Maßgabe des nationalen Rechts oder der nationalen Verwaltungspraxis mache, nach Abs. 7 dieser Bestimmung müsse jede Entscheidung, einen Aufenthaltstitel zu entziehen oder dessen Verlängerung zu verweigern, die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Aus den Ausführungen gehe hervor, dass nach einer zu tätigenden Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Ergebnis gelangt werden müsse, dass die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages unverhältnismäßig wäre.

4.        Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien (einlangend am 26. Juni 2019) samt den Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

II.      Sachverhalt

1.       Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Der am ...1988 geborene Beschwerdeführer ist türkischer sowie bosnischer Staatsbürger.

Dem Beschwerdeführer wurde im Jahr 2008 seitens der belangten Behörde eine Erstaufenthaltsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck „Studierende“ (nunmehr: "Student") erteilt. In weiterer Folge wurde dieses Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers durch Erteilung von weiteren Aufenthaltsbewilligungen zu Studienzwecken verlängert, zuletzt wurde ihm eine Aufenthaltsbewilligung "Student" mit einer Gültigkeit 21. Jänner 2018 bis 21. Jänner 2019 erteilt. Am 11. Jänner 2019 stellte der Beschwerdeführer persönlich bei der belangten Behörde den verfahrensgegenständlichen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer weiteren Aufenthaltsbewilligung – "Student".

Der Beschwerdeführer ist seit 4. März 2009 an der ... Universität ... als ordentlicher Student im Bachelorstudium D. inskribiert.

Im Studienjahr 2017/2018 (1. Oktober 2017 bis 30. September 2018) hat der Beschwerdeführer dem Bachelorstudium D. zugeordnete Prüfungen bzw. Studienleistungen im Ausmaß von 6 ECTS bzw. 4 Semesterwochenstunden erreicht bzw. nachgewiesen.

2.       Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Einholung von Abfragen aus dem Fremdenregister und Würdigung des Beschwerdevorbringens.

Die Feststellungen zu den persönlichen Daten des Beschwerdeführers bzw. zu den bisher Inne gehaben Aufenthaltstiteln ergeben sich aus den behördlichen Verwaltungsakten, aus der Beschwerde sowie aus einem Auszug des Fremdenregisters.

Die Feststellungen zu dem vom Beschwerdeführer belegten Studium ergeben sich aus dem aktenkundigen Studienblatt bzw. der Studienbestätigung betreffend das Wintersemester 2018, sowie aus der Bestätigung des Studienerfolges vom 9. Jänner 2019, sowie aus der Bestätigung des Studienerfolges, ausgestellt am 28. April 2019 und damit im Sommersemester 2019, jeweils ausgestellt seitens der ... Universität ....

Der entscheidungserhebliche – unstrittige – Sachverhalt ergibt sich aus dem eigenen Beschwerdevorbringen bzw. den vom Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren selbst vorgelegten Unterlagen, insbesondere ergeben sich die Feststellungen zu den im oben angeführten Studienjahr erreichten Studienleistungen aus den seitens der ... Universität ... ausgestellten Bestätigungen des Studienerfolgs vom 9. Jänner 2019 sowie vom 28. April 2019

Der Beschwerdeführer hat vor der belangten Behörde oder in der Beschwerde weder weitere – dem Bachelorstudium D. zuordenbare – Studienleistungen im Studienjahr 2017/2018 behauptet, noch ergeben sich für die Annahme solcher weiteren Studienleistungen Anhaltspunkte aus dem Verwaltungsakt. Vielmehr geht auch der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde davon aus, die Grenze von 16 ECTS-Punkten bzw. 8 Semesterwochenstunden im Studienjahr 2017/2018 nicht erreicht zu haben.

III.     Rechtliche Beurteilung

1.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

§ 64 NAG in der geltenden Fassung (insoweit in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2018 - FrÄG 2018, BGBl. I Nr. 56/2018) lautet auszugsweise wie folgt:

"Studenten

§ 64. (1) Drittstaatsangehörigen ist eine Aufenthaltsbewilligung als Student auszustellen, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und

2. ein ordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule gemäß dem Hochschulgesetz 2005, BGBl. I Nr. 30/2006, absolvieren,

3. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz, BGBl. I Nr. 74/2011, oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, dieses mindestens 40 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst und nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient,

4. ein außerordentliches Studium im Rahmen eines Universitätslehrganges gemäß § 56 Universitätsgesetz 2002, eines Lehrganges zur Weiterbildung gemäß § 9 Fachhochschul-Studiengesetz, eines Universitätslehrganges gemäß § 3 Abs. 4 Privatuniversitätengesetz oder eines Hochschullehrganges gemäß § 39 Hochschulgesetz 2005 absolvieren, welches auf die in der Zulassungsentscheidung vorgeschriebene Ergänzungsprüfung vorbereitet,

5. ein außerordentliches Studium zur Herstellung der Gleichwertigkeit ihres ausländischen Studienabschlusses gemäß § 90 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002, § 6 Abs. 6 Fachhochschul-Studiengesetz oder § 68 Abs. 4 Hochschulgesetz 2005 absolvieren,

6. ein außerordentliches Studium zum Besuch einzelner Lehrveranstaltungen aus wissenschaftlichen Fächern, sofern das in Z 4 genannte außerordentliche Studium erfolgreich abgeschlossen wurde und das Aufnahme- oder Eignungsverfahren aus nicht vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen erst im darauffolgenden Semester absolviert werden kann, oder

7. ein in Z 2 angeführtes Studium abgeschlossen haben und im Anschluss daran eine für die Berufsausübung gesetzlich verpflichtende fachliche Ausbildung absolvieren.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

(2) Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität oder Pädagogischen Hochschule erbringt und in den Fällen des Abs. 1 Z 4 darüber hinaus spätestens innerhalb von zwei Jahren die Zulassung zu einem Studium gemäß Abs. 1 Z 2 nachweist. Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung einer gesetzlich verpflichtenden fachlichen Ausbildung gemäß Abs. 1 Z 7, ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zu diesem Zweck nur zulässig, wenn der Drittstaatsangehörige einen angemessenen Ausbildungsfortschritt nach Maßgabe der der jeweiligen Ausbildung zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften erbringt. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges oder Ausbildungsfortschrittes eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

…"

§ 8 Z 8 lit. b NAG-DV idF BGBl. II Nr. 229/2018 hat folgenden Wortlaut (soweit im Gegenstand maßgeblich):

"Weitere Urkunden und Nachweise für Aufenthaltsbewilligungen

§ 8. Zusätzlich zu den in § 7 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung folgende weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:

1. …

8. für eine Aufenthaltsbewilligung „Student“:

a) Aufnahmebestätigung der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität oder der öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule;

b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität oder der öffentlichen oder privaten Pädagogischen Hochschule über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 74 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 56/2018 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG; im Fall des § 64 Abs. 1 Z 4 NAG zusätzlich ein Nachweis über die Zulassung zu einem Studium gemäß § 64 Abs. 1 Z 2 NAG innerhalb von zwei Jahren;

c) …

[…]"

§ 74 Universitätsgesetz 2002 in der im Gegenstand maßgeblichen Fassung lautet (soweit gegenständlich von Maßgabe):

"Zeugnisse

§ 74. (1) Die Beurteilung von Prüfungen und wissenschaftlichen sowie künstlerischen Arbeiten ist jeweils durch ein Zeugnis zu beurkunden. Sammelzeugnisse sind zulässig.

(6) Die Universität hat einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten oder 8 Semesterwochenstunden abgelegt hat.

…"

2.       Der Beschwerdeführer begehrt eine Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Student". Für eine solche Verlängerung muss er neben den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen die besonderen Erteilungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 2 NAG erfüllen.

3.       Besondere Erteilungsvoraussetzungen:

Gemäß § 64 Abs. 2 NAG ist bei Studierenden im Verlängerungsfall ein entsprechender Studienerfolgsnachweis zu erbringen. Der Studienerfolg ist nicht für die gesamte bisherige Studienlaufbahn zu prüfen, sondern lediglich für das vorangegangene Studienjahr. Das ist grundsätzlich dasjenige, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (VwGH 21.1.2016, Ra 2015/22/0094).

Der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers war bis 21. Jänner 2019 gültig. Das letzte vor diesem Gültigkeitsende abgeschlossene Studienjahr war das Studienjahr 2017/2018, begann also mit 1. Oktober 2017 und endete am 30. September 2018 (vgl. § 52 Abs. 1 Universitätsgesetz). Dabei handelt es sich gleichzeitig um das jüngst abgeschlossene Studienjahr, weil während des verwaltungsbehördlichen bzw. verwaltungsgerichtlichen Verfahren kein weiteres Studienjahr abgeschlossen wurde (VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004). Die Studienleistungen des Beschwerdeführers in diesem Studienjahr sind daher der Beurteilung des Studienerfolgs zugrunde zu legen. Die vom Beschwerdeführer erbrachten Studienleistungen im laufenden Studienjahr sind hingegen nicht zu berücksichtigen, weil es auf den Nachweis über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr ankommt (VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004).

Gegen ein Akzeptieren des Studienerfolgs im aktuell laufenden Jahr und ein damit verbundenes Hinwegsehen über den fehlenden Studienerfolg im zuletzt abgelaufenen Studienjahr spricht – neben dem Wortlaut des § 8 Z 8 lit. b NAG-DV – auch, dass mit jedem Verlängerungsantrag und somit (grundsätzlich) jährlich der Studienerfolg für das jeweils vorausgegangene Studienjahr nachzuweisen ist (VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004). Die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsauffassung, eine Gesamtbetrachtung der bisherig erbrachten Leistungen für die Beurteilung der Frage, ob ein Studienerfolg vorliege, heranzuziehen, findet im Gesetz (vgl. § 74 Abs. 6 UG, vormals § 75 Abs. 6 UG) keine Stütze (vgl. zur ständigen Rechtsprechung des VwGH, VwGH 26.02.2013, 2010/22/0127; VwGH 03.10.2013, 2012/22/0066).

Die Aufenthaltsbewilligung für den Zweck des Studiums ist erfolgsorientiert, wobei das Erfordernis der Absolvierung von Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Punkten nicht auf einen außerordentlich schnellen Studienabschluss gerichtet ist, sondern ein relativ niedriges Anforderungsniveau darstellt (VwGH 11.2.2016, Ra 2015/22/0095).

Diese von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze stehen auch entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers nicht in Widerspruch mit den Zielsetzungen der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-Pair-Tätigkeit, sieht doch deren Artikel 21 Abs. 2 lit. f., der Gründe für die Entziehung oder Nichtverlängerung von Aufenthaltstiteln regelt, vor, dass die Mitgliedstaaten eine Verlängerung von Aufenthaltstiteln verweigern können, wenn der Student keine ausreichenden Studienfortschritte nach Maßgabe des nationalen Rechts oder der nationalen Verwaltungspraxis macht. Die Grenze von 16 ECTS-Punkten ist nicht auf einen außerordentlich schnellen Studienabschluss gerichtet, sondern stellt ein relativ niedriges Anforderungsniveau dar (VwGH 11.2.2016, Ra 2015/22/0095), weshalb auch eine Unverhältnismäßigkeit iSd Artikel 21 Abs. 7 der vorzitierten Richtlinie im gegenständlichen Fall, der Nichtverlängerung des Aufenthaltstitels nicht zu erkennen ist, dies auch vor dem Hintergrund des vom Beschwerdeführer schon seit über zehn Jahren betriebenen Studiums, wobei auch der behördlichen Feststellung, dass hinsichtlich des vom Beschwerdeführer betriebenen Studiums eine Regelstudiendauer von sechs Semestern vorgesehen ist, in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer unstrittig im Studienjahr 2017/2018 keinen – dem von ihm betriebenen Studium zurechenbaren – vom Gesetz als erforderlich erachteten Studienerfolg erbracht. Er hat in diesem Zeitraum lediglich Studienleistungen im Ausmaß von 6 ECTS bzw. 4 Semesterwochenstunden erreicht. Im maßgeblichen Studienjahr 2017/2018 hat der Beschwerdeführer die in § 64 Abs. 2 NAG geforderten Studienleistungen somit nicht erbracht. Auch ein bloßes Bemühen reicht für die Erbringung des Studienerfolgs iSd § 64 Abs. 2 NAG nicht aus.

4. Gemäß § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind. Das Bestehen solcher Gründe hat der Studierende konkret zu behaupten und ausreichend darzulegen (vgl. VwGH  23.5.2018, Ra 2017/22/0109, VwGH 13.12.2018, Ro 2017/22/0007 zur analogen Regelung des § 64 Abs. 3 NAG mwN).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde keinerlei Vorbringen mehr erstattet, dass Gründe dafür vorgelegen wären, die seiner Einflusssphäre entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar gewesen wären. Insoweit er schon im Verfahren vor der Behörde für das Nachlassen seines Studienerfolgs in den letzten Jahren als ausschlaggebenden Grund die Brustkrebsdiagnose hinsichtlich seiner Mutter vor mehr als drei Jahren und ihre diesbezügliche medizinische Behandlung ins Treffen führt, hat er einerseits nicht konkret dargelegt, inwiefern die Erkrankung seiner Mutter den Beschwerdeführer (über mehrere Jahre hindurch) am Studienerfolg gehindert hätte. Abgesehen davon hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass psychische Belastungen durch Erkrankungen von Familienmitgliedern oder nahen Angehörigen nicht unter den Tatbestand des § 64 Abs. 2 NAG fallen (vgl.  VwGH 9. 11.2011, Zl. 2010/22/0138, mwH; VwGH13.12.2011, 2011/22/0315).

5. Bei Fehlen einer für die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels notwendigen besonderen Erteilungsvoraussetzung muss weder das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen geprüft werden, noch ist eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 17.10.2016, Ra 2016/22/0065, uva).

6. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht es auch nicht im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts, den beantragten Aufenthaltstitel trotz fehlender besonderer Voraussetzungen zu erteilen (VwGH 23.05.2018, Ra 2017/22/0109). Die Ablehnung des Verlängerungsantrags des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde erfolgte daher zu Recht; die dagegen gerichtete Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen. Vor dem Hintergrund des über zehnjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet wird der Beschwerdeführer auf die Bestimmungen der §§ 55-58 Asylgesetz hingewiesen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ohne Durchführung einer – vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer auch nicht beantragten – öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, weil einzig nicht übermäßig komplexe, durch die höchstgerichtliche Judikatur geklärte Rechtsfragen zu beurteilen waren und der entscheidungserhebliche Sachverhalt unstrittig ist und anhand der Aktenlage bzw. des Beschwerdevorbringens festgestellt werden konnte. Insbesondere wurden auch im Hinblick auf die maßgebliche Frage des Studienerfolges im Studienjahr 2017/2018 die diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde nicht bestritten, sondern auch in der Beschwerde bestätigt. In einem solchen Fall ist von vornherein absehbar, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026). Im Übrigen berührt die Versagung eines Aufenthaltstitels kein civil right iSd Art. 6 EMRK (VwGH 15.6.2010, 2009/22/0347).

8. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da im Beschwerdefall keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Verwaltungsgericht Wien hat sich bei seiner Entscheidung insbesondere betreffend die Berücksichtigung von Studienleistungen und das Vorliegen eines Grundes iSd § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG an der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientiert. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag; besondere Erteilungsvoraussetzungen; Studienerfolgsnachweis; maßgebliches Studienjahr; laufendes Studienjahr; Richtlinie (EU) 2016/801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.151.044.8441.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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