TE Vwgh Erkenntnis 1998/11/27 95/21/1142

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Veröffentlicht am 27.11.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des A L, (geboren am 23. März 1969), in Graz, vertreten durch Dr. Gert Ragossnig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/IV/18, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 8. November 1995, Zl. Fr 1233/1995, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 8. November 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde neben der Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 7. Mai 1993 im Zuständigkeitsbereich der Marktgemeinde St. Michael in der Obersteiermark, Bezirk Leoben, zur polizeilichen Anmeldung gelangt. Auf Grund einer ihm vom Arbeitsamt Liezen erteilten Beschäftigungsbewilligung als Bauhilfsarbeiter für den Zeitraum 12. Mai 1993 bis 31. Dezember 1993 sei ihm von der Bezirkshauptmannschaft Leoben zuletzt am 1. Juni 1993 ein Wiedereinreisesichtvermerk bis 31. Jänner 1994 erteilt worden. Der Beschwerdeführer habe am 6. Juli 1995 anläßlich seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme angegeben, daß er Anfang Juli 1995 von Slowenien aus einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung gestellt hätte; "bis dato" sei jedoch keine positive Enderledigung dieses Ansuchens erfolgt. Er habe somit seit Ablauf des Sichtvermerkes mit 31. Jänner 1994 genügend Zeit gehabt, sich um eine entsprechende Aufenthaltsbewilligung zu bemühen. Am 13. Jänner 1995 sei die A. KEG, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei, gegründet worden und zugleich ein Gaststättenbetrieb an einem näher bezeichneten Standort vom Beschwerdeführer gepachtet worden. Diesen "Imbiß-Stadl" halte der Beschwerdeführer seit 1. März 1995 geöffnet. Auf Grund des vorliegenden Gesellschaftsvertrages scheine der Beschwerdeführer als persönlich haftender Gesellschafter auf, der seine Arbeitskraft in die Gesellschaft einbringe. Seiner Gesellschaftspartnerin komme die Stellung des Kommanditisten zu, sie bringe die Gewerbeberechtigung mittels Dienstverhältnisses in die Gesellschaft ein. Für das gegenständliche Lokal liege noch keine gewerberechtliche Genehmigung vor. Der Beschwerdeführer habe es auch unterlassen, im Sinn der §§ 120 und 121 der Bundesabgabenordnung binnen eines Monats, gerechnet vom Eintritt des anmeldepflichtigen Ereignisses, dem zuständigen Finanzamt eine Anzeige zu erstatten. Auf Grund seiner selbständigen Erwerbstätigkeit falle der Beschwerdeführer unter die gesetzliche Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG, sodaß jedenfalls anzunehmen sei, daß er in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz begründen werde und daher eine Aufenthaltsbewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG benötige. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer ledig sei und keine in Österreich lebenden nahen Angehörigen habe, stünden der gegenständlichen Ausweisung keine nach § 19 FrG zu berücksichtigenden Umstände entgegen. Weiters sei das Privat- und Familienleben eines Fremden nur dann zu berücksichtigen, wenn auf Grund einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG massiv in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen würde und dieser Eingriff einen Entzug der Aufenthaltsberechtigung für den Fremden zur Folge hätte. Mit der verfügten Ausweisung des Beschwerdeführers sei jedoch kein Entzug einer ihm bereits erteilten Aufenthaltsbewilligung verbunden, weshalb die Abwägungskriterien des § 19 FrG in seinem Fall nicht zum Tragen kommen würden. Auch der Einwand des Beschwerdeführers, wonach sein Aufenthalt in Österreich nicht zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung führe, er weder verwaltungsstrafrechtliche noch verwaltungsbehördliche Übertretungen begangen habe und bereits seit längerem bemüht sei, seinen Gewerbebetrieb den gesetzlichen Vorschriften entsprechend zu betreiben, gingen ins Leere, da § 17 Abs. 1 FrG lediglich auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet abstelle und auf das berufliche oder persönliche Fortkommen eines Fremden keinen Bezug nehme. Der Beschwerdeführer habe sich somit bis zur Gründung der KEG fast ein Jahr unrechtmäßig in Österreich aufgehalten, sodaß die Ausweisung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dringend geboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet und der Antrag gestellt wird, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 FrG Bedacht zu nehmen, wonach eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot, welches in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, nur zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 AufG, idF BGBl. Nr. 351/1995, benötigen Fremde, die sich zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufhalten, eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG, da von ihnen jedenfalls angenommen wird, daß sie in Österreich einen Hauptwohnsitz begründen.

Der Beschwerdeführer tritt der Auffassung der belangten Behörde, er verfüge über keine Aufenthaltsbewilligung und halte sich daher seit Ablauf seines Wiedereinreisesichtvermerkes unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, nicht entgegen. Der von ihm 17 Monate nach Ablauf seines mit einer Gültigkeitsdauer vom 1. Juni 1993 bis 31. Jänner 1994 erteilten Sichtvermerkes vom Ausland aus gestellte Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz ist nicht als rechtzeitig gestellter Verlängerungsantrag im Sinn des § 6 Abs. 3 AufG zu betrachten, der ihm allenfalls im Grunde der genannten Gesetzesstelle ein Aufenthaltsrecht verschafft hätte. (Im übrigen liegt auch kein Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinn des § 114 Abs. 5 des Fremdengesetzes 1997 vor, weshalb der angefochtene Bescheid im Grunde dieser Bestimmung nicht außer Kraft getreten ist.)

Der Beschwerdeführer hält die Ausweisung deshalb für rechtswidrig, weil sie unter dem Blickwinkel des Art. 8 Abs. 2 MRK "nicht für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes ..." notwendig sei. Der Beschwerdeführer bringt jedoch weder im Verwaltungsverfahren noch in der gegenständlichen Beschwerde vor, verheiratet zu sein oder verwandtschaftliche Beziehungen zu in Österreich lebenden Personen zu haben; mangels jeglicher familiärer Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich - so die unbestrittene Feststellung im bekämpften Bescheid - kann daher nicht von einem durch die Ausweisung bedingten Eingriff in sein Familienleben gesprochen werden.

Zwar macht der Beschwerdeführer geltend, er sei "gesellschaftsrechtlich in Österreich etabliert"; auf Grund des Beschlusses des Landesgerichtes Wels vom 12. Oktober 1995 sei im dortigen Firmenbuch die "A. L. KEG" eingetragen worden. Auch dieser Umstand läßt den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 19 FrG nicht als rechtswidrig erscheinen. Selbst wenn man in der solcherart vom Beschwerdeführer angesprochenen wirtschaftlichen Tätigkeit in der Dauer (bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) von noch nicht einem Jahr und in seinen dabei entstandenen Kontakten relevante private Beziehungen im Sinn des § 19 FrG erblickte, müßten diese im Beschwerdefall gegenüber dem erheblichen öffentlichen Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet geltenden Rechtsvorschriften zurückstehen.

     Im Zusammenhang mit § 19 FrG ist noch darauf hinzuweisen, daß

entgegen den Ausführungen der belangten Behörde die Prüfung der

Zulässigkeit der Erlassung einer Ausweisung im Grunde dieser

Bestimmung nicht davon abhängig ist, ob der Fremde im Zeitpunkt der

Erlassung der Ausweisung aufenthaltsberechtigt ist. Die erst im

Ausschuß des Nationalrates (für innere Angelegenheiten) gewählte

Formulierung "... so ist ein solcher Entzug der

Aufenthaltsberechtigung nur zulässig ..." wurde nur als

"redaktionelle Anpassung" bezeichnet (896 BlgNR, 18. GP, S. 3).

Eine inhaltliche Änderung gegenüber der Formulierung der

Regierungsvorlage (... es ist eine Erlassung nur zulässig ...)

wurde damit nicht vorgenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zlen. 95/21/1252, 1253); insbesondere wurde damit nicht normiert, daß ein Eingriff im Sinn des § 19 FrG nur bei einem rechtmäßigen Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet angenommen werden dürfe. Diese Ausführungen der belangten Behörde belasten den Bescheid dennoch nicht mit Rechtswidrigkeit. Denn beruht ein Bescheid auf "unrichtigen rechtlichen Erwägungen", ist aber sein Spruch gesetzmäßig, so kann der Verwaltungsgerichtshof nicht mit der Aufhebung des - unrichtig begründeten - Bescheides vorgehen. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist auch dann als unbegründet abzuweisen, wenn die belangte Behörde mit einer unrichtigen Begründung zu dem der Rechtslage entsprechenden Ergebnis gelangte (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1981, Zl. 81/08/0046, und vom 20. Februar 1990, Zl. 90/16/0181).

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, den von ihm in seiner Berufung gestellten Beweisanträgen (Beischaffung des Firmenbuchaktes; Einholung der Auskunft eines informierten Vertreters des Finanzamtes Graz-Stadt zum Beweis dafür, daß der Betrieb des Beschwerdeführers steuerlich veranlagt wurde, Einholung der Auskunft beim Magistrat Graz betreffend Getränkesteuer; Einvernahme der Verpächterin des gegenständlichen Lokales zum Beweis dafür, daß er seine privatrechtlichen Pflichten erfülle; Einholung einer Strafregisterauskunft; Einholung einer Abfrage bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde; Anfrage beim Magistrat Graz als Gewerbebehörde zum Beweis dafür, daß der Beschwerdeführer um eine Betriebsstättengenehmigung angesucht habe) seien von der belangten Behörde nicht oder nur unvollständig entsprochen worden und ein etwaiges Beweisergebnis sei ihm nicht zur Stellungnahme vorgehalten worden, sodaß ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege. Bei ordnungsgemäßer Aufnahme dieser Beweise hätte aufgezeigt werden können, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung des Art. 8 Abs. 2 MRK unstatthaft sei. Dem steht entgegen, daß - wie die Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführt - der Aufnahme dieser Beweise keine Bedeutung für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zugekommen wäre, sodaß die belangte Behörde keine Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei trotz seines mehrjährigen Aufenthaltes in Österreich niemals strafrechtlich verurteilt oder verwaltungsstrafbehördlich belangt worden, stellt keinen Umstand dar, der eine Stärkung seiner persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich oder eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses an der Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen zur Folge hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 1997, Zl. 97/18/0340). Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel (betreffend unzureichende Sachverhaltsfeststellungen) geht demnach ins Leere.

Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995211142.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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