Entscheidungsdatum
23.07.2019Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §37 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde der Stadtgemeinde Z, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 07.02.2019, Zahl ****, betreffend der abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung für die Bodenaushubdeponie Y in Z (mitbeteiligte Partei: AA, Zweigniederlassung X und W, Adresse 2, , vertreten durch BB Rechtsanwälte GmbH), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahren:
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.02.2019 hat der Landeshauptmann von Tirol der AA (in der Folge: Antragstellerin) die abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung für die Bodenaushubdeponie Y in Z erteilt.
Mit Schreiben vom 07.03.2019 hat die Stadtgemeinde Z (in der Folge: Beschwerdeführerin) gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und zusammengefasst Folgendes vorgebracht:
1. Da eine Beeinträchtigung der Yer Trinkwasserquellen nicht gänzlich ausgeschlossen werden könne, sei eine Quellbeweissicherung vorzuschreiben.
2. Das verkehrstechnische Amtssachverständigengutachten komme zum Schluss, dass bei einer maximalen Verkehrsbelastung durch den Deponiebetrieb von 100 Lkw-Fahrten pro Tag kein Rückstau im Kreuzungsbereich Y / U zu erwarten sei. Dabei übersehe der Amtssachverständige jedoch, dass die 100 Lkw wieder vom Betriebsgelände abfahren müssten und daher mit insgesamt 200 Lkw pro Tag zu rechnen sei. Die Beschwerdeführerin fordere daher eine Beschränkung auf maximal 50 Lkw-Zulieferungen pro Tag, um die als zulässig erachteten 100 Lkw einzuhalten.
3. Bei der Beurteilung von Lärm und Luftschadstoffen sei auch die nichtöffentliche Zufahrtsstraße zur Deponie zu berücksichtigen.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid sei der Antragstellerin die Leistung einer Sicherstellung auferlegt worden. Da diese Sicherstellung aber keine Schäden außerhalb des Deponiegeländes abdecke, sei für allfällige Schäden an der unterhalb der Deponie gelegenen Siedlung eine zusätzliche Haftungserklärung der Deponiebetreiberin erforderlich.
Am 21.05.2019 hat das Landesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und den emissionstechnischen Amtssachverständigen CC und den verkehrstechnischen Amtssachverständigen DD einvernommen.
II. Sachverhalt:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung für eine Bodenaushubdeponie auf einer Fläche von ca 5,5 ha im Ausmaß von ca 1.020.000 m3 auf dem Grundstück Nr **1, KG Z-T, erteilt.
1. Zu den Quellen:
Es ist nicht zu erwarten, dass die beantragte Deponie die öffentliche Trinkwasserversorgung durch die Yer Quellen (QU**1, QU**2 und QU**3) und die private EE Quelle (QU**4) beeinträchtigt.
2. Zum Lkw-Verkehr:
Antragsgegenständlich finden im Deponiebetrieb täglich durchschnittlich 20 Lkw-Zulieferungen (2 Lkw pro Stunde) bzw maximal 100 Lkw-Zulieferungen (10 Lkw pro Stunde) statt. Somit sind durchschnittlich 40 Lkw-Fahrbewegungen bzw maximal 200 Lkw-Fahrbewegungen pro Tag zulässig (Zu- und Abfahrten). Aufgrund der erforderlichen Be- und Entladezyklen ist auch im Maximalfall auf der Deponiezufahrtstraße je Richtung durchschnittlich nur alle 6 Minuten mit einem Lkw zu rechnen. Aus verkehrstechnischer Sicht ist bei dieser Frequenz mit keiner relevanten Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen – insbesondere auch auf der Einbindung in die S Straße – zu rechnen.
Der Deponiebetrieb mit der beantragten Lkw-Frequenz führt im Maximalfall zu einer spezifischen Schallimmission bei den ungünstigst gelegenen Wohnnachbarn von 37 bis 44 dB. Dadurch wird die ortsübliche Schallimmission von 50 dB nicht messbar verändert. Lediglich die maximal eine Stunde in der Woche eingesetzte Rüttelwalze führt zu einer spezifischen Schallimmission von 51,5 dB. Das ortsübliche Umgebungsgeräusch wird aber auch durch diese Rüttelwalze nur im Bereich der Wahrnehmungsschwelle geändert und liegt immer noch deutlich unter dem Richtwert der WHO für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung.
Die im Deponiebetrieb mit der beantragten Lkw-Frequenz entstehenden Luftschadstoffe überschreiten auch bei den nächstgelegenen Wohnnachbarn weder die Irrelevanzkriterien von 1 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte in Gebieten mit Grenzwertüberschreitungen (0,4 ?g/m3 Feinstaub PM10, 0,25 ?g/m3 Feinstaub PM2,5 und 0,35 ?g/m3 Stickstoffdioxid) noch die Irrelevanzkriterien von 3 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte in Gebieten ohne Grenzwertüberschreitungen (1,20 ?g/m3 Feinstaub PM10, 0,75 ?g/m3 Feinstaub PM2,5 und 1,05 ?g/m3 Stickstoffdioxid). Das Projektgebiet und die nächstgelegenen Nachbarn liegen in einem Gebiet ohne Grenzwertüberschreitungen. Die Luftschadstoffe, die bei der bewilligten Projektumsetzung entstehen, führen somit bei den Anrainern zu keinen relevanten Beiträgen der Immissionsbelastung.
Die beantragte Lkw-Frequenz führt aus medizinischer Sicht zu keiner Gesundheitsgefährdung und keinen erheblichen Belästigungen der Anrainer.
3. Zur Deponiezufahrtsstraße:
Von der S Straße aus wird die beantragte Deponie über die öffentliche Gemeindestraße auf dem Gst Nr **2, KG Z-T, und die – bereits bestehende und weiter in einen Wald führende – Privatstraße auf dem Gst Nr **3, KG Z-T, des FF erschlossen. Die Straße auf dem Gst Nr **3 ist zwar als Privatstraße gekennzeichnet, jedoch ist sie weder abgeschrankt noch bestehen auf ihr Beschränkungen des öffentlichen Verkehrs; sie ist – zumindest bis zur Deponieeinfahrt – unter der Einschränkung der Benutzung auf eigene Gefahr für jedermann unter den gleichen Bedingungen nutzbar. Diese Privatstraße ist nicht Gegenstand der beantragten und bewilligten Betriebsanlage.
Beim ungünstigst gelegenen Wohnnachbarn führt der Deponieverkehr auf der Privatstraße auf dem Gst Nr **3 zu einer spezifischen Schallimmission von 45 dB, sodass die ortsübliche Schallimmission von 50 dB nicht messbar verändert wird.
Nachdem Lkw die Deponie über eine Reifenwaschanlage verlassen müssen und die Privatstraße auf dem Gst Nr **3 asphaltiert ist, führt der Deponieverkehr auf dieser Straße zu keinen relevanten zusätzlichen Staubemissionen. Der Lkw-Verkehr auf dieser Straße führt zu keinen Überschreitungen der Irrelevanzkriterien von 1 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid.
Auch bei Berücksichtigung der Zufahrtstraße auf dem Gst Nr **3 kommt es somit zu keiner Gesundheitsgefährdung und keinen erheblichen Belästigungen der Anrainer.
4. Zur Haftung:
Unter Spruchpunkt A/V des angefochtenen Bescheides wurde die Antragstellerin zur Leistung einer Sicherstellung innerhalb der Ablagerungs- und Stilllegungsphase in Höhe von € 173.550,- mit einer Laufzeit bis zum 31.03.2039 und einer Sicherstellung innerhalb der Nachsorgephase in Höhe von € 6.000,- mit einer Laufzeit bis zum 31.03.2044 verpflichtet.
III. Beweiswürdigung:
1. Zu den Quellen:
Der wasserbautechnische Amtssachverständige GG hat in der mündlichen Verhandlung der Abfallrechtsbehörde am 19.06.2018 (Verhandlungsschrift OZl 93, Seite 17 bis 19) gutachterlich erörtert, dass im Nahebereich der Deponie kein ausgeprägter Grundwasserstrom vorhanden ist. Bei den Probebohrungen wurde erst in Tiefen zwischen 16 und 33 m unter der Geländeoberkante Grundwasser gefunden. Aufgrund der Hanglage und der großen Höhendifferenzen dürfte es sich dabei nicht um einen zusammenhängenden Grundwasserspiegel, sondern um diffuse Hang- und Schichtwässer in Kies- und Sandschichten handeln. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Trinkwasserquellen liegen mindestens 400 m von der Deponie entfernt. Zumal zwischen der Deponie und den Quellen eine natürliche Trennung in Form eines Geländegrabens und eines Geländerückens vorhanden ist, befindet sich die Deponie nicht im oberirdischen Einzugsgebiet der Quellen. Eine Beeinträchtigung der Quellen ist somit ausgeschlossen und eine Beweissicherung nicht notwendig. Abgesehen davon werden die öffentlichen Trinkwasserquellen ohnehin regelmäßig beprobt.
Mit Schreiben vom 07.09.2018 hat die Beschwerdeführerin ein hydrogeologisches Gutachten von JJ vom 27.08.2018 vorgelegt (OZl 155). Auch dieses Gutachten erkennt keine direkte Gefährdung der Trinkwasserquellen. Allfällig auftretende terrainnahe Verunreinigungen werden demnach mit großer Wahrscheinlichkeit vom Geländegraben zwischen der Deponie und den Quellen abgeführt und erreichen das Einzugsgebiet der Quellen nicht. Aufgrund der bestehenden Höhendifferenz kann jedoch eine Langzeitwirkung nicht gänzlich ausgeschlossen werden, weshalb zur Sicherheit zusätzlich zu den ohnehin bereits vorgeschriebenen Untersuchungsparametern eine Untersuchung auf Kohlenwasserstoff erfolgen könnte.
Dazu hat der wasserbautechnische Amtssachverständige mit Gutachten vom 01.10.2018 (OZl 168) ausgeführt, dass mit einem vorhandenen Flurabstand von deutlich mehr als 10 m und mit dem bei der Untergrunderkundung angetroffenen schichtförmigen Bodenaufbau eine aus Sicht des Grundwasserschutzes positiv zu wertende mächtige aktive Bodenpassage vorhanden ist. Bei der gegenständlichen Bodenaushubdeponie wird ausschließlich für die Ablagerung vorgesehenes und geprüftes Material eingebaut. Dabei handelt es sich in der Regel um feinkörniges, sandiges und schluffiges Material. Für die Standsicherheit der Deponie wird das Material lageweise mit einer Mächtigkeit von 0,5 bis 1 m eingebaut und maschinell verdichtet. Für den Deponiebetrieb sind nur wenig Baufahrzeuge (Löffelbagger, Schubraupe und Walze) im Einsatz. Die Betankung dieser Geräte erfolgt entweder im angrenzenden bereits bewilligten Betriebsgelände der Antragstellerin oder mit einer mobilen Tankanlage. Der Behälter der mobilen Tankanlage mit einem Fassungsvermögen von ca 1.000 Liter ist doppelwandig ausgeführt. Für die Betankung sind die Baufahrzeuge mit speziellen Pumpen, die ein Austreten von Treibstoff in die Umgebung verhindern, ausgerüstet. Falls im Havariefall dennoch Mineralöl (Diesel, Schmieröl, Hydrauliköl) austritt, wird Ölbindemittel bereitgehalten. Außerdem werden geringe Mengen an Mineralöl vom feinkörnigen Boden aufgenommen und im Laufe der Zeit biologisch abgebaut. Aus fachlicher Sicht ist es daher nicht notwendig, die Trinkwasserquellen im Rahmen einer Beweissicherung hinsichtlich Kohlenwasserstoff zu beproben. Falls es in der Deponie zu einer Kontamination des Bodens mit Kohlenwasserstoffen kommen sollte, ist alleine aufgrund des vorhandenen großen Flurabstandes bzw der vorhandenen mächtigen aktiven Bodenpassage, aufgrund des vorgesehenen einzubauenden Materials und aufgrund des geringen Baufahrzeugeinsatzes von keiner Verschmutzung des Grundwassers im Sinne § 7 Abs 2 der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser (QZV Chemie GW) durch Kohlenwasserstoffe auszugehen. Es ist zu erwarten, dass bei Eintritt in das Grundwasser der in Anlage 1 dieser Verordnung für den Parameter Kohlenwasserstoff-Index festgelegte Schwellenwert von 100 Mikrogramm pro Liter nicht überschritten wird.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 21.05.2019 hat die Beschwerdeführerin erklärt, dass diese Amtssachverständigengutachten nicht in Zweifel gezogen werden. Somit steht unbestritten fest, dass keine Beeinträchtigung der Trinkwasserquellen zu erwarten ist.
2. Zum Lkw-Verkehr:
Mit Schreiben vom 27.06.2018 (OZl 96) hat die Antragstellerin ihren Bewilligungsantrag dahingehend konkretisiert, dass pro Tag maximal 100 Lkw-Zulieferungen zur Deponie stattfinden. Die angefochtene Bewilligung wurde ausdrücklich unter Bezugnahme auf diese Antragstellung (erster Absatz des Spruches auf Seite 1 des Bescheides) erteilt. Sowohl der emissionstechnische als auch der verkehrstechnische Amtssachverständige haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht dargelegt, dass ihren Gutachten diese beantragte maximale Lkw-Frequenz von 200 täglichen Fahrbewegungen (Zu- und Abfahrten) zu Grunde liegt.
Im Übrigen ergeben sich die Feststellungen zu den Auswirkungen des Lkw-Verkehrs aus den vorliegenden umfangreichen und schlüssigen Gutachten für Emissionen (Verhandlungsschrift der Behörde vom 19.06.2018, OZl 93, und Gutachten vom 16.07.2018, OZl 117), für Immissionen (Verhandlungsschrift der Behörde vom 19.06.2018, OZl 93, und Gutachten vom 12.07.2018, OZl 115), für Umweltmedizin (Verhandlungsschrift der Behörde vom 19.06.2018, OZl 93, und Gutachten vom 26.07.2018, OZl 122) sowie für Verkehr (Gutachten vom 04.07.2018, OZl 110, und vom 20.09.2018, OZl 167). Diese Gutachten wurden von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Der emissionstechnische Amtssachverständige und verkehrstechnische Amtssachverständige haben ihre Gutachten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht nachvollziehbar erläutert, ohne dass ihnen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten wurde.
3. Zur Deponiezufahrtsstraße:
Dass die Privatstraße auf dem Gst Nr **3 für jedermann unter den gleichen Bedingungen nutzbar ist, ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht und insbesondere aus dem vorgelegten Foto der Beschilderung und der schriftlichen Stellungnahme des Eigentümers (Beilage A und C der Verhandlungsschrift). Die Beschwerdeführerin hat die zentrale Feststellung, wonach die Straße für jedermann unter den gleichen Bedingungen nutzbar ist, nicht bestritten und eingeräumt, dass zumindest bis zur Deponieeinfahrt kein Fahrverbot ausgeschildert ist.
Die Feststellungen zu den Auswirkungen des auf der Privatstraße stattfindenden Betriebsverkehrs auf die Anrainer ergeben sich aus der unbestrittenen gutachterlichen Äußerung des emissionstechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht.
4. Zur Haftung:
Die Feststellungen zur Sicherstellung ergeben sich unmittelbar aus dem angefochtenen Bescheid.
IV. Rechtslage:
Die relevanten Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten auszugsweise wie folgt:
„Behandlungsanlagen
Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen
§ 37.
(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.
(…)
(3) Folgende Behandlungsanlagen – sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen oder Seveso-Betriebe handelt – und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:
1. Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert werden, sofern das Gesamtvolumen der Deponie unter 100 000 m3 liegt;
(…)
Konzentration und Zuständigkeit
§ 38.
(…)
(1a) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren – anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Strahlenschutz-, Luftfahrt-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Immissionsschutz-, Rohrleitungs-, Eisenbahn-, Bundesstraßen-, Gaswirtschafts- und Denkmalschutzrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Die Genehmigung oder Nicht-Untersagung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen. Die behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung einer Behandlungsanlage und der Übereinstimmung mit dem Genehmigungsbescheid, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung sind vom Landeshauptmann entsprechend den folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes wahrzunehmen.
(…)
Parteistellung und nachträgliches Überprüfungsrecht
§ 42.
(1) Parteistellung in einem Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 haben
(…)
6. die Gemeinde des Standortes und die unmittelbar an die Liegenschaft der Behandlungsanlage angrenzende Gemeinde,
(…)
Genehmigungsvoraussetzungen
§ 43.
(1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet.
2. Die Emissionen von Schadstoffen werden jedenfalls nach dem Stand der Technik begrenzt.
3. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt.
(…)
(2) Eine Genehmigung für ein Deponieprojekt ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen des Abs. 1 folgende Voraussetzungen erfüllt:
(…)
5. Hinsichtlich des Schutzgutes Gewässer:
(…)
e) Es ist keine wesentliche Behinderung des Gemeingebrauchs und keine Gefährdung der notwendigen Wasserversorgung zu besorgen.
f) Es liegt kein Widerspruch zu den Interessen der wasserwirtschaftlichen Planung an der Sicherung der Trink- und Nutzwasserversorgung vor.
(…)
Bestimmungen für Deponiegenehmigungen
§ 48.
(…)
(2) Zugleich mit der Erteilung der Genehmigung hat die Behörde die Leistung einer angemessenen Sicherstellung zur Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Verpflichtungen, insbesondere für die ordnungsgemäße Erhaltung und Stilllegung oder Schließung der Deponie einschließlich der Nachsorge, aufzuerlegen. Als Leistung einer Sicherstellung gilt eine finanzielle Sicherheitsleistung oder etwas Gleichwertiges, wie zB eine ausreichende Haftungserklärung einer Gebietskörperschaft oder eines Wasser- oder Abfallverbandes. Für den Fall, dass die Maßnahmen betreffend die Einhaltung der Auflagen und Verpflichtungen gemäß dem ersten Satz nicht vom Deponieinhaber gesetzt werden, einschließlich für den Fall der Insolvenz des Deponieinhabers, muss die Sicherstellung der Behörde als Vermögenswert für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen zur Verfügung stehen.
(…)
Beschwerde und Revision
§ 87c.
(1) Sämtliche Personen und sonstige parteifähige Gebilde, die in den Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes und der darauf beruhenden Verordnungen Parteistellung haben, sind berechtigt, in den Angelegenheiten, für die ihnen die Parteistellung eingeräumt wurde, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG an das zuständige Verwaltungsgericht zu erheben, wenn ihnen dieses Recht nicht bereits gemäß Art. 132 Abs. 1 oder 2 B-VG zukommt.
(…)“
Die relevante Bestimmung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) lautet auszugsweise wie folgt:
„Bewilligungspflichtige Maßnahmen.
§ 32.
(1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(…)“
Die relevanten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lauten auszugsweise wie folgt:
„Betriebsanlagen
§ 74.
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit nicht bloß vorübergehend zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
(…)
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
(…)
§ 77.
(1) Die Betriebsanlage ist zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Die nach dem ersten Satz vorzuschreibenden Auflagen haben erforderlichenfalls auch Maßnahmen für den Fall der Unterbrechung des Betriebes und der Auflassung der Anlage zu umfassen; die Behörde kann weiters zulassen, daß bestimmte Auflagen erst ab einem dem Zeitaufwand der hiefür erforderlichen Maßnahmen entsprechend festzulegenden Zeitpunkt nach Inbetriebnahme der Anlage oder von Teilen der Anlage eingehalten werden müssen, wenn dagegen keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen bestehen.
(2) Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
(…)“
Die relevante Bestimmung des Immissionsschutzgesetzes – Luft (IG-L) lautet auszugsweise wie folgt:
„Genehmigungsvoraussetzungen
§ 20.
(1) Anlagen, die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften des Bundes einer Genehmigungspflicht unterliegen, und der Neubau einer straßenrechtlich genehmigungspflichtigen Straße oder eines Straßenabschnittes bedürfen keiner gesonderten luftreinhalterechtlichen Genehmigung und es gelten die Bestimmungen der Abs. 2 und 3 als zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen.
(2) Emissionen von Luftschadstoffen sind nach dem Stand der Technik (§ 2 Abs. 8 Z 1 AWG 2002) zu begrenzen.
(3) Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung oder ein Neubau einer straßenrechtlich genehmigungspflichtigen Straße oder eines Straßenabschnittes genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a oder eine Überschreitung
- des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,
- des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a,
- des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b,
- eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 festgelegten Immissionsgrenzwertes,
- des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a,
- des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,
- des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a oder
- des Grenzwertes für Arsen, Kadmium, Nickel oder Benzo(a)pyren gemäß Anlage 1a
vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn
1. die Emissionen keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder
2. der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.
(…)“
Die relevante Bestimmung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 1.
Geltungsbereich.
(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
(…)“
V. Erwägungen:
Für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie mit einem Gesamtvolumen von über 100.000 m3 bedarf es keines vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 37 Abs 3 Z 1 AWG 2002, sondern eines (normalen) Genehmigungsverfahrens nach § 37 Abs 1 AWG 2002. Die antragsgegenständliche Deponie mit einem Gesamtvolumen von ca 1.020.000 m3 ist somit unstrittig einem Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs 1 AWG 2002 zu unterziehen.
Gemäß § 42 Abs 1 Z 6 AWG 2002 hat die Standortgemeinde in einem Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs 1 AWG 2002 Parteistellung. Nach stRsp kommt der Standortgemeinde im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren die Stellung als sogenannte "Formal-(Legal-)Partei" zu; sei es zur Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sei es zur Wahrung der im Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegenen Rechte (VwGH 24.05.2012, 2012/07/0084). Der Beschwerdeführerin als Standortgemeinde kommt somit im vorliegenden Genehmigungsverfahren Parteistellung zu. Sie ist dabei nicht auf die Wahrung der Gemeindeinteressen beschränkt, sondern kann ganz allgemein die Gesetzmäßigkeit der Genehmigung einfordern. Nach § 87c Abs 1 AWG 2002 ist die Standortgemeinde auch legitimiert, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.
Die beantragte Deponiegenehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen des § 43 Abs 1 und 2 AWG 2002 und die Vorschriften der gemäß § 38 AWG 2002 mitanzuwendenden Gesetze eingehalten werden. In Zusammenhang mit der von der Beschwerde thematisierten Quellbeweissicherung und dem Zulieferverkehr sind vor allem das WRG 1959, die GewO 1994 und das IG-L zu berücksichtigen. Da die Deponie zweifelsfrei der Genehmigungspflicht des § 74 Abs 2 GewO 1994 unterliegt, müssen für eine Bewilligung jedenfalls die gewerberechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sein.
1. Zur Quellbeweissicherung:
Da keine Einwirkungen der beantragten Deponie auf die mehr als 400 m entfernten Trinkwasserquellen zu erwarten sind, wird weder der wasserrechtliche Bewilligungstatbestand des § 32 Abs 1 WRG 1959 erfüllt, noch wird den Genehmigungsvoraussetzungen des § 43 Abs 2 Z 5 lit e und f AWG 2002 und des § 77 Abs 1 iVm § 74 Abs 2 Z 5 GewO 1994, wonach es zu keinen Beeinträchtigungen der Quellen kommen darf, widersprochen. Dazu ist auch klarzustellen, dass die bloße Möglichkeit einer Gefährdung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte noch nicht zur Abweisung des Bewilligungsantrages ausreicht. Die Antragstellerin hat einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung, wenn mit einem entsprechend hohen Kalkül der Eintrittswahrscheinlichkeit öffentliche Interessen oder fremde Rechte nicht verletzt werden. Die Versagung der angestrebten Bewilligung würde nur in Betracht kommen, wenn die konkrete Besorgnis einer Beeinträchtigung zu schützender Interessen bestünde (vgl VwGH 25.01.2007, 2005/07/0132; 20.02.2014, 2012/07/0139).
Es ist auch unzulässig, eine Bewilligung mit einer Beweissicherung zu verknüpfen, deren positives Ergebnis Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung sein soll (VwGH 10.11.2011, 2009/07/0212). Und die Vorschreibung einer Beweissicherung, an deren Ergebnisse keine Konsequenzen geknüpft sind, mag zweckdienlich für eine allfällige Schadenshaftung sein; ein Recht darauf, dass durch Auflagen Beweise für ein solches Verfahren gesichert werden, besteht aber nicht (VwGH 10.06.1997, 97/07/0016). Zumal aber ohnehin keine Beeinträchtigungen der Quellen zu erwarten sind und eine über die bereits bestehende Trinkwasserbeprobung hinausgehende Beweissicherung aus wasserbautechnischer Sicht nicht erforderlich ist, besteht keine Rechtsgrundlage zur Vorschreibung der beantragten Quellbeweissicherung.
2. Zum Lkw-Verkehr:
Die Beschwerdeführerin fordert eine Beschränkung des Deponieverkehrs auf maximal 50 Lkw-Zufahrten pro Tag, um die von den Amtssachverständigen beurteilte maximale Verkehrsbelastung von 100 Lkw-Fahrten pro Tag (Zu- und Abfahrten) einhalten zu können. Antrags- und Bewilligungsgegenstand sind jedoch 100 Lkw-Zulieferungen – somit 200 Lkw-Fahrbewegungen – pro Tag.
Auf Basis dieser beantragten Lkw-Frequenz hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben, dass es zu keiner Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs kommt.
Da sich bei dieser Lkw-Frequenz bei den ungünstigst gelegenen Wohnnachbarn auch nur spezifische Schallimmissionen von 37 bis 44 dB ergeben, während die ortsübliche Schallimmission 50 dB beträgt, kommt es selbst beim maximal zulässigen Lkw-Verkehr zu keiner messbaren Veränderung der bestehenden Schallsituation.
In Bezug auf Luftschadstoffe wurde festgestellt, dass aufgrund des beantragten Lkw-Verkehrs bei den nächstgelegenen Wohnnachbarn die Irrelevanzkriterien von 1 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte in Gebieten mit Grenzwertüberschreitungen (0,4 ?g/m3 Feinstaub PM10, 0,25 ?g/m3 Feinstaub PM2,5 und 0,35 ?g/m3 Stickstoffdioxid) nicht überschritten werden. Nach § 20 Abs 3 IG-L ist die Bewilligung für eine Betriebsanlage in einem Gebiet mit bereits vorliegender Grenzwertüberschreitung dann zu erteilen, wenn die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten. Nach stRsp sind Immissionen dann als unerheblich zu betrachten, wenn sie im Verhältnis zum Grenzwert eine sehr geringe Quantität aufweisen und damit nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit Umweltauswirkungen nach sich ziehen können. Dabei ist die Auffassung, dass die Relevanzgrenze 1 % des Grenzwertes für den jeweiligen Jahresmittelwert beträgt, unbedenklich (vgl VwGH 17.09.2010, 2009/04/0080). Auch in der einschlägigen Literatur wird die Auffassung vertreten, dass in belasteten Gebieten ein Limit für die Zusatzbelastung von 1 % des Grenzwertes heranzuziehen ist. Für unbelastete Gebiete liegt die Relevanzgrenze bei einer Zusatzbelastung von 3 % des Grenzwertes (Leitfaden UVP und IG-L des Umweltbundesamtes und RdU-UT 2006/1). Im gegenständlichen Fall liegt ein Gebiet ohne Grenzwertüberschreitungen vor, sodass die Relevanzgrenze bei 3 % des Grenzwertes liegt. Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren aber ergeben hat, ist die maximale Zusatzbelastung im Jahresmittel vorliegend nicht nur deutlich unterhalb von 3 % des Grenzwertes, sondern auch unterhalb von 1 % des Grenzwertes. Aufgrund dieses eindeutigen Ergebnisses ist sowohl eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit als auch eine unzumutbare Belästigung der Anrainer ausgeschlossen.
Die Genehmigungsvoraussetzungen des § 43 Abs 1 Z 1 und 3 AWG 2002, des § 77 Abs 1 iVm § 74 Abs 2 Z 1, 2 und 4 GewO 1994 sowie des § 20 Abs 3 IG-L werden somit eingehalten. Die Forderung, den Deponieverkehr auf maximal 50 Lkw-Zulieferungen pro Tag zu beschränken, erweist sich somit als unbegründet.
3. Zur Deponiezufahrtsstraße:
Die Beschwerdeführerin fordert, dass bei der Beurteilung von Lärm und Luftschadstoffen auch die nichtöffentliche Zufahrtsstraße zur Deponie auf dem Gst Nr **3 zu berücksichtigen sei. Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, kann diese Zufahrtstraße bis zur Einfahrt auf das Betriebsgelände von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, sodass es sich um eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd § 1 Abs 1 StVO handelt. Daran ändert auch nichts, dass es sich um eine Privatstraße handelt, die für die Öffentlichkeit mit der Haftungsbeschränkung des Betretens und Befahrens auf eigene Gefahr benutzbar ist (VwGH 13.04.2017, Ro 2017/02/0015). Da die Zufahrtstraße keinen Teil der beantragten Betriebsanlage bildet, sind die von ihr ausgehenden Emissionen nicht der Betriebsanlage zuzurechnen (VwGH 17.02.2011, 2007/07/0134).
Aber auch eine Berücksichtigung dieser Emissionen würde nichts am Ergebnis ändern, da der Betriebsverkehr auf dieser Straße beim ungünstigst gelegenen Wohnnachbarn nur zu einer spezifischen Schallimmission von 45 dB führt, sodass die ortsübliche Schallimmission von 50 dB nicht messbar verändert wird.
Der Betriebsverkehr auf dieser asphaltierten Straße führt auch zu keinen relevanten zusätzlichen Luftschadstoffen und somit zu keiner Überschreitung der Irrelevanzkriterien von 1 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid.
Auch bei Berücksichtigung der Zufahrtstraße auf dem Gst Nr **3 kommt es somit zu keinen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit oder zu erheblichen Belästigungen der Anrainer. Die Genehmigungsvoraussetzungen des § 43 Abs 1 Z 1 und 3 AWG 2002, des § 77 Abs 1 iVm § 74 Abs 2 Z 1 und 2 GewO 1994 sowie des § 20 Abs 3 IG-L werden somit auch unter Einbeziehung der Zufahrtsstraße eingehalten.
4. Zur Haftung:
Unter Spruchpunkt A/V des angefochtenen Bescheides wurde der Antragstellerin eine Sicherheitsleistung nach § 48 Abs 2 AWG 2002 auferlegt. Für den Fall eines Schadens im angrenzenden Siedlungsgebiet fordert die Beschwerdeführerin eine zusätzliche umfassende Haftungserklärung der Antragstellerin. Eine über § 48 Abs 2 AWG 2002 hinausgehende Haftungserklärung sieht das AWG 2002 aber nicht vor. Wie der übrige Inhalt einer Bewilligung unterliegen auch Auflagen dem Legalitätsgebot. Die Vorschreibung einer Auflage ist nur dann zulässig, wenn dies das Gesetz bestimmt. Eine Auflage kommt daher nur dann in Frage, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen oder mit dem Sinn der zu treffenden Hauptentscheidung in untrennbarer Weise verbunden ist oder dem Antrag der Partei entspricht (VwGH 25.09.2018, Ra 2017/05/0267). Es liegt somit keine rechtliche Grundlage für die geforderte Haftungserklärung vor.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Bewilligung einer Bodenaushubdepomie;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.44.0626.8Zuletzt aktualisiert am
13.08.2019