Entscheidungsdatum
25.07.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde der Frau AA und des Herrn BB, beide v.d. Rechtsanwälte CC, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Gemeindesvorstandes der Gemeinde Y vom 21.8.2018, Zl **** wegen Abweisung eines Bauansuchens zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes der bestehenden Garagen und Lageräume auf Gp. **1 KG Y
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird mit Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Gemeindevorstand der Gemeinde Y den Berufungen gegen den Bescheid des Bürgermeister der Gemeinde Y vom 8.3.2010, Zl. **** Folge gegeben und das mit Ansuchen vom 13.8.2009 beantragte Bauvorhaben abgewiesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde inhaltliche Rechtswidrigkeit insbesondre deshalb vorgebracht, weil nach Ansicht der Beschwerdeführer die gegensätzlichen baulichen Anlagen nicht als oberirdisch zu qualifizieren sind.
In der Folge führte das Landesverwaltungsgericht Tirol ein aufwändiges Ermittlungsverfahren durch. Zunächst wurde der gesamte historische Bauakt eingefordert (Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 3.10.2018) und erging dann ein erster Gutachtensauftrag an den hochbautechnischen Amtssachverständigen DD mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 3.10.2018. In seinem Gutachten vom 21.1.2019 kommt DD einerseits zum Ergebnis, dass die Planunterlagen für eine eingehende Beurteilung des Bauvorhaben nicht ausreichen, andererseits führt er aus, dass seiner Ansicht nach die bauliche Anlage nicht als unterirdisch anzusehen ist (siehe dazu auch das Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 25.1.2019).
Nach entsprechender Plankorrektur durch die Beschwerdeführer (siehe die Tekturplanung mit dem Einlaufstempel des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 6.3.2019) wurde der hochbautechnischen Sachverständigen mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 18.3.2019 zur Gutachtenserstellung ersucht.
In seinem Gutachten vom 12.4.2019 wirft DD wiederum formale Mängel im Baugesuch auf (siehe im Einzelnen das Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 29.4.2019). Nach einer weiteren Tektur mit Einlaufstempel des Landesverwaltungsgericht Tirol vom 17.6.2019 erstattete DD das mit 2.7.2019 datierte Gutachten und kommt darin zusammenfassend zum Ergebnis, dass die nunmehrige Änderungsplanung zwar „grundsätzlich“ bewilligungsfähig erscheint, tatsächlich aber ein völlig neues Bauansuchen darstellt. Das Landesverwaltungsgericht Tirol richtete daraufhin folgendes, mit 5.7.2019 datiertes Schreiben an die Beschwerdeführer und die belangte Behörde:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
in der Anlage wird Ihnen das hochbautechnische Gutachten des Amtssachverständigen DD vom 2.7.2019 (im Folgenden „Gutachten DD“) übermittelt und dazu ausgeführt wie folgt:
Dem Gutachten DD ist zu entnehmen, dass aus hochbautechnischer Sicht aufgrund des Ansuchens vom 7.6.2019, Einlaufstempel Landesverwaltungsgericht Tirol vom 17.6.2019, von einem gänzlich neuen Projekt auszugehen ist. Die dazu erstatteten fachlichen Aussagen im Gutachten DD erscheinen dem erkennenden Gericht als schlüssig und nachvollziehbar. In rechtlicher Hinsicht hat dies zur Folge, dass dieser neuerliche Antrag das ursprüngliche Bauansuchen derart abändert, dass das Wesen der Sache betroffen ist, mithin ein sog. „aliud“ vorliegt und daher als konkludente Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten ist (vgl. zu alledem Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 (Stand 1.1.2014, rdb.at) Rz 43 mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).
In Beachtung dieser Rechtsansicht müssen Sie daher damit rechnen, dass aufgrund der vorliegenden Beschwerde und der oben erwähnten Wesensänderung der Sache der angefochtene Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Y vom 21.8.2019 ersatzlos behoben wird. Zumal dieser Bescheid den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 8.3.2010 insofern abgeändert hat, als das Bauansuchen vom 13.8.2009 abgewiesen wurde, läge diesfalls keine Baubewilligung für das gegenständliche Bauvorhaben vor. Das neue Bauansuchen vom 7.6.2019, Einlaufstempel Landesverwaltungsgericht Tirol vom 17.6.2019, wird in der Folge an die Baubehörde zuständigkeitshalber nach § 6 AVG übermittelt werden.
Es wird Ihnen nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.“
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer informierte das Landesverwaltungsgericht Tirol mit Eingabe vom 22.7.2019 dahingehend, als die im obigen Schreiben dargelegte Rechtsansicht geteilt wird. Seitens der belangten Behörde wurde auf eine Stellungnahme verzichtet.
II. Rechtliche Erwägungen:
In seinem Gutachten vom 2.7.2019 kommt der hochbautechnische Amtssachverständige DD mit gut nachvollziehbaren Gründen zum Ergebnis, dass das Bauansuchen mit Datum 6.6.2019, Einlaufstempel Landesverwaltungsgericht Tirol 17.6.2019, als sog. „aliud“ zum bisherigen Bauansuchen anzusehen ist. Dies hat in rechtlicher Hinsicht für das anhängige Beschwerdeverfahren zur Folge, dass das Bauansuchen vom 6.6.2019 als konkludente Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten ist (vgl. zu alledem Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 (Stand 1.1.2014, rdb.at) Rz 43 mit zahlreichen Hinweisen auf die Judikatur des VwGH). Der hier vertretenen Rechtsansicht haben sich auch die Beschwerdeführer angeschlossen.
Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben und wird das Bauansuchen samt Planunterlagen vom 6.6.2019, Einlaufstempel Landesverwaltungsgericht Tirol 17.6.2019 gemäß § 6 AVG an die Baubehörde, das ist der Bürgermeister der Gemeinde Y, zur Erledigung weitergeleitet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Franz Triendl
(Richter)
Schlagworte
Aliud; konkludente Zurückziehung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.22.2112.18Zuletzt aktualisiert am
14.08.2019