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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hofbauer, über die Beschwerde des A B in Wien, geboren am 15. Juni 1969, vertreten durch Dr. Peter Zawodsky, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorfer Straße 71/10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Juli 1998, Zl. SD 485/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Juli 1998 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1
Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 13. Juni 1992 mit einem Sichtvermerk für die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich eingereist. Die Gültigkeitsdauer dieses Sichtvermerkes habe am 2. September 1992 geendet. Der am 23. Juni 1992 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers sei ebenso wie der am 20. Juni 1994 gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei dennoch im Bundesgebiet verblieben und wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden. Am 18. Dezember 1995 habe der Beschwerdeführer bei der österreichischen Vertretungsbehörde in Bratislava einen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt. Dieser sei am 19. Februar 1997 rechtskräftig abgewiesen worden, weil der Beschwerdeführer die Entscheidung über den Antrag nicht im Ausland abgewartet habe.
Dieses Verhalten zeige, daß der Beschwerdeführer keine Bedenken habe, sich über die für ihn maßgeblichen fremdenpolizeilichen Vorschriften "in geradezu beharrlicher Weise" hinwegzusetzen. Da der Beschwerdeführer somit die öffentliche Ordnung in hohem Maß gefährde, sei seine Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 FrG gerechtfertigt.
Aufgrund der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers, der im Inland bei einem Onkel lebe, sowie des inländischen Aufenthaltes eines weiteren Onkels und eines Cousin sei die Ausweisung des ledigen und für niemanden sorgepflichtigen Beschwerdeführers mit einem Eingriff in dessen Privat- und Familienleben verbunden. Aufgrund des hohen Stellenwertes, der der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukomme, sei die Ausweisung des Beschwerdeführers im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Zum vorgebrachten Hochschulstudium des Beschwerdeführers sei anzumerken, daß es sich hiebei nur um einen Lehrgang handle, der zur Nachholung von Teilprüfungen der Reifeprüfung diene und eine Verlängerung dieser Inskription laut Auskunft der Studienabteilung der Technischen Universität Wien beim Beschwerdeführer nicht mehr möglich sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die Inanspruchnahme der ihm zu Gebote stehenden Mittel zur Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein Fehlverhalten darstelle.
1.2. Dem ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer den Asylantrag unstrittig nicht innerhalb einer Woche nach Einreise in das Bundesgebiet gestellt hat und ihm dieser Antrag daher gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verschaffen konnte. Ebenso konnten die beiden - nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde rechtskräftig abgewiesenen - Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung dem Beschwerdeführer nicht zum Aufenthalt berechtigen. Da sich der Beschwerdeführer somit jedenfalls seit Ablauf seines für die Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Sichtvermerkes nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 33 Abs. 1 zweiter Halbsatz FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde zu Recht ausgeführt, das Gewicht des Umstandes, daß der Beschwerdeführer mit seinem Onkel im gemeinsamen Haushalt lebe, werde dadurch relativiert, daß der Beschwerdeführer erwachsen sei. Da eine Fortsetzung des vom Beschwerdeführer an der Technischen Universität Wien inskripierten Lehrganges unbestritten nicht mehr möglich ist, hat die belangte Behörde diese Ausbildung zu Recht nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt.
Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer durch seinen nahezu zur Gänze illegalen Aufenthalt, den er trotz rechtskräftiger Bestrafung wegen unbefugten Aufenthaltes aufrecht erhalten hat, das aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 1998, Zl. 98/18/0145) gravierend beeinträchtigt hat und demgegenüber seine persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet weniger ins Gewicht fallen, kann das Ergebnis der von der belangten Behörde durchgeführten Interessenabwägung nicht als rechtswidrig erkannt werden.
3.1. Die Beschwerde führt weiters ins Treffen, daß gemäß § 33 Abs. 1 FrG eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, weil dort ausdrücklich festgehalten werde, "daß Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können (Hervorhebung im Original) und nicht generell auszuweisen sind".
Auch damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
3.2. Der vorliegend maßgebliche § 33 Abs. 1 FrG lautet:
"Fremde können mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten."
Ihrem Wortlaut nach räumt diese Bestimmung somit insofern Ermessen ein, als sie die Behörde ermächtigt, von der Erlassung einer Ausweisung trotz Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes abzusehen. Nach Art. 130 Abs. 2 B-VG hat die Behörde von dem besagten Ermessen "im Sinne des Gesetzes" Gebrauch zu machen. Sie hat hiebei in Erwägung zu ziehen, ob und wenn ja welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung gegen die Erlassung einer Ausweisung sprechen und sich hiebei insbesondere von den Vorschriften des FrG leiten zu lassen. Es könnten etwa - anders als bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 37 Abs. 1 FrG - öffentliche Interessen zugunsten eines Fremden berücksichtigt werden und bei entsprechendem Gewicht eine Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen der Ermessensentscheidung rechtfertigen. Aber auch persönliche, schon im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 37 Abs. 1 FrG zu berücksichtigende Interessen sind bei der Handhabung des Ermessens nach § 33 Abs. 1 FrG dann zu beachten, wenn dies erforderlich ist, um den besonderen im Einzelfall gegebenen Umständen gerecht zu werden. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0175).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zur Frage des Ermessens lediglich festgehalten, daß sich die Ausweisung aufgrund der großen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung durch den Beschwerdeführer "im Grunde des § 33 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt" erweise. Diese Ausführungen stellen nach dem oben Gesagten keine ausreichende Begründung der Ermessensentscheidung dar.
Der Beschwerdeführer unterläßt es jedoch, die Relevanz dieses Verfahrensmangels aufzuzeigen. Er bringt nämlich - anders als in dem dem erwähnten hg. Erkenntnis, Zl. 98/18/0175, zugrundeliegenden Fall - in der Beschwerde nicht vor, aus welchen Gründen die belangte Behörde zu einer Ermessensentscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte gelangen können. Deshalb und im Hinblick auf das Fehlen aktenkundiger, ein Absehen von der Ausweisung im Rahmen der Ermessensentscheidung indizierender Umstände kann im Unterbleiben einer ausreichenden Begründung der Ermessensentscheidung keine relevante Rechtsverletzung erblickt werden.
4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 3. Dezember 1998
Schlagworte
Ermessen Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998180252.X00Im RIS seit
11.10.2001