TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/3 L509 2208719-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L509 2208719-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte I., II., III., IV., V., und VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 3 Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF), ist ein männlicher Staatsangehöriger der Islamischen Republik Iran und brachte nach rechtswidriger Einreise nach Österreich am 23.02.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als nunmehr belangte Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Der BF brachte zusammengefasst vor, dass er zum Christentum konvertiert sei. Er werde daher von den iranischen Behörden verfolgt.

2. Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er zum Grund der Antragstellung befragt an, er sei vor einem halben Jahr evangelisch geworden. Seine gesamte Familie sei bereits vor ca. einem Jahr zum Christentum konvertiert. Sie hätten Hausmessen abgehalten und die Nachbarn hätten dies beim Nachrichtendienst verraten. Beamte des Nachrichtendienstes hätten dann im Haus der Familie eine Hausdurchsuchung durchgeführt und im Zimmer des BF Gegenstände Bücher, Kreuze, Wein und eine Christus-Statue gefunden. Der BF sei zu diesem Zeitpunkt nicht zuhause, sondern in der Arbeit gewesen. Man habe seinen Vater für 48 Stunden festgenommen und diesen aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass sich der BF der Behörde stelle. In diesem Fall hätte der BF nur mit kurzer Haft und Auspeitschung zu rechnen. Er selbst habe sich nach der Hausdurchsuchung nicht mehr nachhause getraut, habe außerhalb von XXXX gewartet, bis man ihm seinen Hund gebracht hätte und sei er dann gemeinsam mit seinem Hund aus dem Iran geflüchtet. Im Falle der Rückkehr habe er Angst, wegen der Konversion mit der Todesstrafe bestraft zu werden.

3. Bei der asylbehördlichen Einvernahme am 06.08.2018 gab der BF an, er sei Christ und gehöre der evangelischen Religion an. Von den Schwiegereltern seiner Schwester, die bereits seit 13 Jahren Christen seien, seien die Eltern des BF für das Christentum missioniert worden. 7 bis 8 Monate vor der Ausreise habe auch der BF begonnen, andere Leute zu missionieren. Er habe aber von der Behörde eine Vorladung bekommen und hätte am 28. oder 29.05.2015 dort erscheinen müssen. Er sei jedoch nicht hingegangen. Daraufhin habe man seinen Vater verhaftet und christliche Schriften sowie ein Kreuz und Wein aus ihrem Haus mitgenommen. Sein Vater hätte für die Freilassung die Besitzurkunde des Hauses der Familie als Kaution hinterlegen müssen. Der BF sei unter anderem der Propaganda, Missionarstätigkeit sowie des Eingriffes in die islamische Ordnung beschuldigt worden. Danach habe der BF einen Schlepper kontaktiert, um das Land zu verlassen. Es hätten im Haus der Familie auch Hauskirchen stattgefunden, an denen 30 bis 35 Personen, darunter 2 Japanerinnen teilgenommen hätten. Die Japanerinnen seien des Landes verwiesen worden, 20 der Hauskreis-Teilnehmer würden sich im Ausland befinden, 8 davon seien inhaftiert worden. Seine Eltern seien nicht in Haft, da sie die Schuld von sich gewiesen und ihre Kinder dafür verantwortlich gemacht hätten. Es seien ihnen jedoch die Pässe abgenommen und ihre Konten "eingefroren" worden. De BF hätte davon ausgehen müssen, dass sein Leben in Gefahr ist und er sei deshalb geflüchtet.

Der BF gab weiters an, dass er, bevor er zum Christentum konvertiert sei, seit seinem 15. Lebensjahr keiner Religion angehört hätte. Er hätte verbotene Bücher über die islamische Religion gelesen und hätte sich daher von dieser Religion entfremdet. Am Anfang, als zu Hause gebetet worden sei, hätte er immer das Haus verlassen. Er sei ihm aber von seinen Eltern und dem Schwager vorgeschlagen worden, an den Hauskirchen teilzunehmen, mit der Begründung, dass es sich beim Protestantismus nur bedingt um eine Religion, sondern mehr um einen Weg handle. Er solle nach dem gehen, wie er sich fühlt. Die Persönlichkeit von Jesus Christus habe ihn aber beeindruckt. Danach hätte er sich über den Katholizismus und den Protestantismus erkundigt sowie über Martin Luther gelesen. Von dessen Ausführungen sei er sehr beeindruckt gewesen. Am 13.04.2015 habe der BF sein Glaubensbekenntnis abgelegt. An diesem Tag habe er so gefühlt, dass er verkünden wolle, an das Christentum zu glauben. Am Abend davor hätte er mit seiner Mutter noch ein Gespräch darüber geführt, dass er das vorhabe. Seine Mutter hätte ihn gefragt, warum er gerade jetzt konvertieren wolle. Er hätte das nicht in Worte fassen können, sondern sein Herz sprechen lassen. Er hätte gefühlt, wenn er Jesus folgt, würde dies der richtige Weg sein. Der Weg, den er vorher gegangen sei, sei der falsche gewesen. Er hätte viel Alkohol konsumiert und an unanständigen Partys teilgenommen, an denen Drogen und Alkohol konsumiert worden seien. Er habe festgestellt, dass er seine Freunde und Bekannten vernachlässigte, welche seine Hilfe gebraucht hätten und er habe verstanden, dass er sich sowohl um seine Freunde als auch um die Hunde kümmern müsse. Da hätte er auch begonnen, seinen Freunden über das Christentum zu erzählen und ihnen zu helfen.

Die Frage, ob er getauft wurde, beantwortete der BF damit, dass zwar alle Zeremonien durchgeführt worden wären, es jedoch im Iran nicht möglich sei, einen Zettel zu besitzen, in dem steht, dass er Christ geworden ist.

Inzwischen sei er noch nicht getauft. Die Taufe sei für den 03.09.2018 geplant.

4. Der Antrag auf internationalen Schutz wurden mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zugesprochen (Spruchpunkt II) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III). Es wurde festgestellt, dass der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet am 02.03.2017 verloren habe (Spruchpunkt IV). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt V) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 3 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Der Beschwerde wurde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII).

Die belangte Behörde ging davon aus, dass sich das Vorbringen nicht als glaubhaft darstelle und der BF in seinen Ausführungen zum Christentum konvertiert zu sein, nicht glaubwürdig sei. Ebenso verfüge er im Iran über eine Existenzgrundlage und liegen in Österreich keine relevanten privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkte vor. Weitere Gründe, welche die Erteilung eines Aufenthaltsrechts gebieten würden, wären nicht hervorgekommen.

5. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde rechts- und tatsachenirrig vorgegangen wäre.

Mit der Beschwerde wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zu beheben und dem BF des Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen; in eventu den Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen oder festzustellen, dass dem BF der Status eine subsidiär Schutzberechtigten zukommt; sowie festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und eine Aufenthaltsberechtigung (plus) gemäß § 55 AsylG oder eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG zu erteilen; jedenfalls eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen sowie das Einreiseverbot zu beheben bzw. wesentlich zu verkürzen.

In der Begründung der Beschwerde ist ausgeführt, die belangte Behörde hätte die Passagen der im angefochtenen Bescheid angeführten Länderberichte und die Begründungen von positiven Erkenntnissen des BVwG über die Apostasie bzw. die Bestrafung der Konvertiten wegen Handlungen gegen die Sicherheit des Staates nicht berücksichtigt. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Obwohl das iranische Strafrecht keine Bestrafung wegen Apostasie vorsieht, könne eine Strafe von Richtern aufgrund der Scharia verhängt werden.

In der Folge wurden weitere umfangreiche Länderberichte- zum Teil in englischer Sprache - zitiert, die die Lage von christlichen Hauskirchen und die Verhinderung religiöser Aktivitäten von Konvertiten im Iran beschreiben.

Weiters ist ausgeführt: Wenn die belangte Behörde die eigenen Länderberichte nicht nur selektiv ausgewertet, sondern die in der Beschwerde angeführten Länderberichte berücksichtigt hätte, hätte sie zur Feststellung kommen müssen, dass der BF im Falle der Rückkehr in den Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist.

Die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid sei unschlüssig, da sich der BF bereits in seinem Heimatland hinreichend mit dem Christentum auseinandergesetzt hätte, was aus dem detaillierten Vorbringen des BF offensichtlich hervorginge. Auch die Tatsache, dass er straffällig geworden war, spreche nicht dagegen, dass er den christlichen Glauben in seinem tiefsten Inneren verankert hat. Er bereue die Straftat zutiefst, besuche regelmäßig die Kirche und nehme an Gottesdiensten teil. Es liege auch nicht in der Sphäre des BF, dass der für Anfang September geplante Tauftermin nicht durchgeführt werden habe können. Die Unglaubwürdigkeit des BF damit zu begründen, dass er in Griechenland keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, würde einer gesetzmäßigen Begründung und Beweiswürdigung nicht entsprechen. Das gelte auch für den Vorwurf, dass der BF "sichere Drittstaaten" durchquert hat, da ein "rational handelndes Individuum" auch andere Kriterien als die geografische Nähe zum Heimatstaat miteinbeziehe. Der BF habe außerdem ein Schreiben vorgelegt, welches seine Ladung zur - und Anschuldigung des Religionswechsels durch die - Geheimpolizei bestätige. Das Vorbringen des BF finde Deckung in einschlägigen Länderberichten und sei somit glaubhaft.

Aufgrund der mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtigen Rechtsanwendung sei Spruchpunkt I unzulässig. Hätte die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht in ordnungsgemäßer Weise wahrgenommen, wäre dem BF jedenfalls der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen.

Der BF sei um Integration bemüht, verfüge bereits über gute Deutschkenntnisse und hätte sich im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeit auch darum bemüht, einen Job zu finden und selbsterhaltungsfähig zu werden.

Da die belangte Behörde den Sachverhalt nicht in allen beurteilungserheblichen Punkten geklärt habe, käme sie ihrer Begründungspflicht vor allem bei der Ermessensentscheidung betreffend das Einreiseverbot nicht nach. Bei der Festsetzung des Einreiseverbotes habe die belangte Behörde auf das zugrundeliegende Verhalten (Einzelfallprüfung) des BF nicht abgestellt und nehme sie keinen Beug auf das Persönlichkeitsbild des BF. Das 4-jährige Einreiseverbot erweise sich jedenfalls als unverhältnismäßig. Der BF sei lediglich zu einem Bruchteil des gesetzlich vorgesehenen Höchstmaßes verurteilt worden (unbedingte Freiheitsstrafe von 1 Monat) und es sei daher unverhältnismäßig, da bei wesentlich schwereren Straftaten lediglich ein 10-jähriges Einreiseverbot verhängt werden könne. Auch angesichts der positiven Zukunftsprognose für den BF (tadelloser Lebenswandel) sei ein Einreiseverbot von 4 Jahren jedenfalls unzulässig.

6. Das BVwG hat der Beschwerde mit AV vom die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss des BVwG vom 06.11.2018, Zl. 2208719-1/3E, zurückgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt unter besonderer Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers und der Feststellungen der belangten Behörde sowie der Ausführungen in der Beschwerde. Der BF hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren Kopien von Fotos vorgelegt. Auf einem davon (AS 273) sind Familienmitglieder, auf einem anderen (AS 277) der BF selbst mit einem Pastor abgebildet. Auf den weiteren Fotos (AS 281 - 293) sind Auszüge aus einem Personaldokument bzw. eine Ladung eines iranischen Strafgerichtes dargestellt. Die Ladung wurde von einem Farsi-Dolmetscher in die deutsche Sprache übersetzt (AS 295). Zur Beurteilung der Lage im Herkunftsland werden die von der belangten Behörde in das Verfahren eingeführten, umfangreichen und zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung noch hinreichend aktuellen Länderfeststellungen der Staatendokumentation herangezogen, welche dem Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren zur Kenntnis gebracht wurden. Es wurde dem Beschwerdeführer auch Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Der BF verzichtete auf die Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen der Einvernahme bei der belangten Behörde und verwies auf die Stellungnahme seines bevollmächtigten Vertreters. Dieser führte in der Beschwerde eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen aus. Das Bundesverwaltungsgericht sieht von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung ab.

1. Feststellungen:

1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger und stammt aus XXXX . Er ist ledig und kinderlos. Er besuchte im Iran 4 Jahre lang die Grundschule, 2 Jahre die Hauptschule und 2 Jahre eine allgemeinbildende höhere Schule.

Seine Eltern und zwei Schwestern leben im Iran. Er spricht Farsi sowie mittelmäßig Englisch. Im Iran hat der BF als Verkäufer gearbeitet.

1.2. Der BF überquerte am 12.02.2016 bei Spielfeld illegal die Staatsgrenze nach Österreich und versuchte, nach Deutschland weiterzureisen. Dort wurde ihm am 13.02.2016 die Einreise verweigert und er wurde der österreichischen Polizei übergeben. Am 23.02.2016 stellte er den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.3. Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11.02.2017 wurde der BF wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 2a SMG und Tatbegehungsgefahr in Untersuchungshaft genommen. Am 02.03.2017 wurde der BF beim Landesgericht für Strafsachen Graz wegen Vergehens nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall, 27 Abs. 2 SMG und nach §§ 27 Abs. 2a zweiter Fall, 27 Abs. 3 SMG unter der Zahl 8 Hv 24/2017v zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten (davon 1 Monat unbedingt und 6 Monate unter Festsetzung einer Probezeit von drei Jahren) rechtskräftig - seit 03.03.2017 - verurteilt. Er wurde schuldig gesprochen, am 09.02.2017, an einem allgemein zugänglichen Ort (Park) und öffentlich mehrere Gramm Cannabiskraut an einen unbekannten, einen bekannten Abnehmer und an 2 Polizeibeamte (verdeckte Ermittler) in gewerbsmäßiger Absicht verkauft und darüber hinaus eine unbekannte Menge Cannabiskraut besessen zu haben. Bei der Straffestsetzung wurde das umfassende, reumütige und der Wahrheitsfindung dienliche Geständnis sowie die Unbescholtenheit in Verbindung mit einem ordentlichen Lebenswandel mildernd, das Zusammentreffen von zwei Vergehen erschwerend gewertet.

1.4. Der BF ist bis dato nicht getauft. Sein Vorbringen, er sei aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert, ist nicht glaubhaft. Es ist vielmehr festzustellen, dass der BF nur zum Schein konvertiert ist, um sich dadurch einen Aufenthaltstitel im Wege des Asylrechts zu verschaffen.

1.5. Zur gegenständlichen Entscheidung werden die Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides zugrunde gelegt, die dem Länderinformationsblatt vom 03.07.2018 der Staatendokumentation entnommen wurden. Die belangte Behörde hat Feststellungen getroffen zu den Bereichen politische Lage, Sicherheitslage, Rechtsschutz und Justizwesen, Sicherheitsbehörden, Folter und unmenschliche Behandlung, NGO¿s und Menschenrechtsaktivisten, allgemeine Menschenrechtslage, Haftbedingungen, Todesstrafe, Religionsfreiheit- insbesondere zur Lage der Christen, zum Thema Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus und Hauskirchen - ethnische Minderheiten, Grundversorgung und Rückkehr. Es ergaben sich seit der Entscheidung der belangten Behörde im Herkunftsland Iran keine für den vorliegenden Fall relevanten Veränderungen. Insbesondere ist die Lage in Bezug auf Religionswechsel, Abfall vom Islam, Veranstaltung von Hauskirchen bzw. -messen, Behandlung von Christen und Verfolgung von Missionierungen sowie die Situation von Rückkehrern unverändert. Die belangte Behörde hat hier umfangreiche Feststellungen getroffen und kann im Wesentlichen auf diese Feststellungen verwiesen werden. Das Bundesverwaltungsgericht geht nicht von anderen Feststellungen aus. Der Vollständigkeit halber werden folgende für den konkreten Fall wesentliche Feststellungen wiedergegeben:

Sicherheitslage

Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).

Rechtsschutz / Justizwesen

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die "Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015, vgl. BTI 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

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Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere "Feindschaft zu Gott" und "Korruption auf Erden";

-

Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

-

Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

-

Spionage für fremde Mächte;

-

Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

-

Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe sind nach wie vor auf der Tagesordnung (ÖB XXXX 9.2017). Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt. Zudem existieren einige strafrechtliche Nebengesetze, darunter das Betäubungsmittelgesetz sowie das Antikorruptionsgesetz. Die statuierten Straftatbestände und Rechtsfolgen enthalten zum Teil unbestimmte Formulierungen. Den Kern des "Scharia-Strafrechts", also des islamischen Strafrechts mit seinen z.T. erniedrigenden Strafen wie Auspeitschung, Verstümmelung, Steinigung, sowie der Todesstrafe bilden die Abschnitte zu den Qesas-und Hudud-Delikten:

* "Hudud" (Verstoß gegen das Recht Gottes) enthält Straftatbestände, die im Koran und in der Sunna genauer beschrieben sind, wie z.B. Diebstahl, Raub, Alkoholgenuss, Sexualstraftaten inkl. Homosexualität und Unzucht, sowie Verbrechen gegen Gott. Zu all diesen Tatbeständen enthält das Gesetz detaillierte Beweisregelungen, nach denen der Täter jeweils nur bei Geständnis oder ihn belastenden Aussagen mehrerer Zeugen verurteilt werden soll.

* "Qesas"(Vergeltung) ist gekennzeichnet durch das Prinzip der körperlichen Vergeltung für die Tatbestände Mord und Körperverletzung mit Folge des Verlustes von Gliedmaßen. Hierbei können Geschädigte oder deren Familie selbst bestimmen, ob sie auf Vergeltung bestehen oder sich mit einer Schadensersatzzahlung zufrieden geben ("Diyeh" oder "Dyat", sog. Blutgeld; Minimalsatz rund 31.500 €). Für die in Art. 13 der Verfassung genannten religiösen Minderheiten ist Blutgeld in gleicher Höhe zu zahlen wie für die Tötung von Muslimen (AA 9.12.2015).

Die "Taazirat"-Vorschriften (vom Richter verhängte Strafen), Strafnormen, die nicht auf religiösen Quellen beruhen, bezwecken in erster Linie den Schutz des Staates und seiner Institutionen. Während für Hudud- und Qesas-Straftaten das Strafmaß vorgeschrieben ist, hat der Richter bei Taazirat-Vorschriften einen gewissen Ermessensspielraum (AA 9.12.2015).

Im Frühling 2016 wurde ein Gesetz zu politischen Verbrechen erlassen, welches zwar eine Sonderbehandlung für politische Häftlinge einführt (eigene Gefängnisse, keine Gefängniskleidung), den Begriff "politisches Vergehen" aber sehr offen definiert, weshalb weiter willkürliche Verfolgung zu befürchten ist. Statistiken zur Zahl der politischen Gefangenen sind nicht verfügbar. Es wird aber von mehr als 1.000 politischen Gefangenen ausgegangen, wobei diese Zahl auch Menschen, die wegen ihrer religiösen Überzeugung festgehalten werden, beinhaltet (ÖB XXXX 9.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (9.12.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran

-

AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 21.3.2018

-

BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Iran, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Iran.pdf, Zugriff 22.3.2018

-

DIS - Danish Immigration Service (6.2014): Update on the Situation for Christian Converts in Iran. Report from the Danish Immigration Service's fact-finding mission to Istanbul and Ankara, Turkey and London, United Kingdom,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1038385/1226_1403600474_rapportiranffm10062014ii.pdf, Zugriff 21.3.2018

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html, Zugriff 21.3.2018

-

ÖB XXXX (9.2017): Asylländerbericht

-

US DOS - US Department of State (20.4.2018): Country Reports on Human Rights Practices 2016 Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430093.html, Zugriff 23.4.2018

-

US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html, Zugriff 28.5.2018

Todesstrafe

Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, "Mohareb", Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, sowie auf Vergehen wie Drogenkonsum, oder außerehelichen Geschlechtsverkehr. Vor allem bei Drogendelikten wurde die Todesstrafe häufig angewendet (2015 etwa 65% aller Hinrichtungen), regelmäßig durch Erhängen, selten durch Erschießung, z.T. öffentlich, und auch gegen (zum Tatzeitpunkt) Minderjährige (ÖB XXXX 9.2017). Bei den Straftatbeständen dominieren weiter Drogendelikte, gefolgt von Mord und Sexualdelikten. Der Teil Hinrichtungen, die öffentlich vollstreckt werden, hat sich bei 5% stabilisiert (2016: 5%, 2015: 7%, 2014: 10%). Es wird über erfolgte Hinrichtungen nicht offiziell informiert. Es ist davon auszugehen, dass Iran auch 2016 das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung war (AA 2.3.2018). Die Zahlen zu den Hinrichtungen variieren etwas. Amnesty International berichtet, dass in Iran 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet wurden, das wäre ein Rückgang um 11% im Vergleich zum Vorjahr. In Iran fanden mindestens 31 öffentliche Hinrichtungen statt. Berichte aus dem Jahr 2017 deuten darauf hin, dass in Iran mindestens fünf Personen hingerichtet wurden, die zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Tat jünger als 18 Jahre waren (AI 12.4.2018). Die UN-Sonderberichterstatterin über die Menschenrechtssituation in Iran berichtet, dass 2017 482 Exekutionen gemeldet wurden. Im Jahr 2016 wären es 530 und im Jahr 2015 969 gewesen (HRC 5.3.2018).

Am 16.7.2017 wurde eine Gesetzesänderung betreffend Todesstrafe aufgrund von Drogendelikten im Parlament verabschiedet. Demzufolge sollen jene, die Drogenstraftaten aufgrund von Armut oder Arbeitslosigkeit begangen haben, nicht zum Tode verurteilt werden. Über Drug Lords, gewalttätige Drogenstraftäter, und diejenigen, die mehr als 100 Kilo Opium oder 2 Kilo industrielle Rauschgifte produzieren oder verbreiten, soll jedoch weiterhin die Todesstrafe verhängt werden (ÖB XXXX 9.2017). Der Anteil der Hinrichtungen wegen Drogendelikten sank 2017 auf 40% (AI 12.4.2018a). Im Oktober 2017 wurde das neue Gesetz verabschiedet, das die Drogenmenge, die Voraussetzung für ein Todesurteil ist, erhöhte. Für zahlreiche Drogendelikte war die Todesstrafe jedoch weiterhin zwingend vorgeschrieben (AI 22.1.2018, vgl. HRW 18.1.2018). Der Wächterrat akzeptierte das Gesetz im Oktober 2017 und es trat am 14.11.2017 in Kraft. Am 21.11.2017 verlautbarte der XXXX Staatsanwalt, dass 3.300 Personen, die wegen Drogenvergehen verurteilt wurden, Berufungen im Zuge des neuen Gesetzes einlegten (HRW 18.1.2018, vgl. HRC 5.3.2018). Rund 4.000 inhaftierte Iraner, die derzeit aufgrund von drogenbezogenen Straftaten zum Tode verurteilt sind, könnten infolge einer richterlichen Anordnung, die auf einer kürzlich erlassenen Änderung des Gesetzes zum Drogenhandel basiert, ihre Strafe aufgehoben sehen. Die Anordnung wurde am 9.1.2018 vom Leiter der Justizbehörde, Sadegh Larijani, erlassen. Sie setzt die Todesurteile, die in Zusammenhang mit Drogenkriminalität stehen, vorerst aus, während diese nachgeprüft werden. Sie fordert auch, dass die Richter alle Todesurteile widerrufen, die nicht den neuen vom Parlament aufgestellten Kriterien bezüglich der Todesstrafe entsprechen. Nach der Gesetzesnovelle darf die Todesstrafe nur bei Verurteilungen im Zusammenhang mit Drogen vollstreckt werden, wenn die Fälle folgendes beinhalten (Global Voices 3.3.2018):

-

Drogenhandel mit Waffengebrauch;

-

eine größere Rolle in der Organisation und Finanzierung des Drogenhandels, den Handel durch Kinder eingeschlossen;

-

vorangegangene Todesurteile, lebenslängliche Verurteilungen oder Freiheitsstrafen von mehr als 15 Jahren;

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der Besitz oder der Transport von mehr als 50 Kilo Opium und anderen "traditionellen Drogen", zwei Kilo Heroin oder drei Kilo Methamphetamin (Global Voices 3.3.2018).

Viele Todesurteile werden nach internationalen Verfahrensstandards widersprechenden Strafverfahren gefällt: Es wird immer wieder von durch Folter erzwungenen Geständnissen oder fehlende Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Verteidiger vor dem Prozess bzw. fehlender freier Wahl eines Verteidigers berichtet. Es ist auch zumindest ein Fall bekannt, bei welchem die Entscheidung des Obersten Gerichts über die Berufung gegen die Todesstrafe nicht abgewartet wurde. Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen (auf welche vom "Geschädigten" gegen eine Abstandsgeldzahlung verzichtet werden kann). Zwar wurde im Jahr 2002 ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen, jedoch wurde dies im Jahr 2009 vom damaligen Justizsprecher für nicht bindend erklärt. Es befinden sich noch mehrere Personen beiderlei Geschlechts auf der "Steinigungsliste". Seit 2009 sind jedoch keine Fälle von Steinigungen belegbar. Weiterhin finden in Iran Hinrichtungen von Straftätern statt, die zum Zeitpunkt ihrer Tat unter 18 Jahre alt waren. Das Alter der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für Buben liegt bei 15 und für Mädchen bei 9 Jahren. 2016 wurden mindestens 5 jugendliche Straftäter hingerichtet, drei davon aufgrund von Drogendelikten. In der Vergangenheit konnten einige wenige Hinrichtungen von Jugendlichen aufgrund internationalen Drucks (meist in letzter Minute) verhindert werden (ÖB XXXX 9.2017, vgl. AA 2.3.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

-

AI - Amnesty International (12.4.2018a): Amnesty-Bericht zur Todesstrafe 2017: Zahl dokumentierter Hinrichtungen rückläufig, mehr Länder setzen auf Todesurteile bei Drogendelikten, https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/amnesty-bericht-zur-todesstrafe-2017-zahl-dokumentierter-hinrichtungen, Zugriff 3.7.2018

-

AI - Amnesty International (12.4.2018): Todesstrafe 2017: Zahlen und Fakten,

https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/todesstrafe-2017-zahlen-und-fakten, Zugriff 24.4.2018

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 24.4.2018

-

Global Voices (3.3.2018): Iran hebt Tausende Todesurteile im Zusammenhang mit Drogen auf,

https://de.globalvoices.org/2018/03/03/iran-hebt-tausende-todesurteile-im-zusammenhang-mit-drogen-auf/, Zugriff 3.7.2018

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HRC - UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (5.3.2018): Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Islamic Republic of Iran [A/HRC/37/68],

https://www.ecoi.net/en/file/local/1426273/1930_1520515641_a-hrc-37-68.doc, Zugriff 25.4.2018

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HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424270.html, Zugriff 24.4.2018

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ÖB XXXX (9.2017): Asylländerbericht

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB XXXX 9.2017).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB XXXX 9.2017).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (2.3.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Islamischen Republik Iran

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 21.3.2018

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BFA Analyse (23.5.2018): Iran - Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf, Zugriff 29.5.2018

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ÖB XXXX (9.2017): Asylländerbericht

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US DOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1406998.html, Zugriff 28.5.2018

Christen (Apostasie, Konversion,... siehe Abschnittt 15.2)

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in XXXX und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum in Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und bezieht sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte in Iran vorweisen können und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der - auch von außen als solche klar erkennbaren - Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB XXXX 9.2017).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den Armeniern, Assyrern oder Sabäer-Mandäern angehören, oder den Juden oder Zoroastriern, oder die beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 15.8.2017).

Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen (Open Doors 2017).

Quellen:

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BFA Analyse (23.5.2018): Iran - Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf, Zugriff 29.5.2018

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DIS/DRC - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 5.6.2018

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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