Entscheidungsdatum
13.02.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L515 2192132-1/4E
L515 2192137-1/4E
L515 2192139-1/4E
L515 2192134-1/4E
L515 2192129-1/4E
BESCHLUSS
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX XXXX vom 04.04.2018 gegen
den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.03.2018, Zl.: XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom 04.04.2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.03.2018, Zl.: XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl.XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom 04.04.2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.03.2018, Zl.:XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch den Vater, XXXX, geb.XXXX, dieser wiederum vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom 04.04.2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.03.2018, Zl.: XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Aserbaidschan, vertreten durch den Vater, XXXX, geb. XXXX, dieser wiederum vertreten durch RA Mag. Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX vom 04.04.2018 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.03.2018, Zl.: XXXX wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführenden Parteien (gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als "bP1" - "bP5" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Aserbaidschan und brachten am im Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.
Die verheirateten bP1 und bP2 sind die Eltern minderjährigen bP2 - bP5.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachten sie im Wesentlichen vor, bP1 sei aktives Mitglied der Müsavat-Partei gewesen. Ua. hätte sie an Demonstrationen teilgenommen, hierbei gefilmt und Übergriffe der Polizei dokumentiert. In Reaktion hierauf wäre sie schweren Übergriffen bis hin zu schweren Misshandlungen ausgesetzt gewesen, welche sie letztlich veranlassten, Aserbaidschan zu verlassen.
bP2 schilderte Probleme in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Geburt der Kinder und gab an, wegen der Gründe von bP1 Aserbaidschan verlassen zu haben.
In Bezug auf bP3 wurden aktuell "Probleme mit den Augen" vorgebracht, Ausreisekausalität wurde hierbei nicht behauptet.
bP1 legte im Verfahren insbesondere eine -von der bB nicht als Fälschung aber auch nicht als echt qualifizierte- Bestätigung des Aserbaidschanischen Komitees gegen Folter vor, wonach sich die bP1, welche in der Bestätigung als Mitglied der Müsavat-Partei bezeichnet wurde, über darin beschriebene, gegen sie gerichtete Übergriffe beschwerte.
Der von der bB herangezogenen Berichtslage ist entnehmbar, dass von der bP1 beschriebene Übergriffe gegen Oppositionelle in Aserbaidschan nicht fremd sind.
Die bP legten zahlreiche Referenz- und Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben vor.
Weitergehende Ermittlungen als die Befragung der bP und die Sichtung der von der Staatendokumentation der bB zur Verfügung gestellten Länderinformationsblätter erfolgten nicht.
Die Anträge auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch ersichtlichen Bescheiden des BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
In Bezug auf die bP1 ging die bB im Rahmen der getroffenen "Feststellungen" davon aus, dass sie keine glaubwürdige Verfolgung im Heimatland [gemeint wohl: Herkunftssaat] vorgebracht hat und im Falle einer Rückkehr keine aktuelle Bedrohungssituation [...] in Aserbaidschan festgestellt werden kann.
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage wurden die von der Staatendokumentation der bB zur Verfügung gestellten Länderinformationsblätter unreflektiert, ungekürzt und unverändert in die angefochtenen Bescheide eingefügt, ohne in diesen einen Bezug auf das Vorbringen der bP herzustellen. So enthalten diese Ausführungen, welche mit dem maßgeblichen Sachverhalt (vgl. § 37 AVG) in keiner Weise im Zusammenhang stehen (vgl. etwa Feststellungen zur Homosexualität, IDPs, etc.). Umgekehrt enthalten diese -wie bereits erwähnt- zur Lage der Opposition Feststellungen, welche davon ausgehen, dass Sachverhalte, wie sie die bP1 schilderte, in Aserbaidschan vorkommen können und sich -die Glaubhaftigkeit des Vorbringens der bP1 in Bezug auf ihre Mitgliedschaft und individuelle Rolle bei der Müsavat-Partei- nicht in das Kalkül der bloßen Möglichkeit verwiesen werden können.
Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP als nicht glaubhaft. Die Beweiswürdigung erschöpft sich zu einem wesentlichen Teil in der Wiedergabe des Vorbringens der bP in der indirekten Rede und der Ausführung, die bP1 hätte "Beweismittel oder Dokumente zu [i]hren Fluchtgründen ...nicht vor[gelegt], vermeintlichen -nicht näher beschrieben Widersprüchen der legale[n] Ausreise mit [dem] in Baku ausgestellten Reisepass und dem Umstand, dass der bP1 das Datum der Ausstellung des Reisepasses nicht bekannt sei.
In Bezug auf die weiteren bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.
Die "individuellen" Ausführungen zu den privaten Interessen gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK im Lichte der vorgelegten Referenz- und Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben erschöpfte sich im Wort "Nichts".
Ansonsten erschöpften sich die Ausführungen der bP in keinem näheren Aussagewert zugänglichen phrasen- und textbausteinartigen Ausführungen.
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde unter Verweis auf die Ausführungen der bP vorgetragen, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorging.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG liegt im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit des Einzelrichters vor.
Zu A)
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.3.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.3.3. Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Das oa. Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Die Entscheidung ergeht in Beschlussform. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2. Aufl., Anm. 11 und 12 zu § 28 VwGVG).
Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung geht der Gesetzgeber bei den Verwaltungsgerichten vom Primat der Sachentscheidung aus, wenn er festlegt, dass gem. § 28 Abs. 1 VwGVG das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen,
-
wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,
-
wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder
-
bloß ansatzweise ermittelt hat.
-
Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
In den Erkenntnissen vom 11.11.1998, GZ. 98/01/0283, 12.5.1999, GZ. 98/01/0365, sowie vom 6.7.1999, GZ. 98/01/0602 stellte der VwGH fest, dass es sich bei den [damaligen] Asylbehörden, namentlich beim Bundesasylamt und beim Unabhängigen Bundesasylsenat um Spezialbehörden handelt und an solche Behörden in Bezug auf ihre Obliegenheiten zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts -auch in Bezug auf die Schaffung und Nutzung entsprechender logistischen Möglichkeiten um ihren Aufgaben entsprechen zu können- ein besonders hoher Maßstab gilt. Mit der Ablöse des Unabhängigen Bundesasylsenats durch den AsylGH ist davon auszugehen, dass diese höchstgerichtliche Einschätzung weitergilt. Nach der Einführung einer umfassenden Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Einrichtung des BFA mit 1.1.2014 muss angenommen werden, dass der bereits beschriebene Grundsatz der Spezialisierung in Bezug auf die bB aufrecht erhalten wurde, die Rolle des UBAS bzw. AslyGH im Rechtsmittelverfahren in Bezug auf die Obliegenheit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts jedoch nicht mit jener des zur Prüfung der gesamten unmittelbaren Bundesverwaltung berufenen BVwG aufrecht erhalten werden kann und daher in Bezug auf den BVwG aufgrund der Aufgabe der Spezialisierung nicht die selben Maßstäbe hinsichtlich der Obliegenheit zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts anzuwenden sind, wie in Bezug auf die bB. Dort wo der bB eine höhere Obliegenheit zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts trifft als das ho. Gericht, wird dies im Rahmen der Auslegung des § 28 Abs. 3 VwGVG zu berücksichtigen sein.
In seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts -bei entsprechender Untätigkeit der Behörde- der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgegenstehen. Nach seiner Ansicht können die Gerichte nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281) diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben. Der EuGH führte weiters aus, dass die Art. 49 und 56 AEUV, wie sie insbesondere im Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281), ausgelegt wurden, im Licht des Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsverfahren das Gericht, bei der Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht eine entsprechende Prüfung durchführen kann. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich zwar auf ein Verwaltungsstrafverfahren, sie sind nach ho. Ansicht jedoch auch im gegenständlichen Fall anwendbar.
Im Lichte einer GRC-konformen Interpretation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, finden diese jedenfalls dort ihre Grenze, wenn das Gericht an die Stelle der zuständigen belangten Behörde zu treten hätte, der es obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen. Wird diese Grenze überschritten ist das Gericht ermächtigt -wenn nicht sogar verpflichtet- eine kassatorische Entscheidung iSd § 28 Abs. 3 VwGVG zu treffen.
3.3.3.4. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:
Wie bereits im Verfahrensgang dargelegt wurde, hat die bB im gegenständlichen Fall insbesondere durch eine Unterlassung genauer Ermittlungen, insbesondere solche vor Ort zum individuellen Vorbringen der bP und der de facto Außerachtlassung der von der bP1 vorgelegten Bestätigung des Aserbaidschanischen Antifolterkomitees den maßgeblichen Sachverhalt dermaßen mangelhaft ermittelt, dass nicht lediglich von einer bloßen Ergänzungsbedürftigkeit sondern von einer qualifizierten Unterlassung der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts iSd VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 bzw. des Urteils des EuGH vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 auszugehen ist. Das ho. Gericht war daher nicht bloß berechtigt, sondern iSe europarechtskonformen Interpretation des § 28 Abs. 3 VwGVG sogar verpflichtet, in der Sache nicht meritorisch zu entscheiden.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich die bB mit der vorgelegten Bestätigung des Aserbaidschanischen Folterkomitees im Rahmen einer umfassenden Befassung mit dessen Authentizität, sowie den Umständen um deren Ausstellung dem darin beschriebenen Sachverhalt, insbesondere der darin behaupteten Mitgliedschaft der bP1 bei der Müsavat-Partei und der von ihr behaupteten Rolle in der Partei auseinanderzusetzen haben. Hierbei wird sie nach Ansicht des ho. Gericht an Erhebungen vor Ort nicht umherkommen.
Selbstredend steht es der bB frei, die Mitwirkung der Parteien im Rahmen einer Bescheinigungspflicht im ihnen zumutbaren Rahmen in Anspruch zu nehmen, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass etwa Beweismittel oder Dokumente zu [den unmittelbaren] Fluchtgründen oft aufgrund des regelmäßigen Unwillens der Verfolger, ihre Verfolgungshandlungen in Urkunden zu bestätigen, nicht vorgelegt werden können. Sehr wohl können aber sehr oft Bescheinigungsmittel vorgelegt werden, welche das Vorbringen der bP zumindest indizieren oder indirekt glaubhaft machen.
In weiterer Folge wird sie den individuell festgestellten Sachverhalt einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen und an der Berichtslage zu messen haben.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die bP die Abwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK in Bezug auf die privaten Interessen der bP wort- bzw. umfangreicher und nachvollziehbar auszuführen haben wird.
Die von der belangten Behörde - sichtlich zu Gunsten eines raschen Verfahrensabschlusses bzw. Verringerung des Ermittlungs- und Begründungsaufwandes - gewählte oben beschriebene Vorgangsweise, stellt in der hier vorliegenden Form letztlich die qualifizierte Rechtsverletzung der Willkür durch die belangte Behörde dar (Es ist auch auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, wonach willkürliches Verhalten der Behörde unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens (Anm.: diesem Ignorieren ist wohl eine antizipierende Auseinandersetzung gleichzusetzen) und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes vorliegt [zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001]).
Auch ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde durch die weitgehende Verwendung von Textbausteinen im Bereich der Feststellungen und der Außerachtlassung von Beweismitteln bzw. den bereits beschriebenen Ermittlungsmängeln, ohne auf den individuell vorliegenden Sachverhalt einzugehen und den an den Tag gelegten qualifizierten Unwillen, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, sich letztlich willkürlich ein im Gesetz nicht vorgesehenes Recht auf die Ablehnung der Behandlung der Anträge der bP anmaßt (VwGH 20.2.2009, 2007/19/0961 -0968).
Aufgrund des organisatorischen Aufbaues der bB und des ho. Gerichts, der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Asylverfahrens, sowie des Aufenthaltsortes der bP ist davon auszugehen, dass eine Fortführung des Verfahrens durch die bB zu einer Ersparnis an Zeit und sonstigen Ressourcen führt. Würde das ho. Gericht ihr Ermessen dahin ausüben, das erforderliche Ermittlungsverfahren selbst zu führen, so würde es im Lichte des hier vorliegenden Sachverhalts dieses Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausüben. Beim vom Gesetzgeber ins Auge gefasste Konzept -nämlich das Primat der Sachentscheidung und dem untergeordnet die Möglichkeit der Verwaltungsgerichte, bei bestimmten qualifizierten Fallkonstellationen eine kassatorische Entscheidung zu treffen- ging dieser sichtlich von einer belangten Verwaltungsbehörde voraus, welche redlich bemüht ist, ein rechtskonformes Ermittlungsverfahren zu führen. Dass ihr trotz dieses Bemühens Fehler unterlaufen können, ist evident und wird vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Sicherlich hatte der Gesetzgeber keine belangte Behörde vor Augen, welche ein Verfahren, wie es hier vorliegt führt, in dem Ermittlungstätigkeiten in der hier qualifizierten Form nicht durchgeführt werden, um sich so ihrer ihr gesetzlich bzw. europarechtlich zugewiesenen Zuständigkeit über weite Strecken zu entledigen und diese an das Verwaltungsgericht abzuwälzen.
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hierzu die bereits zitierte Judikatur) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2192134.1.00Zuletzt aktualisiert am
19.08.2019