TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/4 97/19/1067

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Veröffentlicht am 04.12.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §4 Z1;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §4 Z2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §4 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der 1975 geborenen Z M in Wien, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. August 1996, Zl. 304.513/5-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 16. April 1996 beim Landeshauptmann von Wien die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wobei als Aufenthaltszweck "Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft", und zwar mit dem Ehegatten, angegeben ist.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 19. August 1996 wurde dieser Antrag gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Die Beschwerdeführerin habe nach der Aktenlage das Formular für den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz im Inland unterzeichnet und bei der erstinstanzlichen Behörde eingereicht. Sie habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Auf dem Antragsformular habe sie als Datum den 16. April 1996 und als Aufenthaltsort Wien bei ihrer Antragstellung angegeben und dies auch durch ihre Unterschrift beurkundet. Somit habe sie sich zum Zeitpunkt der Antragstellung eindeutig im Bundesgebiet aufgehalten und dadurch das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt. Aufgrund dieser Tatsache sei ihr Antrag daher abzulehnen gewesen. Zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin sei zu sagen, daß nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Auch in ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu ihren Gunsten herbeigeführt hätten. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 26. November 1996, B 3360/96-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (4. September 1996) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Rechtslage nach Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, sowie die am 22. Dezember 1995 ausgegebene Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, anzuwenden.

§ 6 Abs. 2 AufG in dieser Fassung lautete auszugsweise:

"§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

§ 4 Z. 1, 2 und 4 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 lautete:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

1. in Österreich geborenen und seit Geburt aufhältigen minderjährigen Kindern von Fremden, die auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung oder eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerkes oder gemäß § 1 Abs. 3 Z. 4 und 5 des Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind,

2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z. 1 Aufenthaltsgesetz, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,

...

4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

Die Beschwerdeführerin verfügte nach der Aktlage nie über eine Aufenthaltsbewilligung. Die belangte Behörde wertete ihren Antrag daher zu Recht als Erstantrag, welcher an § 6 Abs. 2 AufG zu messen ist.

Von dem in dieser Bestimmung enthaltenen Erfordernis, den Bewilligungsantrag im Ausland zu stellen und die Entscheidung hierüber auch im Ausland abzuwarten, wäre nur dann abzusehen gewesen, wenn die Beschwerdeführerin dem in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung umschriebenen Personenkreis angehörte.

Daß dies der Fall wäre, ergibt sich weder aus den Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen. Auf die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996 kann sich die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht stützen, weil sie nicht Angehörige im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG, also nicht Ehegattin oder minderjähriges Kind eines Österreichers ist. Jedenfalls an der Volljährigkeit der Beschwerdeführerin scheiterte auch die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 1 der zitierten Verordnung. Die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 4 der in Rede stehenden Verordnung kommt im Falle der Beschwerdeführerin deshalb nicht zum Tragen, weil sie niemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte.

Der Antrag der Beschwerdeführerin war daher an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen. Der Bescheidfeststellung, sie habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten, tritt die Beschwerdeführerin nicht entgegen. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, daß die Beschwerdeführerin die Vorschrift des § 6 Abs. 2 AufG nicht eingehalten hat. Das in dieser Bestimmung normierte Erfordernis ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010).

Wenn die Beschwerdeführerin sich schließlich auf einen ihr behauptetermaßen zustehenden Rechtsanspruch auf Familiennachzug gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG beruft und in diesem Zusammenhang auf ihre abgesicherten Wohn- und wirtschaftlichen Verhältnisse verweist, so fehlt es diesem Vorbringen an Relevanz für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, weil selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 AufG eine Bewilligung nur dann zu erteilen ist, wenn auch die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AufG eingehalten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/0701, 1010).

Erkennbar auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK verweist die Beschwerdeführerin auf ihre aufrechte Ehe und das daraus stammende Kind. Ihre Mutter sei in Wien wohnhaft und österreichische Staatsbürgerin.

Diesen Ausführungen ist zu entgegnen, daß der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, mit der in dieser Bestimmung enthaltenen, von der Bundesregierung auch genutzten Verordnungsermächtigung bereits auf die privaten und familiären Interessen sowohl von Angehörigen von Österreichern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0845), als auch von Angehörigen in Österreich aufhältiger Fremder, die eine Arbeitserlaubnis besitzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 96/19/0161) Bedacht genommen hat. Aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles sind keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahin entstanden, daß die Umschreibung der Verordnungsermächtigung zu eng wäre und ihrerseits dem Art. 8 MRK nicht entspräche.

Im Falle der Beschwerdeführerin wäre daher ein Eingriff in ein gedachtes, durch Art. 8 MRK geschütztes Recht auf Familiennachzug zu ihren in Österreich lebenden Angehörigen durch die auf § 6 Abs. 2 AufG gestützte Versagung der Aufenthaltsbewilligung im Interesse der öffentlichen Ordnung gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 4. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997191067.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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