TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/9 W111 2017740-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W111 2017740-1/36E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.01.2015, Zl. 831270907-1713099, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.10.2018 zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46, § 55 FPG 2005 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG wird nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Verfahren auf internationalen Schutz:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste am 30.12.2004 gemeinsam mit seiner Mutter, XXXX , und seiner Schwester, XXXX , illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag, nachdem er bereits zuvor am 21.12.2004 in Polen einen Asylantrag eingebracht hatte. Der Beschwerdeführer wurde am 30.12.2004 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab an, er habe seinen Herkunftsstaat verlassen, da in Tschetschenien Krieg herrsche und er um sein Leben fürchte. Der Beschwerdeführer legte seinen russischen Inlandspass vor.

Der Beschwerdeführer wurde am 11.01.2005 und am 21.01.2005 vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache und in Anwesenheit seiner Mutter niederschriftlich einvernommen.

1.2. Mit Bescheid vom 24.01.2005, Fz. 04 26.132-EAST West, hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 1997 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 13 iVm 16

(1) c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Der Beschwerdeführer wurde gemäß § 5a Abs. 1 iVm § 5a Abs. 4 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde (vormals: Berufung) erhoben.

1.3. Am 15.03.2005 führte der Unabhängige Bundesasylsenat eine mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seiner Mutter und seiner Schwester durch. Nach Schluss der Verhandlung wurde der mündliche Bescheid verkündet, wonach die Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 5, 5a AsylG 1997 idgF abgewiesen wurde.

Am 22.03.2005 erfolgte die schriftliche Ausfertigung des Bescheides des Unabhängigen Bundesasylsenates zur Zahl 257.810/0-II/06/05. Der Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates erwuchs mit 15.03.2005 in Rechtskraft.

1.4. Am 06.04.2005 langte ein Schreiben der BH XXXX beim Bundesasylamt ein, wonach im Rahmen des Abschiebeverfahrens des Beschwerdeführers von XXXX mit Schreiben vom 04.04.2005 ein ärztliches Gutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 31.03.2005 betreffend die Mutter des Beschwerdeführers vorgelegt worden sei, wonach diese an einer Posttraumatischen Belastungsstörung und Somatisierungsstörung leide. Daraufhin sei in Übereinstimmung mit dem Bundesasylamt das Abschiebeverfahren abgebrochen worden.

1.5. Mit Schreiben an das Bundesasylamt vom 08.04.2005 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme seines Verfahrens gemäß § 69 AVG, begründet mit der psychischen Traumatisierung seiner Mutter und dem Umstand, dass diese Traumatisierung erst nach Abschluss des Verfahrens ohne Verschulden der Beschwerdeführer hervorgekommen sei.

Mit Schreiben vom 01.06.2005 erhob der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt als Verfahrenshelfer Beschwerde an den Verwaltungsgerichthof gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.06.2005, Zl. AW 2005/01/0147-3, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

1.6. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 19.07.2005, Zl. 257.810/6-II/06/05, wurde das mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 22.03.2005, Zl. 257.810/0-II/06/05, rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren des Beschwerdeführers gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG "vom 08.04.2005" von Amts wegen wiederaufgenommen. Weiters wurde gemäß § 32a Abs. 1 AsylG der Berufung "vom 22.03.2005" gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.01.2005, Zl. "04 26.129", stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

1.7. Mit Schreiben vom 10.08.2005 legte der Beschwerdeführer ein Gutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 28.07.2005 vor, wonach er an einer Posttraumatischen Belastungsstörung und einer Angststörung leide.

Am 12.08.2005 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers zugelassen und dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36 AsylG übermittelt.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0231-8, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat vom 22.03.2005, Zl. 257.810/0-II/06/05, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 02.02.2006 vom zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes, Außenstelle XXXX , im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab an, es gehe ihm gesundheitlich gut und er benötige keinerlei Therapie. Er habe in seinen Herkunftsstaat keine Probleme mit der Polizei oder staatlichen Stellen gehabt, sei aber einmal von Maskierten festgenommen worden. Er wisse aber nicht, ob es Russen und Tschetschenen gewesen seien. Er könne sich auch nicht mehr erinnern, wann diese Festnahme gewesen sei. Jetzt falle ihm ein, dass die Festnahme im Oktober gewesen sei. Zum konkreten Grund seiner Flucht befragt, führte der Beschwerdeführer aus, immer wenn es einen Anschlag gegeben habe, seien Leute verhaftet worden. Der Beschwerdeführer sei Freistilringer und habe immer trainiert. "Sie" mögen es auch nicht, wenn man trainiert. Junge Leute werden festgenommen und umgebracht. Das sei alles was er erzählen wolle. Hier in Österreich sei es normal. Zu Hause werde man ständig bedroht. Zu seiner Verhaftung befragt, sagte der Beschwerdeführer, seine Mutter sei an diesem Tag nicht zu Hause, sondern in der Stadt gewesen. Um 6 Uhr in der Früh seien die Leute gekommen und haben den Beschwerdeführer gefragt, welche Leute er kenne und ihn verspottet, warum er nicht trinke und rauche. Die Leute wollen, dass alle so sind wie sie. Sie haben den Beschwerdeführer deshalb nicht gemocht, weil er trainiert habe. Er habe nicht bei der Polizei oder für sie arbeiten wollen. Dies sei alles bei den Säuberungen im Oktober passiert. An diesem Tag seien viele Personen verhaftet worden. Dem Beschwerdeführer sei nichts passiert. Er sei von den Männern auch weggebracht, mit Gummiknüppeln geschlagen und zwei Tage lang angehalten worden. Er wisse nicht genau wohin man ihn gebracht habe. Nach zwei Tagen sei er freigelassen und seinen Eltern übergeben worden. Er wisse nicht, warum er freigelassen worden sei. Man habe gesagt, es sei ein Fehler gewesen. Sie haben unbedingt gewollt, dass der Beschwerdeführer für sie arbeite. Seine Mutter sei bei seiner Freilassung nicht dabei gewesen. Sie sei erst zwei Tage später gekommen, da sie irgendwo in XXXX gewesen sei und Fisch gekauft habe. Nach dieser Verhaftung habe es keine weiteren Vorfälle gegeben. Es sei aber einfach zu gefährlich gewesen dort zu leben. Es sei danach zu weiteren Säuberungen gekommen. Der Beschwerdeführer sei aber nicht zu Hause gewesen, da er bei verschiedenen Verwandten übernachtet habe. Auf Vorhalt, dass seine Mutter angegeben habe, er sei sehr wohl bei Säuberungen nach seiner Verhaftung anwesend gewesen und hätte sich sogar einmal ausziehen müssen, sagte der Beschwerdeführer, ja, dies sei danach gewesen. So sei es ja bei ihnen jeden Tag. Er habe das nicht erwähnt, weil es eben jeden Tag so sei. Er könne nicht angeben, wie oft er kontrolliert worden sei. Die Kontrollen haben aber keine Folgen für ihn gehabt, jeder sei kontrolliert worden. Es habe auch keinen konkreten Grund für seine Ausreise im Dezember gegeben. Er habe einfach gedacht, dass man ihn jederzeit festnehmen könne. Er habe sich im August 2004 einen neuen Inlandsreisepass ausstellen lassen. Bereits damals habe er sich mit dem Gedanken einer Ausreise getragen. Viele Leute seien weggegangen. Es sei nicht sicher gewesen. Er wisse nicht ob die Festnahme etwas mit der Ausstellung des Passes zu tun habe. Im Falle seiner Rückkehr wisse er nicht, was ihn erwarte und ob er verfolgt werden würde.

1.8. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.02.2006, Fz. 04 26.132-BAG, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde stellte die Identität und Nationalität des Beschwerdeführers fest und traf umfangreiche Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers. Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, die Angaben des Beschwerdeführers, seine Heimat wegen der allgemeinen Kriegssituation verlassen zu haben, seien glaubhaft, aber nicht asylrelevant. Eine aktive Teilnahme an Kampfhandlungen oder Begehungen von Kriegsverbrechen habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Allgemein haben sich die niederschriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen als wenig detailreich erwiesen. Erst auf Nachfrage habe der Beschwerdeführer seine "fluchtauslösende" Verhaftung erwähnt und auch das Datum der angeblichen Verhaftung sei ihm erst plötzlich im Laufe der Einvernahme wieder eingefallen, nachdem er zunächst behauptet habe, überhaupt keine Zeitangaben machen zu können. Zusammenfassend lasse sich der Schluss ziehen, dass diese Verhaftung beim Beschwerdeführer keinen zu bleibenden Eindruck hinterlassen habe und dieser Eingriff somit nicht von erheblicher Intensität gewesen sein könne, als dass dieser Vorfall wirklich als asylrelevant zu bezeichnen sei. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer nach zwei Tagen mit der Begründung aus der Haft entlassen worden sei, dass es sich um einen Fehler gehandelt habe, zeige, dass die staatlichen Behörden keine Verfolgungsabsicht gehegt haben. Auch die Ausstellung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumentes im August 2004 spreche für das Nichtvorhandensein asylrelevanter Verfolgung. Schließlich spreche auch die legale und offizielle Reise - unter Verwendung seines Inlandsreisepasses und mit öffentlichen Verkehrsmitteln - innerhalb der Russischen Föderation bis Moskau gegen einen Verfolgung, zumal die Mutter des Beschwerdeführers angegeben habe, dass jeder, der XXXX mit dem Zug verlasse, von XXXX -Mitarbeitern genau überprüft werde und erst wenn sichergestellt sei, dass der Name nicht auf einer Fahndungsliste aufscheine, einen Stempel erhalte und in den Zug steigen dürfe. Eine Kontrolle auf dem Bahnhof in XXXX sei auch vom Beschwerdeführer bestätigt worden. Zusammenfassend sei zu befinden, dass die Geschichte des Beschwerdeführers wohl asylzweckbezogen angelegt sei, in dieser Form aber aufgrund der vagen Aussagen weder nachvollziehbar noch glaubwürdig sei und die von ihm geltend gemachte Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspreche, da er sich auf allgemein gehaltene Darstellungen beschränke. Selbst wenn man bei Bewertung des Vorbringens zum Schluss kommen würde, dass das Vorbringen des Antragstellers als asylrelevant zu bezeichnen sei, so sei festzustellen, dass er die Möglichkeit gehabt habe, eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Russischen Föderation, außerhalb von Tschetschenien, in Anspruch zu nehmen.

1.9. Dagegen wurde mit formularartigem Schriftsatz vom 14.02.2006 fristgerecht Beschwerde (vormals: Berufung) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben. Der Berufung wurden ein ärztliches Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie vom 05.08.2005 beigelegt, wonach der Beschwerdeführer an einer Posttraumatischen Belastungsstörung und Angststörung leide und eine Psychologische Stellungnahme des Vereins XXXX vom 23.09.2005. Hinsichtlich der Berufungsgründe werde auf das beiliegende handschriftlich in russischer Sprache verfasste Schreiben der Mutter des Beschwerdeführers verwiesen. Darin wird im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt. Sein Problem in der Heimat sei gewesen, dass russische Truppen Durchsuchungen durchführen und dabei Minderjährige und Männer schikanieren, sie mitnehmen und Menschen spurlos verschwinden. Der Beschwerdeführer sei auch im Oktober 2004 mitgenommen worden. Um 6 Uhr morgens seien Personen in Militäruniformen und mit Masken gekommen und haben den Beschwerdeführer aus dem Haus in eine unbekannte Richtung mitgenommen. Er sei zwei Tage mit Knüppeln geschlagen worden. Warum wisse er nicht. Dann sei er "in drei Tagen" am Rande der Stadt ausgesetzt worden. Von dort habe ihn seine Familie abgeholt. Er sei bewusstlos gewesen und habe Angst gehabt zu Hause zu sein, da er geglaubt habe, er werde wieder mitgenommen. Seine Mutter habe danach eine starke Depression gehabt. Sie haben sich entschieden Tschetschenien zu verlassen, damit dem Beschwerdeführer nicht dasselbe passiere, was den Brüdern der Mutter passiert sei.

Der Beschwerdeführer legte in weiterer Folge seinen Russischen Auslandsreisepass vor.

1.10. Laut Aktenvermerk des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.10.2006 wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt, da er nicht mehr im Melderegister aufscheine und sein Aufenthaltsort unbekannt sei.

Mit Schreiben vom 24.11.2006 ersuchte das XXXX XXXX um Wiederaufnahme des Verfahrens des Beschwerdeführers und legte einen aktuellen Meldezettel des Beschwerdeführers bei. Mit weiteren Schreiben des Vereins XXXX vom 15.02.2007 und 12.12.2007 wurde gebeten, das Verfahren des Beschwerdeführers wieder aufzunehmen bzw. dem XXXX mitzuteilen, ob ein Asylverfahren nach wie vor läuft, da der Beschwerdeführer ansonsten endgültig aus der Grundversorgung gestrichen werde.

Mit Schreiben an das Bundesasylamt vom 23.01.2008 teilte der Unabhängige Bundesasylsenat mit, dass das Asylberufungsverfahren des Beschwerdeführers nach wie vor im Berufungsstadium beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sei und das XXXX bereits telefonisch darüber informiert worden sei.

Mit Urteil des XXXX wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

1.11. Am 15.03.2011 führte der damals zuständige Senat des Asylgerichtshofes eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache, teilgenommen hat. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer ein Länderbericht zur Lage in Tschetschenien und zur Innerstaatlichen Fluchtalternative von Tschetschenen in Russland vorgelegt und ihm die Möglichkeit gegeben, dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer verzichtete aber ausdrücklich auf die Abgabe einer Stellungnahme.

Der Beschwerdeführer gab im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung Folgendes zu Protokoll:

Er möchte zu den im erstinstanzlichen Verfahren bzw. der Berufungsschrift vorgebrachten Fluchtgründen bzw. Umständen seiner Flucht von sich aus keine Erklärung abgeben bzw. auch keine Richtigstellungen oder Ergänzungen vornehmen.

Er sei mit seiner Mutter XXXX und mit seiner Schwester XXXX gemeinsam nach Österreich geflüchtet. Auf Vorhalt des vorsitzenden Richters, dass diese beiden auch negative Entscheidungen erhalten haben und zwischenzeitlich in die Russische Föderation zurückgekehrt seien und befragt, warum der Beschwerdeführer nicht ebenfalls zurückgekehrt sei, sagte er, er habe nicht nach Hause fahren können, das habe er früher erklärt.

Erneut befragt, warum er nicht zurückkehren könne, sagte der Beschwerdeführer, vier Onkel mütterlicherseits haben aktiv am Kampf teilgenommen. Ein Onkel sei verschwunden, man wisse nicht, wo er sich befinde. Der vorsitzende Richter fragte, warum er das das nicht vor dem Bundesasylamt angegeben habe. Vor dem Bundesasylamt habe er lediglich angegeben, dass er einmal im Oktober 2004 für zwei Tage festgenommen, aber ohne Zahlung von Lösegeld wieder freigelassen worden sei. Der Beschwerdeführer entgegnete, er habe das früher angegeben, selbstverständlich. Er sage die Wahrheit, er habe das alles auch früher schon angegeben, er ändere und ergänze nichts.

Der vorsitzende Richter hielt dem Beschwerdeführer weiters vor, dass er 18 Jahre alt gewesen sei als er ausgereist sei und fragte den Beschwerdeführer, warum man ihn hätte verfolgen sollen und ob man erwartet habe, dass er auch Widerstandskämpfer sei. Der Beschwerdeführer sagte darauf, ja, das sei auch der Grund gewesen, warum er festgenommen worden sei. In seinem Dorf XXXX , Rayon XXXX , haben alle Leute gewusst, dass er verprügelt und auch festgenommen und zwei Tage angehalten worden sei.

Auf Vorhalt, dass bei der Einvernahme beim Bundesasylamt nicht ersichtlich sei, dass sein Onkel Widerstandskämpfer gewesen sei, sagte der Beschwerdeführer, er wisse nicht warum das so sei.

Befragt, ob sein Vater nach wie vor in der Heimat lebe und dass dieser doch mehr gefährdet sei als der Beschwerdeführer sagte er, sein Vater sei auch in Österreich gewesen. Er habe einen negativen Bescheid erhalten und sei weiter in die Schweiz geflüchtet. Er sei glaublich im Jahr 2008 nach Österreich gekommen, nämlich mit der Schwester und Mutter des Beschwerdeführers, diese das zweite Mal. Seine Eltern und seine Schwester haben negative Bescheide erhalten und seien dann weiter in die Schweiz geflohen. Seine Eltern und seine Schwester befinden sich auch jetzt noch in der Schweiz. Er habe telefonischen Kontakt mit ihnen. Sie seien dort Flüchtlinge und leben in XXXX , ihre Verfahren seien dort noch anhängig.

Befragt, warum sein Vater nicht schon im Jahr 2004 mit dem Beschwerdeführer geflüchtet sei, sondern erst Jahre später, sagte er, sein Vater sei nicht nur in Tschetschenien gewesen, er sei auch in Inguschetien aufhältig gewesen. Er habe dort noch Dinge zu erledigen gehabt und habe deshalb dort bleiben müssen.

Es sei richtig, dass er beim Bundesasylamt auf die Frage, ob es einen konkreten Grund für seine Ausreise im Dezember 2004 gegeben habe, angegeben habe: "Nein, wir dachten nur, dass sie mich jederzeit wieder festnehmen könnten."

Befragt, warum er vor dem Bundesasylamt angegeben habe, dass er sich schon im August 2004 mit dem Gedanken getragen haben, aus Tschetschenien auszureisen, obwohl seine Festnahme erst im Oktober 2004 geschehen ist, sagte der Beschwerdeführer, es sei sehr gefährlich gewesen, in Tschetschenien zu bleiben. Er meine damit, dass es für ihn gefährlich gewesen sei in Tschetschenien zu bleiben. Die Behörden haben wegen seiner Onkel Fragen gestellt, nämlich wo sie gewesen seien. Bei allgemeinen "Säuberungen" durch russische und tschetschenische Truppen in seinem Dorf sei er befragt worden, sobald man erfahren habe, dass sein Familienname XXXX sei. Dabei sei er auch verprügelt worden.

Es gebe nicht viele Familien mit dem Namen XXXX in Tschetschenien. Befragt, ob dies ein häufiger Name sei, sagte der Beschwerdeführer, so genau wisse er das nicht. Auf Vorhalt, er werde doch wissen, ob sein eigener Name ein häufiger oder seltener Name in Tschetschenien sei, antwortete der Beschwerdeführer, er glaube, dass er eher selten sei. Auf Vorhalt, dass alleine im Programm eVA achtzig Personen mit dem Namen XXXX aufscheinen und dass die Frage ja gelautet habe, wie häufig der Name XXXX in Tschetschenien sei, sagte der Beschwerdeführer wiederum, er kenne nicht viele Leute mit diesem Namen. Der beisitzende Richter wiederholte erneut die Frage, worauf der Beschwerdeführer sagte, nein, nicht viele, wenige. Soviel er es abschätzen könne gebe es wenige. Nochmals befragt, wie es dann dazu komme, dass alleine beim Asylgerichtshof in der EDV achtzig XXXX ¿s aufscheinen und ob es sich um einen Zufall handle oder der Name häufig sei, sagte der Beschwerdeführer, das wisse er gar nicht. Woher soll er das wissen. In Russland gebe es auch viele Leute mit dem Namen XXXX . Die Behörden verprügeln nicht alle Leute. Die Leute haben alle gewusst, dass seine Mutter mit einem XXXX verheiratet sei und seine Onkel Kämpfer gewesen seien. Die Frage, ob somit alle XXXX in seinem Dorf mit ihm verwandt seien, verneinte der Beschwerdeführer und sagte, in seinem Dorf habe es nur seine Familie mit dem Namen XXXX gegeben.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, er habe vor dem Bundesasylamt als Grund dafür, dass er schon im August 2004 Ausreisegedanken gehabt habe, angegeben, viele andere seien weggegangen und es sei nicht sicher gewesen, nunmehr gebe er Kontrollen der Sicherheitskräfte als Grund an. Warum habe er das nicht schon vor dem Bundesasylamt angegeben. Der Beschwerdeführer antwortete, sie haben Tschetschenien verlassen, weil die Probleme immer größer und mehr geworden seien. Als er 13, 14 oder 16 Jahre alt gewesen sei, habe er keine Probleme mit den Behörden gehabt.

Befragt, warum der Beschwerdeführer bei der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt angegeben habe, seine Mutter sei bei seiner Verhaftung in der Stadt XXXX gewesen, bei der zweiten Einvernahme habe er aber angegeben, seine Mutter sei in XXXX gewesen und ob er den Widerspruch aufklären könne, sagte der Beschwerdeführer, seine Mutter sei in XXXX gewesen, sie habe einen Anruf erhalten und sei nach Hause gekommen. Ihre Verwandten haben sie angerufen.

Der vorsitzende Richter hielt dem Beschwerdeführer vor, er habe vor dem Bundesasylamt auf die Frage, ob es nach seiner Verhaftung noch weitere Vorfälle gegeben habe, angegeben, nein, es sei einfach gefährlich gewesen, dort zu leben. Die Frage des vorsitzenden Richters, ob er glaube, dass es jetzt auch noch gefährlich sei dort zu leben bejahte der Beschwerdeführer. Seine Familie und seine Eltern können nicht in Tschetschenien leben, weil der Bruder seiner Mutter festgenommen worden sei und man bis heute nicht wisse, was mit ihm geschehen sei. Dieselbe Situation sei auch auf Seiten seines Vaters passiert. Ein Cousin seines Vaters sei auch festgenommen worden, er habe jetzt in XXXX wegen der Teilnahme am Krieg eine Haftstrafe von 21 Jahren erhalten. Ein anderer Cousin seines Vaters sei 15 Tage festgehalten und nach der Freilassung umgebracht worden.

Befragt, warum die Mutter und Schwester des Beschwerdeführers angesichts dieser traumatischen Familienepisoden freiwillig nach Tschetschenien zurückgekehrt seien, entgegnete der Beschwerdeführer, es sei für Frauen nicht so gefährlich. Sein Vater hätte es als Mann nicht allein geschafft Tschetschenien zu verlassen, er habe früher in Inguschetien gelebt. Er habe sich nicht ausgekannt.

Der beisitzende Richter fragte den Beschwerdeführer, wie seine Mutter seinem Vater bei der Flucht aus der Russischen Föderation behilflich sein hätte können und ob er es nicht alleine geschafft habe. Der Beschwerdeführer antwortete, sein Vater habe Tschetschenien allein verlassen können. Seine Großmutter mütterlicherseits sei sehr krank gewesen, weswegen seine Mutter und seine Schwester nach Tschetschenien zurückgefahren seien. Dann seien sie gemeinsam mit seinem Vater wieder nach Österreich geflüchtet.

Der beisitzende Richter wiederholte erneut die Frage, warum seine Mutter und seine Schwester angesichts dieser angeblich traumatischen Familienepisoden freiwillig nach Tschetschenien zurückgekehrt seien und machte den Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass er zwei unterschiedliche Antworten gegeben habe. Zum einen habe er argumentiert, dass seine Mutter wegen seines Vaters zurückgekehrt sei, zum anderen habe er argumentiert, dass ein Pflegebedarf bei seiner Großmutter bestanden habe. Was sei nun richtig. Der Beschwerdeführer antwortete, er könne nur sagen, dass seine Mutter nach Tschetschenien gefahren sei um ihre Mutter zu sehen, dann sei sie mit seinem Vater wieder nach Österreich zurückgekommen.

Dem Beschwerdeführer wurde vom beisitzenden Richter erneut vorgehalten, dass er gesagt habe, in Tschetschenien sei seine Familie verfolgt worden. Dennoch haben sich seine Mutter und Schwester entschieden, von Österreich nach Tschetschenien zu reisen. Dann sei es doch völlig naheliegend, wenn der Beschwerdeführer seine Mutter und Schwester frage, warum sie das tun. Warum begeben sich zwei nahe Verwandte in eine offensichtliche Gefahrensituation? Darauf sagte der Beschwerdeführer, es gebe tschetschenische Frauen, die in Tschetschenien leben, und ihnen passiere nichts. Auf Vorhalt, dass sie doch verfolgt worden seien, entgegnete der Beschwerdeführer, es gebe auch Kämpfer, die in den Bergen leben, deren Frauen, die in Dörfern leben, passiere aber nichts. Auf weiteren Vorhalt, dass dies heiße, seine Mutter und seine Schwester seien zu keiner Zeit gefährdet gewesen, antwortete der Beschwerdeführer, ja, sie seien keinesfalls in Gefahr gewesen. Befragt, warum die Mutter und Schwester dann Asylanträge in der Schweiz bzw. früher in Österreich gestellt habe, erwiderte der Beschwerdeführer, dass sie zu einhundert Prozent nicht sicher seien in Tschetschenien.

Der vorsitzende Richter fragte den Beschwerdeführer, warum er dieses Vorbringen, dass seine Verwandten Widerstandskämpfer gewesen seien bzw. verurteilt worden seien und ein Verwandter umgebracht worden sei, nicht bereits vor dem Bundesasylamt vorgebracht habe. Nunmehr sei es nicht mehr glaubwürdig und erscheine als unglaubwürdige Steigerung des Asylvorbringens. Darauf entgegnete der Beschwerdeführer, er versuche nicht, seine Chancen mit Geschichten zu verbessern. Er habe früher schon angegeben, dass ein Bruder seiner Mutter verschwunden sei. Seine Mutter habe auch Unterlagen darüber, dass ihr Bruder verschwunden sei.

Befragt, aus welchem Grund er glaube, dass er auch heute noch in der Russischen Föderation verfolgt werden würden, obwohl sich die Situation dort seit 2004 sehr stark verändert habe und er bei seiner Flucht achtzehn Jahre alt gewesen sei und Widerstandskämpfer weder unterstützt habe, noch selbst einer gewesen sei, antwortete der Beschwerdeführer, dass es besonders heute sehr gefährlich in Tschetschenien sei.

Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, ob er eine schwere Krankheit habe, die eine Rückführung in die Russische Föderation verhindern könne. Er sei gesund.

Zu seinen familiären und privaten Verhältnissen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich nicht verheiratet sei und auch keine Kinder habe. Er habe einen Deutschkurs gemacht, habe die Bestätigungen aber zu Hause. Der Aufforderung des beisitzenden Richters in Deutsch zu erzählen kam der Beschwerdeführer nicht ausreichend nach. Er konnte auch von den an ihn gestellten Fragen lediglich die Frage nach seiner Adresse beantworten. Weitere Fragen wie z.B. die nach dem Geburtsdatum oder dem Schulabschluss werden offensichtlich nicht verstanden.

Befragt nach seiner Freizeitgestaltung in Österreich seit 2004, erwiderte der Beschwerdeführer, er trainiere seit einigen Jahren in Österreich, zuerst in XXXX und jetzt in XXXX . Er besitze auch einen Ausweis als Boxer in Österreich.

In der Russischen Föderation habe er keine Verwandten mehr.

Befragt, wovon er in Österreich lebe, sagte der Beschwerdeführer, er bekomme in seinem Lager Euro 150,-- im Monat, es handle sich um ein Flüchtlingsheim.

Auf die weitere Frage des vorsitzenden Richters, ob der Beschwerdeführer in Österreich vorbestraft sei oder gegen ihn ein Aufenthaltsverbot bestehe, antwortete der Beschwerdeführer, er sei vorbestraft. Zweimal sei er ohne Führerschein beim Fahren erwischt worden. Er habe ein Handy angemeldet und nicht bezahlt. Über sonstige Strafen sei ihm nichts bekannt. Ein Aufenthaltsverbot gegen ihn bestehe nicht.

Dem Beschwerdeführer wurde vorgehalten, dass dem Asylgerichtshof ein Urteil des XXXX vorliege, aus dem hervorgehe, dass er wegen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten (bedingt auf drei Jahre) verurteilt worden sei. Befragt was er dazu sage, entgegnete der Beschwerdeführer, sie haben angeblich einen Parkscheinautomat kaputt gemacht, da sie keinen Parkschein erhalten haben. Es habe ein Gerichtsverfahren im XXXX gegeben, es sei richtig, dass er verurteilt worden sei. Weiters befragt, warum er das zuvor nicht angegeben habe, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe gesagt, dass er zweimal vor einem Gericht gewesen sei, einmal sei er freigesprochen worden, einmal sei er verurteilt worden.

Am 23.03.2011 übermittelte die Bezirkshauptmannschaft XXXX eine Auflistung aller verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Beschwerdeführers (u.a. Verstöße gegen das Bundesstraßen-Mautgesetz, gegen das Führerscheingesetz und gegen das Kraftfahrzeuggesetz).

1.12. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12.09.2011, GZ. D12 257810-14/2008/38E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 AsylG 1997 und § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Beweiswürdigend wurde Folgendes ausgeführt:

"Der erkennende Senat des Asylgerichtshofes kam - wie das Bundesasylamt - nach gesamtheitlicher Würdigung und im Besonderen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu dem Schluss, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die von ihm behauptete Verfolgung unglaubwürdig ist. Der Beschwerdeführer war auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung nicht in der Lage, die Ungereimtheiten und die Detailarmut, die das Bundesasylamt aufgrund der in den erstinstanzlichen Einvernahmen getätigten wenig konkreten Angaben bemängelt hat, aufzuklären bzw. seine Angaben zu konkretisieren, sondern präsentierte vielmehr neue, bisher unerwähnte Sachverhaltselemente, die den Gesamteindruck der Unglaubwürdigkeit noch verstärkten.

Der Beschwerdeführer gab als Grund für seine Asylantragstellung beim Bundesasylamt im Wesentlichen an, er sei einmal im Oktober 2004 von unbekannten Maskierten festgenommen und zwei Tage lang angehalten worden. Dann sei er mit der Begründung, dass es sich um einen Fehler gehandelt habe, freigelassen und seinen Eltern übergeben worden und sei es nach dieser Verhaftung zu keinen weiteren Vorfällen gekommen. Der erkennende Senat hat - ebenso wie die belangte Behörde - bereits nach Durchsicht der erstinstanzlichen Einvernahmeprotokolle den Eindruck, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen angeblichen Fluchtgründen wenig detailreich sind. So erwähnte der Beschwerdeführer die Verhaftung erst auf Nachfrage des Einvernahmeleiters und auch das Datum der angeblichen Verhaftung fiel ihm erst im Laufe der Einvernahme ein, nachdem er zunächst behauptet hatte, überhaupt keine zeitlichen Angaben machen zu können. Die vagen und emotionslosen Angaben zum angeblichen Fluchtgrund und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer von den Behörden mit der Begründung freigelassen worden sei, bei seiner Verhaftung habe es sich um einen Fehler gehandelt, zeigen einerseits deutlich, dass die Verhaftung beim Beschwerdeführer keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat und andererseits, dass die russischen Behörden offensichtlich keine Verfolgungsabsicht gehegt haben. Hinzu kommt, dass es kurzzeitigen - wie vom Beschwerdeführer geschilderten - Inhaftierungen, jedenfalls an der für die Asylgewährung nötigen Eingriffsintensität fehlt (vgl. VwGH 11.11.1998, 98/01/0312; 07.09.2000, 2000/01/0153).

Kurzfristige Inhaftierungen und Hausdurchsuchungen können, sofern sie ohne weitere Folgen bleiben, nicht als derart gravierend angesehen werden, dass sie eine den weiteren Verbleib im Heimatland unerträglich machende Intensität erreichen würden (vgl. VwGH 27.02.1997, 95/20/0365; 27.02.1997, 95/20/0695) und die Annahme wohlbegründeter Furcht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention begründet ist.

Die Möglichkeit, in der mündlichen Beschwerdeverhandlung beim erkennenden Senat eine asylrelevante Verfolgung überzeugend und glaubwürdig darzulegen und somit die im erstinstanzlichen Verfahren aufgezeigten Mängel in der Darstellung seiner Fluchtgeschichte zu korrigieren, nütze der Beschwerdeführer allerdings nichts. So ist bereits bezeichnend, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme beim Bundesasylamt zuerst angegeben hat, nach seiner Verhaftung im Oktober 2004 habe es keine Vorfälle mehr gegeben. Erst auf Vorhalt der Aussage seiner Mutter in deren Asylverfahren, dass der Beschwerdeführer sehr wohl bei Säuberungen anwesend gewesen sei und auch kontrolliert worden sei, bestätigte er, dass es immer wieder Kontrollen der Behörden gegeben habe. Auch er selbst sei mehrmals kontrolliert worden, wobei diese Kontrollen ohne Folgen für ihn geblieben seien. Er könne aber keinen konkreten Grund für seine Ausreise im Dezember 2004 nennen. Er habe einfach gedacht, dass man ihn jederzeit festnehmen könne. Auf Vorhalt dieser Aussage im Rahmen der Verhandlung beim Asylgerichtshof bestätigte der Beschwerdeführer, dass er dies beim Bundesasylamt so gesagt habe und dass dies stimme. Der Beschwerdeführer hat seinen Herkunftsstaat somit ohne konkreten Fluchtgrund verlassen bzw. mangelt es an einem Anlassfall. Wiederum ist zu erwähnen, dass die geschilderten Kontrollen kein Eingriff von erheblicher Intensität gewesen sein können, zumal der Beschwerdeführer diese zunächst für nicht einmal erwähnenswert hielt. Da er kein fluchtauslösendes Ereignis benennen konnte liegt auch für den erkennenden Senat der Verdacht nahe, dass der Beschwerdeführer aus asylfremden Motiven seinen Herkunftsstaat verlassen hat. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt angegeben hat, dass er sich schon im August 2004 - somit zwei Monate vor der angeblichen Festnahme - mit dem Gedanken getragen habe, aus Tschetschenien auszureisen. Er begründete dies damit, dass viele Leute weggegangen seien und es nicht sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer ließ sich deshalb im August 2004 einen neuen Inlandsreisepass ausstellen. Der vorsitzende Richter hielt dem Beschwerdeführer diese erstinstanzlichen Angaben vor und befragte den Beschwerdeführer, warum er bereits im August 2004 ausreisen wollte. Der Beschwerdeführer entgegnete, es sei gefährlich in Tschetschenien zu bleiben und konkretisierte dann seine Aussage, dass er nämlich damit meine, dass es für ihn wegen seiner den Rebellen zugehörigen Onkel gefährlich sei. Abgesehen von der in weiterer Folge noch näher zu beurteilenden Unglaubwürdigkeit des Vorbringens hinsichtlich seiner Onkel, ist dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, dass er auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht in der Lage war, einen konkreten, zum Zeitpunkt der Ausreise vorliegenden Asylgrund glaubwürdig darzulegen und kommt der erkennende Senat zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer aufgrund der allgemeinen, zum damaligen Zeitpunkt herrschenden Kriegssituation in seiner Heimat, Tschetschenien verlassen habe und diese Ausreise von langer Hand geplant und organisiert hat. Eine Verfolgungsgefahr liegt allerdings nicht vor.

Ein unumstößlicher Hinweis auf die Unglaubwürdigkeit seines gesamten Vorbringens ist aber, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung - befragt, warum er nicht in seine Heimat zurückkehren können, obwohl doch auch seine Mutter und Schwester zwischenzeitlich wieder zurückgekehrt sind - erstmals vorgebracht hat, dass vier Onkel mütterlicherseits aktiv am Kampf im Tschetschenienkrieg teilgenommen haben und dass ein Onkel verschwunden sei und man nicht wisse, wo er sich befinde. Befragt, warum er dies beim Bundesasylamt nicht angegeben habe und nur jene angebliche Verhaftung im Oktober 2004 erwähnt habe, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe das selbstverständlich früher schon angegeben. Er sage die Wahrheit, habe das alles auch früher schon angegeben, er ändere und ergänze nichts. Dies ist allerdings nicht richtig. Dem erstinstanzlichen Einvernahmeprotokoll ist keinesfalls zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer seine angeblich am Widerstand beteiligten Onkel erwähnt hat und schon gar nicht, dass er wegen diesen bei einer Rückkehr irgendwelche Probleme bekommen könnte. Lediglich dem der Beschwerde beigelegtem Schreiben der Mutter des Beschwerdeführers ist zu entnehmen, dass "sie sich entschieden haben Tschetschenien zu verlassen, damit dem Beschwerdeführer nicht dasselbe passiere, was den Brüdern der Mutter passiert sei". Diesem kurzen Vorbringen kann allerdings wiederum nicht entnommen werden, dass die Onkel Rebellen waren noch dass die Familie des Beschwerdeführers deshalb in irgendeiner Weise verfolgt worden ist. Spätestens in der Beschwerde wäre der Beschwerdeführer aber angehalten gewesen, dies konkret und ausführlich darzulegen und nicht lediglich anzudeuten. Der Beschwerdeführer bringt somit in der Beschwerdeverhandlung ein neues, gesteigertes Vorbringen vor, welchem die Glaubwürdigkeit zu versagen ist.

Der Asylgerichtshof geht nämlich in Übereinstimmung mit dem VwGH davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann, denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Die Rechtfertigung für diese Steigerung seines Vorbringens vermag auch wenig zu überzeugen. Der Beschwerdeführer sagte nämlich in der Beschwerdeverhandlung, er versuche nicht seine Chancen mit Geschichten zu verbessern. Seine Mutter habe Unterlagen darüber, dass ihr Bruder verschwunden sei. Der Beschwerdeführer habe früher schon angegeben, dass ein Bruder seiner Mutter verschwunden sei. Dies entspricht aber - wie bereits ausgeführt - nicht der Wahrheit.

Schließlich brachte der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung weitere Aspekte ins Spiel, nämlich dass auch ein Cousin seines Vaters festgenommen worden sei und wegen der Teilnahme am Krieg eine Haftstrafe von 21 Monaten erhalten habe. Ein anderer Cousin seines Vaters sei 15 Tage festgehalten und nach der Freilassung umgebracht worden. Deshalb sei es nach wie vor gefährlich für den Beschwerdeführer und seine Familie in Tschetschenien zu leben. Der Beschwerdeführer stellt diese Behauptung allerdings lediglich in den Raum, ohne dafür irgendwelche Beweise zu haben oder seine Angaben belegen zu können. Der Beschwerdeführer hätte genug Zeit gehabt Beweise für dieses Vorbringen beizuschaffen und wäre die Beschwerdeverhandlung die beste Gelegenheit gewesen, die Beweise vorzulegen. Der Beschwerdeführer hat dies aber unterlassen und kann daher seinem neuen Vorbringen kein Glauben geschenkt werden.

Abgesehen von der geschilderten unglaubwürdigen Steigerung seines Vorbringens und den lediglich in den Raum gestellten neuen Angaben sind aber noch weitere Punkte in den Ausführungen des Beschwerdeführers unplausibel und nicht nachvollziehbar. Beispielsweise gab der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung an, er sei bei allgemeinen "Säuberungen" durch russische und tschetschenische Truppen in seinem Dorf wegen seiner Onkel befragt worden und man habe ihn verprügelt, sobald man erfahren habe, dass sein Familienname XXXX sei. Die Behörden verprügeln nicht alle Leute. Es sei aber allgemein bekannt gewesen, dass seine Mutter mit einem XXXX verheiratet sei und seine Onkel Kämpfer gewesen seien. Soweit der Beschwerdeführer damit wiederum darauf anspielt, wegen der Verwandtschaft zu seinen Onkeln und schon bereits wegen seines - wie von ihm behaupteten - seltenen Familiennamens sofort als einer den Widerstandskämpfern angehörenden Familie erkannt zu werden, so wurde dem Beschwerdeführer vom besitzenden Richter vorgehalten, dass XXXX ein sehr gängiger Name in Tschetschenien ist, zumal bereits im elektronischen Programm des Asylgerichtshofes 80 Personen mit diesem Namen aufscheinen. Es ist daher unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer allein seines Namens wegen Probleme mit den russischen Behörden gehabt hat. Auch die Erklärung des Beschwerdeführers, er glaube dieser Name sei in Tschetschenien selten, er kenne nicht viele Leute mit diesem Namen und in seinem Dorf habe es nur seine Familie mit diesem Namen gegeben, überzeugt wenig. Schließlich sei auch erwähnt, dass der Beschwerdeführer diese angeblichen Kontrollen bzw. "Säuberungen" der Sicherheitskräfte ebenfalls nicht bereits vor dem Bundesasylamt erwähnt hat und diesbezüglich in der Beschwerdeverhandlung lediglich wenig verständlich sagte, er habe Tschetschenien verlassen, weil die Probleme immer größer und mehr geworden seien. Als er 13, 14 oder 16 Jahre alt gewesen sei habe er keine Probleme mit den Behörden gehabt.

Nicht unerwähnt bleiben darf auch, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme beim Bundesasylamt zuerst angegeben hat, seine Mutter sei bei seiner Verhaftung in der Stadt XXXX gewesen, in weiterer Folge aber behauptet hat, seine Mutter sei in XXXX gewesen. Auf Vorhalt dieses Widerspruches in der Beschwerdeverhandlung sagte der Beschwerdeführer aber nur, seine Mutter sei in XXXX gewesen, habe einen Anruf von Verwandten erhalten und sei nach Hause gekommen. Eine Erklärung, wie es zu diesen widersprüchlichen Aussagen gekommen ist, blieb der Beschwerdeführer aber schuldig.

Der Beschwerdeführer wurde in der Beschwerdeverhandlung weiters befragt, ob er nach wie vor glaube, dass es gegenwärtig gefährlich sei in Tschetschenien zu leben. Er bejahte diese Frage und erklärte, dass seine Familie und seine Eltern nicht in Tschetschenien leben können, weil es sowohl auf verwandtschaftlicher Seite der Mutter als auch des Vaters besagte Probleme mit dem Bruder der Mutter bzw. den Cousins des Vaters gebe. Es ist in diesem Zusammenhang wenig nachvollziehbar, - und wurde dies auch dem Beschwerdeführer vorgehalten - dass die Mutter und Schwester angesichts der traumatischen Familienverhältnisse freiwillig nach Tschetschenien zurückgekehrt sind. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin, dass es für Frauen nicht so gefährlich sei. Es gebe tschetschenische Frauen, deren Männer als Kämpfer in den Bergen leben, denen aber selbst nichts passiere. Die Frage des beisitzenden Richters, ob dies heiße, dass die Mutter und Schwester des Beschwerdeführers zu keiner Zeit gefährdet gewesen seien, bejahte der Beschwerdeführer. Andererseits argumentierte er, seine Mutter und Schwester haben aktuell Asylanträge in der Schweiz gestellt bzw. früher in Österreich, weil sie "zu hundert Prozent nicht sicher seien in Tschetschenien". In Zusammenschau mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers verstärkt diese Aussage das Bild, dass die Familie des Beschwerdeführers im Herkunftsland keiner Verfolgung ausgesetzt war, lediglich aufgrund der allgemeinen Kriegssituation ausgereist ist und sozusagen "sicherheitshalber" Asylanträge im Ausland gestellt hat, die auf rein spekulativen Gründen beruhen.

Die tatsächlichen Gründe für die Rückkehr seiner Mutter und Schwester nach Tschetschenien konnte der Beschwerdeführer übrigens auch nicht widerspruchsfrei darlegen. Einerseits sagte er, seine Mutter habe in die Heimat zurückkehren müssen, da sein Vater es als Mann nicht alleine geschafft habe Tschetschenien zu verlassen. Er habe früher in Inguschetien gelebt und habe sich nicht ausgekannt. Andererseits sagte der Beschwerdeführer im nächsten Atemzug, befragt wie die Mutter dem Vater bei der Flucht aus der Russischen Föderation behilflich sein könne und ob dieser es nicht alleine geschafft habe, dass der Vater Tschetschenien alleine verlassen habe können. Seine Großmutter mütterlicherseits sei sehr krank gewesen und deshalb seien seine Mutter und Schwester nach Tschetschenien zurückgefahren. Dann seien sie gemeinsam mit dem Vater wieder nach Österreich geflüchtet. Auf Vorhalt dieser widersprüchlichen Angaben lieferte der Beschwerdeführer wiederum keine überzeugende Erklärung, sondern antwortete lediglich, er könne nur sagen, dass seine Mutter nach Tschetschenien gefahren sei, um ihre Mutter zu sehen. Dann sei sie mit dem Vater wieder nach Österreich zurückgekommen.

Die Länderfeststellungen zur Situation in seinem Heimatland wurden dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung des Asylgerichtshofes ausgefolgt und Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu beziehen.

...

Im vorliegenden Verfahren wurden, wie oben ausgeführt, keine individuellen Fluchtgründe vorgebracht. Die allgemeine Situation in Tschetschenien ist so, dass dem Beschwerdeführer eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Eine hinreichend enge Verbindung zu der Rebellion beschuldigten Personen besteht im Falle des Beschwerdeführers nicht bzw. konnte er eine solche nicht glaubwürdig darlegen. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, dass vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.

Auch der formularartigen Beschwerde und dem der Beschwerde beiliegenden handschriftlich von der Mutter des Beschwerdeführers verfassten Schreiben, in welcher im Wesentlichen das bisherige Vorbringen des Beschwerdeführers wiederholt wird, konnte kein weiteres asylrelevantes Vorbringen entnommen werden.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der bereits im erstinstanzlichen Verfahren entstandene Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens sich auf Grund des in der mündlichen Verhandlung erlangten persönlichen Eindruckes und den im Verhältnis zum erstinstanzlichen Verfahren in wesentlichen Punkten gesteigerten Ausführungen zu seinen Fluchtgründen, welche er außerdem auch in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend und argumentativ darlegen konnte, bestätigte, weshalb der erkennende Senat nach gesamtheitlicher Würdigung zur Ansicht gelangte, dass sein Fluchtvorbringen lediglich in der Absicht, Asyl zu erlangen, erdacht wurde und der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat lediglich aufgrund der damaligen allgemeinen Kriegssituation und somit aus asylfremden Motiven verlassen hat."

1.13. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14.12.2011, Zl. U 2131/11-3, abgelehnt.

2. Zweites Verfahren auf internationalen Schutz:

2.1. Der Beschwerdeführer wurde am 10.10.2011 einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. In weiterer Folge wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und er wurde in das Polizeianhaltezentrum XXXX eingeliefert.

Am 20.01.2012 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ("Folgeantrag") und wurde dazu am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Der Beschwerdeführer gab an, dass er Österreich seit rechtskräftigem Abschluss seines ersten Verfahrens nicht verlassen habe. Er stelle einen neuerlichen Asylantrag, da er nicht nach Russland abgeschoben werden könne bzw. weil er nicht nach Haus zurückkehren könne. Man habe sich in Tschetschenien nach ihm erkundigt. Sein Cousin sei festgenommen worden und ins Gefängnis gekommen. Sein Onkel sei früher Widerstandskämpfer gewesen. Man kontrolliere das Haus des Beschwerdeführers. Wenn er nach Hause zurückkehre, werde er sofort festgenommen. Wenn er nach Russland zurückkehre, werde er sogleich vom FSB festgenommen und anschließend nach Tschetschenien geschickt. In Tschetschenien habe es öfters die Situation gegeben, dass man spurlos verschwinde oder festgenommen werde, um dann freigekauft zu werden. Die Brüder seiner Mutter seien Freiheitskämpfer und aus diesem Grund sei er festgenommen worden. Wenn in Tschetschenien Verwandte Freiheitskämpfer gewesen seien, dann werden andere Familienangehörige verfolgt. Alle seine Familienangehörigen seien in Europa.

Am 02.02.2012 gab der Beschwerdeführer im Zuge einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme nach erfolgter Rechtsberatung an, dass er gesund sei und an keine Krankheiten leide. Er könne keine Beweismittel vorlegen, die für sein Verfahren von Relevanz seien. Seine Mutter, die sich in der Schweiz befinde, habe aber Beweismittel. Es handle sich dabei um Papiere, die beweisen, dass sein Onkel mitgenommen worden und verschollen sei. Im Jahr 2002 sei der Bruder seines Vaters getötet worden. Bei seinem Begräbnis sei ein anderer Onkel des Beschwerdeführers mitgenommen, 15 Tage festgehalten und anschließend getötet worden. Der Beschwerdeführer berichtigte, dass es sich nicht um den Bruder, sondern um einen Cousin seines Vaters gehandelt habe. Der Beschwerdeführer benötige eine Woche, um die Beweismittel beischaffen zu können.

Der Beschwerdeführer gab an, dass die Fluchtgründe aus seinem ersten Verfahren nach wie vor bestehen. Es gebe aber noch neue Gründe. Er könne nicht in sein Heimatland zurückkehren. Sein Halbbruder sei aus Inguschetien nach Tschetschenien gegangen. Dort sei er verhaftet worden und befinde sich im Gefängnis. Kadyrov-Leute haben seine Verwandten mütterlicherseits und väterlicherseits besucht. Sie haben behauptet, dass sie nach dem Beschwerdeführer suchen, weil er angeblich tschetschenische Kämpfer noch immer mit Geld unterstützt. Die Onkel des Beschwerdeführers seien Kämpfer gewesen. Der Beschwerdeführer habe sie unterstützt. Die Kadyrov-Leute haben gesagt, sie bereuen es, dass sie den Beschwerdeführer nicht schon früher getötet haben. Sie haben Unterlagen aus Österreich bekommen, in denen auch der Name des Beschwerdeführers stehe. Sie haben gesagt, dass der Beschwerdeführer auf der Liste der Tschetschenen stehe, welche von Österreich aus tschetschenische Kämpfer unterstützen. Das Haus seiner verstorbenen Großmutter sei auch niedergebrannt worden. Vier Brüder seiner Mutter seien verstorben. Einer dieser Brüder sei eines natürlichen Todes gestorben, drei seien im Krieg gestorben. Der fünfte Bruder sei verschollen. Alle seien Kämpfer gewesen. Die Mutter des Beschwerdeführers habe Beweise, dass einer ihrer Brüder von Scharfschützen getötet worden sei. Ein Bruder der Mutter sei während des ersten Krieges gefallen, die anderen ungefähr im Jahr 2001. Im Internet gebe es Beweismittel, dass ein Cousin seines Vaters zu 22 Jahren Haft verurteilt worden sei und sich im Gefängnis befinde. Der Beschwerdeführer wisse, dass er bei seiner Ankunft in der Russischen Föderation vom FSB angehalten und anschließend an die tschetschenischen Behörden ausgeliefert werde.

Die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers leben in der Schweiz. In Österreich habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen. Er lebe von der Sozialhilfe und habe auch legale Saisonarbeiten gemacht. Er habe keinen Deutschkurs besucht, spreche aber ein wenig deutsch. In XXXX sei er Mitglied in einem Verein namens " XXXX " gewesen.

Mit Schreiben vom 06.02.2012 übermittelte die rechtsfreundliche Vertreterin des Beschwerdeführers die angekündigten Unterlagen, die seitens der Mutter des Beschwerdeführers gesendet worden seien. Ihrer Ansicht nach beziehe sich ein Teil der Unterlagen auf die Krankheit der Mutter, die derzeit mit der restlichen Familie in der Schweiz lebe. Der andere Teil beziehe sich auf die ermordeten Familienmitglieder.

Der Beschwerdeführer legte folgende Beweismittel vor:

* Schreiben der Staatsanwaltschaft XXXX vom 08.06.2005;

* Schreiben des Präsidentenbüros vom 03.05.2005;

* Schreiben der Staatsanwaltschaft des XXXX Bezirkes von XXXX vom 15.10.2004;

* Binnenpasse des XXXX

* Sterbeurkunde des XXXX vom 10.08.2006;

* Sterbeurkunde des XXXX vom 28.03.1996.

2.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.02.2012, Zahl 12 00.907-EAST-Ost, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 20.01.2012 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und in Spruchpunkt II. des Bescheides der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

"Sie brachten zur Begründung des gegenständlichen Asylverfahrens vor, dass Sie die gleichen Gründe hätten, wie bei der Stellung des ersten Antrages. Überdies machten Sie die gleichen Angaben in Ihrem ersten Verfahren.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Vorverfahrens am 15.09.2011 stellt Ihr nunmehr getätigtes Vorbringen somit gegenwärtig ebenso einen unveränderten Sachverhalt dar, weswegen sich zum jetzigen Zeitpunkt auch hinsichtlich der im Vorverfahren getroffenen Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die russische Föderation ebenfalls keine Änderung ergeben hat und diese daher nach wie vor für zulässig erachtet wird. Sie gaben im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme an, dass die Fluchtgründe aua dem Erstverfahren aufrecht wären und das Ihr Vorbringen nochmals überprüft werden soll.

In der Einvernahme bringen Sie vor, dass Sie nicht nach Hause zurückkehren könnten, da man sich in Tschetschenien nach Ihnen erkundigt hätte. Ihr Cousin wäre festgenommen worden und wäre im Gefängnis gelandet. Ihr Onkel wäre früher Freiheitskämpfer gewesen und aus diesen Gründen würden Sie nicht nach Hause zurückkehren können. Ihre Onkeln wären Kämpfer gewesen und Sie hätten sie unterstützt. Dies wäre für die Kadirov-Leute ausreichend, dass Sie Informationen darüber haben, dass Sie die Kämpfer unterstützt hätten und deshalb umgebracht werden würden. Ein Cousin Ihres Vaters wäre zu 22 Jahren Haft verurteilt worden und befindet sich im Gefängnis. Weiters hätte man Ihnen vorgeworfen, dass Sie Tschetschenien verlassen und in Österreich um Asyl gesucht hätten.

Zusammengefasst wird angeführt, dass sich Ihr Vorbringen auf einen Zeitraum vor Rechtskraft des Erstverfahrens am 15.09.2011 bezieht. Auch die in Vorlage gebrachten Beweismittel können nur als Ergänzung Ihres Vorbringens gewertet werden. Wie in der Einvernahme von Ihnen angegeben, handelt es sich um die Sterbeurkunden Ihrer Verwandten aus den Jahren 1996 und 2006.

Ihr erstes Asylverfahren wurde bereits rechtskräftig abgeschlossen. In diesem Verfahren wurden bereits alle bis zur Entscheidung dieses Asylverfahrens entstandenen Sachverhalte berücksichtigt, sodass darüber im gegenständlichen Verfahren nicht mehr neuerlich zu entscheiden ist. In der ersten Entscheidung wurde auch der Refoulementsachverhalt im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG 2005 berücksichtigt.

Die vorgebrachten Gründe, warum es Ihnen nun nicht mehr möglich wäre, in Ihr Herkunftsland zurückzukehren, sind somit nicht geeignet, eine neue, inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und kann darin kein neuer, entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden, da sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25_4.2002, 2000/07/0235). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des ho. vorliegenden Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen.

Die erkennende Behörde kann nur zum zwingenden Schluss kommen, dass der objektive und entscheidungsrelevante Sachverhalt unverändert ist. Es liegt entschiedene Sache im Sinne von § 68 AVG vor.

...

Die Sie betreffende allgemeine asylrelevante maßgebliche Lage im Herkunftsland hat sich seit dem rechtkräftigen Abschluss Ihres Erstverfahrens nicht geändert.

Weder aus Ihrem Vorbringen noch aus den im Erstverfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu Ihrem Heimatstaat, unter Berücksichtigung von aktualisierten Versionen des im Erstverfahren verwendeten Quellenmaterials, haben sich Hinweise auf eine seit dem rechtskräftigen Abschluss des Erstverfahren für Sie maßgeblich geänderte asylrelevante Lage ergeben.

Sie selbst haben im gegenständlichen Verfahren keine über die Angaben des rechtskräftig abgeschlossenen Erstverfahren hinausgehenden glaubhaften, direkt Ihre Person betreffenden, Rückkehrbefürchtungen, zumal Ihrem Vorbringen im Erstverfahren, das auch Ihrer Begründung des gegenständlichen Antrages zu Grunde liegt, jegliche Glaubwürdigkeit aberkannt werden musste, erstattet."

2.3. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 22.02.2012 fristgerecht Beschwerde erhoben, die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 AsylG beantragt. Der Beschwerdeführer führt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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