Index
81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §111;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Wasserwerksgenossenschaft an der F/D, der P, dem J- und dem R-Bache in E/F, vertreten durch Dr. Corvin Hummer, Rechtsanwalt in Wien I, Maysedergasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 29. Juni 1998, Zl. 513.596/06-I 5/98, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, (mitbeteiligte Partei: Wasserleitungsverband X), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 29. Oktober 1985 wurde der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die wasserrechtliche Bewilligung zur Wasserentnahme aus dem Brunnenfeld T. erteilt. Dieser Bescheid ist rechtskräftig. Da es mit dem Wasser aus dem Brunnenfeld T. auf Grund einer Kontaminierung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen Probleme gab, beantragte die mitbeteiligte Partei 1989 die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Brunnens auf dem Grundstück Nr. 3342/2 der KG L. und zur Durchführung eines Pumpversuches. Diese Bewilligung wurde der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des LH vom 17. November 1989 erteilt.
Im Jahr 1990 beantragte die mitbeteiligte Partei auf Grund der Ergebnisse des Pumpversuches die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Wasserentnahme aus dem auf dem Grundstück Nr. 3342/2 der KG L. errichteten Brunnen, wobei es sich um eine teilweise Übertragung des wasserrechtlichen Konsenses von dem mit Bescheid des LH vom 29. Oktober 1985 wasserrechtlich genehmigten Pumpwerk T. auf den neuen Brunnen handeln sollte.
Nachdem der LH für 27. Februar 1991 eine mündliche Verhandlung ausgeschrieben hatte, erhob die beschwerdeführende Partei Einwendungen. Sie brachte vor, sie sei eine Wasserwerksgenossenschaft, deren Mitglieder auf Grund aufrechter Wasserrechte Oberflächengewässer des F.-D.-Systems zur Erzeugung elektrischen Stromes nutzten. Sie sei im Sinne ihrer Statuten berechtigt, die diesbezüglichen Interessen ihrer Mitglieder vor der Wasserrechtsbehörde zu vertreten. Die beantragte Wasserentnahme aus dem Brunnen L. durch die mitbeteiligte Partei werde abgelehnt, da dadurch die Rechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei beeinträchtigt werden könnten. Bei den Oberflächengewässern des F.-D.-Systems handle es sich um zutagetretende Grundwasserströme aus dem Grundwasservorkommen M.-Senke. Jede Entnahme aus diesem Grundwasservorkommen schmälere daher den Durchfluß in den Oberflächengewässern. Der antragsgegenständliche Brunnen befinde sich direkt oberhalb des F.-Ursprungs, der Grundwasserstrom sei direkt auf diesen gerichtet. Durch Grundwasserentnahmen aus diesem Brunnen könnten die Wasserrechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei beeinträchtigt werden, indem der Durchfluß im Oberflächengewässer um die aus dem Brunnen entnommene Wasssermenge verringert und damit die Leistung der Triebwerke der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei beeinträchtigt werde.
Mit Bescheid vom 11. April 1995 erteilte der LH der mitbeteiligten Partei die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser aus dem Brunnen auf dem Grundstück Nr. 3342/2 der KG L., wobei gleichzeitig der mit Bescheid des LH vom 29. Oktober 1985 für das Grundwasserwerk T. festgelegte Entnahmekonsens entsprechend reduziert wurde. Die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei wurden abgewiesen. Begründet wurde dies damit, aus dem Gutachten des hydrologischen Amtssachverständigen ergebe sich, daß es durch die Errichtung des Brunnens der mitbeteiligten Partei nicht zu einer vermehrten Wasserentnahme aus dem Grundwasserspeicher "M:-Senke" komme, sondern lediglich zu einer Verlagerung der Entnahmestelle. Mangels einer Erhöhung des Maßes der Wasserbenutzung durch die neu erteilte Bewilligung könne es auch nicht zu einer Beeinträchtigung der Wasserrechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei kommen.
Die beschwerdeführende Partei berief.
Die belangte Behörde stellte ihrem wasserbautechnischen
Amtssachverständigen folgende Frage:
"Kann die örtliche Verlagerung eines Konsenses zur Grundwasserentnahme zu einer Verminderung der Wasserführung in dem Oberflächengewässer des F.-D.-Systems führen bzw. kann angenommen und vorausgesetzt werden, daß dieselbe aus dem Brunnen L. entnommene Grundwassermenge den Durchfluß in der F. in höherem Maß verringert als dieselbe Entnahme aus dem Brunnen T. und B.?"
Dazu führte der Amtssachverständige aus, im Auftrag der belangten Behörde und der Ämter der Landesregierungen von Wien, Niederösterreich und Burgenland sei 1996 von der Firma S. (Schweiz) ein Grundwassermodell "M.-Senke" erstellt worden. Aufbauend auf allen im südlichen Wiener Becken bisher erstellten Gutachten, Studien udgl. sei eine regionale Darstellung der Grundwasserströmungsverhältnisse im Bereich der M.-Senke nach Richtung, Menge und Spiegellage erfolgt. Dem die Untersuchung begleitenden Fachbeirat habe auch Univ.-Prof. Dr. R. von der TU. W. angehört. Das Ergebnis der Arbeiten sei vom Fachbeirat und den beurteilenden Sachverständigen (darunter auch dem Amtssachverständigen für Wasserbautechnik) positiv beurteilt worden. Das Ergebnis der Arbeit könne somit als umfassende generelle Darstellung des regionalen Grundwassergeschehens im südlichen Wiener Becken angesehen werden, gebe den Stand des Wissens wieder und könne daher aus fachlicher Sicht als Beurteilungsgrundlage für die regional vorhandenen Grundwasserverhältnisse herangezogen werden. Auf Grund bereits vorliegender älterer Untersuchungen, deren Ergebenisse im wesentlichen durch die durchgeführte regionale Grundwassermodellierung bestätigt werden könnten, könnten die in näherer und weiterer Entfernung zu den Brunnenfeldern T. und L. befindlichen Gerinne bzw. Vorfluter wie folgt charakterisiert werden:
Gerinne mit zeitweiliger Verbindung zum Grundwasser als Drainage seien die L. zwischen N. und P., Abschnitte der W.F. und der R.-Bach.
Gerinne mit dauernder Verbindung zum Grundwasser als Infiltrand seien Abschnitte der W.F., die P. bis B., der K.-Bach und der F.-Bach, ein Gerinne mit geringer Interaktion mit dem Grundwasser sei der N.-Kanal.
Der regionalen Modellierung des Grundwassergeschehens in der M.-Senke sei zugrundegelegt worden, daß die L. auf Höhe L. das Grundwasser dotiere. Die an Hand von gemessenen Grundwasserständen erstellten Grundwasserspiegellagen für mittlere Grundwasserspiegel zeigten, daß der Abstrom des Grundwassers im Bereich der berufungsgegenständlichen Brunnenfelder in etwa parallel zur W.F. und zur L. erfolge. Die mittels des regionalen mathematischen Grundwassermodells entlang der einzelnen Grundwasser-Isohypsen ermittelten spezifischen Durchflüsse wiesen auf Höhe des Profils L.-T. eine Größenordnung zwischen 300 und 1000 l/s km auf. Auf Grund des Strömungsbildes, der Größe des ermittelten spezifischen Durchflusses und des ähnlichen hydrogeologischen Aufbaues des Grundwasserleiters könne aus fachlicher Sicht davon ausgegangen werden, daß die geplante örtliche Verlagerung bzw. Neuaufteilung der Konsensmengen nicht zu einer Verminderung der Wasserführung in dem Oberflächengewässer des F.-D.-Systems führen werde. Unter Berücksichtigung der mit dem regionalen mathematischen Modell und der bei Durchflußmessungen vor Ort erzielbaren Genauigkeit könne aus fachlicher Sicht davon ausgegangen werden, daß ein durch höhere Entnahmen am rechten Ufer allenfalls bedingter verringerter Zufluß durch eine infolge Verringerung der linksufrigen Grundwasserentnahme erhöhte Zuflußmenge in das F.-D.-System wieder kompensiert werde.
Die beschwerdeführende Partei ist diesem Gutachten nicht entgegengetreten.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. Juni 1998 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei abgewiesen. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das eingeholte Amtssachverständigengutachten, aus dem sich ergebe, daß eine Beeinträchtigung des Wasserrechts der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei nicht zu erwarten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde begründe die Abweisung der Berufung lediglich damit, daß es sich bei der der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des LH vom 11. April 1995 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung nur um die Verlagerung der Konsensmenge auf eine neue Entnahmestelle handle, durch welche die dem Konsens aus dem Jahr 1985 entsprechende Beeinträchtigung der Wasserrechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei nicht erhöht werde. Auf den Rechtsstandpunkt der beschwerdeführenden Partei, wonach durch eine neu beantragte Wassernutzung beeinträchtigte Wasserrechtsinhaber in einem darüber abgeführten neuen Verfahren berechtigt seien, die aus dieser Beeinträchtigung resultierenden Rechte geltend zu machen, auch und insbesondere wenn in einem anderen früheren Verfahren über diese Rechte gesetzwidrig hinweggegangen worden sei, gehe der angefochtene Bescheid nicht ein. Hierin liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid sei aber auch mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhalts behaftet, weil ein Wasserberechtigter, welchem in einem Wasserrechtsverfahren das Recht, die Verletzung seiner rechtmäßig geübten Wassernutzungen einzuwenden, durch gesetzwidrige Vorgänge entzogen worden sei, dieses Recht nicht ein für allemal verloren habe, sondern in einem neuen, über denselben Gegenstand geführten Verfahren berechtigt sei, seine diesbezüglichen Rechte wahrzunehmen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die beschwerdeführende Partei hat repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - die Abweisung der Berufung der beschwerdeführenden Partei nicht (allein) damit begründet, daß es sich bei der der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des LH vom 11. April 1995 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung nur um die Verlagerung eines bestehenden Konsens auf eine neue Entnahmestelle handelt, sondern sie hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die örtliche Verlagerung der Entnahmestelle - bei gleichbleibender Entnahmemenge - zu einer Beeinträchtigung der Wasserbenutzungsrechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei führen kann. Diese Frage war auf Grund des Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu verneinen. Damit war aber auch das Schicksal der Berufung entschieden. Durch die mit dem Bescheid des LH vom 26. April 1995 bewilligte Verlagerung der Wasserentnahmestelle auf den Brunnen L. ergibt sich nämlich für die Mitglieder der beschwerdeführenden Partei gegenüber dem bisherigen wasserrechtlich bewilligten Zustand keine Verschlechterung. Von diesem Zustand ist auszugehen; er bildet die Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob durch die beantragte Verlagerung der Entnahmestelle durch die mitbeteiligte Partei ein Eingriff in wasserrechtlich geschützte Rechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei stattfindet. Die in der Beschwerde zutagetretende gegenteilige Auffassung negiert die durch den Bewilligungsbescheid aus dem Jahre 1985 geschaffene Rechtslage, die der mitbeteiligten Partei die Entnahme einer bestimmten Wassermenge aus dem Grundwasserspeicher M.-Senke für Wasserversorgungszwecke - möglicherweise zu Lasten der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei - ermöglicht. Daß der bisherige Zustand von einer rechtskräftigen wasserrechtlichen Bewilligung abgedeckt ist, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht in Abrede gestellt. Ob diese wasserrechtliche Bewilligung gesetzmäßig zustandegekommen ist, kann im vorliegenden Verfahren nicht mehr aufgerollt werden.
Da die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende, der mitbeteiligten Partei erteilte wasserrechtliche Bewilligung zur Verlegung der Wasserentnahmestelle nicht zu einer Verminderung der Wasserführung in den Oberflächengewässern des F.-D.-Systems führt, greift diese Bewilligung auch nicht in wasserrechtlich geschützte Rechte der Mitglieder der beschwerdeführenden Partei ein.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998070115.X00Im RIS seit
12.11.2001