TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/10 98/07/0139

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Veröffentlicht am 10.12.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §31b Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des W M in U, vertreten durch Dr. Michael Gnesda, Rechtsanwalt in Wien IV, Schwarzenbergplatz 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. Juli 1998, Zl. Senat-GF-97-022, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juli 1998 wurde der Beschwerdeführer folgender Verwaltungsübertretung schuldig erkannt:

"Sie haben vom 20. März 1996 bis zumindest 21. November 1996 Abfälle (Erdaushub und Bauschutt) auf Grundstück 388/2 (alt) der KG U. (südöstlich der mit Bescheid vom 11. März 1985 ..... bewilligten Schüttgrenze, das ist zwischen Grundstück 387/2 und 388/2) abgelagert und somit eine gemäß § 31b WRG 1959 bewilligungspflichtige Anlage zur Ablagerung von Abfällen betrieben, ohne die hiefür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung zu besitzen."

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 50.000,-- verhängt.

In der Begründung heißt es, zur Frage, ob im angelasteten Zeitraum tatsächlich Erdaushub und Bauschutt abgeladen worden sei, folge die belangte Behörde den glaubwürdigen und widerspruchsfreien Aussagen der vernommenen Zeugen.

Zur Frage, ob von diesen Ablagerungen die Sorge einer möglichen Gewässerverunreinigung ausgehe, folge die belangte Behörde den schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen für Deponietechnik, die im übrigen auch mit der allgemeinen Lebenserfahrung und der diesbezüglichen Judikatur im Einklang stünden. Der Amtsachverständige habe erklärt, daß alleine auf Grund der optischen Ansprache eine dem Stand der Technik entsprechende deponiebautechnische Ausstattung an der Basis zum Schutz des Grundwassers erforderlich sei, die aus einer mineralischen Abdichtung und Sickerwassererfassung bestehe. Nur unter diesen Rahmenbedingungen wäre eine Gefährdung des Grundwassers nicht gegeben. Die verfahrensgegenständlichen Materialien könnten nämlich auf verschiedene Art von der Vornutzung her verunreinigt sein und es hänge davon die jeweilige Einstufung in eine Eluatklasse ab. Eine konkrete Zuordnung könne jedoch nur nach einer derartigen Untersuchung erfolgen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, § 31b Abs. 1 WRG 1959 knüpfe die Bewilligungspflicht für die Ablagerung von Abfällen nicht an die Bedingung, daß aus dieser Ablagerung eine Gewässerbeeinträchtigung zu besorgen sei, sondern statuiere die Bewilligungspflicht für die Ablagerung von Abfällen grundsätzlich bedingungslos und schaffe durch die im ersten Halbsatz der Regelung eingeführte Parenthese lediglich einen Ausnahmetatbestand von der Bewilligungspflicht derart, daß die Ablagerung (lediglich) solcher Abfälle von der Bewilligungspflicht ausgeschlossen werde, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen sei (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, 94/07/0181, und vom 21. September 1995, 95/07/0059). Diese vom Gesetzgeber gewählte sprachliche Gestaltung des ersten Satzes der Bestimmung des § 31b Abs. 1 WRG 1959 gebiete daher ein anderes als das vom Beschwerdeführer gewonnene Verständnis vom normativen Gehalt dieser Regelung. Nicht die Gefährdungseignung sei prüfungsbedürftiges Tatbestandsmerkmal der Bewilligungspflicht, sondern ihr Fehlen. Es obliege dem Beschuldigten, der Behörde gegenüber das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes durch entsprechende Sachbehauptungen geltend zu machen, in welchem Falle es erst Sache der Behörde sei, die von einem Deponiebetreiber geltend gemachten Umstände im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht darauf hin zu prüfen, ob der behauptete Ausnahmetatbestand tatsächlich vorliege. Wenngleich diese Behauptungen sinngemäß dadurch aufgestellt worden seien, daß keine nachteiligen Einwirkungen auf Gewässer entstehen könnten, so hätten diese Behauptungen doch durch die Beweisergebnisse nicht untermauert werden können. Wie der Amtssachverständige für Deponietechnik in schlüssiger und nachvollziehbarer Form festgestellt habe, hänge es von der Verunreinigung im Rahmen der jeweiligen Vornutzung bei Bauschutt ab, inwieweit Auswirkungen auf Gewässer möglich seien. Gleiches gelte für Erdaushub; auch dieser könne beispielsweise durch Flüssigkeiten verunreinigt sein. Die Sorge, daß vom abgelagerten Material eine Gewässerbeeinträchtigung ausgehen könne, sei somit jedenfalls gegeben. Es könne nicht zur Straffreiheit führen, Abfälle ohne Ermittlung der Gefährdungseignung abzulagern und sich im Beanstandungsfall auf den Standpunkt zurückzuziehen, eine Gewässergefährdung sei durch die Abfälle nicht zu besorgen, die Behörde solle entsprechende Untersuchungen durchführen und diese würden dann die eigenen Behauptungen bestätigen. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, daß konsensgemäß Holz- oder Zellulosefasern im Rahmen des Bauschutts abgelagert werden dürften, so übersehe er dabei, daß sich die wasserrechtliche Bewilligung, die er offensichtlich meine, nicht auf den nun angelasteten Tatort beziehe. Das Beweisverfahren habe eindeutig ergeben, daß die Grenzen des für die Ablagerung von Abfällen bewilligten Bereiches überschritten worden seien und sich das Strafverfahren auf jenen Bereich beziehe, der jenseits des bewilligten Bereiches liege. Daß es sich bei dem abgelagerten Erdaushub um Bauschutt und Abfall handle, könne nicht zweifelhaft sein. Dem Hinweis des Beschwerdeführers, daß auf Grund einer Forderung eines Amtssachverständigen für Naturschutz die Verfüllung eines bestehenden Teiches unterlassen und aus diesem Grund auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstücksteil die Ablagerung vorgenommen habe, sei entgegenzuhalten, daß für den Fall, daß keine ausreichenden bewilligten Flächen für die Abfallablagerung vorlägen, keine weiteren Abfälle abgelagert werden dürften. Keineswegs könne es so sein, daß in einem derartigen Fall über die bewilligten Grenzen hinweg weiter Ablagerungen getätigt würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, ihn träfe kein Verschulden, weil er über Veranlassung des Naturschutzbeauftragten der Bezirkshauptmannschaft G. auf dem bewilligten Deponieareal eine Teilfläche für einen Teich ausgespart und infolgedessen das Material außerhalb des genehmigten Deponieareals gelagert habe. Weiters sei er entgegen der Auffassung der belangten Behörde seiner Behauptungslast hinsichtlich der Frage, ob durch die von ihm getätigte Ablagerung eine Verunreinigung von Gewässern zu besorgen sei, nachgekommen. Er habe überdies durch Vorlage eines Gutachtens eines Zivilingenieurs für technische Chemie nachgewiesen, daß bei ungeschützter Ablagerung von Erdaushub und Ziegelausbruch keine Besorgnis einer Gewässerverunreinigung bestehe. Es sei für den Beschwerdeführer auch nicht einsichtig gewesen, daß auf der einen Seite die Ablagerung von Material auf bestimmten Grundstücken genehmigt worden sei, während auf der anderen Seite die Ablagerung von Material derselben Beschaffenheit strafbar sein sollte.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 31b Abs. 1 WRG 1959 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 59/1997 bedarf die Ablagerung von Abfällen - ausgenommen solcher, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist - sowie die Errichtung und der Betrieb der hiezu dienenden Anlagen einer wasserrechtlichen Bewilligung durch den Landeshauptmann; § 32 Abs. 2 lit. c findet keine Anwendung. Keiner Bewilligung bedarf das ein Jahr nicht überschreitende ordnungsgemäße Bereithalten von Abfällen zum Abtransport, zur Verwertung oder zu sonstigen Behandlung.

§ 31b Abs. 1 WRG 1959 knüpft die Bewilligungspflicht für die Ablagerung von Abfällen nicht an die Bedingung , daß aus dieser Ablagerung eine Gewässerbeeinträchtigung zu besorgen ist, sondern statuiert die Bewilligungspflicht für die Ablagerung von Abfällen - von der Ausnahme des zweiten Satzes dieser Bestimmung abgesehen - grundsätzlich bedingungslos und schafft durch die im ersten Halbsatz der Regelung eingefügte Parenthese lediglich einen Ausnahmetatbestand von der Bewilligungspflicht derart, daß die Ablagerung (lediglich) solcher Abfälle von der Bewilligungspflicht ausgeschlossen wird, bei deren ungeschützter Lagerung eine Verunreinigung der Gewässer einschließlich des Grundwassers nicht zu besorgen ist. Diese vom Gesetzgeber gewählte sprachliche Gestaltung des ersten Satzes der Bestimmung des § 31b Abs. 1 WRG 1959 bedeutet, daß nicht die Gefährdungseignung prüfungsbedürftiges Tatbestandsmerkmal der Bewilligungspflicht ist, sondern ihr Fehlen. Da der Gesetzeswortlaut des § 31b Abs. 1 WRG 1959 im ersten Satz dieser Bestimmung die Bewilligungspflicht für Abfallablagerungen statuiert, die ausnahmsweise Bewilligungsfreiheit solcher Ablagerungen hingegen nur als bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen bestehende Möglichkeit einräumt, obliegt es diesfalls dem Deponiebetreiber, der Behörde gegenüber das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes durch entsprechende Sachbehauptungen geltend zu machen, in welchem Falle es erst Sache der Behörde ist, die von einem Deponiebetreiber geltend gemachten Umstände im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht darauf hin zu prüfen, ob der behauptete Ausnahmetatbestand tatsächlich vorliegt (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, Slg. N.F. 14.285/A, und vom 21. September 1995, Slg. N.F. 14.324/A).

Die Regelung des § 31b Abs. 1 WRG 1959 soll gewährleisten, daß alle Ablagerungen, die nicht von vornherein in bezug auf eine mögliche Gewässerverunreinigung unbedenklich sind, nur mit Bewilligung der Wasserrechtsbehörde abgelagert werden dürfen. Wenn § 31b Abs. 1 WRG 1959 die Ausnahme von der Genehmigungspflicht daran knüpft, daß eine Verunreinigung der Gewässer nicht zu besorgen ist, dann folgt daraus, daß nur solche Abfälle ohne Bewilligung gelagert werden dürfen, bei denen von vornherein, also schon vor der Lagerung feststeht, daß sie im Hinblick auf eine mögliche Gewässerverunreinigung unbedenklich sind.

Daß von einer solchen von vornherein gegebenen Unbedenklichkeit der vom Beschwerdeführer gelagerten Materialien nicht die Rede sein kann, ergibt sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Deponietechnik. Es hat auch der Beschwerdeführer selbst keinen Sachverhalt dargestellt, der auf eine solche Unbedenklichkeit schließen ließe. Entgegen seiner Darstellung in der Beschwerde bestätigt das von ihm vorgelegte Gutachten eines Zivilingenieurs für technische Chemie nicht die Unbedenklichkeit der abgelagerten Materialien. Dieses Gutachten geht nicht auf die Ablagerungen im Beschwerdefall ein, sondern beschäftigt sich allgemein mit Bauschutt und kommt zu dem Ergebnis, ob dieser eine Gefahr für das Wasser bedeute, sei nur durch Eluatuntersuchungen und durch Untersuchungen der Schadstoffgehalte zu ermitteln. Hingegen hat sich der Amtssachverständige für Deponietechnik mit dem vom Beschwerdeführer gelagerten Material auseinandergesetzt und ist zu dem Schluß gekommen, daß ohne entsprechende deponietechnische Sicherung - die aber nicht vorliegt - eine Verunreinigung des Grundwassers zu besorgen sei.

Zu Recht hat somit die belangte Behörde die Bewilligungspflicht der getätigten Ablagerungen angenommen, da bezüglich dieser Ablagerungen nicht von vornherein ihre Unbedenklichkeit im Hinblick auf eine mögliche Gewässerverunreinigung feststand.

Es bildet keinen Schuldausschließungsgrund, wenn der Beschwerdeführer auf Grund eines Verlangens eines Naturschutzbeauftragten einen Teil des genehmigten Deponieareals von der Deponierung aussparte, um dort einen Teich als Biotop zu belassen und als Folge dessen das Material auf einer hiefür nicht genehmigten Parzelle ablagerte. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu diesem Thema sind insofern unklar, als nicht deutlich wird, ob er behauptet, daß das Naturschutzorgan ihn auch zur Ablagerung von Material auf nicht genehmigten Flächen veranlaßt habe oder - darauf deuten die Ausführungen im Zuge des Berufungsverfahrens hin - die nicht genehmigte Ablagerung nur eine Folge des Vorschlages des Naturschutzbeauftragten war, auf der genehmigten Fläche einen Teilbereich für ein Biotop auszusparen. Für den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist es aber gleichgültig, welche der beiden möglichen Versionen zugrundegelegt wird. Selbst wenn der Naturschutzbeauftragte eine Ablagerung des Materials auf der nicht genehmigten Fläche vorgeschlagen hat, wäre daraus für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, mußte ihm doch klar sein, daß ein von einem Naturschutzbeauftragten aus naturschutzfachlicher Sicht gemachter Vorschlag den Beschwerdeführer nicht von der Einhaltung wasserrechtlicher Vorschriften entbinden konnte. Der Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1989, 88/07/0131, geht fehlt, weil sich der dortige Beschwerdeführer an Aussagen von Vertretern der Wasserrechtsbehörde gehalten hatte.

Ebenso unzutreffend ist die Auffassung des Beschwerdeführers, er könne mangelndes Unrechtsbewußtsein für sich in Anspruch nehmen, weil für ihn nicht einsehbar gewesen sei, daß auf der einen Seite die Ablagerung von Material auf bestimmten Grundstücken genehmigt worden sei, während auf der anderen Seite die Ablagerung von Material derselben Beschaffenheit strafbar sein solle. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß sein strafbares Verhalten darin besteht, daß er für die Ablagerungen auf Parzelle 388/2 keine Bewilligung eingeholt hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. Dezember 1998

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998070139.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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