TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/29 W122 2139278-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.05.2019
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Entscheidungsdatum

29.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §13
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

W122 2139278-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 26.04.2019, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10, 13 und 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 53 und 55 FPG 2005, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Iran (in weiterer Folge "Iran" genannt), stellte nach illegaler Einreise am 14.01.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 14.01.2016 Folgendes vor: Er sei ledig, gehöre der islamischen Religion (Schiit) und der Volksgruppe der Araber an. Er habe 8 Jahre lang die Grundschule in XXXX besucht und zuletzt als Hilfsarbeiter in einem Motorradgeschäft gearbeitet.

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, er habe mit seinen Cousins Probleme gehabt. Sie hätten zusammen ein Grundstück in XXXX gehabt. Der BF habe heiraten wollen und hätte einen Teil davon haben wollen. Dies hätten die Cousins des BF nicht gewollt. Bei einer Rückkehr in seine Heimat würden die Cousins des BF diesen umbringen [Aktenseite (AS) 3 ff.].

Vor einem Organwalter der belangten Behörde gab der BF am 05.10.2016 an, sein Vater, seine beiden Brüder sowie seine drei Schwestern würden im Iran leben. Er habe keine Verwandten in Österreich, er sei ledig und alleinstehend. Es würde in Österreich keine Person geben, zu der der BF ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis habe. Der BF beherrsche Deutsch ein wenig, er gehe keiner Arbeit nach.

Zum Fluchtgrund gab der BF zusammengefasst an, er habe ein Mädchen geliebt. Es habe einen Nebenbuhler gegeben, der das Mädchen auch heiraten wollte. Dieser Nebenbuhler habe dem BF Schaden zugefügt, damit sich der BF von dem Mädchen trenne. Der Kontrahent habe mit Heroin gehandelt, habe die ganze Zeit Waffen getragen und habe viel Geld gehabt. Eines Abends sei der BF bei seiner Schwester gewesen. Der Schwager des BF habe einen anonymen Anruf erhalten. Es sei ihm gesagt worden, dass der Rivale des BF jemand getötet habe. Die Schwester des BF habe Angst bekommen und gemeint, dass der Gegner des BF sicher sagen würde, dass der BF die Person getötet habe. Er würde sicher dem BF unterstellen, dass er die Person getötet habe, weil er reich sei. Die Schwester des BF habe es für besser gehalten, dass der BF den Iran verlasse. Alle seien unter Stress gestanden. Der BF habe sich bei einer Tante von ihm aufgehalten. Der Rivale des BF sei geflohen, sei immer wieder aufgetaucht und dann gleich wieder abgetaucht. Der BF habe später in einer Wohnung gelebt, welche seine Tante organisiert habe. Als die Schwester des BF sah, unter welchen Bedingungen der BF dort leben musste, habe ihn die Schwester mitgenommen. Der BF habe daraufhin in der Wohnung einer Freundin seiner Schwester und anschließend wieder bei der Tante gelebt. Eines Tages als der BF mit seinem Motorrad auf dem Weg von XXXX zurück zu seiner Tante gewesen sei, habe ihn ein Polizist gesehen. Dieser habe ihn anhalten wollen. Der BF sei weiterfahren. Der Polizist habe daraufhin geschossen und habe den BF am Oberschenkel und später als der BF den Polizisten anfahren wollte, am Rücken getroffen. Mit Hilfe eines Freundes des BF und seines Bruders sei der BF in ein Krankenhaus gebracht worden (AS 165 ff.).

I.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 24.10.2016 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist zur freiwilligen Ausreise bestehe (Spruchpunkt IV). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 AsylG wurde festgehalten, dass das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 08.07.2016 verloren wurde (Spruchpunkt VII).

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als nicht glaubwürdig und führte hierzu aus, dass der BF seine Behauptungen nur allgemein in den Raum stellte, ohne diese belegen oder durch konkrete Anhaltspunkte glaubhaft machen zu können. Es sei zu Ungereimtheiten gekommen. Im Rahmen der Erstbefragung habe der BF angeführt, dass er im Iran ein Problem mit seinen Cousins gehabt hätte. Er habe heiraten und einen Teil des Grundstücks haben wollen, was aber nicht im Sinne seiner Cousins gewesen wäre. Der BF befürchte, von den Cousins umgebracht zu werden. Entgegen diesen Angaben habe der BF während der Einvernahme vor dem BFA darüber gesprochen, dass er vom Nebenbuhler seiner Freundin bedroht worden wäre und dass dieser den BF bei der Polizei mit einem Mord belastet hätte. Er habe seinen Heimatort verlassen und ständig versteckt leben müssen und wäre im Rahmen eines Vorfalles von Polizisten zweimal angeschossen worden. Hätte es sich bei dem Vorbringen um tatsächlich erlebte Ereignisse gehandelt, hätten keine derart gravierenden Widersprüche auftreten dürfen. Kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesamt, habe der BF angeführt, er sei ledig und alleinstehend. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft XXXX wurde hingegen festgehalten, dass der BF verheiratet und für eine minderjährige Tochter sorgepflichtig sei. Wenn der BF bei der Angabe seiner persönlichen Daten nicht bei der Wahrheit bleibe, könne umso weniger davon ausgegangen werden, dass sein übriges Vorbringen den tatsächlichen Gegebenheiten entspreche. Dies treffe hauptsächlich auf die Angaben zur behaupteten Beziehung mit einem Mädchen zu. Der BF habe weder angeführt, dass er mit diesem Mädchen verheiratet sei, noch mit dieser eine gemeinsame Tochter habe. Gegen die Glaubhaftigkeit der Ausführungen würde auch der Umstand sprechen, dass der BF nicht in der Lage gewesen sei, überzeugend vorzubringen, weshalb der Nebenbuhler den BF mit einem Mord belasten hätte sollen, wenn diesem doch andere geeignete Mittel zur Verfügung gestanden wären, um den BF von dem Mädchen zu trennen. Außerdem sei es nicht nachvollziehbar, weshalb der Gegner weiterhin ein massives Interesse an den BF haben hätte sollen, wenn sich dieser vom Mädchen getrennt hätte. Ferner habe der BF nicht überzeugend vorbringen können, dass dem BF die Schussnarben tatsächlich von einem Polizisten zugefügt worden wären. Erstens habe der BF nicht glaubhaft darlegen können, dass ein Polizist den BF in der Nacht erkennen hätte können, als der BF zufällig mit seinem Motorrad vorbeifuhr, zweitens sei auch nicht glaubhaft, dass der BF, wenn er zwar erkannt worden wäre, jedoch die Sperre durchbrechen und weiterfahren hätte können, wieder umkehren hätte sollen, um die Polizisten umzufahren. Die Aussichtslosigkeit der Tat hätte den BF bewusst sein müssen und hätten er weit bessere Chancen der Flucht gehabt, so rasch als möglich vom Kontrollpunkt wegzufahren. Letztendlich habe nicht nachvollzogen werden können, dass dem BF dennoch die Flucht gelungen sein sollte, obwohl der BF von der Polizei zweimal angeschossen worden wäre. Der Treffer im Oberschenkel hätte den BF vielleicht nicht stoppen können, jedoch hätte der BF angesichts eines Treffers im Rücken massiv in seinem Bewegungsablauf gestört sein müssen, sodass die beschriebene Flucht keinesfalls als reales Ereignis einzustufen sei. Ebenso hätte es den Polizisten leicht möglich sein müssen, den BF auf dem Motorrad mit deren Polizeiwagen einzuholen beziehungsweise wäre es der Polizei, nach Einschalten einer Verstärkung, sicherlich möglich gewesen, angesichts des schlechten Gesundheitszustandes des BF dem BF habhaft zu werden. Die Angaben des BF über den äußerst kurzen Aufenthalt im Krankenhaus seien unschlüssig und vage gewesen. Angesichts der vom BF geschilderten beiden Schussverletzungen wäre wohl davon auszugehen gewesen, dass man den BF stationär aufgenommen, operiert und einige Zeit medizinisch überwacht hätte. Der BF habe angeführt, dass er die Kugeln selbst entfernt habe. Es mag der Wahrheit entsprechen, dass man sich selbst aus dem Oberschenkel eine Kugel entfernen kann, jedoch sei es absolut unglaubhaft, dass man sich selbst eine Kugel, die in der Rückengegend eingedrungen ist, herausholt. Der BF habe einmal angeführt, dass sein Nebenbuhler ihn bei der Polizei verraten habe, nach Vorhalt, dass dieser untergetaucht sei, sprach der BF davon, dass ein Dealer von ihm der "Verräter" gewesen sei. Der BF habe nicht schlüssig erläutern können, woher er diese Kenntnis hatte, zumal er sich entweder ständig bei seiner Tante versteckt hielt oder bereits auf der Flucht war (AS 229 ff.).

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran traf das Bundesamt ausführliche Feststellungen.

I.2.3. Rechtlich führte das Bundesamt aus, dass der BF weder einen unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 GFK noch § 8 AsylG zu subsumierenden Sachverhalt vorbrachte. Auch ergab sich kein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 8 EMRK gesicherten Rechte auf ein Privat- und Familienleben. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des § 50 Abs 1, 2 und 3 FPG vorliege. Gemäß 18 Abs 1 Ziffer 2 BFA-VG war der Beschwerde gegen die abweisende Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, da die sofortige Ausreise des BF angesichts der Tatwiederholung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich sei. Da keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung vorliege, sei es dem BF zumutbar, den Ausgang seines Verfahrens in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG bestehe keine Frist zur freiwillige Ausreise, da ein Verfahren gemäß § 18 BFA-VG vorliege. Gemäß § 53 Abs 3 Ziffer 1 FPG wurde ein Einreiseverbot unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK verhängt. Gemäß § 13 Absatz 2 Ziffer 1 Asylgesetz wurde festgestellt, dass das Recht des BF zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren ging, da der BF gemäß § 13 Absatz 2 sowohl Ziffer 2 bis 4 erfüllt habe.

I.3. Gegen diesen ersten Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

I.3.1. Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde es verabsäumt habe den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln. Die Beweiswürdigung sei grob unschlüssig. Als Angehöriger der arabischen Minderheit und unter den individuellen Voraussetzungen habe der BF keine Chance auf ein faires Verfahren. Die Angaben des BF seien konsistent und glaubwürdig. Die vermeintliche Unglaubwürdigkeit des BF mit Widersprüchen zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme vor der belangten Behörde zu begründen, sei nicht zulässig. Es sei zu einer rechtlich falschen Beurteilung gekommen. Es sei unter anderem nicht begründet worden, aufgrund welchen Erwägungen das BFA das Einreiseverbot in der Höhe von 2 Jahren für erforderlich erachte. Minderungs- und Erschwerungsgründe bei der Strafbemessung seien nicht berücksichtigt worden.

I.3.2. Der BF stellte die Anträge,

-

der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen;

-

eine mündliche Verhandlung anzuberaumen;

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dem BF den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen;

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in eventu dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen;

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in eventu die Rückkehrentscheidung als unzulässig aufzuheben und dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen;

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das Einreiseverbot aufzuheben bzw. in eventu herabzusetzen.

I.4. Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht teilte die Auffassung der belangten Behörde, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers für unglaubwürdig zu erachten ist. Den Schlussfolgerungen der belangten Behörde in Bezug auf den vom Beschwerdeführer behaupteten Hergang der Geschehnisse sei zu folgen. Der Beschwerdeführer hätte im Zuge seiner Erstbefragung seine Fluchtgründe erheblich anders dargestellt wie im Nachhinein vor dem Bundesamt. Der Beschwerdeführer hätte in der Erstbefragung dargelegt, dass er seine Heimat aufgrund von Problemen mit seinen Cousins verlassen habe. Der Beschwerdeführer hätte zusammen mit seinen Cousins ein Grundstück gehabt. Als der Beschwerdeführer heiraten gewollt hätte, hätte er einen Teil vom Grundstück haben wollen. Seine Cousins während jedoch damit nicht einverstanden gewesen. Vor dem Bundesamt hätte der Beschwerdeführer zwar weiterhin erwähnt, dass er ein Mädchen heiraten hätte wollen, als Beweggrund seiner Flucht hätte der Beschwerdeführer hingegen angeführt, dass es einen Nebenbuhler gegeben hätte, der dem Beschwerdeführer bedroht hätte. Der Gegner hätte dem Beschwerdeführer bei der Polizei einen Mord angelastet. Der Beschwerdeführer hätte sich daraufhin verstecken müssen. Bei einem Vorfall sei der Beschwerdeführer zweimal von Polizisten angeschossen worden. So wäre zwar wieder Beschwerdeführer im Zuge seiner Beschwerde ansatzweise angeführt hätte, grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Erstbefragung mit der Einvernahme im Hinblick auf ein gesteigertes Vorbringen nicht zielführend, zumal die Erstbefragung lediglich einer ersten Orientierung dienen solle und sich nicht auf die Nieren Fluchtgründe zu beziehen hätte. Im gegenständlichen Fall stelle das Vorbringen in der Einvernahme jedoch kein U im Verhältnis zur Erstbefragung detaillierteres Vorbringen sondern ein völlig anderes zusätzliches Geschehen dar und widerspreche der Erstbefragung gravierend.

Es hätte zudem entscheidungsrelevante Ungereimtheiten im Zuge der Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und den österreichischen Strafbehörden gegeben. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme beim Bundesamt hätte der Beschwerdeführer dargelegt, er sei ledig und alleinstehend. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer verheiratet und für eine minderjährige Tochter sorgepflichtig wäre. Der Beschwerdeführer hätte offenbar nicht die Wahrheit gesagt. Das Bundesamt hätte zurecht ins Treffen geführt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, überzeugend darzulegen, weshalb der Rivale den Beschwerdeführer mit einem Mord belasten hätte sollen, wenn diese doch andere geeignete Mittel zur Verfügung gestanden wären, um den Beschwerdeführer von dem Mädchen zu trennen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf seine Verletzungen scheine nicht nachvollziehbar zu sein. Im Bewusstsein dass der Beschwerdeführer in der Nacht mit seinem Motorrad unterwegs war, wäre es kaum vorstellbar bzw. wäre es äußerst unwahrscheinlich, dass ein Polizist den Beschwerdeführer als flüchtige Person erkenne. Zudem wäre es unschlüssig, wenn der Beschwerdeführer eine polizeiliche Sperre durchbreche, jedoch erneut umkehren, um Polizisten umzufahren. Dass der Beschwerdeführer trotz erheblicher Verletzungen, nämlich eine Schussverletzung am Oberschenkel und am Rücken mit seinem Motorrad weiter gefahren wäre, wäre äußerst fraglich. Es wäre anzunehmen gewesen, dass durch derartige Verletzungen der Bewegungsarten auf derart gestört gewesen wäre, dass nicht anzunehmen wäre, dass der Beschwerdeführer Sturz bzw. komplikationslos mit dem Motorrad weiterfahren hätte können. Die Flucht könne, wie die belangte Behörde dargelegt hätte, nicht als reales Ereignis angesehen werden, da es den Polizisten vermutlich leicht möglich hätte sein müssen, dem Beschwerdeführer auf dem Motorrad mit deren Polizeiwagen einzuholen bzw. wäre es der Polizei, nach Einschalten einer Verstärkung, sicherlich möglich gewesen, angesichts des schlechten Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers dem Beschwerdeführer habhaft zu werden.

Nicht schlüssig wäre zudem des Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich seines Krankenhausaufenthaltes. Angesichts der vom Beschwerdeführer geschilderten beiden Schussverletzungen wäre davon auszugehen gewesen, dass man den Beschwerdeführer stationär aufgenommen, operiert und einige Zeit medizinisch überwacht hätte. Ebenso wäre nicht nachvollziehbar, dass sich der Beschwerdeführer die Kugeln selbst entfernt hätte. Es wäre kaum glaubhaft, dass an sich selbst eine Kugel, die in der Rückengegend eingedrungen wäre, entfernt.

Zu weiteren Ungereimtheiten wäre es in Bezug auf die Bekanntgabe bei der Polizei gekommen.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde dem BF am selben Tag zugestellt. Ein Rechtsmittel dagegen erhob der BF nicht. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

I.5. Am 25.03.2017 wurde der BF durch die deutsche Bundespolizei kontrolliert und wurde die Übernahme durch die österreichische Polizei vereinbart.

I.6. Am 17.08.2017 beantragte der BF die Ausstellung einer Verfahrenskarte.

I.7. Am 19.10.2017 wurde die Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a FPG beantragt. Diesbezüglich ergingen Verbesserungsaufträge seitens der belangten Behörde.

I.8. Am 07.03.2018 langte eine Mitteilung seitens der Grundversorgung Burgenland ein, wonach der BF aufgrund seines Verhaltens verwarnt wurde.

I.9. Mit Mandatsbescheid vom 10.04.2018 wurde dem BF aufgetragen, bei der Beschaffung eines Reisedokumentes mitzuwirken. Im Rahmen der Einvernahme am 10.04.2018 gab der BF unter anderem an, er möchte freiwillig in seine Heimat zurückkehren.

I.10. Am 10.04.2018 wurde ein Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt, der mit 11.04.2018 widerrufen wurde. Am 15.08.2018 wurde erneut ein Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt, der mit 24.05.2018 widerrufen wurde.

I.11. Mit 28.05.2018 wurde dem BF eine Zwangsstrafe angedroht, sollte er seiner Verpflichtung, die im mit Bescheid vom 10.04.2018 auferlegt wurde, nicht folgen.

I.12. Am 29.05.2018 wurde neuerlich ein Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt.

I.13. Am 05.06.2018 brachte der BF einen neuerlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz ein. Im Folgeverfahren hinsichtlich seines zweiten Antrages auf internationalen Schutz hätte sich der BF am 11.07.2018 seelisch nicht in der Lage gefühlt, eine Einvernahme durchzuführen. Bei einer Einvernahme vor der belangten Behörde am 19.07.2018 gab der BF an, Christ zu sein, bestätigte kein Christ zu sein und meinte im Herzen Christ zu sein. Sein Fluchtgrund wäre der gleiche. Der BF führte im Verfahren zusammengefasst an, er habe einen neuen Fluchtgrund. Er interessiere sich für das Christentum. Er erhalte Glaubensunterricht, besuche eine Kirche und beabsichtige zum Christentum zu konvertieren. Er werde in Kürze getauft werden. Er hätte dadurch in seiner Heimat massive Schwierigkeiten.

I.14. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2018, Zl: 1102023705-180521395wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Im Verfahren wurde zusammengefasst vorgebracht, dass sich der BF auf seine alten Asylgründe stützte, über die bereits rechtskräftig entschieden wurde. Die vorgebrachte Konversion sei nicht glaubhaft und liege daher kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt dar, der einen glaubhaften Kern aufweise.

I.15. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist wegen Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens Beschwerde erhoben.

I.16. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.11.2018 wurde der Beschwerde insoweit stattgegeben, als der bekämpfte Bescheid vom 05.11.2018 behoben wurde und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass der Beschwerdeführer vorgebracht hätte, er wolle zum Christentum konvertieren, besuche Kurse, gehe in die Kirche und beabsichtige, sich in Kürze taufen zu lassen. Dieses neue Vorbringen würde sich von jenem im ersten Asylverfahren, in welchen der Beschwerdeführer vorbrachte, Shiit zu sein und mit Privatpersonen Probleme gehabt zu haben. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts sei mit Erkenntnis vom 18.11.2016 das Vorbringen hinsichtlich der Probleme mit Privatpersonen als unglaubwürdig qualifiziert worden und festgestellt, dass insoweit keine Verfolgung im Sinne der GFK zu erwarten sei. Ein wesentlicher Unterschied sei darin gelegen, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr für den christlichen Glauben interessiere. Im Zusammenhang mit der Beurteilung, ob ein neues und auch asylrelevantes Vorbringen in einem Folgeverfahren einen glaubhaften Kern aufweise, wäre infolge des Gegenstandes lediglich auf eine Art qualifizierte Unglaubwürdigkeit im Sinne einer offensichtlich existenten Unglaubwürdigkeit des Vorbringens abzustellen. Damit wäre der Spielraum für die Prüfung der Asylbehörden, ob eine entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vorläge insofern ein engerer, als die Feststellung einer schlichten Unglaubwürdigkeit - wie dies etwa für einen meritorischen Abspruch ausreiche - des neuen Vorbringens eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache nicht zu rechtfertigen vermag. Zur Verneinung eines glaubhaften Kerns bedürfe es weder komplexerer Überlegungen noch einer langen Argumentationskette, um zu erkennen, dass das Vorbringen eines Asylwerbers nicht den Tatsachen entspreche.

Das Bundesverwaltungsgericht verkannte nicht, dass an der Ernsthaftigkeit der beabsichtigten Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum erhebliche Zweifel bestehen mochten, insbesondere unter der Berücksichtigung der von der belangten Behörde in ihrer Entscheidung erwähnten Umstände. Eine beabsichtigte Konversion bedürfe jedoch einer detaillierten Befragung zum Glaubenswechsel und zur Berücksichtigung aller Umstände.

Der zweite Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sei einer inhaltlichen Prüfung zu unterziehen.

I.17. Nach Zulassung seines zweiten Asylverfahrens leistete der BF der Ladung für den 22.02.2019 keine Folge und wurde für den 20.03.2019 erneut vorgeladen. Für diesen Termin entschuldigte sich der BF am 19.03.2019.

I.18. Mit Verfahrensanordnung vom 20.03.2019 wurde dem BF der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet wegen Straffälligkeit gemäß § 2 Abs. 3 AsylG mitgeteilt.

I.19. Bei der am 09.04.2019 durchgeführten Einvernahme gab der BF im Wesentlichen an, er hätte eine Beziehung zu einem namentlich genannten Mann, wäre seit 3 oder 4 Monaten mit diesem zusammen. Dem BF sei unterwegs nach Europa gesagt worden, dass es nicht gut wäre zu sagen, er hätte im Iran einen Mann geliebt. Er hätte in der Schule mit diesem auf der Toilette Geschlechtsverkehr gehabt, sei vom Direktor erwischt und geschlagen worden und sodann von seiner Familie verstoßen worden. Der BF hätte einmal im Quartal Kontakt zu seiner Familie. Taufvorbereitungen besuche der BF nicht mehr. Er wäre nur ein paar mal dort gewesen.

I.20. Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid vom 26.04.2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Folgeantrag des BFs vom 05.06.2018 hinsichtlich Asyl und subsidiärem Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung in den Iran zulässig sei, es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise, erkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab, verhängte für die Dauer von 5 Jahren ein Einreiseverbot und sprach den Verlust des Rechts zum Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem 08.07.2016 aus.

I.21. Dagegen erhob der durch die oben angeführte GmbH vertretene BF am 17.05.2019 rechtzeitig Beschwerde und beantragte, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, nochmalig einvernommen zu werden, den angefochtenen Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - zu beheben, und dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Beschei - allenfalls nach Verfahrensergänzung - bezüglich des Spruchpunktes II zu beheben, und dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, das Einreiseverbot zu verkürzen, festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) vorliegen würden und ihm eine Aufenthaltsberechtigung (plus) von Amts wegen zu erteilen wäre, sowie in eventu die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz vorliegen würden und dem BF daher eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz zu erteilen wäre, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen.

Zur Verletzung von Verfahrensvorschriften führte der BF an, dass die belangte Behörde ihre Feststellungen zu Apostaten auf teilweise veraltete Länderberichte stütze. Die Behörde hätte ihre Berichte nur unvollständig ausgewertet. Mit Zitaten der im Bescheid festgehaltenen Länderberichte skizzierte der BF ein Bild, wonach Homosexualität mit Auspeitschungen und mit der Todesstrafe bedroht wäre. Nur vor dem Hintergrund der konkreten Lage im Herkunftsstaat wäre eine Plausibilitätskontrolle stichhaltig.

Die Behörde hätte unter Berücksichtigung zitierter Berichte und Entscheidungen zum Schluss kommen müssen, dass das Vorbringen im Einklang mit aktuellen Länderberichten stünde und dem BF asylrelevante Verfolgung drohe.

Zur Beweiswürdigung führte der BF aus, dass die Behörde eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen hätte. Zur wesentlichen Änderung seines Vorbringens führte der BF an, erst wenige Tage in Österreich gewesen zu sein, bevor er sich in Haft befunden hätte, er hätte nichts über Österreich gewusst, hätte Angst gehabt und Medikamente genommen, welch ihn müde gemacht hätten. Er hätte wenig Erinnerung an die damaligen Einvernahmen und hätte nicht gewusst, ob es in Österreich straffrei wäre, seine Homosexualität auszuleben. Bei seiner Einvernahme am 05.06.2016 sei der BF nicht vorbereitet gewesen. Er hätte eine Geschichte erfunden, aus Angst aufgrund seiner Homosexualität bestraft zu werden. ER sei erst kurz davor volljährig geworden und es sei keine Rücksicht auf sein junges Alter genommen worden.

Zu den Röntgenbildern gab der BF an, er hätte die Versicherungskarte seines Cousins verwendet, da er damals von der Polizei gesucht worden wäre. Es wären seine eigenen Verletzungen zu sehen, was die Behörde durch einen Vergleich mit Röntgenbildern aus einem inländischen Spital vergleichen hätte können.

Der BF versicherte, dass er wie beschrieben in einem Zimmer verwahrt worden wäre. Der Direktor hätte nicht ahnen können, dass der BF versuchen würde, zu fliehen. Ohne derartige Bekanntschaften zu nennen, monierte der BF, die Behörde hätte seine Bekanntschaften hinsichtlich seiner Homosexualität befragen können.

Der BF würde seine strafrechtlichen Verfehlungen bereuen. Er würde in Österreich die Kirche besuchen und lebe seinen Glauben öffentlich aus.

Zur rechtlichen Beurteilung vermeinte der BF, der iranische Staat wäre nicht willens und nicht in der Lage, ihn vor Verfolgung zu schützen. Der iranische Staat würde den BF verfolgen, was sich negativ auf eine Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit auswirke. Der Bf werde wegen Homosexualität und Apostasie verfolgt. Die Behörde hätte es unterlassen, sich ausreichend mit dem Fluchtvorbringen des BFs auseinanderzusetzen und alle dazu notwendigen Feststellungen zu treffen. Im Falle einer Inhaftierung drohe dem BF Misshandlung bis zur Todesstrafe, da ihm auf Grund Konversion, Apostasie und Homosexualität vorgeworfen werde.

Zum verneinten subsidiären Schutz führte der BF an, ihm drohe aufgrund von Apostasie und Homosexualität unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung durch Inhaftierung und Diskriminierungen. Im Falle einer Inhaftierung drohe ihm eine Verletzung des Rechts auf Leben.

Zu den Spruchpunkten III bis VI führte der BF an, die Behörde hätte ein mangelhaftes Verfahren geführt. Die Behörde hätte nicht nachvollziehbar begründet, warum der BF über keine nennenswerte Integration in Österreich verfüge. Der BF spreche gut Deutsch und besuche regelmäßig Gottesdienste. In der Beweiswürdigung hätte die Behörde die Aussagen des Beschwerdeführers einer Glaubwürdigkeitsprüfung zu unterziehen und unter Berücksichtigung derselben das Zustandekommen der beweiswürdigenden Ausführungen darzulegen gehabt. Dies hätte die Behörde unterlassen. Ohne eine derartige Darlegung mangle es der Beweiswürdigung an Nachvollziehbarkeit und werde das Verfahren mit Mängeln belastet. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wäre unzulässig.

Zu Spruchpunkt VII führte der Beschwerdeführer an, dass die aufenthaltsbeende der Maßnahme trotz der Bestimmung des § 16 Abs. 4 BFA-VG nicht durchsetzbar wäre.

Zu Spruchpunkt VIII (Einreiseverbot) hätte sich die belangte Behörde beinahe ausschließlich auf die Verurteilung des Beschwerdeführers gestützt. Das Bundesamt hätte es unterlassen, eine individualisierte Gefährlichkeitsprognose zu treffen. Die Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde nicht vorgenommen und die Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft. Eine tiefergreifende Begründung sei nicht vorgenommen worden. Vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung wäre auf alle Umstände Bedacht zu nehmen gewesen. Der Beschwerdeführer würde hinsichtlich seiner Taten Reue zeigen.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer an, dass diese zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes beantragt werde. Wenn die Rechtssache erstmals von einem Gericht entschieden werde und eine solche ausdrücklich beantragt werde sei eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

1.1. Der Beschwerdeführer

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist iranischer Staatsangehöriger, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und bekennt sich in Österreich nicht mehr zum Islam. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist gesund und arbeitsfähig. Er hat keine Familienangehörigen in Österreich findet sich nicht in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich lebenden Personen. Der Beschwerdeführer besucht einen Deutschkurs und besitzt mäßige Deutschkenntnisse. Er ist kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Er geht keiner Arbeit nach. Der Beschwerdeführer befindet sich weniger als 3,5 Jahre in Österreich.

Mit Urteil des Landesgericht XXXX , XXXX vom 07.10.2016, rechtskräftig mit 11.10.2016, wurde der BF gemäß § 28 Abs 1 StGB sowie §§ 36 iVm 19 Abs 1 und 5 Z 4 zweiter Halbsatz JGG: § 83 Abs 1 StGB, § 87 Abs 1 StGB, § 107 Abs 1 und 2 StGB, § 15 und 87 Absatz 1 StGB, § 15 und 83 Abs 1 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monate, davon wurden 16 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt worden.

Der BF hat am XXXX dadurch, dass er einer Person einen Faustschlag sowie einen Fußtritt versetzte, wodurch dieser eine Prellung der rechten Hand sowie eine Prellung oberhalb des linken Auges erlitt, vorsätzlich eine Körperverletzung zugefügt. Am XXXX durch die gegenüber dem Opfer gegenüber getätigte Äußerung, "Wenn ich oder meine marokkanischen Freunde ihn (gemeint: das Opfer) draußen finden, werden wir ihn mit dem Messer zerstückeln und töten.", das Opfer mit dem Tod gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen. Am XXXX hat der BF versucht in der Flüchtlingsunterkunft seinem Zimmerkollegen absichtlich eine schwere Körperverletzung zuzufügen, indem er diesem zunächst mit einem Küchenmesser zumindest zweimal auf den linken Unterarm schlug, diesem anschließend ein großes Glas auf den Hinterkopf schlug, wodurch das Glas zerbrach und das Opfer zwei Rissquetschwunden am Kopf (mit subkutan und kutan verbliebenen Glassplittern), weiter kleine Wunden am Kopf und Abschürfungen am linken Unterarm und an der linken Hand erlitt, und in weiterer Folge eine große Glasscherbe dieses zerbrochenen Glases in seine Hand nahm, diese zu einer Faust ballte, wobei die Spitze der Scherbe zumindest 3 cm aus der unteren Öffnung der Faust herausschaute, mit einem Fuß auf den am Bett liegenden Zimmerkollegen stieg, seinen rechten Arm mit der Glasscherbe erhob, gegenüber diesem äußerten, heute werden Sie ihn schlachten, und zu einem Schlag mit der Glasscherbe in der Faust in Richtung Kopfsowie Halsbereich des Zimmerkollegen ausholte, wobei zu diesem Zeitpunkt eine andere Person das Zimmer betrat und den BF festhielt und vom Opfer wegzog. Der BF versuchte die andere Person vorsätzlich am Körper zu verletzen, indem er mit der linken Hand, in der der BF ebenfalls eine kleine Glasscherbe hielt, auf diesen einzuschlagen versuchte, was nicht gelang.

1.2. Lage im Herkunftsstaat

Auch wenn die allgemeine Lage insgesamt als ruhig bezeichnet werden kann, bestehen latente Spannungen im Land. Sie haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 20.6.2018).

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht. Am 7. Juni 2017 ist es nichtsdestotrotz in Teheran zu Anschlägen auf das Parlamentsgebäude und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini gekommen, die Todesopfer und Verletzte forderten (AA 20.6.2018b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b, vgl. BMeiA 20.6.2018).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK am

6. und 7. September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben (AA 20.6.2018b).

Folter

Folter ist nach Art. 38 der iranischen Verfassung verboten. Verschiedenen Berichten zufolge schließen Verhörmethoden und Haftbedingungen in Iran in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung nicht aus. Dazu kommt es vorrangig in nichtregistrierten Gefängnissen, aber auch aus "offiziellen" Gefängnissen wird von derartigen Praktiken berichtet, insbesondere dem berüchtigten Trakt 209 im Teheraner Evin-Gefängnis, welcher unmittelbar dem Geheimdienstministerium untersteht (AA 2.3.2018).

Die Justizbehörden verhängten und vollstreckten auch 2017 weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkamen. In einigen Fällen wurden die Strafen öffentlich vollstreckt. Zahlreiche Personen, unter ihnen auch Minderjährige, erhielten Strafen von bis zu 100 Peitschenhieben. Sie wurden wegen Diebstahls oder tätlichen Angriffen verurteilt, aber auch wegen Taten, die laut Völkerrecht nicht strafbar sind, wie z. B. außereheliche Beziehungen, Anwesenheit bei Feiern, an denen sowohl Männer als auch Frauen teilnehmen, Essen in der Öffentlichkeit während des Fastenmonats Ramadan oder Teilnahme an friedlichen Protestkundgebungen. Gerichte verhängten in zahlreichen Fällen Amputationsstrafen, die vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurden. Die Behörden vollstreckten auch erniedrigende Strafen (AI 22.2.2018).

Bei Delikten, die im krassen Widerspruch zu islamischen Grundsätzen stehen, können jederzeit Körperstrafen ausgesprochen und auch exekutiert werden. Bereits der Besitz geringer Mengen von Alkohol kann zur Verurteilung zu Peitschenhieben führen (eine zweistellige Zahl an Peitschenhieben ist dabei durchaus realistisch). Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Personen zu Peitschenhieben verurteilt werden, die selbst Alkohol weder besessen noch konsumiert haben, u.U. ist bereits die bloße Anwesenheit bei einer Veranstaltung, bei der Alkohol konsumiert wird, für die Betroffenen gefährlich. So wurden etwa im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt. Die häufigsten Fälle, für welche die Strafe der Auspeitschung durchgeführt wird, sind illegitime Beziehungen, außerehelicher Geschlechtsverkehr, Teilnahme an gemischtgeschlechtlichen Veranstaltungen, Drogendelikte und Vergehen gegen die öffentliche Sicherheit. Auspeitschungen werden zum Teil auch öffentlich vollstreckt. Berichten zufolge werden auch die Strafen der Amputation (z.B. von Fingern bei Diebstahl) und der Blendung noch angewandt - auf die Anwendung letzterer kann die/der ursprünglich Verletzte jedoch gegen Erhalt eines "Abstandsgeldes" verzichten (ÖB Teheran 9.2017).

Darüber hinaus gibt es Berichte, wonach politische Gefangene mit Elektroschocks gefoltert werden. Weitere berichtete Foltermethoden sind Verprügeln, Schlagen auf Fußsohlen und andere Körperteile, manchmal während die Häftlinge mit dem Kopf nach unten an der Decke aufgehängt waren, Verbrennungen mit Zigaretten und heißen Metallgegenständen, Scheinhinrichtungen (davon wissen praktisch alle politischen Gefangene aus eigener Erfahrung zu berichten), Vergewaltigungen - teilweise durch Mitgefangene - die Androhung von Vergewaltigung, Einzelhaft, Entzug von Licht, Nahrung und Wasser, und die Verweigerung medizinischer Behandlung (ÖB Teheran 9.2017, vgl. HRC 5.3.2018).

Religion

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB Teheran 9.2017).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum in Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und bezieht sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte in Iran vorweisen können und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der - auch von außen als solche klar erkennbaren - Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB Teheran 9.2017).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den Armeniern, Assyrern oder Sabäer-Mandäern angehören, oder den Juden oder Zoroastriern, oder die beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 15.8.2017).

Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen (Open Doors 2017).

Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Die Todesstrafe wird hauptsächlich bei Drogendelikten und Morden angewandt und seltener bei politischen "high-profile" Fällen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation:

Verurteilungsgrund unklar] (AA 2.3.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Oftmals lautet die Anklage jedoch auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Trotz des Verbots nimmt die Konversion zum sunnitischen Islam und zum Christentum weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 15.8.2018).

In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 9.2017).

Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab (ÖB Teheran 9.2017). Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben). In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion eines Familienmitgliedes jedoch als heikler eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der oder die Konvertierte aus der Familie verbannt oder sogar den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018).

Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 9.2017).

Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Es gibt viele Hauskirchen in Iran und ihre Anzahl steigt. Dieser Anstieg an Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer was in der Gemeinschaft macht. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 1.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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