TE Bvwg Beschluss 2019/6/3 W191 2192044-2

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Veröffentlicht am 03.06.2019
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Entscheidungsdatum

03.06.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W191 2192044-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2019, Zahl 1115819501/190452396-190128238, erfolgte Aufhebung des Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

1.1. Vorverfahren:

1.1.1. Der Asylwerber (in der Folge AW), ein Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste irregulär in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.05.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

1.1.2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 22.05.2016 gab der AW als Fluchtgrund an, dass die allgemeine Lage und die wirtschaftliche Situation in Afghanistan schlecht seien. Er habe zusätzlich noch einen eigenen Fluchtgrund, den könne er aber nicht nennen, da er diesen auf einer CD gespeichert habe, die er in Ungarn verloren habe.

1.1.3. Der AW wurde am 13.07.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen.

Er gab an, dass er in Kabul geboren sei und bis zu seiner Ausreise dort gelebt habe. Sein Vater, seine Stiefmutter, sein Halbbruder, sein Bruder und seine jüngere Schwester würden nach wie vor an einem geheimen Ort in Afghanistan leben.

Zu den Gründen für seine Ausreise befragt gab der AW an, dass zuerst sein Onkel väterlicherseits und danach seine Mutter und seine Schwester von Feinden der Familie, zwei Personen namens XXXX und XXXX , getötet worden seien. Er legte eine Vielzahl an Dokumenten bezüglich der angeblichen Ermordung seiner Mutter, seiner Schwester und seines Onkels väterlicherseits vor.

Auch auf ihn sei eines Abends geschossen worden. Zwei Personen seien mit dem Motorrad in eine Gasse in der Nähe des Hauses des AW hineingefahren. Eine der Personen habe schließlich aus zehn Meter Entfernung auf ihn geschossen und acht Schüsse abgefeuert. Der AW habe geschrien, sein Bruder habe ihn gehört und sei ihm zu Hilfe geeilt und der Angreifer sei daraufhin weggelaufen. Der Vater und der Bruder des AW hätten ihn ins Krankenhaus gebracht. Auf dem Weg dorthin habe der Vater die Polizei verständigt. Der AW brachte weiters vor, dass seine Familie schon mehrere Male angegriffen worden sei. XXXX wolle die gesamte Familie des AW vernichten. Sie hätten es auf den Besitz der Familie abgesehen. Auch sein Vater sei von XXXX angegriffen worden. Er habe versucht, ihn mit einem Messer zu attackieren. Der Vater des AW habe nach der Ermordung der Mutter und der Schwester des AW mit den Medien darüber gesprochen. Er hätte eine Haftstrafe für den Mörder erreichen wollen. Die Regierung habe den Vater des AW daraufhin festnehmen lassen und er sei misshandelt worden. XXXX und XXXX hätten gute Kontakte zur Regierung. XXXX sei zwar als Mörder zum Tode verurteilt worden, es habe damals aber die demokratische Regierung des Karzai geherrscht und das Todesurteil sei nicht vollzogen worden.

1.1.4. Laut Abschlussbericht des Bezirkspolizeikommando Zwettl, Polizeiinspektion (PI) Schwarzenau an die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau vom 28.09.2017 wurde der AW der Begehung zweier gerichtlich strafbarer Taten verdächtigt (Verleumdung bzw. Falsche Beweisaussage vor der Kriminalpolizei am 21. bzw. 23.12.2016 in Orten in Niederösterreich in Folge von Raufhändeln mit Körperverletzungen) und deswegen mit Urteil des Landesgerichts Krems vom 21.11.2017, 36 Hv 57/17h - 18, rechtskräftig am 25.11.2017, wegen § 288 Abs. 1 und 4, § 297 Abs. 1 1. Fall Strafgesetzbuch (StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

1.1.5. Mit Bescheid vom 07.03.2018 wurde der Antrag des AW auf internationalen Schutz vom 22.05.2016 gemäß §§ 3 und 8 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs.1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG gegen den AW eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des AW gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des AW betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den AW ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

In der Bescheidbegründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des AW, zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Falle seiner Rückkehr und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Es habe keine glaubhafte Gefährdungslage festgestellt werden können. Der AW habe keine Verfolgung glaubhaft machen können. Ihm könne eine Rückkehr nach Afghanistan zugemutet werden.

1.1.6. Gegen diesen Bescheid vom 07.03.2018 brachte der AW mit Schreiben seines Vertreters vom 04.04.2018 das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) ein.

In der Beschwerdebegründung wurde im Wesentlichen moniert, dass sich die im Bescheid zitierten Länderberichte nur unzureichend mit dem Fluchtvorbringen des AW auseinandersetzen würden. Es wurde vorgebracht, dass ihm in Afghanistan Verfolgung aufgrund von Grundstückstreitigkeiten drohe. Er werde in ganz Afghanistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zu seiner Familie verfolgt. Die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit den über 20 Dokumenten, die der AW als Beweismittel vorgelegt habe, auseinanderzusetzen. Er habe zu dem Vorfall, bei welchem er angeschossen worden sei, sowohl medizinische Befunde als auch einen Polizeibericht vorgelegt. Dies sei von der belangten Behörde nicht gewürdigt worden. Es gehe aus den vorgelegten Dokumenten eindeutig hervor, dass die Familie des AW immer wieder versucht habe, den Schutz des afghanischen Staates in Anspruch zu nehmen, allerdings ohne Erfolg. Es sei zwar zu einer Festnahme im Zusammenhang mit dem Mord an der Mutter und Schwester des AW gekommen, doch habe nicht verhindert werden können, dass Auftragsmörder zum AW geschickt wurden.

1.1.7. Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien vom 08.11.2018 wurde dem BFA mitgeteilt, dass gegen den AW Anklage wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gemäß Suchtmittelgesetz (SMG) erhoben worden sei.

1.1.8. Laut Bescheid des BFA vom 12.11.2018 verlor der AW - aus diesem Grund - gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 08.11.2018.

1.1.9. Mit Urteil des Bezirksgerichts Donaustadt vom 23.08.2018, 10 U 174/18d - 10, rechtskräftig am 06.11.2018, wegen §§ 15, 127 StGB (versuchter Diebstahl) wurde der AW zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Wochen verurteilt.

1.1.10. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29.01.2019, 145 Hv 2/19f, wurde der AW rechtskräftig wegen mehrerer Bestimmungen des § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon sechs Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt. Die mit Urteil aus 2017 gewährte Probezeit wurde auf fünf Jahre verlängert.

Der AW befand sich seit 13.01.2019 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt und wurde am 28.02.2019 in die Justizanstalt Leoben überstellt.

1.1.11. Am 12.03.2019 langte beim BVwG die schriftliche Übersetzung der vom AW in Dari vorgelegten schriftlichen Dokumente ein.

1.1.12. Am 15.03.2019 führte das BVwG eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des AW und seiner zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaterin durch. Das BFA blieb der Verhandlung ohne Angabe von Gründen unentschuldigt fern.

Der AW wurde insbesondere zu seinen Fluchtgründen befragt und schilderte diese ausführlich.

1.1.13. Mit Erkenntnis vom 02.04.2019, W228 2192044-1/25E, wies das BVwG die Beschwerde vom 04.04.2018 gemäß "§§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, sowie §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1, 55 Abs. 1 bis 3 FPG" als unbegründet ab, mit der Maßgabe, dass es bei Spruchpunkt VI. "zu lauten" habe: "Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Ihrer Haftentlassung."

In der Erkenntnisbegründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der AW sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht habe (Auszug aus der Begründung):

"[...] Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan einer Verfolgung durch XXXX und XXXX ausgesetzt wäre, ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:

Zunächst ist festzuhalten, dass das vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen hinsichtlich der Ermordung seiner Mutter und seiner Schwester schon nicht zu glauben war, da Dokumente, die laut Datierung am 30.05.2002 ausgestellt wurden, auf der vorgelegten CD ein Änderungsdatum "31.12.2000" aufweisen (siehe exemplarisch Aktenseite 171 und Dokument auf CD im Pfad \Story\Imported Document\Picture 022.jpg mit 166 KB).

Weiters kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass eines Abends in der Nähe seiner Wohnung zwei Personen auf einem Motorrad auf ihn zugekommen seien und eine der Personen auf ihn geschossen habe, ebenso keine Glaubwürdigkeit zu. Zunächst ist festzuhalten, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der angeblichen Ermordung seiner Mutter und seiner Schwester und dem Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer angeschossen worden sei, nicht erkannt werden kann. So habe sich den Angaben des Beschwerdeführers zufolge die Ermordung seiner Mutter und Schwester ereignet als er acht oder neun Jahre alt gewesen, sohin im Jahr 2003 oder 2004. Der Vorfall, bei dem er angeschossen worden sei, habe sich ca. zwei Jahre vor seiner Einvernahme vor dem BFA, sohin Mitte des Jahres 2015, also mehr als zehn Jahre nach der Ermordung seiner Mutter und seiner Schwester, ereignet.

Abgesehen von der zeitlichen Unstimmigkeit ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des Ablaufs des Vorfalls mit dem Motorrad-Schützen teilweise unplausible und unstimmige Angaben tätigte. So führte er aus, dass sein Bruder seine Hilfeschreie gehört habe, zu ihm geeilt sei und das Bein des Beschwerdeführers mit einem Schal abgebunden habe, woraufhin der Angreifer sich entfernt habe. Es erscheint jedoch nicht nachvollziehbar wieso der Angreifer, wenn - wie vom Beschwerdeführer vorgebracht - die ganze Familie liquidiert werden soll, den Bruder des Beschwerdeführers verschont habe und diesen nicht auch gleich erschossen habe. Auf entsprechenden Vorhalt in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer an, dass aufgrund seiner Hilfeschreie nicht nur sein Bruder, sondern auch die Nachbarn zu ihm geeilt seien und der Angreifer aus diesem Grund die Flucht ergriffen habe. Dazu ist jedoch zu bemerken, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde das Hinzukommen der Nachbarn mit keinem Wort erwähnte, sondern lediglich angab, dass sein Bruder zu ihm gelaufen sei.

In einer Gesamtschau kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Vorfall, bei dem der Beschwerdeführer angeschossen worden sei, tatsächlich so ereignet hat wie von ihm vorgebracht. Die Narbe des Beschwerdeführers am rechten Oberschenkel stellt keinen Beweis für sein Vorbringen dar, zumal er sich diese Narbe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders zugezogen hat. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente auf CD, welche gegenständlichen Vorfall mit dem Motorrad-Schützen beweisen sollen, widersprechen dem Vorbringen des Beschwerdeführers. So soll das "Discharge Paper" (nach Patientenbelehrung am 21.09.2015) am 22.09.2015 ausgestellt worden sein, mit einer Bestellung zum Outpatient Department "OPD" am 26.09.2015 für eine Diagnosis Procedure Combination "DPC" (siehe Aktenseite 157 und das Dokument \Story\Persische Beschriftung\ 1) lange persische Beschriftung mit

2.967 KB). Laut der EXIF Info der entsprechenden Datei auf der CD enthält das EXIF Tag "DateTimeOriginal" den Wert "2008:03:15 04:11:51". Das Bild wurde mit einer Digitalkamera im März 2008 aufgenommen, also mehr als 7 Jahre vor der Erstellung des angeblichen Dokuments selbst. Das gleiche gilt für die Operation Notes "27/9/15 OT Notes" (siehe Aktenseite 161) und das Medikamentenausgabedokument (siehe Aktenseite 159), die Minutenangaben beim EXIF Tag "DateTimeOriginal" variieren im knappen Minutenbereich.

In einer Gesamtschau erscheint eine konkrete Bedrohung des Beschwerdeführers durch XXXX und XXXX somit hauptsächlich aufgrund der Unstimmigkeiten hinsichtlich des Vorfalls mit den Motorrad-Schützen, aber schließlich auch wegen der Unstimmigkeiten der Daten auf den CDs nicht glaubhaft. [...]"

Zur Integration des AW in Österreich wurde ausgeführt:

"[...] Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse in XXXX besucht und gemeinnützige Arbeit am Bauhof XXXX geleistet. Er hat mit dem Verein Grenzenlos XXXX an der APC-Friedenswanderung teilgenommen. Abgesehen davon konnte er keine Integrationsschritte vorweisen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein, weswegen eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht schwer wiegen können. Auch die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Mai 2016 ist nicht als derart lang zu bezeichnen, dass dieser ausreichend ins Gewicht fallen könnte. Eine darüberhinausgehende Integration ist nicht hervorgekommen und unter Abwägung der Interessen und in wertender Gesamtschau überwiegen allerdings die öffentlichen Interessen, die gegen einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich sprechen. Von einer langjähren und/oder entsprechend tief verfestigten Sozialisation in Österreich kann bei der vorliegenden Aufenthaltsdauer, auch unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Aktivitäten in Österreich, nicht gesprochen werden. Er ist in Österreich noch dazu mehrfach straffällig geworden. Der Grad der Integration des Beschwerdeführers kann daher als gering angesehen werden. [...]"

In Österreich habe er eine "Lebensgefährtin".

Festgestellt wurde, dass der AW nach Afghanistan (mit innerstaatlicher Fluchtalternative Mazar-e Sharif) zurückkehren könne.

Diese - erste - negative Entscheidung erwuchs mit 03.04.2019 in Rechtskraft. Ein Gerichtshof des öffentlichen Rechts wurde gegen diese Entscheidung nicht angerufen.

1.2. Gegenständliches - aktuelles - Verfahren:

1.2.1. Der AW wurde unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft am 02.05.2019 in Schubhaft genommen.

1.2.2. Der AW stellte am 03.05.2019 gegenständlichen Folgeantrag (zweiten Antrag) auf internationalen Schutz.

1.2.3. Im Zuge seiner - neuerlichen - Erstbefragung am 04.05.2019 im Anhaltezentrum (AHZ) Vordernberg bezog sich der AW im Wesentlichen wieder auf seine schon bisher in seinem Verfahren geltend gemachten Fluchtgründe. Seine Familie sei in Gefahr von XXXX ( XXXX ). Er habe Angst um sein Leben, weil ihn die Terroristen umbringen würden.

1.2.4. Am 15.05.2019 wurde der AW - neuerlich - vom BFA im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Dari einvernommen.

Der AW wiederholte dabei im Wesentlichen inhaltlich seine Angaben bei seinen bisherigen Befragungen bzw. Einvernahmen und ergänzte sie um weitere Angaben in diesem Zusammenhang.

Er leide an Depressionen und sein Bein, das eine Kugel im Oberschenkel abbekommen habe, tue ihm weh.

1.2.5. Mit Verfahrensanordnung ohne Datum, dem AW am 15.05.2019 nachweislich übergeben, teilte das BFA dem AW gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege. Zudem sei beabsichtigt, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben (§ 12a Abs. 2 AsylG).

1.2.6. Am 24.05.2019 wurde dem AW das "Länderinformationsblatt Afghanistan" gegen Unterschriftsleistung ausgefolgt (Aktenseite 67).

1.2.7. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis des BVwG vom 21.05.2019, G303 2218941-1/5Z, wurde der Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 30.04.2019 und gegen die Anhaltung bis zum Entscheidungszeitpunkt für rechtswidrig erklärt (Spruchpunkte I. und II). In Spruchpunkt III. wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

Die Kostenersatzanträge beider Parteien wurden abgewiesen und eine Revision gegen diese Entscheidung für nicht zulässig erklärt.

1.2.8. Am 27.05.2019 wurde dem AW mit seiner Einvernahme vor dem BFA, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Leoben, im Beisein eines Rechtsberaters nach erfolgter Rechtsberatung Parteiengehör im Folgeantragsverfahren gewährt.

Nach einer ergänzenden Befragung wurde mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 27.05.2019 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG in Anwendung des § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Begründend traf das BFA Feststellungen zur Person des AW und zu seinem Herkunftsstaat.

Nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges stellte das BFA im Wesentlichen fest, dass der AW im Vorverfahren als Fluchtgrund angegeben habe, dass zwei Personen seine Familie töten wollten. Sein Vorbringen sei als unglaubhaft beurteilt worden und sein Antrag auf internationalen Schutz sei im Vorverfahren mit Bescheid des BFA sowie mit Erkenntnis des BVwG vom 02.04.2019, rechtskräftig am 03.04.2019, abgewiesen worden.

Im gegenständlichen Verfahren habe der AW keine substanziell neuen Fluchtgründe vorgebracht und sich im Wesentlichen auf sein bereits im Vorverfahren erstattetes Vorbringen gestützt, das er um einige weitere Angaben ergänzt habe.

Der AW habe damit keinen neuen Sachverhalt vorgebracht und sich auf bereits rechtskräftig als unglaubhaft beurteilte Fluchtgründe bezogen. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in seinen Herkunftsstaat für den AW zu keiner Bedrohung der angeführten Rechte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) führen werde.

Es habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt (gegenüber dem bereits rechtskräftig entschiedenen) ergeben.

1.2.9. Die Verwaltungsakten (samt Vorakten) langten am 28. bzw. 29.05.2019 beim BVwG ein.

1.2.10. Mit Aktenvermerk vom 28.05.2019, Zahl W191 2192044-2/2Z, hielt das BVwG fest, dass nach dem Ergebnis einer unverzüglichen Prüfung seitens des BVwG aus heutiger Sicht nicht zu entscheiden gewesen wäre, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nicht rechtmäßig gewesen wäre.

Es sei aus ho. derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW nach Indien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Ein diesbezügliches Vorbringen sei - nach dem Ergebnis einer Grobprüfung - nicht glaubhaft erstattet worden.

2. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

2.1. Der AW führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist Staatsangehöriger der islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er spricht Dari.

Der AW wurde in Kabul geboren, ist dort aufgewachsen und hat bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan dort gelebt. Er hat elf Jahre lang die Schule besucht. Neben der Schule hat er in einer Schneiderei gearbeitet. Die letzten zwei Jahre vor seiner Ausreise aus Afghanistan führte der AW ein Bekleidungsgeschäft. Er ist erwerbsfähig.

Der Vater, die Stiefmutter, der Halbbruder und die Schwester sowie die Tante väterlicherseits des AW sind nunmehr nach seinen Angaben in der Türkei, der Bruder des AW sowie dessen Frau und Kinder in Griechenland aufhältig.

2.2. Der AW wurde in Österreich wiederholt wegen strafbarer Taten strafgerichtlich verurteilt und war zuletzt mehrere Monate lang in Strafhaft. Seit 02.05.2019 befindet er sich in Schubhaft.

Der AW hat in Österreich eine (minderjährige) Freundin, die ebenfalls zu einer (bedingten) gerichtlichen Freiheitsstrafe wegen Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz verurteilt worden ist.

2.3. Der AW stellte im Bundesgebiet bereits einmal einen Antrag auf internationalen Schutz, der rechtskräftig mit Erkenntnis des BVwG negativ beschieden wurde.

Er stellte am 03.05.2019 gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der AW ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der vorangegangenen vom AW initiierten Asylverfahren bestanden haben.

2.4. In Bezug auf den AW besteht kein hinreichend schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet. Es bestehen keine Hinweise, dass beim AW etwaige schwerwiegende physische bzw. psychische Erkrankungen vorlägen, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des AW nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Es liegen keine Umstände vor, welche seiner Außerlandesbringung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der AW verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

2.5. Eine entscheidungswesentliche Änderung der persönlichen Situation des AW sowie der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorhergehenden Antrag des AW auf internationalen Schutz nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

3. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes und des BVwG.

3.1. Zur Person des AW:

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Name und Geburtsdatum des AW ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren sowie in den Vorverfahren.

Das Vorliegen eines erheblichen schützenswerten Privat- oder Familienlebens in Österreich wurde im Verfahren nicht hinreichend dargelegt. Hinweise auf erhebliche gesundheitliche Probleme liegen nicht vor.

3.2. Zu den Fluchtgründen des AW:

Im gegenständlichen (zweiten) Asylverfahren bringt der AW keine wesentlich neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Sein Fluchtvorbringen wurde bereits in den Vorverfahren als unglaubhaft beurteilt.

Im vorliegenden Fall ist somit der Beurteilung der Behörde nicht entgegenzutreten, dass von einer entschiedenen Sache auszugehen sein wird.

Dass sich seit der Erlassung der rechtskräftigen Entscheidung im Vorverfahren bezüglich der Person des AW sowie der Lage in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte, kann verneint werden.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

4.2.1. Anzuwendendes Recht:

Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a AsylG in der geltenden Fassung lautet:

"§ 12a.

(1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt und

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und

3. darüber hinaus

a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;

b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder

c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.

Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.

(4) In den Fällen des Abs. 3 hat das Bundesamt dem Fremden den faktischen Abschiebeschutz in Ausnahmefällen zuzuerkennen, wenn der Folgeantrag nicht zur ungerechtfertigten Verhinderung oder Verzögerung der Abschiebung gestellt wurde. Dies ist dann der Fall, wenn

1) der Fremde anlässlich der Befragung oder Einvernahme (§ 19) glaubhaft macht, dass er den Folgeantrag zu keinem früheren Zeitpunkt stellen konnte oder

2) sich seit der letzten Entscheidung die objektive Situation im Herkunftsstaat entscheidungsrelevant geändert hat.

Über das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu entscheiden. Wurde der Folgeantrag binnen zwei Tagen vor dem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, hat sich die Prüfung des faktischen Abschiebeschutzes auf das Vorliegen der Voraussetzung der Z 2 zu beschränken. Für die Berechnung der zweitägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht. Die Zuerkennung des faktischen Abschiebeschutzes steht einer weiteren Verfahrensführung gemäß Abs. 2 nicht entgegen.

(5) Abweichend von §§ 17 Abs. 4 und 29 Abs. 1 beginnt das Zulassungsverfahren in den Fällen des Abs. 1 und 3 bereits mit der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz.

(6) Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG und Ausweisungen gemäß § 66 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht."

Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG in der geltenden Fassung ergehen Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" betitelte § 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

4.2.2. Rechtlich folgt daraus:

4.2.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Gegen den AW liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor. Der AW hat das Bundesgebiet seit seiner ersten Asylantragsstellung nicht verlassen.

4.2.2.2. Res iudicata (entschiedene Sache):

Der AW hat im gegenständlichen zweiten Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung bzw. Einvernahme vor dem BFA erklärt, aus den im Wesentlichen gleichen Gründen wie schon in den vorangegangenen Asylverfahren erneut einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den AW maßgebliche Ländersituation ist seit dem Erkenntnis des BVwG vom 02.04.2019 im Wesentlichen gleichgeblieben.

4.2.2.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im vorangegangen Verfahren haben das BFA sowie das BVwG ausgesprochen, dass der AW bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehe (§ 50 FPG).

Auch im gegenständlichen zweiten Asylverfahren sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den AW im Sinne von § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des AW liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des AW wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt oder Belege hiefür vorgelegt.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

4.2.2.4. Rechtmäßiges Verfahren:

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG durch das BFA ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist.

Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt, dem AW wurde Parteiengehör eingeräumt, und er wurde am 15. und 27.05.2019 einvernommen.

4.2.3. Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH zum Themenbereich res iudicata (entschiedene Sache) sowie Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag, res iudicata

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W191.2192044.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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