TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/12 W210 2162573-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.2019
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Entscheidungsdatum

12.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W210 2162573-1/47E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anke SEMBACHER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Ra Dr. Christian SCHMAUS, Chwallagasse 4/11, 1060 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.09.2017, 31.01.2018 und 16.04.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 08.10.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

2. Der Beschwerdeführer wurde am selben Tag von einem Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi zu seiner Identität, seiner Reiseroute, seinem Fluchtgrund und einer allfälligen Rückkehrgefährdung befragt. Hier gab er als Geburtsdatum den 01.01.1998 an. Als Fluchtgrund führte er eine Bedrohung durch die Taliban an, welche bereits seinen Vater und Bruder ermordet und eine Rekrutierung des Beschwerdeführers versucht hätten.

3. Aufgrund seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gehegter Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers wurde ein Sachverständigengutachten zur Volljährigkeitsbeurteilung eingeholt. Dieses ergab als "fiktives" Geburtsdatum des Beschwerdeführers den XXXX und somit (mit einfacher Wahrscheinlichkeit) die Volljährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Antragstellung.

4. Am 18.05.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.

5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch einen amtswegig beigegebenen Rechtsberater, fristgerecht vollumfängliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Das BFA legte die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und erklärte unter einem, auf die Durchführung und Teilnahme an einer Beschwerdeverhandlung zu verzichten.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.09.2017 in Anwesenheit des ausgewiesenen Rechtsvertreters des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers für die Sprache Dari eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, im Zuge derer der Beschwerdeführer zu seinen Beweggründen hinsichtlich der Ausreise aus Afghanistan und allfälligen Rückkehrbefürchtungen befragt wurde. Vertreter der belangten Behörde sind nicht erschienen. Die Verhandlung wurde vertagt.

8. Mit Beschluss vom 10.10.2017 wurde die Staatendokumentation ersucht, näher bezeichnete Fragen betreffend die behauptete Tätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers als Kommandant der Jamiat-e Islami-Partei zu beantworten.

9. Am 20.10.2017 langte eine ergänzende Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den in der Verhandlung eingebrachten Länderberichten ein.

10. Am 31.01.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht eine (fortgesetzte) mündliche Verhandlung in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und des ausgewiesenen Rechtsvertreters durch, im Zuge derer der Beschwerdeführer im fortgesetzten Beweisverfahren neuerlich einvernommen wurde. Vertreter der belangten Behörde sind entschuldigt nicht erschienen.

11. Am 26.02.2018 langten eine ergänzende Stellungnahme des Beschwerdeführers und eine ärztliche Bestätigung aus Februar 2018 ein.

12. Mit Schreiben vom 16.03.2018 wurden die Parteien von der beabsichtigten Bestellung des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen XXXX aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin in Kenntnis gesetzt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. allfälligen Einwänden gegeben. Es langten keine Einwände oder Stellungnahmen dazu ein.

13. Mit Beschluss vom 30.03.2018 wurde der oben angeführte Sachverständige bestellt und dieser mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens zum aktuellen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers beauftragt.

14. Am 17.05.2018 fand eine Untersuchung des Beschwerdeführers durch den beauftragten Sachverständigen statt.

15. Am 07.05.2018 legte der Beschwerdeführer weitere Integrationsunterlagen und Befunde vor.

16. Am 30.05.2018 langte das internistische Gutachten des beauftragten Sachverständigen, datierend auf den 27.05.2018, ein. Dieses wurde den Parteien zur Stellungnahme übermittelt.

17. Der Beschwerdeführer nahm am 19.06.2018 zum Sachverständigengutachten Stellung. Der Stellungnahme wurden ein Auszug aus dem Berufsinformationssystems des Arbeitsmarktservice betreffend die Tätigkeitsfelder "Landwirtschaftliche Hilfskraft", "BauhelferIn" und "StraßenbauarbeiterIn" sowie eine ärztliche Bestätigung vom 08.06.2018 beigeschlossen. Eine Stellungnahme der belangten Behörde zum eingeholten Sachverständigengutachten erfolgte nicht.

18. Mit Schreiben vom 03.07.2018 wurde dem Beschwerdeführer eine Aktualisierung der Sicherheitslage durch die Staatendokumentation per 29.06.2018 mit der Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

19. Am 11.07.2018 erfolgte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zu den aktualisierten Länderberichten. Unter einem wurde über eine geplante Augen-Operation des Beschwerdeführers im August 2018 informiert.

20. Am 25.07.2018 legte der Beschwerdeführer eine Teilnahmebestätigung für einen Brückenkurs im ersten Halbjahr 2018 vor.

21. Am 12.09.2018 legte der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbestätigung eines Klinikums, einen Entlassungsbrief sowie eine Medikamentenverordnung vor.

22. Am 26.09.2018 legte der Beschwerdeführer eine Schulbesuchsbestätigung einer Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche und modische Berufe vor.

23. Mit Schreiben vom 30.11.2018 wurde den Parteien das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0160, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

24. Mit Eingabe vom 10.12.2018 nahm die belangte Behörde zum Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.2018 Stellung. Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer übermittelt.

25. Am 02.01.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zur übermittelten VwGH-Judikatur ein. Unter einem wurden in Kopie eine ärztliche Bestätigung aus Dezember 2018, ein Empfehlungsschreiben, ein Bescheid des AMS über die Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung, eine Lehrgangsbesuchsbestätigung und ein Artikel über den Beschwerdeführer in einer Vereinszeitung vorgelegt.

26. Am 16.04.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine (fortgesetzte) mündliche Verhandlung in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari, des ausgewiesenen Rechtsvertreters und einer Vertrauensperson durch, im Zuge derer der Beschwerdeführer nach Wiedereröffnung der Verhandlung im fortgesetzten Beweisverfahren neuerlich einvernommen wurde. Vertreter der belangten Behörde sind entschuldigt nicht erschienen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den zugrundeliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, in die im Verfahren vorgelegten Dokumente und Integrationsunterlagen, durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.09.2017, 31.01.2018 und 16.04.2019, Einholung einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation und eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet der Inneren Medizin sowie durch Einsicht in die ins Verfahren eingebrachten Berichte, so etwa das Länderinformationsblatt mit Stand 31.01.2019 und Aktualisierung vom 01.03.2019, die EASO-Guidance sowie die UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, und den hiergerichtlichen Gerichtsakt:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Fluchtvorbringen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Sein Geburtsdatum wurde mit XXXX festgestellt.

Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er ist ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Kunduz, Stadt Kunduz im Stadtteil XXXX geboren und dort im Verband seiner afghanischen Familie aufgewachsen. Er hielt sich dort bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan auf und hat an keinem anderen Ort in Afghanistan gelebt.

Der Beschwerdeführer besuchte in Afghanistan keine Schule. Er verfügt über eine rund sechsmonatige Berufserfahrung als Kellner bzw. Küchenhilfe in Kunduz.

In Afghanistan lebt der Onkel des Beschwerdeführers mütterlicherseits. Der Aufenthaltsort seiner übrigen Familienmitglieder - das sind jedenfalls seine Mutter, sein jüngerer Bruder und seine drei jüngeren Schwestern - ist nicht bekannt. Der Beschwerdeführer hat keinen Kontakt zu seinen Familienangehörigen.

Der Beschwerdeführer verließ Afghanistan im Sommer 2015 und reiste spätestens am 08.10.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 08.10.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Dem Beschwerdeführer droht in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine gegen ihn gerichteten Bedrohung oder Verfolgung durch die Taliban.

1.2. Zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Einreise durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf.

Er bezieht in Österreich Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Im Jänner 2018 bestand er die A1-Deutschprüfung und nimmt seit März 2019 an einem Deutschkurs auf dem Niveau A1/A2 teil. Er besuchte zunächst einen Basisbildungskurs für junge Flüchtlinge, nahm danach an einem "Brückenkurs" im Rahmen des Projekts "Basisbildung für junge Flüchtlinge" teil und ist seit September 2018 Schüler der Übergangsstufe einer Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Mode in XXXX . Er legte Empfehlungsschreiben seiner Lehrerin vor. Im Jahr 2018 absolvierte der Beschwerdeführer zudem sämtliche Module des Integrationspasses seiner Wohnsitzgemeinde XXXX

.

Der Beschwerdeführer arbeitete nach seiner Einreise in Österreich ehrenamtlich beim Verein "Together" als Küchenhilfe, beteiligte sich im Jahr 2017 an einer Flurreinigungsaktion und wirkt regelmäßig bei einer gemeinnützigen Lebensmittelausgabe mit. Der Beschwerdeführer nimmt zudem an Vereinstätigkeiten des gemeinnützigen Vereins "Willkommen Nachbarn!" teil und kochte dort etwa bei der Veranstaltung "Kochen und Essen ohne Grenzen" im Sommer 2018. Dem Beschwerdeführer wurde bereits im Sommer 2018 eine Lehrstelle als Koch in einem Gastronomiebetrieb in XXXX angeboten, der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit "Koch/Köchin(Lehrling/Auszubildende/r)" wurde jedoch mit Bescheid des AMS vom 04.10.2018 abgewiesen. Das Angebot einer Lehrstelle in dem oben genannten Gastronomiebetrieb ist weiterhin aufrecht.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen. Anhaltspunkte für das Bestehen intensiver Bindungen zu einer in Österreich aufhältigen Person sind ebenfalls nicht hervorgekommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.3. Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung:

Im Dezember 2016 wurde bei ihm eine Leberteilresektion infolge einer parasitären Leberzyste (Echinococcus-Zyste) durchgeführt. Sowohl die Operation als auch der postoperative Verlauf gestalteten sich komplikationslos. Der Beschwerdeführer klagte über anhaltende Schmerzen im Oberbauch, weshalb er sich wiederkehrend in ärztliche Behandlung begibt und medikamentös behandelt wird. Ein Befund aus April 2018 diagnostiziert dem Beschwerdeführer eine unauffällige Sonographie des Abdomens. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Schmerzzustände finden in den vorliegenden Befunden keine Erklärung. Im Untersuchungszeitpunkt durch den Gutachter im Mai 2018 war der Ernährungszustand des Beschwerdeführers gut. Hinsichtlich der Leberzyste und der Leberteilresektion ist keine weitere Behandlung erforderlich. Mit der Notwendigkeit von Folgeoperationen ist nicht zu rechnen. Kontrolluntersuchungen, die über den Rahmen einer Gesunden-untersuchung hinausgehen, sind nicht zwingend erforderlich.

Im August 2018 wurde der Beschwerdeführer einer operativen Behandlung aufgrund einer Gewebswucherung der Bindehaut (Pterygium) unterzogen. Aufgrund anhaltender Beschwerden im Auge wurde ein weiterer Operationstermin zunächst für den 01.04.2019 und zuletzt für den 10.05.2019 avisiert. Aktuelle Befunde im Zusammenhang mit dem Augenleiden des Beschwerdeführers wurden bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht vorgelegt.

Ein Befund einer Ärztin für Allgemeinmedizin, Akkupunktur und Komplementärmedizin aus April 2019 diagnostizierte dem Beschwerdeführer psychische Probleme in Form von Schlafstörungen, Alpträumen, Angstzuständen und Depressionen. Der Beschwerdeführer nahm zuletzt täglich das Medikament Trittico Retard 150 mg und bei Bedarf Schmerzmittel.

Im März 2018 wurde ein fünf Millimeter großer Weichteiltumor im Bereich der Nasenwurzel des Beschwerdeführers diagnostiziert, weitere Befunde dazu wurden nicht vorgelegt.

Der Beschwerdeführer kann konstitutionsbedingt mittelschwere Abreiten ohne Einschränkungen verrichten. Es bestehen auch im Alltag keine Einschränkungen für den Beschwerdeführer.

Eine signifikante Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers wird durch eine Reise, eine Ortsveränderung oder aufgrund eines Aufenthalts im afghanischen Klima nicht verursacht.

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers - Afghanistan:

Zur Sicherheitslage allgemein:

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil. Im Zeitraum 16.8.2018 - 15.11.2018 wurden 5.854 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die bedeutet einen Rückgang von 2% (Kurzinformation der Staatendokumentation vom 01.03.2019 - KI 01.03.2019, S. 1). Bis Oktober 2018 fanden die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen in den Provinzen Badghis, Farah, Faryab, Ghazni, Helmand, Kandahar, Uruzgan und Herat statt (KI 01.03.2019, S. 1). Die Provinzzentren aller afghanischen Provinzen blieben mit Stand Dezember 2018 unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Regierung (KI 01.03.2019, S. 2). Im Zeitraum 1.1.2018 - 31.12.2018 wurden 10.993 zivile Opfer registriert, das bedeutet eine Steigerung von 5% (KI 01.03.2019, S. 6). Die im Laufe des Wahlregistrierungsprozesses und während der Wahl im Oktober 2018 am meisten von sicherheitsrelevanten Vorfällen betroffenen Städte waren Kunduz und Kabul (KI 01.03.2019, S. 2).

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformationen bis 31.01.2019 - LIB 31.01.2019, S.48).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 31.01.2019, S.48).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 31.01.2019, S.51).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 31.01.2019, S.59).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 31.01.2019, S.52).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 31.01.2019, S. 52). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 31.01.2019, S. 53 ff.).

Am Donnerstag, dem 9.8.2018, starteten die Taliban eine Offensive zur Eroberung der Hauptstadt Ghaznis, einer strategisch bedeutenden Provinz, die sich auf der Achse Kabul-Kandahar befindet. Nach fünftägigen Zusammenstößen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen konnten letztere zurückgedrängt werden. Während der Kämpfe kamen ca. 100 Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben und eine unbekannte Anzahl Zivilisten und Taliban (LIB 31.01.2019, S. 36).

Der ISKP, auch IS, hat eine eingeschränkte territoriale Reichweite und diese Übergriffe stehen zumeist mit einer vorgeworfenen Solidarität mit dem Iran und der Bekämpfung des IS in Syrien in Zusammenhang (EASO Country Guidance Notes, S. 61 und 62).

Afghanistan hat kein zentrales Bevölkerungsregister (LIB 31.01.2019, S. 335 f.)

Zur Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers - Kunduz:

Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden, Balkh im Westen und Tadschikistan im Norden. Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib/Emamsaheb, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara/Chardarah, Ali Abad/Aliabad, Khan Abad/Khanabad und Kunduz; die Hauptstadt ist Kunduz-Stadt. Vor zwei Jahren wurden in der Provinz drei neue Distrikte gegründet:

Atqash, Gultapa, Gulbad. Die Provinzhauptstadt Kunduz-Stadt ist etwa 250 km von Kabul entfernt. Als strategischer Korridor wird Kunduz als bedeutende Provinz in Nordafghanistan erachtet - Sher Khan Bandar, die Hafenstadt am Fluss Pandsch, an der Grenze zu Tadschikistan, ist beispielsweise von militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung (LIB 31.01.2019, S. 159 f.).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.049.249 geschätzt. In der Provinz leben Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Turkmenen, Hazara und Paschai (LIB 31.01.2019, S. 160).

Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan, denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban. Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt an einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet. Kunduz-Stadt ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen, sowie Tadschikistan im Norden verbunden. Die Regierung plant u.a. die Turkmenistan-Afghanistan-Tadschikistan-Eisenbahnlinie, die Andkhoy, Sheberghan, Mazar-e- Sharif, Kunduz und Sher Khan Bandar verbinden und als Anbindung an China über Tadschikistan dienen soll (LIB 31.01.2019, S. 160).

Um Ordnung und Normalität in die Stadt Kunduz zu bringen, hat die Kommunalverwaltung im Februar 2018 eine Massenaufräum-Aktion gestartet. Ebenso wurden weitere Projekte implementiert: im Rahmen dieser werden Landstraßen und Wege gewartet, vier neue Parks errichtet - die insbesondere von Frauen und Kindern genutzt werden sollen, etc. Diese Projekte führten zusätzlich zur Schaffung von 550 Jobs - auch für Frauen. Das Erscheinungsbild der Stadt hat sich u.a. aufgrund der Errichtung von Straßenbeleuchtung verbessert (LIB 31.01.2019, S. 160).

In Kunduz gibt es zahlreiche Unternehmen, die verschiedene Produkte wie Fruchtsäfte, Klopapier, Taschentücher und Sojabohnen produzieren. Die Sicherheitslage hatte mit Stand März 2017 jedoch negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum in der Provinz. In der Provinz wird ein Projekt im Wert von 9.5 Mio. USD für den Ausbau der ANA Infrastruktur (Infrastruktur der Afghan National Army) implementiert. Kunduz gehörte im November 2017 zu den Opium-freien Provinzen Afghanistans (LIB 31.01 2019, S. 160).

Kunduz zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, in der Aufständische aktiv sind. In den Jahren 2015 und 2016 fiel Kunduz-Stadt jeweils einmal an Taliban-Aufständische; die Stadt konnte in beiden Fällen von den afghanischen Streitkräften zurückerobert werden. Das deutsche Militär hat einen großen Stützpunkt in der Provinz Kunduz. Während des Jahres 2017 sank die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven u.a. in der Provinz Kunduz; ein Grund dafür war ein Rückgang von Militäroffensiven in von Zivilist/innen bewohnten Zentren durch die Konfliktparteien. Im Februar 2018 berichteten einige Quellen, die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt Kunduz hätte sich sehr verbessert; den Einwohnern in Kunduz-Stadt sei es aufgrund der Beleuchtung zahlreicher Straßen möglich, auch nachts in der Stadt zu bleiben (LIB 31.01.2019, S. 161).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 225 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden 377 zivile Opfer (93 getötete Zivilisten und 284 Verletzte) in der Provinz Kunduz registriert. Hauptursache waren Bodenangriffe, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 41% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Aufgrund von Terrorbekämpfungsoperationen in der Provinz sind zahlreiche Familien nach Kunduz-Stadt vertrieben worden (LIB 31.01.2019, S. 161 f.).

Nach dem US-amerikanischen Luftangriff auf das Médecins Sans Frontières (MSF)-Krankenhaus im Jahr 2015 wurde im Juli 2017 wieder eine Klinik von MSF in Kunduz-Stadt eröffnet (LIB 31.01.2019, S. 162).

Kunduz zählt - neben den Provinzen Uruzgan und Helmand - mit Stand Jänner 2018 zu den Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Kontrolle bzw. Einfluss von Aufständischen (KI 01.03.2019, S. 3).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien. Auch werden regelmäßig Luftangriffe durchgeführt; dabei werden Aufständische - u. a. tadschikische Kämpfer - und manchmal auch Talibankommandanten getötet. Manchmal werden Talibankämpfer verhaftet. In der Provinz kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften. Talibankämpfer, insbesondere Mitglieder der "Red Unit", einer Taliban-Einheit, die in zunehmendem Ausmaß Regierungsstützpunkte angreift, sind in der Provinz Kunduz aktiv. Einige Distrikte, wie Atqash, Gultapa und Gulbad, sind unter Kontrolle der Taliban. Auch in Teilen der Distrikte Dasht-e-Archi und Chardarah sind Talibankämpfer zum Berichtszeitpunkt aktiv. Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden IS-bezogene Sicherheitsvorfälle registriert, während zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 keine sicherheitsrelevanten Ereignisse mit Bezug auf den IS gemeldet wurden (LIB 31.01.2019, S. 162).

Im August 2018 entführten die Taliban 170 Passagiere dreier Busse, die über die Takhar-Kunduz-Autobahn auf der Reise nach Kabul waren (LIB 31.01.2019, S. 36).

Zur Provinz Balkh und der Hauptstadt Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 31.01.2019, S. 91 f.). Mazar-e Sharif ist auf dem Straßenweg mittels Bus erreichbar, eine Fahrt kostet zwischen 400 und 1.000 Afghani (LIB 31.01.2019, S. 247). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt über den Luftweg von Kabul sicher zu erreichen ist (LIB 31.01.2019, S. 92, 250). Der Flughafen befindet sich 9 km östlich der Stadt (EASO Country Guidance, Seite 102).

Die Provinz Balkh ist ethnisch heterogen, Tadschiken bilden die größte Gruppe, daneben leben auch Paschtunen, Usbeken, Hazara, Turkmenen und Araber in Balkh. Die Siedlungsgebiete sind entlang ethnischer Trennlinien angelegt (ACCORD, Afghanistan, Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018, 07.12.2018, S. 24).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften. Im Zeitraum 1.1.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (LIB 31.01.2019, S. 92).

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (LIB 31.01.2019, S. 93). Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert; im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (LIB 31.01.2019, S. 94).

In der Provinz Balkh ist die Gefahr, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden, gering (EASO Country Guidance, S. 24 und 79).

Die Versorgung mit Lebensmitteln erweist sich wie im Rest von Afghanistan als grundsätzlich gegeben (EASO Country Guidance, Seite 104), ist aber den Einflüssen von Wetterextremen wie der im Jahr 2018 herrschenden Dürre (UNHCR-Richtlinien 30.08.2018, Seite 35) ausgesetzt.

Zur Provinz Herat:

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (LIB 31.01.2019, S. 128). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler, etwa 10 km außerhalb von Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (LIB 31.01.2019, S. 128, 250).

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt. In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken. Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz. Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion. Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz. Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (LIB 31.01.2019, S.128 f.)

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Es gibt interne Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen. Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (LIB 31.01.2019, S. 129 und 131).

In der Provinzhauptstadt Herat-Stadt ist die Gefahr, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden, gering (EASO Country Guidance, S. 24 und 82).

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u.a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (LIB 31.01.2019, S.129).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (LIB 31.01.2019, S. 129 und 130).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien. Auch werden Luftangriffe verübt. Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt. In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitmächte im Osten Afghanistans unterstützen (LIB 31.01.2019, S. 130).

Die Versorgung mit Lebensmitteln erweist sich wie im Rest von Afghanistan als grundsätzlich gegeben (EASO Country Guidance, Seite 104), ist aber den Einflüssen von Wetterextremen wie der im Jahr 2018 herrschenden Dürre (UNHCR-Richtlinien, 30.08.2018, Seite 35) ausgesetzt.

Wirtschaft:

Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie reduziert werden. Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 31.01.2019, S. 342).

Mehr als 60% der afghanischen Arbeitskräfte arbeiten im Landwirtschaftssektor, dieser stagniert. Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. 55% der afghanischen Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 31.01.2019, S. 342 ff.; UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018, Seite 19 und 20).

Medizinische Versorgung:

Gemäß Artikel 52 der afghanischen Verfassung muss der Staat allen Bürgern kostenfreie primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen gewährleisten. In den letzten zehn Jahren hat die Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung in Afghanistan stetig zugenommen. Das afghanische Gesundheitssystem hat in dieser Zeit ansehnliche Fortschritte gemacht. Die Verfügbarkeit und Qualität der Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten und Assistenzpersonal, mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt. Die Kosten von Diagnose und Behandlung in privat geführten Krankenhäusern und Kliniken variieren stark und müssen von den Patienten selbst getragen werden (LIB 31.01.2019, S. 346).

Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten (HP) und Gesundheitsarbeiter (CHWs) bieten ihre Dienste auf Gemeinde- oder Dorfebene an; Grundversorgungszentren (BHCs), allgemeine Gesundheitszentren (CHCs) und Bezirkskrankenhäuser operieren in den größeren Dörfern und Gemeinschaften der Distrikte. Die dritte Ebene der medizinischen Versorgung wird von Provinz- und Regionalkrankenhäusern getragen. In urbanen Gegenden bieten städtische Kliniken, Krankenhäuser und Sonderkrankenanstalten jene Dienstleistungen an, die HPs, BHCs und CHCs in ländlichen Gebieten erbringen. 90% der medizinischen Versorgung in Afghanistan werden von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden, zur Verfügung gestellt. In den Städten besteht ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken (LIB 31.01.2019, S. 348).

Eine begrenzte Anzahl an staatlichen Krankenhäusern in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. In öffentlichen Krankenhäusern in den größeren Städten Afghanistans können leichte und saisonbedingte Krankheiten sowie medizinische Notfälle behandelt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass Beeinträchtigungen wie Herz-, Nieren-, Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, die eine komplexe, fortgeschrittene Behandlung erfordern, wegen mangelnder technischer bzw. fachlicher Expertise nicht behandelt werden können (LIB 31.01.2019, S. 349).

In Mazar-e Sharif existieren ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus. In Kabul existiert eine weitere psychiatrische Klinik. Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in einigen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Personen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und bei anderen Nichtregierungsorganisationen behandelt werden. Einige dieser NGOs sind die International Psychological Organisation (IPSO) in Kabul, die Medica Afghanistan und die PARSA (LIB 31.01.2019, S. 348 f.).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück. Im Jahr 2018 kehrten mit Stand 21.3.2018 1.052 Personen aus den an Afghanistan angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (LIB 31.01.2019, S. 355).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 31.01.2019, S. 356 f.)

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten (LIB 31.01.2019, S. 357 f.).

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 31.01.2019, S. 357 f.).

IOM unterstützt im Rahmen des Aktionsprogramms des europäischen Reintegrationsnetzwerks (ERIN) für Afghanistan, zwangsweise und freiwillig zurückkehrende, afghanische Staatsangehörige aus 18 Ländern - auch aus Österreich (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Sozialleistungen von Rückkehrern vom 01.02.2018 - Anfragebeantwortung vom 01.02.2018, S. 2).

UNHCR stellt die in Abstimmung mit dem Ministerium für Flüchtlinge und Rückführung in Kabul, Herat, Jalalabad und Kandahar durchschnittlich 200 US-Dollar pro Person zur Verfügung, um den Transport zu ihrem Herkunfts- oder Bestimmungsort zu bezahlen und ihren unmittelbaren Bedarf an Nahrung und Unterkunft zu decken (Anfragebeantwortung vom 01.02.2018, S. 6 und 8). Weitere Dienste umfassen eine grundlegende Gesundheitsversorgung, Verweisungen an Notfalldienste und Impfungen für Kinder (durch das Ministerium für öffentliche Gesundheit, unterstützt von WHO und UNICEF), die Sensibilisierung für Minengefahren (durch UNMAS und die Dänische Minenräumungsgruppe (DDG)), pädagogische Informationen, Vermittlung von Informationen und Rechtshilfe für die Beschaffung von zivilen Dokumenten (Tazkira), sowie eine Übergangseinrichtung mit Übernachtungsmöglichkeiten, die durch das Ministerium für öffentliche Gesundheit, unterstützt durch WHO (Weltgesundheitsorganisation) und UNICEF (Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen), angeboten wird (Anfragebeantwortung vom 01.02.2018, S. 7).

In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen (Anfragebeantwortung vom 01.02.2018, S. 10).

Hilfeleistungen für Rückkehrer/innen durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft. Seit 2016 erhalten die Rückkehr/innen Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (LIB 31.01.2019, S. 359).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 31.01.2019, S. 359 f.).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 31.01.2019, S. 360).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 31.01.2019, S. 360).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken.

Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten, wo diese mehrheitlich gesprochen werden, eingeräumt (LIB 31.01.2019, S. 303).

Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (LIB 31.01.2019, S. 304).

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft Afghanistans. Tadschiken bilden außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan in weiten Teilen Afghanistans ethnische Inseln. In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (LIB 31.01.2019, S. 308 f.).

Religionen:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten und 10-15% Schiiten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben. Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (LIB 31.01.2019, S. 293, 294 und 296).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinem Leben in Österreich:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Heimatprovinz, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und zu seinem Familienstand gründen auf den gleichlautenden und daher glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren (BFA-Akt, AS 1 und 124 f.; BVwG-Akt, OZ 8, Seite 2 und 4).

Der im Spruch angeführte Name dient mangels Vorlage eines originalen Identitätsnachweises lediglich zur Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei.

Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem vom BFA in Auftrag gegeben Sachverständigengutachten (BFA-Akt, AS 87 ff.). Dies wurde nicht beanstandet.

Die Feststellung zur fehlenden Schulbildung des Beschwerdeführers und seiner Berufserfahrung in Afghanistan basieren auf dessen konsistenten Angaben im Verfahren. Bereits in der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, keine Ausbildung zu haben bzw. Analphabet zu sein und zuletzt als Kellner gearbeitet zu haben (BFA-Akt, AS 1 f.), ebenso in seiner Einvernahme vor dem BFA (BFA-Akt, AS 125) und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.09.2017 (BVwG-Akt, OZ 8, S. 5). In der fortgesetzten Verhandlung am 16.04.2019 erklärte er sodann, in Afghanistan als Küchenhilfe tätig gewesen zu sein (BVwG-Akt, OZ 45, S. 4).

Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem derzeitigen Aufenthalt der Familienmitglieder des Beschwerdeführers resultieren aus einer Zusammenschau seiner Angaben im Verfahren. So gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 22.09.2017 zu Protokoll, dass er nicht genau wisse, wo sich seine Mutter und seine vier Geschwister aufhalten würden. Er ergänzte zu glauben, dass diese im Iran seien. Hier erklärte er zudem, in Afghanistan noch einen Onkel mütterlicherseits zu haben, weitere Verwandte in Afghanistan habe er nicht (BVwG-Akt, OZ 8, S. 5). In der Verhandlung am 31.01.2018 gab der Beschwerdeführer an, sich bemüht zu haben, seine Familie ausfindig zu machen, es sei ihm aber nicht gelungen (BVwG-Akt, OZ 17, S. 4).

Dass der Beschwerdeführer - abgesehen von seiner Herkunftsprovinz Kunduz - an keinem anderen Ort Afghanistans gelebt hat, gab dieser in der mündlichen Verhandlung am 22.09.2017 selbst zu Protokoll (BVwG-Akt, OZ 8, S. 5).

Die Feststellung zum (ungefähren) Ausreisezeitpunkt des Beschwerdeführers aus Afghanistan ergibt sich aus dem Einreisedatum des Beschwerdeführers in Österreich in Zusammenschau mit der vom Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung sowie in der Verhandlung am 22.09.2017 angegebenen Reisedauer (BFA-Akt, AS 7; BVwG-Akt, OZ 8, S. 6).

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich, zu dessen sprachlicher und schulischer Weiterbildung sowie zu seinen (ehrenamtlichen) Tätigkeiten ergeben sich zweifelsfrei aus den im Verfahren vorgelegten Zertifikaten, Teilnahmebestätigungen und Empfehlungsschreiben (BFA-Akt, AS 365 f.; BVwG-Akt, OZ 8, Beilage ./2; OZ 17, Beilage ./2; OZ 25; OZ 34; OZ 37; OZ 41, Beilagen ./B, ./E und ./F; OZ 45, Beilage./1). Aus diesen Unterlagen resultiert im Übrigen auch der Umstand, dass dem Beschwerdeführer eine Lehrstelle als Koch in Aussicht gestellt, ein entsprechender Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung aber mit Bescheid des AMS abgewiesen wurde (BVwG-Akt, OZ 41, Beilage ./E; OZ 45, Beilage ./1). Dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und nicht erwerbstätig ist, ergibt sich zudem aus den eingeholten Speicherauszügen der GVS-Datenbank, die Bestandteil des BVwG-Aktes sind.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Familienangehörigen hat, gab dieser bereits vor dem BFA an (BFA-Akt, AS 125), was im weiteren Verfahren nicht revidiert wurde. Hinweise auf das Bestehen einer Lebensgemeinschaft in Österreich haben sich im Verfahren nicht ergeben. Der Beschwerdeführer erklärte zwar in der mündlichen Verhandlung am 22.09.2017, frisch verliebt zu sein und eine österreichische Freundin zu haben (BVwG-Akt, OZ 8, S. 4). Dass er mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt lebe oder ein finanzielles (oder sonstiges) Abhängigkeitsverhältnis zueinander bestehe, wurde hingegen weder behauptet noch belegt. Vielmehr gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 22.09.2017 selbst an, alleine zu leben (BVwG-Akt, OZ 8, S. 7). Gegenteiliges wurden auch im weiteren Verfahren - weder in den zahlreich eingelangten Stellungnahmen des Beschwerdeführers noch im Rahmen der fortgesetzten mündlichen Verhandlung an zwei Verhandlungstagen - keinerlei ergänzendes Vorbringen erstattet.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus der eingeholten Strafregisterauskunft.

2.2. Zu den Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Krankengeschichte des Beschwerdeführers basieren auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren selbst vorgelegten Dokumenten.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Leberteilresektion resultieren aus dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten, datierend auf den 27.05.2018. Aus diesem ergeben sich die oben getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers nach durchgeführter Leberteilresektion eindeutig und zweifelsfrei (BVwG-Akt, OZ 26). Das Gutachten wurde sowohl dem Beschwerdeführer als auch der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht und in der Verhandlung am 14.06.2019 erörtert.

Auch aus den übrigen Aussage des Beschwerdeführers zu seinem Befinden und den vorgelegten Befunden sowie ärztlichen Bestätigungen ergab sich kein akut lebensbedrohender Gesundheitszustand des Beschwerdeführers.

Zu den vom Beschwerdeführer im Verlauf des Beschwerdeverfahrens wiederholt vorgebrachten Schmerzen im Bauchbereich ist Folgendes festzuhalten: Im Arztbrief vom 21.12.2016 wird bezüglich der durchgeführten Leberteilresektion ausgeführt, dass sich der postoperative Verlauf komplikationslos gestaltet hat und der Beschwerdeführer in gutem Allgemeinzustand entlassen wird (BVwG-Akt, OZ 8, Beilage zum VP). Auch im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde im Mai 2017 - sohin ein halbes Jahr nach seiner Leberteilresektion im Dezember 2016 - gab der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er Beschwerden aufgrund seiner Operation habe, ausdrücklich an, keine Schmerzen zu haben. Er erklärte damals bloß, an Appetitlosigkeit zu leiden, wogegen er ein Medikament nehme, dessen Namen er nicht wisse (BFA-Akt, AS 122). In der Beschwerde wurde sodann - allgemein gehalten und gänzlich unausgeführt - eine körperliche Einschränkung des Beschwerdeführers in Bezug auf seine berufliche Leistungsfähigkeit vorgebracht (BFA-Akt, AS 346), konkrete Beschwerden im Zusammenhang mit der Leber-Operation wurden auch hier weder behauptet noch belegt. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.09.2017 erklärte der Beschwerdeführer, sich nicht mehr in medizinischer Behandlung zu befinden; auch die medikamentöse Behandlung sei bereits beendet (BVwG-Akt, OZ 8, S. 3). Schmerzen oder Beschwerden erwähnte der Beschwerdeführer auch zu diesem Zeitpunkt mit keinem Wort. Derartiges Vorbringen wurde sodann auch in der ergänzenden Stellungnahme vom 20.10.2017 (BVwG-Akt, OZ 12) nicht erstattet. Erstmals in der fortgesetzten Verhandlung am 31.01.2018, welche zum Zweck der Erörterung der eingeholten Anfragebeantwortung anberaumt wurde, berief sich der Beschwerdeführer auf seinen angeschlagenen Allgemeinzustand, wobei hier auffällt, dass er zu Beginn der fortgesetzten Verhandlung sich selbst als gesund einstufte, erst nach Vorhalt des Ermittlungsergebnisses gesundheitliche Probleme geltend machte (BVwG-Akt, OZ 17, S. 3 und 7). Nachdem der Beschwerdeführer auf eine Rückfrage der erkennenden Richterin im Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen behauptete, dies alles nicht mehr zu wissen, erklärte er, dass er große Unruhe habe und in der Nacht wegen Gliederschmerzen nicht geschlafen habe. Jetzt habe er Kopfweh (BVwG-Akt, OZ 17, S. 7). In der am 26.02.2018 vorgelegten Bestätigung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.02.2018 wird sodann ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wegen rezidivierender Bauschmerzen und einer Depression aufgrund dieser Schmerzen regelmäßig in Behandlung stehe (BVwG-Akt, Beilage zu OZ 18). Der Zeitpunkt des Behandlungsbeginns wurde in dieser Bestätigung nicht angeführt. Auch ein Arztbrief des Landeskrankenhauses XXXX vom 13.04.2018 bestätigt, dass der Beschwerdeführer wegen Bauchschmerzen vorstellig wurde. Ein ebenfalls im April 2018 durchgeführter Ultraschall ergab jedoch keine Auffälligkeit des Abdomens (BVwG-Akt, OZ 25). Auch das eingeholte Sachverständigengutachten hält - unter Berücksichtigung sämtlicher bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegter Befunde - fest, dass die vom Beschwerdeführer angegebenen Schmerzzustände durch die vorliegenden Befunde nicht erklärt werden können (BVwG-Akt, OZ 26, S. 4). Das Gutachten schloss zudem das Vorliegen eines lebensbedrohlichen Zustandes im Fall des Beschwerdeführers sowie eine signifikante Verschlechterung seines Gesundheitszustandes durch eine Reise, einen Ortswechsel oder eine Klimaveränderung explizit aus. Vor diesem Hintergrund kann mit Blick auf die vom Beschwerdeführer dargelegten Bauschmerzen nicht auf eine lebensbedrohliche Erkrankung geschlossen werden. Ebenso verhält es sich mit dem Augenleiden, dem diagnostizierten Weichteiltumor in der Nasenwurzel und den angeführten psychischen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers, die sich in Schlafstörungen, Angstzuständen und depressiven Phasen äußern. Auch in di

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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