TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/19 W154 2218824-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.06.2019
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Entscheidungsdatum

19.06.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W154 2218824-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA.

Indien, in Schubhaft zu Recht:

A)

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 27.01.2019, Regionaldirektion Wien, Aussenstelle Wien, wurde über den Beschwerdeführer (BF) gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Das BFA führte u. a. Folgendes aus:

"Verfahrensgang

Sie haben am 01.07.2011 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt, wobei Sie angaben, dass Sie den XXXX führen würden und am XXXX geboren sowie Staatsbürger von Indien wären. Diesen Antrag begründeten Sie im Wesentlichen damit, dass Sie Indien verlassen hätten, da ein Freund von Ihnen eine Affäre mit einem Mädchen gehabt hätte und die Brüder dieses Mädchens hätten diesen ermordet. Die Mörder hätten jedoch Sie und zwei Ihrer Freunde des Mordes beschuldigt, weshalb Sie von den Brüdern des Mädchens, den Angehörigen des Ermordeten und der Polizei in Indien verfolgt werden würden. Mit Bescheid des BAA vom 07.07.2011 Zl. 11 06.588 - BAT wurde Ihr Antrag gem. §§ 3 u. 8 AsylG abgewiesen und Sie wurden gem. § 10 Abs. 1 AsylG nach Indien ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid brachten Sie rechtzeitig Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des AGH vom 30.09.2011 Zl. C12 420.289-1/2011/3E als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die Entscheidung erwuchs am 18.10.2011 in Rechtskraft in zweiter Instanz.

Am 29.04.2014 stellten Sie erneut einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welchen Sie damit begründeten, dass Ihre alten Fluchtgründe immer noch aufrecht wären und dass sich diese nicht verändert hätten. Weiter gaben Sie an, dass Sie Österreich seit Ihrer ersten Antragstellung nach Italien verlassen hätten, da ein Freund Ihnen dazu geraten hätte. Sie wären von der italienischen Polizei kontrolliert worden, da Ihr Freund Mohnkapseln dabei gehabt hätte, wären Sie für drei Jahr inhaftiert worden. Am 25.03.2014 wären Sie entlassen worden zunächst nach Paris gereist, wo Sie sich bis zum 27.04.2014 aufgehalten hätten, bevor Sie mit einem Taxi nach Wien weitergereist wären. Auf die Frage, was Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat befürchten würden, gaben Sie an, dass die Leute, die Sie verfolgen würden, von der Regierung im Punjab unterstützt werden würden. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA Zl. XXXX vom 02.07.2014 gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Am 18.08.2015 erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft in erster Instanz.

Am 20.05.2015 stellten Sie erneut, Ihren nunmehr dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Wobei Sie bei der Erstbefragung am 22.05.2015 angaben, dass Ihre alten Gründe nicht mehr aufrecht wären und Sie jetzt neue Gründe hätten. Ihr Vater wäre Mitglied einer politischen Partei in Indien und er hätte einen Konflikt mit den Mitgliedern der gegnerischen Partei. Im März 2015 wäre Ihr Vater von der gegnerischen Partei bedroht worden, dass seine ganze Familie umgebracht werden würde. Es hätte mehrere Angriffe auf Ihre Familie gegeben und diese würde derzeit versteckt leben. Aus diesem Grund könnten Sie nicht nach Indien zurückkehren. Mit Bescheid des BFA Zl. XXXX vom 16.02.2017 wurde Ihr Antrag vom 20.05.2015 gem. § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde Ihnen nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig wäre. Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestand keine Frist für eine freiwillige Ausreise. Am 07.03.2017 erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft in erster Instanz.

Am 13.09.2018 stellten Sie am PAZ Wels erneut einen Folgeantrag, Ihren nunmehr vierten Antrag, auf internationalen Schutz in Österreich. Bei der Erstbefragung zu gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 14.09.2018 gaben Sie den Namen XXXX zu führen und am XXXX geboren und Staatsbürger von Indien zu sein. Sie hätten sich von Juli bis August 2018 in Deutschland aufgehalten. Weiter gaben Sie an, dass Sie nicht gewusst hätten, dass Ihr Antrag bereits rechtskräftig entschieden worden wäre. Sie hätten keine Post deswegen bekommen. Sie würden nicht nach Indien zurückwollen, deswegen würden Sie einen neuen Antrag stellen.

Am 14.09.2018 wurde Ihnen die VAO gem. § 15b AsylG iVm. § 7 Abs. 1 VwGVG ausgefolgt und es wurde Ihnen mitgeteilt, dass Sie gem. dieser VAO in der BS West AIBE, Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau durchgehend Unterkunft zu nehmen haben, jedenfalls in den Nachtstunden von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr anwesend zu sein haben.

Ihre Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2018 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.11.2018 als unbegründet abgewiesen und erwuchs sohin in Rechtskraft 2. Instanz. Gegen Sie besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot.

Da Sie der Wohnsitzauflage nicht nachgekommen sind, wurde ein Festnahmeauftrag erlassen. Sie waren unter diesem Wohnsitz für die Behörde nicht greifbar.

Ein HRZ wurde beantragt.

Sie wurden am 27.01.2019 um 00:10 Uhr aufgrund einer Personenkontrolle durch Beamte der LPD Wien angehalten. Ihr unrechtmäßiger Aufenthalt wurde festgestellt. Nach Rücksprache mit dem BFA-Journal wurde eine Direkteinlieferung verfügt, woraufhin Sie in das PAZ HG eingeliefert wurden.

Beweismittel

Es wurden alle in Ihrem Akt Zl. IFA XXXX befindlichen Beweismittel sowie Ihre Befragungs- und Einvernahmeprotokolle herangezogen und gewürdigt.

Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie sind zweifellos der eingangs angeführte Bescheidadressat und indischer Staatsbürger. Die

Bestimmungen des FPG sind auf Ihre Person anwendbar.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Die im Asylverfahren erlassene Rückkehrentscheidung ist seit 06.11.2018 rechtskräftig 2. Instanz. Sie halten sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Sie sind nach Österreich illegal eingereist.

-

Sie halten sich unrechtmäßig in Österreich auf.

-

Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.

-

Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie eine Wohnsitzauflage missachteten. Aus diesem Grund wurde ein Festnahmeauftrag erlassen.

-

Sie tauchten in Österreich unter, indem Sie keine behördliche Adresse aufweisen.

-

Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

-

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie Ihrer Wohnsitzauflage nicht nachkamen.

-

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

-

Sie haben keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich und hielten sich bislang unangemeldet unter Verletzung des Meldegesetzes in Österreich auf.

-

Sie sind in keinster Weise integriert, weil keine beruflichen, sozialen oder familiären Bindungen in Österreich aufweisen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Ihre Familie lebt in Indien.

Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. XXXX , sowie aus Ihrer Einvernahme am 27.01.2019.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder um die Abschiebung zu sichern. Für die Anordnung der Schubhaft muss Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen.

(...)

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Sie sind im Bundesgebiet nicht gemeldet und nicht rechtmäßig aufhältig. Es gibt keine sozialen, familiären und beruflichen Bindungen zum Bundesgebiet. Sie weigern sich seit Jahren den behördlichen Anordnungen nachzukommen. Sie sind einer Wohnsitzauflage ebenfalls nicht nachgekommen, wodurch ein Festnahmeauftrag erlassen wurde. Sie sind untergetaucht, Sie haben ausgesagt, sogar das Land verlassen zu haben. Ihre Angaben sind nicht überprüfbar. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass Sie bei einem Verfahren auf freiem Fuß neuerlich untertauchen werden. Ihr Aufgriff war reiner Zufall.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, notwendig und erforderlich.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Verfahrensrelevante Integration ist nicht erkennbar.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden. Sie sind nicht gemeldet und sie haben weder die Möglichkeit noch das Interesse daran sich behördlich anzumelden. Die Behörde geht davon aus, dass bei Ihnen das gelindere Mittel nicht ausreichend ist, zumal Sie nicht bereit waren, sich an die österreichischen Rechtsnormen zu halten. Sie missachteten eine Wohnsitzauflage und Sie verfügen über keine behördliche Adresse in Österreich.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

(...)

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 15.05.2019 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des §22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten, womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt".

Mit E-Mail vom 15.05.2019 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl folgende Stellungnahme:

"Herr XXXX stellte am 01.07.2011 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Name XXXX mit dem Geburtsdatum XXXX geführt. Der Antrag wurde am 18.10.2011 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen. Gleichzeitig wurde auch eine rechtskräftige Ausweisung erlassen.

Am 29.04.2014 stellte Herr XXXX einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Entscheidung erwuchs mit 18.08.2015 in Rechtskraft.

Am 20.05.2015 stellte Herr XXXX den dritten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde ebenfalls wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Entscheidung erwuchs mit 07.03.2017 in Rechtskraft.

Am 13.09.2018 stellte Herr XXXX den vierten Antrag auf internationalen Schutz. In diesem Verfahren gab Herr XXXX die nunmehrige Verfahrensidentität an. Der Antrag wurde letztendlich zur GZ W220 2208176-1 durch den BVwG abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 06.11.2018 in Rechtskraft. Gleichzeitig besteht seit diesem Zeitpunkt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung iVm mit einem Einreiseverbot.

Während des Aufenthaltes in Salzburg wurde am 24.10.2018 durch die EAST West eine Wohnsitzauflage gem. § 57 Abs. 1 FPG erlassen. Der Aufforderung sich in der RÜBE Tirol einzufinden wurde durch Herrn XXXX keine Folge geleistet. Mit 30.10.2018 wurde ein Festnahmeauftrag erlassen.

Am 27.01.2019 wurde Herr XXXX von Beamten der Bereitschaftseinheit in Wien 9, Roßauer Lände 35 einer Personenkontrolle unterzogen. Es wurde ein nicht rechtmäßiger Aufenthalt festgestellt. Herr XXXX wurde nach den Bestimmungen des BFA-VG um 00:10 Uhr festgenommen und in das PAZ HG eingeliefert.

Am 27.01.2019 um 12:00 Uhr wurde Herr XXXX niederschriftlich einvernommen.

Am 27.01.2019 um 21:00 Uhr wurde Herrn XXXX der Schubbescheid persönlich zugestellt.

Am 29.01.2019 um 08:46 Uhr wurde Herr XXXX neuerlich einvernommen. Die Einvernahme diente dazu die erforderlichen Formulare für die indische Botschaft ausfüllen zu lassen.

Am 06.02.2019 wurde Herr XXXX der indischen Botschaft vorgeführt.

Am 11.02.2019 stellte Herr XXXX seinen fünften Antrag auf internationalen Schutz.

Am 11.02.2019 erging eine Entscheidung gem. § 76 Abs.6 FPG. Die Prüfung des Sachverhaltes ergab, dass Herr XXXX weiterhin in Schubhaft angehalten werden muss.

Am 18.02.2019 erging die Information, dass unvollständige Formblätter übermittelt wurden und die Unterschriften des Herrn XXXX durch die indische Botschaft in Frage gestellt wurden.

Am 18.02.2019 erfolgte eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG.

Am 19.02.2019 wurde der fünfte Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs mit 08.03.2019 in Rechtskraft.

Am 15.03.2019 um 09:24 Uhr wurde Herr XXXX neuerlich einvernommen.

Am 15.03.2019 erfolgte eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG.

Am 05.04.2019 wurde mitgeteilt, dass Herr XXXX durch die indische Botschaft als " clear" eingestuft wurde.

Am 12.04.2019 wurde Herr XXXX der indischen Botschaft neuerlich vorgeführt.

Die Daten des Herrn XXXX werden nun in Indien durch die dortigen Behörden überprüft. Die Bearbeitungszeit wurde mit 6-12 Wochen festgesetzt.

Am 16.04.2019 erfolgte eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG.

Am 08.05.2019 erfolgte eine Prüfung gem. § 80 Abs. 6 FPG.

Das Verfahren zur Erlangung eines HZ ist noch anhängig und wurde durch die Abteilung BII des BFA geführt.

Im Schubbescheid wurden die Fluchtgefahr, die Verhältnismäßigkeit der Entscheidung und die Nichtanwendbarkeit des gelinderen Mittels entsprechend begründet.

Herr XXXX stellte insgesamt fünf unbegründete Anträge auf internationalen Schutz und versuchte dadurch den Aufenthalt in Österreich zu verlängern. Herr XXXX war nicht bereit sich einem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung zu stellen und zog es vor sich den Aufenthalt im Verborgen fortzusetzen.

Der BF wurde nur zufällig bei einer Personenkontrolle angetroffen.

Der BF wirkte auch im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mit, da Herr XXXX unterschiedliche Unterschriften leistete, um dadurch die Überprüfung der Identitätsdaten zu verzögern. Herr XXXX ist nicht bereit Österreich freiwillig zu verlassen und wird dadurch Handlungen setzen, die nur dazu dienen, dass die Erlangung eines HZ verhindert wird, um dadurch einer drohenden Abschiebung zu entgehen.

Es bestehen auch weder familiäre noch soziale Bindungen. Im Falle einer Entlassung wird Herr XXXX sofort untertauchen und sich dem Verfahren wiederum zu entziehen.

Es besteht begründete Aussicht auf Ausstellung des erforderlichen Reisedokumentes durch die indischen Behörden und ist es daher erforderlich, dass die Anhaltung des Herrn XXXX fortgesetzt wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass der BF untertaucht, um sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung nach Indien zu entziehen, als schlüssig anzusehen ist.

Der Sicherungsbedarf ist noch immer gegeben.

Die Regionaldirektion Wien ersucht das Bundesverwaltungsgericht um Feststellung, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG (§ 22a Abs. 4 BFA-VG) die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist."

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.05.2019 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 11.06.2019 erfolgte seitens des BFA die verfahrensgegenständliche Aktenvorlage gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Im Rahmen der Aktenvorlage erstattete das BFA eine Stellungnahme. Darin führte das BFA im Wesentlichen aus:

"Die Partei stellte zum sechsten Mal einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit 01.06.2019 wurde der aktuelle Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen.) § 68 AVG). Am 11.06.2019 wurde durch den Rechtsberater VMÖ eine Beschwerde erhoben.

Ein HZ Verfahren ist vor den indischen Behörden anhängig und steht die Antwort der Identitätsprüfung in Indien noch aus. Es werden indische HZ ausgestellt und konnte zuletzt am 04.06.2019 ein indischer Staatsbürger abgeschoben werden. Im konkreten Fall wurde die Partei am 12.04.2019 der indischen Botschaft vorgeführt. Die Überprüfung der Daten kann bis zu 12 Wochen andauern.

Die Gründe, die zur Verhängung der Schubhaft geführt haben, liegen noch immer vor. Es ist damit zu rechnen, dass eine Antwort aus Indien einlangen wird. Die indischen Behörden kooperieren mit dem BFA und stellen bei Klärung der Identität ein Heimreisezertifikat aus.

Der sechste Antrag auf internationalen Schutz dient nur mehr dazu, um das Verfahren hinauszuzögern, um dadurch einer Abschiebung nach Indien zu entgehen. Im Falle einer Entlassung würde die Partei sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung entziehen.

Es wird im Juli 2019 mit einer Antwort der indischen Behörden gerechnet (12 Wochen). Es wird auch im Verfahren Int. mit einer zeitnahen Entscheidung gerechnet.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Risiko, dass die Partei untertaucht, um sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung nach Indien zu entziehen, als schlüssig anzusehen ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu befürchten, dass die Partei sich dem Verfahren auf internationalen Schutz nicht stellen wird, da Herr XXXX kein Interesse hat, dass dieses Verfahren abgeschlossen wird, da in diesem Fall die Abschiebung nach Indien verzögert werden würde.

Der Sicherungsbedarf ist noch immer gegeben."

Gleichzeitig beantragte die aktenvorlegende Behörde auszusprechen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen, und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die zitierten Feststellungen des BFA werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihrer Stellungnahme anlässlich der Aktenvorlage getätigten Ausführungen.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Der BF ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen des BFA werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht. Der Beschwerdeführer wurde am 12.04.2019 der indischen Botschaft vorgeführt. Überprüfungen zur Identität des Beschwerdeführers sind bei den indischen Behörden im Laufen. Nach den Erfahrungswerten ist davon auszugehen, dass ein Heimreisezertifikat von der indischen Botschaft erlangt werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idgF nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

§ 76 Abs. 3 FPG idgF lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG idgF lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichthof führte in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 (Ra 2018/21/0111) Folgendes aus: "In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG 2014 - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 steht daher einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG 2014, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen."

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 8 und Z 9 FPG liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Insbesondere zu berücksichtigen ist, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund - dass sich die Behörde um ein Heimreisezertifikat bemüht, Überprüfungen zur Identität des Beschwerdeführers sind bei den indischen Behörden im Laufen - auch verhältnismäßig.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine - die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft - ändernden Umstände erkennen. Mit der Durchführung der Abschiebung - innerhalb der Schubhafthöchstdauer - ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu rechnen.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt II. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Folgeantrag, Fortsetzung der Schubhaft,
Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, Rückkehrentscheidung,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, Überprüfung, Untertauchen,
Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W154.2218824.2.00

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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