TE Vwgh Erkenntnis 1989/5/30 84/05/0181

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Veröffentlicht am 30.05.1989
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Index

Baurecht - OÖ

Norm

BauO OÖ 1976 §41
BauRallg
B-VG Art119a Abs5

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Wörth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde der UP in L, vertreten durch Dr. Johannes Grund, Rechtsanwalt in Linz, Spittelwiese 15, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. Juli 1984, Zl. BauR-693/2-1984-Le/Mo (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend Auftrag zur Auflassung einer Verwendung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund wiederholter Eingaben und Beschwerden einer Grundnachbarin wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der in EZ 166 der KG P liegenden Gp. Nr. 1273/8 Parteiengehör zur Annahme der Behörde gewährt, daß die Garten- und Gerätehütte auf dem genannten Grundstück (richtig: der von diesem Grundstück umschlossenen Baufläche 199 KG P) ohne Vorliegens einer baubehördlichen Bewilligung zu Wohnzwecken umgebaut worden sei. Hiezu gab die Beschwerdeführerin an, daß es sich bei diesem Objekt nicht um eine Garten- und Gerätehütte, sondern um ein Gartenhaus handle, das bereits von der Voreigentümerin, ihrer Großmutter, zu Wohnzwecken benützt worden sei. Nach den Unterlagen der Beschwerdeführerin dürfte das Objekt im Jahre 1928 oder kurze Zeit danach errichtet worden sein und habe damals zwei Geschoße sowie eine Unterkellerung aufgewiesen. Zufolge der bei der Baubehörde aufliegenden Unterlagen sei das Objekt sodann im Jahre 1957 wegen Baufälligkeit des zweiten Geschoßes aus dem Material des vorhandenen Hauses in ein eingeschoßiges Gebäude umgebaut worden. Diese Baumaßnahmen seien der Baubehörde damals unter Vorlage eines Lageplans angezeigt worden; die Baubehörde habe das umgestaltete Objekt zustimmend zur Kenntnis genommen. Da das Objekt stets zu Wohnzwecken benützt worden sei, könne von einer Umwidmung keine Rede sein. Im übrigen wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß in der EZ 166 des Grundbuches der KG P unter Orientierungszahl 8 die Orientierungsnummer "S-gasse 8" nicht nur hinsichtlich der Baufläche 131, sondern auch hinsichtlich der Baufläche 199, auf welcher sich das Gartenhaus befinde, ersichtlich gemacht worden sei. Diese Ersichtlichmachung sei auf Grund der Zuschrift des Magistrates Linz vom 9. April 1952 erfolgt.

Mit Bescheid des Magistrates Linz (Baurechtsamt) vom 2. Dezember 1983 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin aufgetragen, beim bestehenden Nebengebäude in Linz, S-gasse 8, Grundstück Nr. 199 der KG P, welches ohne die erforderliche Bewilligung der Baubehörde zu Wohnzwecken benützt werde, binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides diesen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen und die ursprüngliche Widmung wiederherzustellen. Dabei ging die Baubehörde davon aus, daß es sich bei dem gegenständlichen Objekt um ein unterkellertes eingeschoßiges Nebengebäude handle, das zur Grenze des südwestlich angrenzenden Grundstückes Nr. 1273/11 einen Abstand von 1,5 bis 2,0 m aufweise und ebenso wie das bestehende Wohnhaus auf der Baufläche 131 der KG P die Orientierungsnummer S-gasse 8 trage. In dem betreffenden, mit der Konskriptionsnummer H 35 (S-gasse 8) bezeichneten Hausakt, der lediglich bis 1954 zurückreiche, befänden sich weder entsprechende Unterlagen über den Errichtungszeitpunkt noch über die baubehördliche Bewilligung der beiden Objekte. Mit großer Wahrscheinlichkeit bestehe das Nebengebäude zumindest seit dem Jahre 1930. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1957 sei der Baubehörde durch den Baumeister der seinerzeitigen Grundeigentümerin unter Vorlage von zwei Lageplänen angezeigt worden, daß das als Garten- und Requisitenhütte benützte Objekt infolge Baufälligkeit ausgebessert und instandgesetzt werde. Da durch diese Instandsetzung keine Vergrößerung des Nebengebäudes eingetreten sei und es weiterhin nur für Abstellzwecke verwendet worden sei, seien diese geringfügigen baulichen Maßnahmen von der Baubehörde zur Kenntnis genommen worden. Wie die Erhebungen der Baubehörden ergeben hätten, seien in der Zeit von Mai bis Juli 1983 am Objekt bauliche Änderungen vorgenommen worden (die für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren ohne Bedeutung sind); in Verbindung mit diesen Maßnahmen sei im Erdgeschoß des Objektes ein Wohnraum, der auch über eine Elektroinstallation verfüge, eingerichtet worden. Das ehemals vorwiegend für Abstellzwecke verwendete Gebäude werde nunmehr für Wohnzwecke benützt. Dem Vorbringen der Eigentümerin, das Objekt sei schon immer zu Wohnzwecken benützt worden, habe deshalb nicht gefolgt werden können, weil in den im Hausakt erliegenden Unterlagen immer nur von einer Garten- und Requisitenhütte die Rede sei. Rechtlich stützte sich die Behörde erster Instanz auf § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung, wobei sie annahm, daß einer Baubewilligung der bestehende Bebauungsplan entgegenstehe.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, daß das Objekt im Grundbuch EZ 166 unter der (gesonderten) Orientierungsnummer S-gasse 8a geführt werde; auch Elektroinstallationen seien stets vorhanden gewesen, weil das Gebäude zu Wohnzwecken verwendet worden sei.

Mit Bescheid vom 6. März 1984 gab der Stadtsenat der mitbeteiligten Landeshauptstadt der Berufung keine Folge, änderte jedoch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahin, daß die Worte "und die ursprüngliche Widmung wiederherzustellen" zu entfallen hätten. Die Berufungsbehörde stützte den Auftrag vor allem auf § 61 Abs. 4 der OÖ Bauordnung. Sie ging nach den gegebenen Umständen von einem vermuteten Konsens aus, da Unterlagen über eine seinerzeit erteilte Baubewilligung nicht mehr aufzufinden seien. Zur Widmung hingegen verwies sie darauf, daß mit Schreiben vom 18. Oktober 1957 Ausbesserungsarbeiten an der Gartenhütte der Baubehörde angezeigt worden seien. Dies sei von der Baubehörde ohne Einwand zur Kenntnis genommen und bei diesem Anlaß gleichzeitig "festgestellt" worden, daß die Gartenhütte nur für Abstellzwecke verwendet werde. Die Gartenhütte sei damit in dieser Form anläßlich des Umbaues als solche ausdrücklich von der Behörde qualifiziert worden. Daraus sei abzuleiten, daß die Gartenhütte - und zwar mit der Widmung für Abstellzwecke - einen behördlich bewilligten Bestand darstelle. Dafür spreche auch, daß das gegenständliche Objekt im obzitierten Schreiben vom Baumeister der damaligen Eigentümerin selbst als "Requisitenhütte" (richtig:

"Garten- und Requisitenhütte"!) bezeichnet werde. Da das als Abstellraum gewidmete Gebäude nunmehr zu Wohnzwecken benützt werde, bedürfe die Änderung des Verwendungszweckes gemäß § 41 Abs. 1 lit. f der OÖ Bauordnung einer Bewilligung der Baubehörde, wenn dadurch eine bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit oder der Hygiene zu erwarten sei. Die Umwidmung eines bisher als Abstellraum gewidmeten Gebäudes in ein solches für Wohnzwecke sei jedenfalls geeignet, die gesundheitlichen und hygienischen Verhältnisse zu beeinflussen. Dies umsomehr, als in der Gartenhütte keine sanitären Einrichtungen vorhanden seien. Dem Vorbringen, das Gartenhaus sei bereits seit seiner Erbauung im Jahre 1928 für Wohnzwecke verwendet worden, hielt die Berufungsbehörde entgegen, daß aus einer bereits länger zurückliegenden konsenswidrigen Benützung der Gartenhütte zu Wohnzwecken kein Recht abzuleiten sei, diesen konsenswidrigen Zustand auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Schließlich verneinte die Berufungsbehörde auch die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung für die Änderung der Zweckwidmung anzusuchen.

Der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin gab die Gemeindeaufsichtsbehörde mit Bescheid vom 7. Mai 1984 Folge. Der Bescheid des Stadtsenates wurde aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt zurückverwiesen. Die Aufsichtsbehörde trat zwar grundsätzlich den Ausführungen der Gemeindebehörden zur Berechtigung des Auftrages zur Unterlassung der widmungswidrigen Verwendung bei, stützte jedoch die Aufhebung darauf, daß die Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 der OÖ Bauordnung in der damals geltenden Fassung lediglich hinsichtlich der Lage von Neu-, Zu-oder Umbauten von Gebäuden anzuwenden seien. Die Adaptierungsarbeiten im Zusammenhang mit der geänderten Benützung seien nicht als Neu-, Zu- oder Umbauten zu qualifizieren, sodaß auf die Abstandsbestimmungen des § 32 der OÖ Bauordnung nicht Bedacht zu nehmen sei. Damit sei jedoch den Gemeindebehörden vorzuwerfen, die im § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung vorgesehene Alternativmöglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, in gesetzwidriger Weise nicht eingeräumt zu haben. Der Eigentümerin des Objektes müsse in dem neu zu erlassenden baupolizeilichen Auftrag die Möglichkeit geboten werden, nachträglich um die Bewilligung der konsenslos durchgeführten Maßnahmen anzusuchen.

Dieser Bescheid wurde weiter nicht bekämpft.

Mit Bescheid vom 8. Juni 1984 gab der Stadtsenat der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge, änderte jedoch den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides in der Weise, daß die Worte "binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides diesen rechtswidrigen Zustand zu beseitigen und die ursprüngliche Widmung wiederherzustellen" durch die Worte "binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides um die Baubewilligung anzusuchen oder binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen" ersetzt würden. Die Berufungsbehörde wiederholte zur Rechtmäßigkeit des erteilten Auftrages im wesentlichen die Begründung ihres ersten Bescheides. Entsprechend den Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde im aufhebenden Vorstellungsbescheid begründete sie jedoch die Zulässigkeit des Alternativauftrages.

Auch in der dagegen erhobenen Vorstellung verwies die Beschwerdeführerin nochmals darauf, daß das Gartenhaus stets für Wohnzwecke benützt worden sei. Es habe etwa den Charakter eines sogenannten "Lusthauses", wie es in früheren Zeiten üblich war, kleine Nebenobjekte in einen großen Garten zu stellen und diese auch zu bewohnen. Es wäre auch kaum denkbar, daß der Magistrat Linz für eine "Requisitenhütte", die nur zum Einstellen von Gartengeräten gedacht ist, eine eigene Hausnummer vergebe. Über diesen Umstand, auf den die Beschwerdeführerin bereits mehrmals hingewiesen habe, seien die Behörden stets hinweggegangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge. Im wesentlichen stützte sie sich darauf, daß durch den Bescheid vom 7. Mai 1984, den die Beschwerdeführerin nicht angefochten habe, bindende Wirkung gegenüber allen beteiligten Parteien eingetreten sei. Damit sei lediglich zu prüfen, ob die Berufungsbehörde der mitbeteiligten Stadtgemeinde in ihrer neuerlichen Entscheidung der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gefolgt sei, was zutreffe.

Abgesehen von der Frage der Bindungswirkung führte die belangte Behörde aus, daß es sich bei dem Vorstellungsvorbringen, die Hütte sei seit ihrem Bestand zu Wohnzwecken verwendet worden, um unbewiesene Behauptungen handle, denen die aktenmäßigen Unterlagen der Baubehörde gegenüberstünden. In diesen Bauakten, insbesondere den aus dem Jahre 1957, sei ausdrücklich festgehalten, daß die Hütte nur für Abstellzwecke verwendet worden sei. Die Baubehörde habe daher bei ihrer Beweiswürdigung den amtlichen Aufzeichnungen mehr Beweiskraft zugemessen als den unbewiesenen Behauptungen der Grundeigentümerin. Die Aufsichtsbehörde sehe keine Veranlassung, diese Vorgangsweise in Zweifel zu ziehen, zumal nicht auszuschließen sei, daß die Argumente der Beschwerdeführerin Schutzbehauptungen darstellten, während der Akteninhalt auf behördlichen Ermittlungen beruhe. Der Vorwurf, die Baubehörde hätte im Jahre 1957 keinen Lokalaugenschein durchgeführt, treffe die Baubehörde zu Unrecht, da im Akt von "Nachschauberichten vom 11. 12. 1957" die Rede sei und daraus zweifelsfrei geschlossen werden könne, daß ein Lokalaugenschein stattgefunden habe. Auch der Hinweis, daß die Liegenschaft gar nicht im Stadtgebiet von Linz gelegen sei und daher auch nicht der Linzer Baubehörde unterstanden hätte, sei einerseits zu wenig ausreichend konkretisiert, weil damit ein Zeitpunkt nicht bestimmt sei, zum anderen gehe aus dem Akteninhalt eindeutig hervor, daß 1957 die Baubehörden der Stadt Linz für dieses Gebiet örtlich zuständig gewesen seien. Schließlich sei aus baurechtlicher Sicht nicht ausschlaggebend, ob für ein Gebäude eine eigene Hausnummer ausgegeben worden sei, da die OÖ Bauordnung hieran keine wie immer gearteten Konsequenzen knüpfe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, das ihr gehörige Gebäude widmungsgemäß zu benützen bzw. zu gestalten.

Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Stadtgemeinde erstatteten Gegenschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

An sich zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, daß eine bindende Wirkung aufhebender gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide nur hinsichtlich der die Aufhebung tragenden Gründe eintritt; eine solche Bindungswirkung tritt daher nicht in Ansehung derjenigen Aufhebungsgründe ein, in denen die Aufsichtsbehörde der Rechtsansicht der Gemeindebehörden beigetreten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 85/05/0074, BauSlg. Nr. 1023, mit weiteren Nachweisen). Tragender Grund für die Aufhebung war im Beschwerdefall ausschließlich die Ansicht der Gemeindeaufsichtsbehörde, die Gemeindebehörden hätten zu Unrecht die Möglichkeit der Erlangung einer nachträglichen Baubewilligung verneint. Nur insofern kann also eine bindende Wirkung eingetreten sein. Soweit die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auch hinsichtlich des Zutreffens des Auftrages zur Unterlassung widmungswidriger Benützung auf diese Bindungswirkung stützt, ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig.

Dies würde jedoch noch zu keiner Verletzung von Rechten der Parteien führen, wenn die subsidiär gegebene Begründung für die Richtigkeit der Ansicht der Verwaltungsbehörden zuträfe; nur im Fall eines aufhebenden gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheides tritt eine Bindungswirkung ein, auf Grund deren bereits eine einzige unrichtige (tragende) Rechtsansicht den Bescheid rechtswidrig macht. Der Verwaltungsgerichtshof kann jedoch auch der Eventualbegründung des angefochtenen Bescheides nicht beipflichten.

Auszugehen ist davon, daß eine Baubewilligung für das strittige Objekt, das offenbar zu einer Zeit errichtet wurde, als dieses Gebiet noch nicht zur mitbeteiligten Gemeinde gehörte, nicht vorliegt. Besondere Erhebungen der Verwaltungsbehörden, wo Unterlagen aus der damaligen Zeit vorhanden sein könnten bzw. ob sie aus irgendwelchen Gründen verloren gegangen sind, sind nicht aktenkundig. Dies kann jedoch die Beschwerdeführerin in ihren Rechten nicht verletzen, da die Baubehörden und auch die belangte Behörde ohnehin von einer vermuteten Baubewilligung ausgegangen sind. Nun scheint es jedoch dem Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Behörden einerseits vom Vorliegen einer vermuteten Baubewilligung ausgegangen sind, andererseits aber davon, daß die (nicht greifbare) Baubewilligung die Verwendung zu Wohnzwecken ausschließe. Vielmehr käme es im Gegensatz zur Ansicht der Behörden bei der Klärung des Inhaltes der Baubewilligung ebenso wie zur Frage, ob eine solche überhaupt vorliegt, auf die langjährige Verwendung an. Wenn daher die Baubehörden und die belangte Behörde die Meinung vertraten, es komme auf die tatsächliche Verwendung nicht an, trifft dies bei einer bloß vermuteten Baubewilligung nicht zu.

Der Gerichtshof kann aber auch die "Beweiswürdigung" der Baubehörden, die die belangte Behörde für unbedenklich fand, nämlich daß eine Verwendung nur zu Abstellzwecken erfolgte, nicht nachvollziehen. Der einzige aktenkundige Anhaltspunkt dafür ist der Vermerk eines Amtsorganes vom 11. Dezember 1957 (der der Beschwerdeführerin nie vorgehalten wurde), wonach durch Nachschau festgestellt worden sei, daß die durchgeführten Arbeiten nur anzeigepflichtig seien. Weiter heißt es dort wörtlich: "Der Umfang der Hütte wurde nach Angabe des Bauführers und einer Mietpartei nicht vergrößert. Die Hütte wird nur für Abstellzwecke verwendet."

Wie ein Erhebungsorgan bei einem einmaligen Besuch feststellen kann, daß die Hütte (ständig) nur für Abstellzwecke verwendet werde, ist nicht nachvollziehbar. Soweit die Berufungsbehörde und auch die belangte Behörde hingegen sich auf den Inhalt der Bauanzeige stützen, ist zu bemerken, daß die Verwaltungsbehörden lediglich von einer "Requisitenhütte" sprechen, obwohl in der Bauanzeige von einer "Garten- und Requisitenhütte" die Rede ist. Gerade aus dieser Doppelbezeichnung ergibt sich, daß die Hütte nicht nur zu Abstellzwecken, sondern auch als Aufenthaltsraum diente, wie dies für Gartenhütten typisch ist. Die Behörden haben es auch unterlassen, die Ausstattung des Hauses festzustellen und in ihre "Beweiswürdigung" einzubeziehen, ebenso den Umstand, daß die "Abstellhütte" als eigene Baufläche im Kataster ausgewiesen ist und nach den - von der belangten Behörde unwidersprochen gebliebenen - Behauptungen der Beschwerdeführerin sogar über eine eigene Ordnungszahl verfügte. Diese Indizien sprechen so sehr gegen eine ausschließliche Verwendung des Objektes als Gerätehütte, daß aus dem einmaligen Besuch eines Erhebungsorganes kaum Schlüsse zu ziehen sind, zumal aus der Formulierung des Erhebungsberichtes auch nicht erkennbar ist, ob der Beamte dabei eigene Wahrnehmungen oder die Mitteilungen anderer verwertet hat.

Sollten die Behörden hingegen, was einzelnen Formulierungen zu entnehmen wäre, die Ansicht vertreten, daß durch die Entgegennahme der Bauanzeige die Widmung deshalb festgelegt worden sei, weil die Annahme, daß es sich um eine bloße Gerätehütte handle, Motiv für die Kenntnisnahme der Bauanzeige anstelle eines Baubewilligungsverfahrens bildete, so steht dies mit der Rechtslage im Widerspruch. Ob eine bloße Bauanzeige dem Gesetz entsprach, weil nach dem nunmehrigen Parteienvorbringen ein zweistöckiges Haus in ein einstöckiges "instandgesetzt" wurde, ist nicht Gegenstand des Verfahrens, in dem lediglich die Verwendung des Gebäudes zu prüfen war.

Aus den angeführten Gründen war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 30. Mai 1989

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1984050181.X00

Im RIS seit

14.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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