TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/14 97/10/0206

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Veröffentlicht am 14.12.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
58/01 Bergrecht;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BergG 1975 §95;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §18;
ForstG 1975 §19 Abs1 litb;
ForstG 1975 §19 Abs2;
ForstG 1975 §19 Abs5;
ForstG 1975 §19;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde 1.) des A, 2.) der M, und 3.) der S Betriebsges.m.b.H., alle vertreten durch Heller, Löber, Bahn & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Seilergasse 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. August 1997, Zl. 18.326/03-IA8/97, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt bzw. den Beschluß gefaßt:

Spruch

1.) Die Beschwerde wird, soweit sie vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, zurückgewiesen.

2.) Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Bund hat der Drittbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 6. April 1994 beantragten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin mit dem Bemerken, daß von der Drittbeschwerdeführerin beabsichtigt sei, einen Tagbau aufzufahren, die Erteilung einer befristeten Rodungsbewilligung näher beschriebener Waldflächen im Ausmaß von insgesamt 104.900 m2 zum Zwecke der Gewinnung von feuerfestem Dolomit.

Mit Schriftsatz vom 7. Juli 1994 erklärten Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin zu ihrer Vertretung im Rodungsverfahren bevollmächtigt zu haben.

Mit Schriftsatz vom 6. März 1996 wiesen Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin darauf hin, daß über das von ihnen als Grundeigentümer gestellte Ansuchen um Rodungsbewilligung von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung noch nicht entschieden worden sei. Gleichzeitig begehrten sie gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungszuständigkeit auf den Landeshauptmann von Steiermark.

Dieser holte zunächst eine Stellungnahme des Referates für Landes- und Regionalplanung der Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion ein. Diese ergab u.a., daß aufgrund der vorliegenden Unterlagen eine nur grobe Abschätzung der zu erwartenden Belastungen möglich sei. Es sei aber zu erwarten, daß die zur Zeit günstige Luftgütesituation entlang den Zufahrtsstraßen auch meßtechnisch nachweisbar erhöht, Immissionsgrenzwerte aber nicht überschritten würden, ausgenommen allenfalls in Ansehung von Staub. Kleinklimatische Auswirkungen im nennenswerten Ausmaß seien nicht zu erwarten, desgleichen auch keine Lärmimmissionen auf benachbarte Siedlungsgebiete oder Naherholungseinrichtungen. Nach Abwägung der zu erwartenden Auswirkungen (die zum Teil allerdings auf Annahmen gestützt hätten werden müssen) stehe die geplante Rohstoffgewinnung nicht im Widerspruch zu Entwicklungsprogrammen des Landes. Laut Zwischenbericht "Rohstoffsicherung im Bezirk Graz-Umgebung" vom 9. Dezember 1996 handle es sich bei dem Rohstoffvorkommen im Bereich des Schifterkogels um dunklen bzw. hellen Dolomit, wobei dem hellen Dolomitvorkommen aus geologischer Sicht überregionale bzw. nationale Bedeutung beigemessen werde, dem dunklen Dolomitvorkommen regionale Bedeutung. Demzufolge komme bei der Beurteilung von unterschiedlichen Nutzungsansprüchen im gegenständlichen Bereich der Rohstoffgewinnung hohe Priorität zu. Der Zwischenbericht gehe von der potentiell möglichen Nutzung der im Bereich des Schifterkogels vorhandenen Rohstoffe für die Herstellung feuerfester Erzeugnisse aus. Diese Bewertung werde durch die Zuordnung des hellen Dolomits zu den grundeigenen mineralischen Rohstoffen in der vorliegenden bergrechtlichen Bewilligung gestützt, zumal diese Zuordnung voraussetze, daß diese Rohstoffe nicht im Übermaß vorhanden seien und daher volkswirtschaftliche Bedeutung aufwiesen. Eine anderweitige Verwendung des Abbaumaterials, insbesondere des anfallenden Abraumes bleibe dabei unberücksichtigt. Insgesamt gesehen könne aber aufgrund der geologischen Beurteilung sowie der Tatsache, daß für den gegenständlichen Bereich im regionalen Entwicklungsprogramm Graz und Graz-Umgebung keine Nutzungsfunktionen festgelegt seien, die eine Rohstoffgewinnung ausschließen würden, ein öffentliches Interesse an der geplanten Rohstoffgewinnung dokumentiert werden. Aus fachlicher Sicht erfülle der gegenständliche Bereich die Kriterien einer Rohstoffvorrangzone, wenngleich darauf hinzuweisen sei, daß dieser Beurteilung das umfangreiche öffentliche Beteiligungsverfahren einer Festlegung als Rohstoffvorrangzone im Rahmen der Erstellung eines regionalen Entwicklungsprogrammes nicht zugrundeliege. Die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens sei erst in ca. vier Jahren zu erwarten.

In der Folge wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt. In dieser erklärten zunächst der Erstbeschwerdeführer für sich und die Zweitbeschwerdeführerin sowie die Drittbeschwerdeführerin, daß die beantragte Rodungsbewilligung nicht dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin erteilt werden möge, sondern der Drittbeschwerdeführerin und daher diese "als Rodungswerber anzusehen ist". Weiters wurde ein Vertrag zwischen Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin mit der Drittbeschwerdeführerin über die Einräumung des ausschließlichen Abbaurechtes von Gesteinen und Nebenprodukten auf näher bezeichneten Grundstücken vorgelegt. In der Folge wurde der Rodungsantrag schließlich insoferne modifiziert, als nunmehr eine dauernde Rodungsbewilligung für eine Fläche von insgesamt 11,0320 ha begehrt wurde.

Von Seiten der für örtliche Raumplanung und Gemeindeentwicklung zuständigen Fachabteilung wurde vorgebracht, die zur Rodung beantragte Fläche sei im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als Freifläche mit der Ersichtlichmachung Wald ausgewiesen. Eine andere Nutzung würde den Zielsetzungen der Gemeinde hinsichtlich der Entwicklung widersprechen. Insbesondere sei eine zusätzliche Ausweisung von Gebieten für den Schotterabbau ausgeschlossen worden. Die Ersichtlichmachung der von der Bergbehörde bereits erteilten Gewinnungsbewilligung müsse von der Gemeinde allerdings vorgenommen werden, weil es sich um eine überörtliche Planung einer Bundesbehörde handle.

Der Vertreter der Landesbaudirektion verwies auf die bereits erstattete Stellungnahme und bemerkte, daß der darin angesprochene Zwischenbericht "Rohstoffsicherung im Bezirk Graz-Umgebung" nunmehr als Endbericht vorliege und als solcher anzusehen sei.

Von Seiten der Berghauptmannschaft Graz wurde darauf hingewiesen, daß die zur Rodung beantragten Flächen im Abbaugebiet "Schifterkogel" lägen, für das mit Bescheid vom 14. Juni 1993 die Gewinnungsbewilligung zur Gewinnung von Dolomit gemäß § 95 BergG 1975 erteilt worden sei. Bei dem innerhalb des Abbaufeldes vorkommenden Rohstoff handle es sich um Dolomit, der sich zur Herstellung feuerfester Erzeugnisse eigne. Einem derartigen Dolomit werde aus geologischen Gründen eine erhebliche Bedeutung für die Feuerfestindustrie zugesprochen. Die Produkte der Feuerfestindustrie würden u.a. in Hütten-, Zement- und Ziegelwerken verwendet. Der Berghauptmannschaft sei für den Raum Graz und für ihren Amtsbezirk nur noch ein weiteres derartiges Vorkommen von Dolomit mit diesen Eignungskriterien bekannt. Hinsichtlich der Bedeutung des gegenständlichen Vorkommens schließe sich die Bergbehörde den Ausführungen der Landesbaudirektion an.

Der forsttechnische Amtssachverständige führte im wesentlichen aus, der vorgesehene Abbau würde in der Form erfolgen, daß der Schifterkogel von einer maximalen Seehöhe von 838 m auf 760 m, also insgesamt um 78 m abgesenkt würde. Die Böschungen würden in Form von Etagen bzw. Bermen mit einer durchschnittlichen Neigung von 1:1 abgeböscht und entsprechend dem Abbaufortschritt vorerst mit Sträuchern und Pionierpflanzen rekultiviert. Die Rodungsfläche des Abbaugebietes sei aufgrund des mageren, trockenen und degradierten (die Fläche sei früher intensiv beweidet worden) Standortes mit 50 % Kiefer, 40 % Fichte, 10 % Laubhölzern und einzelnen Lärchen bestockt. Die Überschirmung betrage im Durchschnitt 80 %. Die Waldausstattung in der Gemeinde Semriach betrage 48 %, wobei die Waldausstattung in der KG Windhof wesentlich höher liege. Innerbetrieblich sei die Waldausstattung sehr hoch (ca. 90 %). Die Rodungsfläche im Abbaugebiet sei im Sinne des Waldentwicklungsplanes als Wirtschaftswald (Nutzfunktion = Leitfunktion) mit einer mittleren Schutzfunktion, einer hohen Wohlfahrtsfunktion und einer geringen Erholungsfunktion anzusprechen. Die hohe Wohlfahrtsfunktion sei im weiteren Schongebiet des Brunnens Friesach, die mittlere Schutzfunktion aufgrund der standörtlichen Gegebenheiten und der überdurchschnittlich hohen Hangneigung begründet. Durch die beabsichtigte sukzessive Rekultivierung würden vor allem die überwirtschaftlichen Funktionen des stockenden Waldes in nur geringem Ausmaß kompensiert. Bei einer Bewilligung der beantragten Rodung sei mit negativen Auswirkungen auf das Kleinklima, die Windströmungsverhältnisse und auch mit Austrocknungen der unmittelbar an die Rodungsflächen angrenzenden Waldflächen zu rechnen. Mit einer offenbaren Windgefährdung angrenzend an die beantragte Rodungsfläche sei wegen des stabilen Bestandaufbaues nicht zu rechnen; Schäden an einzelnen Bäumen durch Wind, Schnee, Sonnenbrand etc. könnten nicht ausgeschlossen werden. Aus forstfachlicher Sicht sei der Rodungsantrag negativ zu beurteilen, weil in einem geschlossenen Waldkomplex eine großflächige dauerhafte Bergbaufläche entstehe, wodurch mit starken Änderungen der kleinklimatischen Verhältnisse für die angrenzenden Wälder zu rechnen sein werde. Erschwerend komme hinzu, daß langfristig beabsichtigt sei, das Gewinnungsfeld im Ausmaß von 42 ha bis zum Niveau der Betriebsfläche in einer Seehöhe von 600 m abzusenken. Für den Fall, daß an der Rodung ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe, würden im einzelnen genannte Bedingungen und Auflagen vorgeschlagen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. März 1997 wurde erstens dem Devolutionsantrag des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin Folge gegeben und zweitens dem "im Namen der Grundeigentümer Andreas und Maria Tscheppe von der Schotter- und Betonwerk Karl Schwarzl Betriebsges.m.b.H." gestellten Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Rodung einer insgesamt 11.0320 ha großen Fläche auf näher bezeichneten Grundstücken zum Zwecke der Errichtung und des Betriebes des Tagbaues "Schifterkogel" gemäß den §§ 17 bis 19 sowie 170 ForstG 1975 keine Folge gegeben. Begründend wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges - im wesentlichen ausgeführt, es könne aufgrund der bergrechtlichen Gewinnungsbewilligung für das Abbaufeld "Schifterkogel" davon ausgegangen werden, daß ein öffentliches Bergbauinteresse bestehe. Dies werde auch aus den Stellungnahmen der Berghauptmannschaft und der Landesbaudirektion, Referat für Landes- und Regionalplanung deutlich. Dieser positiven Beurteilung stehe die Ablehnung durch die - gemäß § 19 Abs. 6 ForstG 1975 - zu hörende Gemeinde Semriach sowie die Äußerung der für örtliche Raumplanung und Gemeindeentwicklung zuständigen Fachabteilung entgegen. Weiters sei der forstfachlichen Beurteilung zu entnehmen, daß die Wohlfahrtsfunktion der Rodefläche nicht durch die Rekultivierung, sondern durch eine Ersatzaufforstung ausgeglichen werden könne, und daß mit negativen Auswirkungen auf das Kleinklima, die Windströmungsverhältnisse und mit Austrocknungen der an die Rodefläche unmittelbar angrenzenden Waldflächen zu rechnen sei. Bei einer Gegenüberstellung des geltend gemachten öffentlichen Interesses des Bergbaues mit dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung sei dem Walderhaltungsinteresse der Vorzug zu geben gewesen. Es sei nämlich nicht hervorgekommen, daß derzeit ein dringender Bedarf am Rohstoff Dolomit bestehe. Vielmehr seien lediglich dessen Eignung und Einsatzmöglichkeit für die Feuerfestindustrie hervorgehoben worden. Demgegenüber seien die negativen kleinklimatischen Auswirkungen sowie die Austrocknungsgefahr für angrenzende Wälder als gravierend anzusehen, weil der Eingriff letzten Endes über viele Jahrzehnte bestehen bleibe und sich diese Auswirkungen im Hinblick auf die vorgesehene Erweiterung der Abbaufläche sogar noch verstärken würden.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung und brachten u.a. vor, die Behörde habe nicht das konkrete Rodungsvorhaben, sondern ein nicht beantragtes Vorhaben von ca. 42 ha beurteilt. Sie habe bei Beurteilung des Bedarfes am Rohstoff Dolomit weiters verkannt, daß ein Projekt wie das vorliegende auf eine Situation der Rohstoffgewinnung abstelle, wie sie sich erst in einigen Jahren darstelle. Den konkreten Nachweis eines dringenden Bedarfes in zehn Jahren könne kaum ein Antragsteller erbringen. Es müsse daher die festgestellte regionale bzw. nationale Bedeutung des gegenständlichen Vorkommens ausreichen. Schließlich stehe die Auffassung der Behörde, das Rodungsvorhaben ziehe negative kleinklimatische Auswirkungen nach sich, im Widerspruch zu den Ausführungen der Baudirektion, wonach kleinklimatische Auswirkungen nicht zu erwarten seien. Es sei diese Auffassung auch, wie der mit der Berufung vorgelegten Stellungnahme der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik zu entnehmen sei, nicht ausreichend begründet.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. August 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, die Gemeinde Semriach habe sich vehement gegen den geplanten Abbau ausgesprochen und auf die Flächenwidmung der Rodefläche als Freiland, Nutzung Wald, hingewiesen. Die Erholungs- und Schutzfunktion dieses Waldes würden durch das Rodungsprojekt vernichtet und ein bisher unberührtes Landschaftsbild schwer beeinträchtigt. Fremdenverkehr und Naherholung würden leiden, ein ca. 200 m entferntes Siedlungsgebiet beeinträchtigt. Der forsttechnische Amtssachverständige habe zu den Rodungsmaßnahmen seine fachlichen Bedenken geäußert: Durch die 11 ha große Rodefläche werde in einen geschlossenen Waldkomplex eingegriffen, wodurch mit starken Änderungen der kleinklimatischen Verhältnisse für die angrenzenden Wälder zu rechnen sein werde. Negative Auswirkungen auf das Kleinklima, die Windströmungsverhältnisse und Austrocknungen der an die Rodefläche unmittelbar angrenzenden Waldflächen seien zumindest in den nächsten 15 Jahren vorhersehbar. Vor allem die forstfachlichen Argumente hinsichtlich des großen Eingriffes in einen geschlossenen Waldkomplex und die durch die Rodungsmaßnahmen entstehenden Beeinträchtigungen der verbleibenden Waldflächen seien für die Erstbehörde ausschlaggebend gewesen, dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung höherrangige Bedeutung beizumessen. Die Berufungsbehörde schließe sich den diesbezüglichen Ausführungen der Erstbehörde an. Das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer sei nicht geeignet, die vom Amtssachverständigen prognostizierten negativen Auswirkungen der Rodungsmaßnahmen im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung zu entkräften.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

1.) Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Dies gilt selbst dann, wenn dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Unrecht Parteistellung zuerkannt worden sein sollte (vgl. Mayer, B-VG2 (1997) 310 f, und die hier zitierte hg. Judikatur).

In dem in der vorliegenden Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkt, die belangte Behörde habe den Anspruch der Beschwerdeführer auf Erteilung der beantragten Rodungsbewilligung verletzt, können Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin zufolge der von ihnen in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärung, die von ihnen beantragte Rodungsbewilligung solle nicht ihnen, sondern der Drittbeschwerdeführerin erteilt werden, nicht verletzt werden; kann diese Erklärung doch nicht anders verstanden werden, als daß Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin ihren Anspruch auf die beantragte Rodungsbewilligung nicht länger geltend machen.

Bei den in der Beschwerde weiters geltend gemachten Verletzungen im Recht auf erschöpfende Darstellung des Sachverhaltes, auf Berücksichtigung erstatteter Stellungnahmen, auf Aufklärung von Widersprüchen sowie im Recht auf eine ordnungsgemäße Bescheidbegründung handelt es sich nicht um Beschwerdepunkte im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG, sondern um Beschwerdegründe im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. September 1998, Zl. 98/10/0238, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Die vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin erhobene Beschwerde war daher wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

2.) Über die Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat, indem sie die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. März 1997 abwies, dessen Spruch zum Inhalt ihres Bescheides gemacht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1301 f, referierte hg. Judikatur). Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde daher "dem im Namen der Grundeigentümer Andreas und Maria Tscheppe von der Schotter- und Betonwerk Karl Schwarzl Betriebsges.m.b.H." gestellten Rodungsantrag keine Folge gegeben. Gleichzeitig wurde dieser Entscheidung spruchgemäß nicht der vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin ursprünglich gestellte Rodungsantrag zugrunde gelegt, sondern der von der Drittbeschwerdeführerin - nach Abgabe der Erklärung, die Rodungsbewilligung möge nicht dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin erteilt werden, sondern der Drittbeschwerdeführerin - geänderte Rodungsantrag.

Solcherart spricht der angefochtene Bescheid daher nicht bloß über einen Rodungsantrag des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ab, sondern auch darüber, daß der Rodungsantrag - ungeachtet der abgegebenen Erklärung - in der Fassung der von der Drittbeschwerdeführerin vorgenommenen Änderung nicht dieser, sondern dem Erstbeschwerdeführer bzw. der Zweitbeschwerdeführerin zuzurechnen sei. Insoweit ist der angefochtene Bescheid auch geeignet, die Drittbeschwerdeführerin in Rechten zu verletzen.

Die somit zulässige Beschwerde erweist sich auch als berechtigt:

Die von der Drittbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, die vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin beantragte Rodungsbewilligung möge ihr erteilt, sie möge als Rodungswerber angesehen werden, kann nicht anders denn als Rodungsantrag der Drittbeschwerdeführerin verstanden werden. Die Drittbeschwerdeführerin hat nämlich weder im Verwaltungsverfahren, noch in der vorliegenden Beschwerde eine Rechtsnachfolge im Waldeigentum nach dem Erstbeschwerdeführer bzw. der Zweitbeschwerdeführerin oder einen sonstigen Umstand behauptet, der es ihr ermöglichte, anstelle von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin in das laufende Rodungsbewilligungsverfahren einzutreten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1979, Zl. 47/79). Über den als Rodungsantrag zu deutenden Antrag der Drittbeschwerdeführerin hätte daher auch nicht der über Devolutionsantrag des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin zuständig gewordene Landeshauptmann, sondern die Bezirksverwaltungsbehörde zu entscheiden gehabt (§ 19 Abs. 1 lit. b ForstG 1975).

Indem die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgendem Hinweis veranlaßt:

Bei der Erteilung bzw. Versagung einer Rodungsbewilligung handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (vgl. § 19 ForstG 1975); dieser steht mit dem Gesetz nur dann im Einklang, wenn ein auf seine Setzung gerichteter, von einer hiezu legitimierten Partei gestellter Antrag vorliegt.

Die Drittbeschwerdeführerin vermag sich als Nichtwaldeigentümer auf eine Berechtigung zur Antragstellung im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. a ForstG 1975 nicht zu stützen. Allerdings dient die beantragte Rodung nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid den im Bergbau begründeten öffentlichen Interessen und es wurde der Drittbeschwerdeführerin hiefür die bergrechtliche Gewinnungsbewilligung erteilt. In Ansehung der bewilligten Bergbautätigkeit steht das private Interesse der Drittbeschwerdeführerin im Einklang mit dem öffentlichen Interesse am Bergbau im Sinne des § 17 Abs. 3 ForstG 1975. Insoweit ist sie als "zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 Zuständige" gemäß § 19 Abs. 2 lit. b ForstG 1975 anzusehen. "Zuständig" im Sinne dieser Bestimmung sind nach der hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 1989, Zl. 88/10/0098, und die hier zitierte Vorjudikatur) nämlich nicht nur Behörden, sondern alle Personen, denen Rechtsvorschriften die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 leg. cit. zuweisen. Ob die Berechtigung zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG 1975 (so die Gesetzesmaterialien, RV, 1266 BlgNR, 13. GP 92) auf einem Gesetz bzw. einer Verordnung oder auf einem Bescheid beruht, ist dabei ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Dezember 1998

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Diverses Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997100206.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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