TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/14 97/10/0048

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Veröffentlicht am 14.12.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §38;
ForstG 1975 §1 Abs2;
ForstG 1975 §1;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §172 Abs6 lita;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §4 Abs1;
ForstG 1975 §5;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des J in Rangersdorf, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, Hauptplatz 23/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. Jänner 1997, Zl. Agrar11-155/1/1997, betreffend Wiederbewaldungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. Jänner 1997 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, näher beschriebene Grundflächen in bestimmter Art und Weise wiederaufzuforsten. Hiezu wurden - nach Darstellung des Verfahrensganges - die folgenden Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen wiedergegeben:

"Herr J hat im September/Oktober 1992 den auf diesen Parzellen stockenden hiebsunreifen, ca. 20-jährigen Fichten-Lärchen-Jungwald offenbar in Vorbereitung der von ihm beabsichtigten Veräußerung und Bebauung dieser Grundstücke kahlgeschlägert (siehe Anzeige der Forstaufsichtsstation Winklern vom 4.3.1993 und die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 31.3.1993, Zl. S-1428/93).

Der daraufhin vom Grundeigentümer J eingebrachte Rodungsantrag für diese Parzellen 1032/2 und 1032/3, KG Lainach, (die Parzelle 1032/10 laut Teilungsplan des Dipl.Ing. M existiert noch nicht) wurde in zwei Instanzen abgewiesen, da dem Wald auf diesen Grundstücken linksufrig des Zleinitzbaches besondere Bedeutung hinsichtlich des Hochwasserschutzes zukommt.

Da das Rodungsverfahren in zwei Instanzen negativ verlief, hat die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau die Wiederbewaldung der im Herbst 1992 unbefugt kahlgeschlägerten Waldflächen mit dem jetzt bekämpften Bescheid, Zl. 25-4/20/93 vom 2.7.1996, aufgetragen.

Herr J begründet seine Einwendungen gegen die Aufforstung damit, daß er die Flächen als Bauland erworben habe und bereits Käufer (für die nicht in der roten Zone der WLV gelegenen Flächen) habe, welche ein Mölltaler Öko-Haus mitgeliefert bekämen. Aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Lage könne er eine Aufforstung nicht akzeptieren.

Dazu wird nochmals bemerkt, daß Herr J im Jahre 1992 unbefugt und ohne behördliche Bewilligung den hiebsunreifen Waldbestand auf Teilen der gegenständlichen Grundstücke entfernt hat und daß das von ihm angestrebte Rodungsverfahren aufgrund der Einwendungen des forsttechnischen Sachverständigen sowie der schwerwiegenden Bedenken des Vertreters der Wildbach- und Lawinenverbauung negativ verlief.

Da aus forstfachlicher Sicht sowie aus Sicht der Wildbach- und Lawinenverbauung dem Wald auf den gegenständlichen Grundstücke große Bedeutung hinsichtlich des Hochwasserschutzes zukommt, muß seitens der Landesforstdirektion die ehestmögliche Wiederbewaldung der unbefugt kahlgeschlägerten Flächen auf den Parzellen 1032/2 und 1032/3, KG Lainach, wie im bekämpften Bescheid unter Punkt 3. mit 30.6.1997 terminisiert, gefordert werden."

Der Beschwerdeführer habe dazu im wesentlichen erklärt, er wäre bereit, von der Parzelle 1032/3 ca. 450 m2 aufzuforsten und einen Schutzwall zu errichten, der effizienter sei als eine Bewaldung; im übrigen bestehe ein großes öffentliches Interesse an der Bebauung.

Die vom gegenständlichen Verfahren betroffenen Grundstücke seien nach Auffassung der belangten Behörde zweifelsfrei Waldgrundstücke im Sinne des Forstgesetzes. Sie dürften daher ausschließlich als Waldboden verwendet werden; eine anderweitige Verwendung sei nur aufgrund einer Rodungsbewilligung zulässig. Der vom Beschwerdeführer seinerzeit eingebrachte Rodungsantrag sei jedoch "in zwei Instanzen" abgewiesen worden, weil dem Wald auf diesen Grundstücken besondere Bedeutung für den Hochwasserschutz zukomme. Im Hinblick darauf, daß es sich im Gegenstande zweifelsfrei um Waldflächen und um einen Verstoß gegen das Verbot des § 17 Abs. 1 ForstG handle - es sei Waldboden unbefugt zu anderen Zwecken verwendet worden - sei die Forstbehörde verpflichtet, unverzüglich die Herstellung des vorschriftsmäßigen Zustandes anzustreben. Dabei sei es - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - ohne Belang, ob ein Bedarf an der Schaffung von Bauland vorliege, ob Käufer für diese Grundstücke vorhanden seien und ob eine eingeschränkte Fläche zur Aufforstung angeboten worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 172 Abs. 6 ForstG hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)

die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)

die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)

die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten sowie die Wildbachräumung,

              d)              die Verhinderung und tunlichst die Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

              e)              die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr

im Verzug unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

Voraussetzung der Erteilung eines forstbehördlichen Auftrages nach der zitierten Vorschrift ist, daß es sich bei der betreffenden Fläche zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstliche Vorschriften und zum Zeitpunkt der Erlassung des forstpolizeilichen Auftrages um Wald im Sinne des Forstgesetzes gehandelt hat. Tatbestandsvoraussetzung des § 172 Abs. 6 ForstG ist weiters ein Verstoß gegen forstrechtliche Vorschriften, z.B. das Rodungsverbot (§ 17 Abs. 1 ForstG), das Verbot der Waldverwüstung (§ 16 Abs. 1 ForstG) oder das Verbot der rechtzeitigen Wiederbewaldung (§ 13 Abs. 1 ForstG; vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0132, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die belangte Behörde gehe zwar davon aus, daß die in Rede stehenden Grundstücke "zweifelsfrei" Waldgrundstücke seien, sie habe es jedoch unterlassen, dies näher zu begründen, obwohl der Beschwerdeführer im Verfahren mehrfach dargelegt habe, daß die Grundstücke im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesen seien und im Zeitpunkt dieser Widmung, 1967, freie Wiesenflächen dargestellt hätten. Der forsttechnische Sachverständige habe dargelegt, daß die Grundstücksparzelle 1032/2 derzeit als Wiese und die Grundstücksparzelle 1032/3 im mittleren, nördlichen und östlichen Teil ebenfalls als Wiese ausgebildet seien. Im Grundbuch weise das Grundstück 1032/2 die Widmung "landwirtschaftliche Nutzung" auf. Bei dieser Sachlage könne aber nicht mehr davon gesprochen werden, daß die Liegenschaften "zweifelsfrei" als Wald zu qualifizieren seien. Vielmehr erweckten diese Widmungen und die Schilderung der Örtlichkeit erhebliche Zweifel an einer Waldeigenschaft der Liegenschaften; die Annahme ihrer Nichtwaldeigenschaft liege im Gegenteil geradezu nahe. Die belangte Behörde habe es jedoch unterlassen, Feststellungen über das Alter des Waldes zu treffen. Hätte sie dies getan, so wäre sie zum Ergebnis gekommen, daß die in Rede stehenden Grundstücke bereits in den 60er und 70er Jahren freie Wiesenflächen dargestellt hätten und als Bauland gewidmet gewesen seien. Weiters hätte sich ergeben, daß die Voraussetzungen für eine Qualifikation der Grundstücke als Wald im Sinne des Forstgesetzes nicht vorlägen.

Nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zu § 172 Abs. 6 ForstG ist u.a. wesentlich, daß es sich bei der wiederzubewaldenden Fläche zum Zeitpunkt des Zuwiderhandelns gegen forstrechtliche Bestimmungen um Wald im Sinne des ForstG gehandelt hat, d.h., daß die in Rede stehenden Flächen im Sinne des § 5 Abs. 2 ForstG zu diesem Zeitpunkt oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt innerhalb des davor liegenden Zeitraumes von 15 Jahren Wald gewesen sind. Diese Frage ist eine im forstaufsichtsrechtlichen Verfahren nach § 172 Abs. 6 ForstG zu beurteilende Vorfrage (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1996, Zl. 91/10/0190, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Nun trifft es zu, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich ausgeführt hat, die Grundstücke seien "zweifelsfrei Waldgrundstücke im Sinne des Forstgesetzes". Allerdings wurde - nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten - im rechtskräftigen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 17. April 1996, betreffend Versagung der Rodungsbewilligung für die in Rede stehenden Grundstücke dargelegt, die beiden Grundstücke im Ausmaß von insgesamt 2.423 m2 seien nach dem Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen "bis zur Kahlschlägerung im Herbst des Jahres 1992 mit einem ca. 20-jährigen Fichten-Lärchen-Bestand bestockt und voll überschirmt" gewesen. Auf dem Boden dieser - vom Beschwerdeführer weder im Rodungsverfahren noch im gegenständlichen Verfahren bestrittenen - Annahmen ist die Auffassung der belangten Behörde, die in Rede stehende Fläche sei im Jahre 1992 (und auch seither) als Wald zu qualifizieren, im Grunde des § 1 Abs. 1 ForstG nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Selbst wenn es sich dabei - wie der Beschwerdeführer behauptet - in den 60er und 70er Jahren "um freie Wiesenflächen" gehandelt hätte, die bisher nicht Wald waren, so wären diese mit Erreichung einer Überschirmung von fünf Zehntel im Grunde des § 4 Abs. 1 ForstG mittlerweile Wald geworden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1994, Zl. 93/10/0231, und die hier zitierte Vorjudikatur). Für die Annahme, daß die Grundstücke schon bisher Wald waren, aber nach § 1 Abs. 4 lit. a ForstG nicht als Wald gegolten hätten, besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt; dies wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, daß nicht er, sondern sein Rechtsvorgänger im Grundeigentum die Schlägerungen vorgenommen habe. Er sei daran in keiner Weise beteiligt gewesen, sondern habe erst im Mai 1993 eine, in der Natur als Wiesengrundstück erkenntliche Liegenschaft gekauft.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß Aufträge nach § 172 Abs. 6 ForstG dem Waldeigentümer auch dann erteilt werden dürfen, wenn nicht er selbst, sondern sein Rechtsvorgänger den Verstoß gegen forstrechtliche Vorschriften zu verantworten hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 95/10/0132, und die hier zitierte Vorjudikatur). Ein Auftrag nach § 172 Abs. 6 i.V.m.

§ 17 Abs. 1 ForstG hat auch nicht zur Voraussetzung, daß dem Waldeigentümer die Außerachtlassung der forstrechtlichen Vorschriften subjektiv vorwerfbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1996, Zl. 96/10/0110).

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die Nutzung der in Rede stehenden Grundstücke als Bauland liege im öffentlichen Interesse, eine Abwägung dieses Interesses mit den forstlichen Interessen sei aber unterblieben. Durch den derzeitigen Zustand der Grundflächen könne eine Beeinträchtigung forstlicher Belange indes schon deshalb nicht bewirkt werden, weil dieser Zustand dem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der Flächenwidmung als Bauland entspreche.

Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

§ 172 Abs. 6 ForstG normiert nämlich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, daß ein Wiederbewaldungsauftrag als Ergebnis einer Interessenabwägung, vergleichbar jener nach § 17 Abs. 2 ForstG, zu erlassen ist.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 14. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997100048.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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