TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/14 98/10/0384

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Veröffentlicht am 14.12.1998
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Index

L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art140 Abs1;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dax-Klepeisz-Kröpfl, Rechtsanwälte in Güssing, Hauptplatz 4, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 16. Juni 1998, Zl. 5-N-B1082/1-1998, betreffend Verweigerung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung und Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Juni 1998 wurde unter Berufung auf § 3 der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung, mit der die Umgebung von Bernstein, Lockenhaus und Rechnitz zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wurde, LGBl. Nr. 19/1972, und auf § 5 lit. a Z. 1 sowie §§ 23 Abs. 7, 81 Abs. 2 und 5 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes 1990, LGBl. Nr. 27/1991 (NG) und § 20 Abs. 1, 4 und 5 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes 1969, LGBl. Nr. 18 (RPG) der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Erdkellers und einer Milchwirtschaftsküche auf dem Grundstück Nr. 2203 der KG B. als dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widersprechend abgewiesen (Spruchpunkt 1).

Unter Spruchpunkt 2 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 23 Abs. 7, 81 Abs. 2 und 5 NG aufgetragen, "die ohne naturschutzbehördliche Bewilligung mit der Errichtung begonnenen Baulichkeiten (Erdkeller und Milchwirtschaftsküche), Grundstück Nr. 2203 KG B. "innerhalb von 10 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer habe um die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Erdkellers und einer Milchwirtschaftsküche auf dem Grundstück Nr. 2203 der KG B. angesucht. Dieses Grundstück befinde sich innerhalb des Landschaftsschutzgebietes "Umgebung von Bernstein, Lockenhaus und Rechnitz" und sei im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde als "Grünfläche - landwirtschaftlich genutzt" ausgewiesen. Nach § 20 Abs. 1 RPG sei im naturschutzbehördlichen Verfahren zu prüfen, ob die zu bewilligende Maßnahme dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht widerspreche. Es sei daher zunächst zu prüfen gewesen, ob eine geplante landwirtschaftliche Nutzung zumindest die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertige. Erst bei Bejahung dieser Frage dem Grunde nach sei die weitere Frage zu beantworten, ob für eine solche mögliche landwirtschaftliche Nutzung eine Baulichkeit erforderlich sei. Auf Grund der Ausführungen des Beschwerdeführers werde das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes mit geringfügigen Einnahmen angenommen. Der Sachverständige für Landwirtschaft habe in seinem Gutachten allerdings dargelegt, die Baumaßnahmen stünden in keinem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung, weil sie sich wegen ihrer Bauweise und der fehlenden Infrastruktur (fließendes Heiß- und Kaltwasser, Beleuchtung zur Kontrolle) für eine zeitgerechte, hygienische Erzeugung und Verarbeitung von Milchprodukten nicht eigneten. Die zur naturschutzbehördlichen Bewilligung beantragten Bauten könnten daher für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung nicht als notwendig im Sinne des § 20 Abs. 4 und 5 RPG angesehen werden und widersprächen demzufolge auch der Widmung "Grünfläche - landwirtschaftlich genutzt".

Zu Punkt 2 des Spruches des angefochtenen Bescheides (Wiederherstellungsauftrag) führte die belangte Behörde aus, ein Wiederherstellungsauftrag sei zu erlassen gewesen, da für das bewilligungspflichtige Vorhaben keine Bewilligung vorläge.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluß vom 7. Oktober 1998, B 1446/98-7, ihre Behandlung ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde stütze ihre Entscheidung auf § 20 Abs. 1, 4 und 5 RPG und weise den Antrag als dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan widersprechend ab. Damit entscheide sie über eine ausschließlich raumplanerische Frage, die eindeutig in den eigenen Wirkungsbereich der Baubehörde falle. Damit sei der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig. Er leide aber auch an einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Das beantragte Bauvorhaben beziehe sich auf ein Grundstück im Landschaftsschutzgebiet. Für dieses Grundstück und das Nachbargrundstück sei bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 1992 die naturschutzbehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Stallgebäudes und einer Koppel und mit einem weiteren Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juli 1993 die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Heustadels und einer Brunnenüberdachung erteilt worden. Dabei sei vom Sachverständigen festgestellt worden, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb zumindest im Nebenerwerb geführt werde und es sich bei diesen Baumaßnahmen um Zweckbauten handle, die für die Betriebsführung notwendig seien. Auch eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sei nicht gegeben. Das Ansuchen des Beschwerdeführers um die Erweiterung dieses bereits genehmigten landwirtschaftlichen Betriebes sei ordnungsgemäß eingebracht worden. Aufgabe der belangten Behörde wäre es gewesen, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die angestrebte Bewilligung vorlägen. Die belangte Behörde hätte eine Sachentscheidung nach den Bestimmungen des NG 1990 zu treffen gehabt und nicht eine Formalentscheidung nach dem RPG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unbestritten ist, daß das Bauvorhaben des Beschwerdeführers

einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedarf.

Nach § 20 Abs. 1 RPG hat der genehmigte Flächenwidmungsplan neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, daß Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der burgenländischen Bauordnung sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.

Nach § 20 Abs. 4 leg. cit. fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2. Dies gilt auch für flächenmäßig nicht ins Gewicht fallende, im Zusammenhang mit der Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserentsorgung, dem Fernmelde- und Sendewesen oder dem Sicherheitswesen erforderliche Anlagen sowie für geringfügige Bauten (z.B. Garten- und Gerätehütten, kleine Statuen, Bauten, die nur vorübergehenden Zwecken dienen und für Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung des Naturhaushaltes (z.B. Biotope).

Nach § 20 Abs. 5 RPG ist die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, daß

a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,

b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,

c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und

d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.

Die belangte Behörde hat ihre Auffassung, daß das Bauvorhaben des Beschwerdeführers dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan widerspricht, weil es für eine der Flächenwidmung entsprechende Nutzung nicht notwendig im Sinne des § 20 RPG ist, auf die Ausführungen des von ihr beigezogenen Amtssachverständigen für Landwirtschaft gestützt. Daß diese Ausführungen unrichtig seien, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Daß auf dem Grundstück, auf dem die Baumaßnahmen zur Ausführung gelangen sollen, bereits andere Baumaßnahmen naturschutzbehördlich bewilligt wurden, ist daher ohne Belang.

Eine Formalentscheidung hat die belangte Behörde nicht getroffen. Sie hat sich mit dem Antrag des Beschwerdeführers inhaltlich auseinandergesetzt. Daß § 20 Abs. 1 RPG verfassungskonform ist, hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 1998, G 32/98, u.a. ausgesprochen.

Unklar ist, worauf der Beschwerdeführer hinaus will, wenn er meint, die Naturschutzbehörde dürfe lediglich als Vorfrage beurteilen, ob das Projekt, über welches sie zu entscheiden habe, dem Flächenwidmungsplan widerspreche. Auch wenn man diese Entscheidung als Vorfragenentscheidung beurteilt, ändert dies nichts daran, daß der naturschutzbehördliche Bewilligungsantrag abzuweisen ist, wenn die Prüfung ergibt, daß das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspricht.

Zum naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag enthält die Beschwerde keine Ausführungen. Gegen dessen Rechtmäßigkeit bestehen keine Bedenken.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als abzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998100384.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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