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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, über die Revision des W A in G, vertreten durch Mag. Taner Önal, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Kärntner Straße 7b/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. November 2018, I403 2209357- 1/5E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und Festsetzung einer Frist für die freiwillige Ausreise sowie Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet am 19. Oktober 2007 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 2. Oktober 2008 zur Gänze, verbunden mit einer Ausweisung nach Nigeria, ab. Der Asylgerichtshof wies eine dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 18. Februar 2013 als unbegründet ab. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 16. September 2013, U 696/2013, ab.
2 Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10. Oktober 2012 war über den Revisionswerber wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften eine Freiheitsstrafe von 33 Monaten verhängt worden.
Mit weiterem rechtskräftigem Urteil vom 11. Februar 2015 (abgeändert mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 25. November 2015) verhängte das Landesgericht für Strafsachen Graz über den Revisionswerber, neuerlich wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (gewerbsmäßiger Verkauf von insgesamt ca. 10.500 g Cannabiskraut und 330 g Kokain zumindest zwischen Oktober 2013 und 28. April 2014, weiters Mitwirkung bei der Einfuhr von rund 490 g Kokain von Spanien nach Österreich sowie Überlassung von Suchtgift zum Verkauf durch andere Personen), eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 10 Monaten. Der Strafvollzug dauerte bis zum 28. Februar 2019 an.
3 Mit Bescheid vom 8. Oktober 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag des Revisionswerbers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 ab. Es erließ gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 3 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Nigeria fest, wobei ihm gemäß § 55 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen eingeräumt wurde. Mit Bezug auf die dargestellten Straftaten erließ das BFA gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot. 4 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde, in der er seine Staatsangehörigkeit mit "Sudan alias Nigeria" bezeichnete. Er brachte zu diesem Thema vor, anlässlich der Geburt seines (aus einer früheren Beziehung stammenden, nigerianischen) Sohnes - am 4. März 2013 - "(bestätigte) die sudanesische Botschaft die Staatsangehörigkeit ... gegenüber der BH Zell am See, sodass in der Geburtsurkunde des Sohnes (er) als Sudanese geführt wird". Entgegen der Feststellung des BFA habe die Nigerianische Botschaft weder seine Identität oder Staatsangehörigkeit festgestellt noch jemals für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt.
Unter Berücksichtigung des erwähnten Kindes sowie einer (nach Beendigung der Lebensgemeinschaft mit der Mutter dieses Kindes) bereits 2016 - wenn auch während des Strafvollzuges - begonnenen Partnerschaft mit einer slowenischen Staatsangehörigen verletze die Rückkehrentscheidung sein in Österreich geführtes Privat- und Familienleben. Der Revisionswerber beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Ladung der aktuellen (slowenischen) Lebensgefährtin.
5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 22. November 2018 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde insoweit statt, als es die Dauer des Einreiseverbotes auf 10 Jahre herabsetzte. Im Übrigen wies es die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 iVm § 58 Abs. 5 und 11 Z 2 AsylG 2005 zurückgewiesen werde. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das BVwG aus, dass eine Revision gegen sein Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Begründend führte das BVwG - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - aus, der Revisionswerber sei ein Staatsangehöriger Nigerias. Dazu verwies das BVwG auf zwei - bereits im Asylverfahren eingeholte - Sprachanalysen vom 23. Juni und 14. August 2008, darauf, dass sich der Revisionswerber wiederholt selbst sowie ebenso in von seinen Rechtsanwälten in seinem Namen eingebrachten Stellungnahmen als Nigerianer bezeichnet habe und für ihn - entgegen der Beschwerde - am 17. Jänner 2018 von der Botschaft Nigerias ein Heimreisezertifikat ausgestellt worden sei. Der Protokollierung einer sudanesischen Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers anlässlich der Geburt seines Sohnes (vor der BH Zell am See) sei nach der Aktenlage keine Identifizierung durch die Botschaft des Sudan zugrunde gelegen, sondern lediglich eine Falschangabe des Revisionswerbers. In der Geburtsurkunde seines Sohnes scheine seine Staatsangehörigkeit zudem gar nicht auf.
Unter Berücksichtigung der - allerdings nicht in nennenswertem Umfang gelebten und während unsicheren Aufenthaltsstatus entstandenen - Bindungen zu seinem am 4. März 2013 geborenen Sohn und der aktuellen Partnerin sei die Dauer des Einreiseverbotes zu reduzieren. Im Übrigen seien die Rückkehrentscheidung sowie das Einreiseverbot aufgrund der hohen vom Revisionswerber ausgehenden Gefährdung nicht zu beanstanden.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG abgesehen werden können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt sei oder sich (wie dargestellt) zweifelsfrei ergebe, dass das Beschwerdevorbringen nicht den Tatsachen entspreche. 7 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2019, E 26/2019, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
8 Die in der Folge ausgeführte Revision erweist sich als unzulässig:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).
10 Insoweit rügt die Revision das Unterbleiben der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG, die vor allem zur Klärung der Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers erforderlich gewesen wäre, und bemängelt die im Zusammenhang mit der festgestellten nigerianischen Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers vorgenommene Beweiswürdigung.
11 Dem ist zu entgegnen, dass der Frage der Staatsangehörigkeit des Revisionswerbers in der gegenständlichen Konstellation - es geht entgegen den Ausführungen in der Revision nicht um ein "Asylverfahren" - keine maßgebliche Bedeutung zukommt; insbesondere muss die Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung nicht zwangsläufig in Bezug auf den (richtigen) Herkunftsstaat erfolgen (vgl. etwa VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0125, Rn. 10). Dass der Revisionswerber aber als "Ausländer" in Nigeria eine der Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung entgegenstehende Behandlung erfahren würde, stellt eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerung dar.
12 Von daher geht die erwähnte Rüge ins Leere. Dem BVwG kann aber auch insgesamt nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Sinn des § 21 Abs. 7 BFA-VG keiner weiteren Klärung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedurfte. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach dargelegt, dass § 21 Abs. 7 BFA-VG - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - im Einklang mit Art. 47 GRC steht (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 11.5.2017, Ra 2016/21/0144, Rn. 11 und 12, mwN). 13 Nach dem Gesagten vermag die Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 26. Juni 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210119.L00Im RIS seit
06.09.2019Zuletzt aktualisiert am
06.09.2019