Index
E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §7Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm, als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der W GmbH in W, vertreten durch B&S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH in 1040 Wien, Gußhausstraße 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Dezember 2018, Zl. W110 2162055-1/40E, betreffend eine Angelegenheit nach dem Eisenbahngesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Schienen-Control Kommission; mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 I. Gegenstand
2 A. Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten
Schienen-Control Kommission (SCK) vom 27. März 2017 stellte diese das gemäß § 74 Eisenbahngesetz (EisbG) von Amts wegen eingeleitete wettbewerbsaufsichtsbehördliche Verfahren zum Infrastruktur-Benützungsentgelt der mitbeteiligten Partei ein (Spruchpunkt 1.) und wies die Anträge der revisionswerbenden Partei betreffend die Entgeltbestimmungen in den Produktkatalogen der mitbeteiligten Partei der Jahre 2011 bis 2017 ab bzw. jene Anträge betreffend die Entgeltbestimmungen in den Produktkatalogen der mitbeteiligten Partei der Jahre 2009 und 2010 zurück (Spruchpunkte 2. bis 4.). 3 In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde - soweit für den vorliegenden Fall relevant - aus, dass die bescheidgegenständlichen Entgelte anhand der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfielen, zu ermitteln seien. Dieser Ermittlung legte sie die von der mitbeteiligten Partei in ihren Stellungnahmen vom 9. September 2016 und 8. Februar 2017 übermittelten Kostendaten zu Grunde und stellte die Ermittlung der bescheidgegenständlichen Entgelte unter Heranziehung der auf Basis der Daten der mitbeteiligten Partei festgestellten Kostenpositionen unter Zugrundelegung von Plan- und Ist-Kosten dar. Nach Wiedergabe der Rechtsprechung des EuGH bezüglich der Ermittlung von unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten kam die belangte Behörde zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass unter dem Begriff der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, jedenfalls alle Kosten erfasst seien, die in Abhängigkeit vom Zugbetrieb variieren könnten. Nicht erfasst seien Kosten, die offensichtlich nicht unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfielen. Der in den einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union verwendete Begriff der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten lasse mangels genauerer Definition einen gewissen Wertungsspielraum offen, welcher den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung zukomme. Der österreichische Gesetzgeber habe von diesem Spielraum keinen Gebrauch gemacht und den undefinierten Begriff in das EisbG übernommen, weshalb dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen bei der Festsetzung seiner Entgelte ein Interpretationsspielraum zukomme. Der EuGH verwende das Direktkostenprinzip als Synonym für die Berechnung der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten. In den Wirtschaftswissenschaften würden unter direkten Kosten oder Einzelkosten solche verstanden, die dem Kostenträger direkt zugerechnet werden könnten. Kostenträger seien die Leistungen, die ein Betrieb erstelle. Die Leistung des Zugbetriebes sei die Bereitstellung der Eisenbahninfrastruktur für die Zugtrassen, weshalb alle Kosten zuzurechnen seien, die durch den Zugbetrieb verursacht würden. Im Gegensatz zum Grenzkostenprinzip stelle das Direktkostenprinzip nicht auf die Mehrkosten ab, die eine weitere Ausbringungseinheit - im konkreten Fall ein weiterer Zugkilometer - verursache, sondern auf die Kosten, die der Zugbetrieb an sich verursache. Die direkten Kosten entsprächen nicht den Grenzkosten oder den variablen Kosten je Zugkilometer oder je Bruttotonnenkilometer, weil auf den Zugbetrieb und nicht auf die Zugfahrt abzustellen sei. Für die Auslegung des Begriffes der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten sei die Rechtsprechung des EuGH maßgeblich und nicht - wie die revisionswerbende Partei vermeine - die Durchführungsverordnung (EU) 2015/909, welche die Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen, regle. Nach dieser Verordnung stehe es dem Infrastrukturbetreiber frei, die Modalitäten der genannten Durchführungsverordnung erst in einem Zeitraum von vier Jahren nach Inkrafttreten der Durchführungsverordnung, somit bis 3. Juli 2019, zu übernehmen. Vorher sei der Infrastrukturbetreiber nicht gehalten, das Entgelt nach den Modalitäten dieser Durchführungsverordnung zu ermitteln.
4 Die mitbeteiligte Partei habe bei der Ermittlung der Entgelte die Bereitschaftskosten und die Beschäftigungskosten herangezogen, welche insofern unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfielen, als es sich um Kosten des Verschleißes durch den Zugbetrieb handle. Die Bereitschaftskosten fielen unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes an, weil diese abhängig von der Produktionsmenge seien und durch die Erhöhung des Zugbetriebes auch der Kostenverlauf ansteige. Zu diesen Kosten würden die Instandsetzungs-, Wartungs- und Inspektionskosten sowie die Kosten der Zugsteuerung zählen. Diese für den Zugbetrieb erforderlichen Kosten dürften in die Berechnung des Infrastrukturbenützungsentgelt s einfließen, sofern es sich um für die Erbringung der Leistung des Produkts Zugtrasse erforderliche Bereitschaftsbzw. Beschäftigungskosten sowie um Direktkosten handle. 5 Als Kostenposition im Bereich der Betriebsführung seien demnach die für Fahrdienstleiter, Stellwerker, Betriebsassistenten und Geschäftsführer entstehenden Betriebsführungskosten notwendig, um einen sicheren Zugbetrieb zu ermöglichen. Dass es sich um Personalkosten handle, stehe der Qualifikation als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallende Kosten nicht entgegen. Die Kosten würden in Abhängigkeit vom Zugbetrieb variieren, da bei einer Zunahme des Zugbetriebes mehr Personal in diesen Bereichen benötigt werde. Auch die Kosten für Leistungen, welche die Baustelleninformation und baustellenbedingte Einschränkungen bzw. Abänderungen im Zugverkehr beträfen (Kostenposition Netzbetrieb (NB) Infoleistung und Service) sowie die Kosten der zentralen Verkehrslenkung, wozu auch die Überwachung bzw. Verbesserung der Qualität der Betriebsführung zähle (Kostenposition Netzbetrieb (NB) Zentrale Verkehrsleitung), seien erforderlich, um einen sicheren Zugbetrieb zu ermöglichen. Ebenso dienten Kosten für Leistungen zur Koordination der Betriebsführung (wie z.B. die Sicherstellung und Koordination des hohen Qualitäts- und Pünktlichkeitsniveaus der Betriebsführung, die Mittelkoordinierung sowie die Koordination und Abstimmung der Baustellenverkehre (Kostenposition Netzbetrieb (NB) Managementservice/ Geschäftsbereich (GB) Betrieb) sowie die Kosten der Betriebsführung für betriebsrelevante Telekomanlagen/-netze (Kostenposition STR Betriebsführung Telekom) der Bereitstellung einer sicheren Infrastruktur, diese Kosten seien zur Abwicklung des Betriebes erforderlich. Die Kosten für Schienenersatzverkehre (Kostenposition Netzbetrieb (NB) Schienenersatzverkehr-Instandhaltung) fielen an, um den Zugbetrieb aufrecht zu erhalten und seien direkt von der Anzahl der Züge abhängig, weshalb auch diese Kosten unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfielen. Die Kostenpositionen im Bereich Instandsetzung/Entstörung umfassten Maßnahmen zur Erhaltung der Verfügbarkeit einer Anlage und Maßnahmen zur Beseitigung von Störungen mit dem Ziel der Wiederherstellung. Unter diese Kostenpositionen fielen Brücken/Konstruktive Durchlässe, Schaltanlagen, Fernwirkanlagen, Leittechnikanlagen, Eisenbahnkreuzungssicherungsanlagen, Oberbau, Unterbau, Sicherungsanlagen, Telekom, Energietechnik, Weichenheizung, Hilfsleistung und Meldeanlagen. Die Kosten zur Vermeidung von Kupferdiebstählen entlang der Eisenbahnstrecke dienten der Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen und sicheren Zugverkehrs (Kostenposition Sicherheit). Sämtliche Positionen des Kostenblocks Instandsetzung/Entstörung seien für die Bereitstellung einer sicheren und den Anforderungen des Zugbetriebes entsprechenden Eisenbahninfrastruktur notwendig. Die Kosten für die Entstörung seien von der Anzahl der Züge abhängig. Die Kosten für die Instandsetzung seien Bereitschaftskosten, da sie für die Bereitstellung einer betriebsbereiten Infrastruktur anfielen. Sowohl die Kosten zur Entstörung als auch jene für die Instandsetzung seien daher unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes angefallen. Der Kostenblock Inspektion/Wartung umfasse die Kostenpositionen Oberleitung, Schaltanlagen, Fernwirkanlagen, Leittechnikanlagen, Unterbau, Brücken/Konstruktive Durchlässe, Oberbau, Sicherungsanlagen, Telekom, Energietechnik, Weichenheizung, Eisenbahnsicherungsanlagen und Meldeanlagen. Weiters fielen die Kosten für die Wartung und Reparaturleistungen der Klimaanlagen in betriebsrelevanten Technik- und Relaisräumen (Kostenposition Anlagen), die Kosten für die Freihaltung der Licht- und Sichträume, wie z.B. der für den Triebfahrzeugführer erforderlichen Sichträume (Kostenposition Licht- und Sichtraum) und die Kosten für die Aufrechterhaltung des Zugbetriebes im Winter, wie z.B. die Beseitigung von Schnee im Gleis- und Weichenbereich (Kostenposition Winterdienst) unter den letztgenannten Kostenblock. Diese Kosten seien erforderlich, um eine betriebsbereite und sichere Infrastruktur bereitzustellen. Im Kostenblock Netzzugang/Anlagenmanagement seien die Kostenpositionen Netzzugang (in Höhe von 90% der Kosten), integriertes Streckenmanagement, integriertes Streckenmanagement Managementservice (mit Ausnahme der Unterposition Erstellung von Systemvorgaben für die regionale Erhaltungsplanung), zentrales Anlagenmanagement (ZAM) als unmittelbar durch den Zugbetrieb anfallend zu berücksichtigen, weil sie durch die Abwicklung des Zugbetriebes anfielen und für die Bereitstellung einer betriebsbereiten und sicheren Eisenbahninfrastruktur erforderlich seien. Die Kostenpositionen des Kostenblocks Energie/Bereitstellung, nämlich Energie (EN) Drehstrom und Energie (EN) Hauptversorgung Drehstrom, technische Betriebsführung, Energie (EN) Weichenheizung, Gas, Hausverwaltung (HV) IM Energiekosten, sonstige Energieaufwendungen, Hausverwaltung (HV) IM Betriebskosten, Hausverwaltung (HV) Service, Reinigung, sonstige Betriebskosten, fielen unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes an, weil jene Kosten erfasst seien, die für die Energieversorgung von betriebsrelevanten Anlagen und für die Bereitstellung der der Betriebsführung zugeordneten Räumlichkeiten anfielen.
6 B. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (VwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unbegründet ab und erachtete eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig.
7 In der Begründung seiner Entscheidung schloss sich das VwG den Feststellungen der belangten Behörde an, soweit diese die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten betreffen. Zur Auslegung des Begriffs der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten führte es im Wesentlichen aus, der EuGH habe in seiner Rechtsprechung zur Auslegung dieses Begriffes festgehalten, dass die RL 2011/14/EG, welche von der RL 2012/34/EU ersetzt worden sei, keine Definition dieses Begriffes enthalte und keine Vorschrift des Unionsrechts festlege, welche Kosten unter diesen Begriff fielen und welche nicht. Den Mitgliedstaaten komme aufgrund der praktischen Schwierigkeiten bei der Anwendung des Begriffes ein gewisser Wertungsspielraum zu. In seinen Entscheidungen habe der EuGH die Ansicht vertreten, dass Kosten im Zusammenhang mit der Signalsicherung, der Verkehrsverwaltung, der Wartung und der Instandsetzung zumindest teilweise entsprechend dem Verkehr variierten und infolgedessen zum Teil als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallend angesehen werden könnten. Kosten, die Fixkosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines Streckenabschnittes einschlössen, die der Betreiber auch dann tragen müsse, wenn keine Zugbewegungen stattfänden, seien daher "nur teilweise" als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallend anzusehen. Der EuGH habe lediglich indirekte Kosten, da diese offensichtlich keine unmittelbare Beziehung zum Zugbetrieb hätten, ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des EuGH würden somit lediglich jene Kosten, die offensichtlich nicht unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen, explizit ausgeschlossen bzw. als ungerechtfertigt angesehen. Zurechenbar wären daher jedenfalls jene Kosten, die in einem notwendigen Zusammenhang mit dem Zugbetrieb stünden, sodass neben variablen Kosten auch konnexe Fixkosten im Rahmen des dem Infrastrukturbetreiber zukommenden Wertungsspielraums Berücksichtigung finden könnten. Die von der belangten Behörde festgestellten Kostenblöcke würden jene Aufwendungen abbilden, die für die Bereitstellung der Infrastruktur der mitbeteiligten Partei erforderlich seien, sie seien daher dem Zugbetrieb zuzurechnen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Einbeziehung der unter die Kostenkategorie der Bereitschaftskosten fallenden Kostensätze, die für die Bereitstellung einer betriebsbereiten Eisenbahninfrastruktur bzw. Abwicklung des Zugbetriebes erforderlich seien, nicht zu beanstanden, weil als Kostenträger das Produkt Zugtrasse und nicht die einzelne Zugfahrt maßgeblich sei. Darunter fielen sämtliche Kosten beispielsweise für Inspektion und Wartung, Instandsetzung und Entstörung, sowie Kosten für Fahrdienstleiter. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung des Begriffs der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten vermöge sich das VwG der Ansicht der revisionswerbenden Partei nicht anzuschließen, dass unter den Kostenbegriff lediglich nutzungsbezogene, von der Verkehrsleistung abhängige, variable Kosten aufgrund der Infrastrukturnutzung zu subsumieren seien, weil die Judikatur des EuGH eine am Zugbetrieb orientierte Fixkostenabdeckung als zulässig erachte.
8 Soweit die revisionswerbende Partei hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten die Auffassung vertrat, dass auf den vorliegenden Sachverhalt und zur Auslegung des Kostenbegriffs des § 67 Abs. 1 EisbG die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/909 der Europäischen Kommission vom 12. Juni 2015, die gestützt auf Art. 31 Abs. 3 der RL 2012/34/EU erlassen wurde und am 3. Juli 2015 in Kraft getreten sei, anzuwenden sei, sei zu bemerken, dass nach der Übergangsbestimmung des Art. 9 leg. cit. der Regulierungsstelle vom Infrastrukturbetreiber spätestens am 3. Juli 2017 das Verfahren zur Berechnung der direkten Kosten vorzulegen sei. Diese Regelung entspreche Art. 31 Abs. 3 lit. 2 der RL 2012/34/EU, wonach der Infrastrukturbetreiber beschließen könne, diese Modalitäten schrittweise zu übernehmen und ihm dafür ein Zeitraum von höchstens 4 Jahren nach dem Inkrafttreten der Durchführungsverordnung eingeräumt werde. In § 67 Abs. 2 EisbG sei daher vorgesehen, dass im Falle der Erlassung eines Durchführungsaktes durch die europäische Kommission Eisenbahninfrastrukturunternehmer berechtig seien, die schrittweise Übernahme der Modalitäten zu beschließen; die Übernahme der Modalitäten habe jedoch innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten des Durchführungsrechtsaktes zu erfolgen. Der Infrastrukturbetreiber sei daher vor dem 3. Juli 2019 nicht gehalten gewesen, das Entgelt nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/909 zu ermitteln. Aufgrund der Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Vorgaben sei eine Diskriminierung iSd wettbewerblichen (Un-)Gleichbehandlung im Rahmen der bestehenden Zugangsbedingungen nicht zu erkennen.
9 Auch die vom Revisionswerber aufgeworfene Ausgeschlossenheit bzw. Befangenheit des an der Bescheiderlassung beteiligten Kommissionsmitglieds der vor dem Verwaltungsgericht belangten SCK sei nicht gegeben. Dass das betreffende Kommissionsmitglied an der Studie der TU Graz mitgewirkt bzw. sich fachlich beteiligt habe, weil in dieser Studie aus dem Jahr 2016 auf ein zwei Jahre zuvor geführtes Fachgespräch in einer Fußnote Bezug genommen werde, könne nicht gesagt werden. Laut dem Quellenverzeichnis der Studie stütze sich diese auf zahlreiche Studien und Fachpublikationen und es könne überhaupt kein Umstand gesehen werden, der bei objektiver Betrachtungsweise ein solches Ausmaß erreiche, dass von einer Befangenheit auszugehen wäre.
10 Ferner habe die belangte SCK bei der Feststellung der gegenständlichen Kosten nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen habe, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen sei, die Kostendaten der mitbeteiligten Partei zu Grunde gelegt. Die SCK habe die Unterlagen der mitbeteiligten Partei inhaltlich umfassend geprüft, die Daten analysiert, mit vergleichbaren Daten in Beziehung gesetzt, mit Vorjahreswerten verglichen und sie aufgrund des behördlichen Fachwissens und den Erfahrungswerten als schlüssig befunden, sodass sie den Feststellungen zu Grunde zu legen gewesen seien.
11 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob unter den Kostenbegriff des § 67 Abs. 1 EisbG verursachungsbezogen lediglich variable Kosten oder auch (anteilsmäßig) Fixkosten zu berücksichtigen seien, nicht vorliege.
12 C. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit aufgrund Verletzung von Verfahrensvorschriften, geltend machende Revision. 13 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Begriffs der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfielen, fehle. Das VwG weiche diesbezüglich von der Rechtsprechung des EuGH ab, da es lediglich jene Kosten, die offensichtlich nicht unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfielen, explizit ausgeschlossen habe, und weil es als "zuschlüsselbare" Kosten jedenfalls jene Kosten, die in einem notwendigen Zusammenhang mit dem Zugbetrieb stünden, gelten lasse, sodass es neben den variablen Kosten auch konnexe Fixkosten im Rahmen des dem Infrastrukturbetreiber zukommenden Wertungsspielraums anerkannt habe. Der EuGH stelle auf das Variieren mit dem Verkehr ab, weshalb folglich die Kosten nur in diesem Umfang als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallend zu betrachten seien. Auch der vom EuGH anerkannte
Wertungsspielraum der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Umsetzung dieses Begriffes in innerstaatliches Recht und seiner dortigen Anwendung beziehe sich auf eine gewisse Flexibilität des Infrastrukturbetreibers im Rahmen des (Entgelt)Systems, bestehend aus allgemeinen und besonderen Entgeltgrundsätzen im Sinne von Wegeentgelten und Aufschlägen, und nicht, wie das VwG vermeine, auf die Auslegung des Begriffs der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten. Weiters habe das VwG nur auf das Kriterium der Nichtdiskriminierung als Maßstab der Wettbewerbsüberwachung abgestellt. Die Nichtdiskriminierung sei jedoch nur eines von mehreren Kriterien des Maßstabes für die Wettbewerbsüberwachung in einem Verfahren nach § 74 EisbG, denen die Entgelte entsprechen müssten. Ferner sei ein an der erstinstanzlichen Bescheiderlassung beteiligtes Mitglied der belangten Behörde befangen bzw. liege ein Ausschlussgrund nach § 82 Abs. 2 EisbG vor, weil offensichtlich sei, dass zumindest ein faktisches Naheverhältnis des Kommissionsmitglieds zur mitbeteiligten Partei bestehe, zumal das betreffende Kommissionsmitglied am Zustandekommen eines Gutachtens involviert gewesen sei, welches als Privatgutachten im gegenständlichen Verfahren vorgelegt worden sei. In diesem Gutachten werde auf ein Fachgespräch mit dem Kommissionsmitglied Bezug genommen. Dies begründe den Anschein des Mangels der Unvoreingenommenheit. Auch sei die belangte Behörde in Verletzung des Amtswegigkeitsprinzips ohne eigenes Ermittlungsverfahren lediglich dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei gefolgt und habe deren Angaben inhaltlich ohne eigene objektive Überprüfung übernommen. Bereits der Grundsatz der materiellen Wahrheit erfordere, dass den zu regulierenden Unternehmen die Vorlage der relevanten Kostenunterlagen aufgetragen werde, und dass im Rahmen einer Zertifizierung der Kostenrechnung in das Rechnungswesen Einschau genommen werden müsse, da andernfalls der maßgebende Sachverhalt nicht objektiv festgestellt werden könne. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, die Kostendaten der mitbeteiligten Partei auf ihre formale und sachliche Korrektheit zu überprüfen. Dadurch, dass das VwG die rechtswidrige Unterlassung der Ermittlungs- und Überprüfungstätigkeit der belangten Behörde gebilligt und übernommen habe, habe es das angefochten Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet.
14 Die mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung, in der sie der Revision entgegentraten.
15 II. Rechtslage
16 A. Die vorliegend einschlägige Bestimmung der Richtlinie
2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (Neufassung), ABl. L 343 vom 14. Dezember 2012, S. 32, lautet (auszugsweise):
"Artikel 31
Entgeltgrundsätze
(1) Entgelte für die Nutzung der Fahrwege der Eisenbahn und von Serviceeinrichtungen sind an den Infrastrukturbetreiber und den Betreiber der Serviceeinrichtung zu entrichten, denen sie zur Finanzierung ihrer Unternehmenstätigkeit dienen.
(2) Die Mitgliedstaaten verpflichten den Infrastrukturbetreiber und den Betreiber der Serviceeinrichtung, der Regulierungsstelle alle erforderlichen Informationen zu den erhobenen Entgelten vorzulegen, damit diese ihre in Artikel 56 genannten Funktionen wahrnehmen kann. Diesbezüglich müssen der Infrastrukturbetreiber und der Betreiber der Serviceeinrichtung den Eisenbahnunternehmen nachweisen können, dass die dem Eisenbahnunternehmen gemäß den Artikeln 30 bis 37 tatsächlich berechneten Wege- und Dienstleistungsentgelte den in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Verfahren, Regeln und gegebenenfalls Tabellen entsprechen.
(3) Unbeschadet der Absätze 4 und 5 dieses Artikels und unbeschadet des Artikels 32 ist das Entgelt für das Mindestzugangspaket und für den Zugang zu Infrastrukturen, durch die Serviceeinrichtungen angebunden werden, in Höhe der Kosten festzulegen, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.
Die Kommission erlässt vor dem 16. Juni 2015, Maßnahmen zur Festlegung der Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach
Artikel 62 Absatz 3 erlassen.
Der Infrastrukturbetreiber kann beschließen, diese Modalitäten schrittweise zu übernehmen; hierfür steht ihm ein Zeitraum von höchstens vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Durchführungsrechtsakte zur Verfügung.
..."
17 B. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Durchführungsverordnung (EU) 2015/909 der Kommission vom 12. Juni 2015 über die Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, ABl. L 148/17 vom 13. Juni 2015, lauten wie folgt:
"Artikel 9
Übergangsbestimmungen
Der Infrastrukturbetreiber legt der Regulierungsstelle spätestens am 3. Juli 2017 sein Verfahren zur Berechnung der direkten Kosten und gegebenenfalls einen Stufenplan vor.
Artikel 10
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Sie gilt ab dem 1. August 2015."
18 C. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des EisbG, BGBl. Nr. 60/1957 idF BGBl. I Nr. 137/2015, lauten:
"3. Abschnitt
Wegeentgelte und Dienstleistungsentgelte
1. Unterabschnitt
Entgeltgrundsätze für das Wegeentgelt
Kosten des Zugbetriebes
§ 67. (1) Wegeentgelte für den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur, und zwar auch zu einer solchen, durch die Serviceeinrichtungen angebunden sind, und für die Gewährung des Mindestzugangspaketes, sind grundsätzlich in Höhe der Kosten zu ermitteln, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen.
(2) Erlässt die Europäische Kommission einen Durchführungsrechtsakt, mit dem die Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen, festgelegt werden, ist das Eisenbahninfrastrukturunternehmen berechtigt, die schrittweise Übernahme dieser Modalitäten zu beschließen; die Übernahme der Modalitäten hat jedoch innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten des Durchführungsrechtsaktes zu erfolgen.
...
Festsetzung der Wegeentgelte
§ 68. (1) Für ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind die Wegeentgeltregeln von der entgelterhebenden Stelle - falls diese nicht das Eisenbahninfrastrukturunternehmen selbst ist, nach Einholung dessen Vorschlages - festzusetzen.
(2) Die Wegeentgeltregeln sind vom Eisenbahninfrastrukturunter nehmen in die Schienennetz-Nutzungsbedingungen aufzunehmen oder diesen als Anhang anzuschließen. Beizufügen ist auch eine Erläuterung, aus der hervorgeht, wie den Anforderungen nach §§ 67 bis 67h entsprochen wird, soweit dies ohne Offenlegung vertraulicher Geschäftsdaten möglich ist.
(3) Auf Grundlage der Wegeentgeltregeln hat die entgelterhebende Stelle jeweils das für einen begehrten Zugang zur Eisenbahninfrastruktur einschließlich der Gewährung des Mindestzugangspaketes zu entrichtende Wegeentgelt festzusetzen.
(4) Die entgelterhebende Stelle hat dafür zu sorgen,
1. dass außer im Falle des § 67e die Wegeentgeltregelung auf
der gesamten Eisenbahninfrastruktur des Eisenbahninfrastrukturunter
nehmens auf denselben Grundsätzen beruht,
2. dass die Anwendung der Wegeentgeltregeln zu gleichwertigen
und nichtdiskriminierenden Wegeentgelten für verschiedene
Zugangsberechtigte führt, die Eisenbahnverkehrsdienste
gleichwertiger Art in ähnlichen Märkten erbringen und
3. dass die tatsächlich erhobenen Wegeentgelte den in den
Schienennetz-Nutzungsbedingungen vorgesehenen Regeln entsprechen.
(5) Entgelterhebende Stellen haben die ihnen von Fahrwegkapazitätsberechtigten gemachten Angaben geheim zu halten.
...
Entrichtung der Wegeentgelte
§ 69. Der Fahrwegkapazitätsberechtigte hat das für den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur und das für die Gewährung des Mindestzugangspaketes festgesetzte Wegeentgelt an die entgelterhebende Stelle zu entrichten. Die entgelterhebende Stelle hat dieses Wegeentgelt an das Eisenbahninfrastrukturunternehmen zu entrichten, welches dieser Stelle die Funktion einer entgelterhebenden Stelle vertraglich übertragen hat.
...
Zusammensetzung der Schienen-Control Kommission
§ 82. (1) Die Schienen-Control Kommission besteht aus drei Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Das Ersatzmitglied tritt bei Verhinderung eines Mitglieds an dessen Stelle. Ein Mitglied und das für dieses Mitglied bestellte Ersatzmitglied haben dem Richterstand anzugehören. Die übrigen Mitglieder und die für sie bestellten Ersatzmitglieder haben Fachleute für die einschlägigen Bereiche des Verkehrswesens oder für andere netzgebundene Bereiche zu sein. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder sind über Vorschlag des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie von der Bundesregierung zu bestellen. Den jeweiligen Bestellungen hat ein transparentes Auswahlverfahren zugrunde zu liegen.
(2) Der Schienen-Control Kommission dürfen nicht angehören:
1. Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung
sowie Staatssekretäre;
2. Personen, die in einem rechtlichen oder faktischen
Naheverhältnis zu jenen stehen, die eine Tätigkeit der Schienen-
Control Kommission in Anspruch nehmen;
3. Personen, die zum Nationalrat nicht wählbar sind
...
Bezugnahme auf Rechtsakte der Europäischen Union
§ 170. Durch dieses Bundesgesetz werden folgende Rechtsakte der Europäischen Union umgesetzt:
1. Richtlinie 2012/34/EU zur Schaffung eines einheitlichen
europäischen Eisenbahnraums, ABl. Nr. L 343 vom 14.12.2012 S. 32, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 67 vom 12.03.2015 S. 32;
..."
19 III. Erwägungen
20 A. Die vorliegende ordentliche Revision ist schon aufgrund
der vom VwG aufgezeigten Gründe zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der hier maßgebenden Bestimmung des § 67 Abs. 1 EisbG nicht hinreichend besteht. Insbesondere im Hinblick auf die vorliegend entscheidungswesentliche Frage, welche Kosten als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallend zu berücksichtigen sind, liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht in ausreichendem Maße vor, um dem VwG die Leitlinien für die Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Angesichts des Inhaltes dieser Bestimmung kann nicht gesagt werden, dass diese als jedenfalls klar und eindeutig zu qualifizieren ist (vgl. etwa VwGH 30.1.2019, Ro 2018/03/0055, mwH). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof schon ausgesprochen, dass der Revisionswerber auch in der ordentlichen Revision von sich aus die im Lichte des Art. 133 Abs. 4 B-VG maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen hat, sofern er der Auffassung ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. dazu VwGH 30.1.2019, Ro 2018/03/0053, mwH). Auch die von der revisionswerbenden Partei zusätzlich vorgebrachten Zulässigkeitsgründe sind einschlägig, zumal auch diesbezüglich ausreichende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes im genannten Sinn fehlt.
21 B. Im mit "Wegeentgelte und Dienstleistungsentgelte" überschriebenen 3. Abschnitt des 6. Teiles des EisbG statuiert § 67 Abs. 1 bezüglich der Wegeentgelte für den Zugang zur Infrastruktur einschließlich des Mindestzugangspaketes den Grundsatz, dass diese in Höhe der Kosten zu ermitteln sind, die unmittelbar auf Grund des Zugbetriebes anfallen. Ausgehend davon und den in §§ 67 ff EisbG weiteren vorgesehenen Grundsätzen setzt die mitbeteiligte Partei die Wegeentgeltregeln, welche in die Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SN-NB) aufzunehmen und diesen als Anhang (samt einer Erläuterung) anzuschließen sind, fest (vgl. § 68 Abs. 2 leg. cit.). Auf der Grundlage der Wegeentgeltregeln setzt die mitbeteiligte Partei dann jeweils das für einen begehrten Zugang zur Schieneninfrastruktur einschließlich der Zurverfügungstellung des Mindestzugangspaketes zu entrichtende Wegeentgelt fest (§ 68 Abs. 3 leg. cit.). Die revisionswerbende Partei hat wiederum das für den Zugang festgesetzte Benützungsentgelt an das Eisenbahninfrastrukturunterne hmen zu entrichten (§ 69 EisbG).
22 Strittig ist vorliegend insbesondere, ob die Beurteilung des VwG hinsichtlich der für die Ermittlung der Wegeentgelte zu berücksichtigenden Kosten § 67 Abs. 1 EisbG entspricht, wonach die Wegeentgelte in Höhe der Kosten zu ermitteln sind, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen.
23 § 67 EisbG setzt nach den Gesetzesmaterialien die Bestimmung des Art. 31 Abs. 3 der RL 2012/34/EU um (ErläutRV 841 BlgNR XXV GP, S 1). Durch die RL 2012/34/EU wurden die Bestimmungen der bisherigen Richtlinien (91/440/EWG, 95/18/EG, 2001/14/EG) zusammengefasst und inhaltlich ergänzt. Aufgrund der inhaltsgleichen Übernahme des Art. 7 Abs. 3 der RL 2001/14/EG in Art. 31 Abs. 3 der RL 2012/34/EU ist im vorliegenden Fall auch die zu Art. 7 Abs. 3 der RL 2001/14/EG ergangene Rechtsprechung maßgebend.
24 Zum Begriff der unmittelbar auf Grund des Zugbetriebes anfallenden Kosten hat der EuGH festgehalten, dass die einschlägigen Richtlinien keine Definition dieses Begriffs enthalten und keine Vorschrift des Unionsrechts festlegt, welche Kosten unter diesen Begriff fallen und welche nicht; da es sich zudem um einen Begriff aus den Wirtschaftswissenschaften handelt, dessen Anwendung beträchtliche praktische Schwierigkeiten aufwirft, ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten beim derzeitigen Stand des Unionsrechts über einen gewissen Wertungsspielraum hinsichtlich der Umsetzung dieses Begriffs in innerstaatliches Recht und seiner dortigen Anwendung verfügen (vgl. VwGH 21.10.2014, 2013/03/0112, und die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).
25 In den dort zitierten Fällen hat der EuGH geprüft, ob die Regelungen der Mitgliedstaaten es erlaubten, in die Berechnung des Entgelts Kosten einzubeziehen, die offensichtlich nicht unmittelbar auf Grund des Zugbetriebes anfallen (etwa indirekte Kosten und Finanzierungskosten bzw. Abschreibungen, vgl. Rz 83 f des Urteils des EuGH vom 30. Mai 2013, C-512/10, Kommission/Polen, oder bezüglich des Personals oder Sozialversicherungsbeiträge, Rz 68 des Urteils des EuGH vom 13. Februar 2014, C-152/12, Kommission/Bulgarien). Obwohl die RL 2012/34/EU und der EuGH keine Definition des Begriffes der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten festlegen, hat der EuGH in seiner Rechtsprechung Grundsätze aufgestellt, die die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten näher eingrenzen. So können Kosten für den Unterhalt und die Verkehrsverwaltung, der Wartung und der Instandsetzung teilweise entsprechend dem Verkehr variieren und infolgedessen zum Teil als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallend angesehen werden. Daraus ergibt sich, dass die genannten Kosten, da sie Fixkosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung des Streckenabschnitts einschließen, die der Betreiber auch dann tragen muss, wenn keine Zugbewegung stattfindet, nur teilweise als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallend anzusehen sind (vgl. wiederum EuGH 30.5.2013 , C-512/10, Kommission/Polen, Rz 81 f, EuGH 13.2.2014, C-152/12, Kommission/Bulgarien, Rz 67). Der EuGH schloss sich in der zitierten Entscheidung vom 30. Mail 2013 den zu dieser Rechtssache ergangenen Schlussanträgen des Generalanwalts vom 13. Dezember 2012 an, in welchen dieser auf seinen Schlussantrag vom selben Tag in der Rechtssache C-545/10, Kommission/Tschechische Republik verwies. In den Schlussanträgen (vgl. Rz 99 ff) führte der Generalanwalt aus, dass der engen Auslegung der Kommission, wonach sämtliche mit der Signalsicherung, Verkehrsverwaltung, dem Personal und der Sicherheit verbundene Kosten keine unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten seien, nicht zu folgen ist, weil diese Kosten teilweise von der Dichte des Verkehrs abhängen und stellte damit die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten mit dem Verkehrsaufkommen in Bezug. Aus dem Gesagten lässt sich ableiten, dass der EuGH davon ausgeht, dass unter den Begriff der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten nur jene Kosten zu subsumieren sind, die in Abhängigkeit von der Zugbewegung variieren. Fixkosten, also Kosten, welche der Betreiber auch dann tragen muss, wenn keine Zugbewegung stattfindet, fallen nicht unter diesen Begriff. Ferner sind Kostenpositionen, die zum Teil Fixkosten und variable Kosten umfassen, nur im Umfang der variablen Kosten miteinzubeziehen. 26 In seiner rechtlichen Begründung ging das VwG bei der Beurteilung der zu berücksichtigenden Kosten davon aus, dass als solche Kosten jene Kosten gelten, die in einem notwendigen Zusammenhang mit dem Zugbetrieb stehen, sodass neben variablen Kosten auch konnexe Fixkosten im Rahmen des dem Infrastrukturbetreiber zukommenden Wertungsspielraums Berücksichtigung fänden. Die festgestellten Kostenblöcke würden jene Aufwendungen abbilden, die für die Bereitstellung der Infrastruktur der mitbeteiligten Partei erforderlich und daher dem Zugbetrieb zuzurechnen seien. Hierunter würden (unter anderem) sämtliche Kosten für Inspektion und Wartung sowie Instandsetzung und Entstörung, Fahrdienstleiter, Stellwerker und Geschäftsführer, Energie usw. fallen.
27 Nach den Ausführungen zur Rechtsprechung des EuGH sind etwaige in den Kostenpositionen enthaltene Kosten, welche nicht in Abhängigkeit der Zugbewegung variieren, bei der Berechnung der Wegeentgelte nicht zu berücksichtigen. Auf Basis der (oben wiedergegebenen) Feststellungen des VwG bzw. der belangten Behörde lässt sich jedoch nicht erkennen und beurteilen, ob die dargelegten Grundsätze hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallenden Kosten berücksichtigt wurden, und dementsprechend nur jene Kosten bei der Ermittlung des Wegeentgelts einbezogen wurden, die in Abhängigkeit von der Zugbewegung variieren, sodass keine nachprüfende Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes in diese Richtung möglich ist. Weder die belangte Behörde noch das VwG haben dargelegt, was unter "konnexen Fixkosten" zu verstehen sei, welche Kostenpositionen "konnexe Fixkosten" aufweisen und inwiefern bzw. inwieweit diese Kosten je nach Zugverkehr bzw. Zugbewegung variieren und damit (teilweise) als unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallend zu beurteilen sind. Diesbezüglich ist auf Basis der Feststellungen des VwG nicht nachvollziehbar, ob sämtliche in den einzelnen Kostenpositionen enthaltene Kosten im Sinne der Rechtsprechung des EuGH in Abhängigkeit von der Zugbewegung variieren oder ob teilweise auch Fixkosten, also Kosten die der Betreiber auch dann tragen muss, wenn keine Zugbewegungen stattfänden, miteinbezogen wurden.
28 Mangels ausreichender Feststellungen dahingehend, ob die einzelnen Kostenpositionen nur jene Kosten umfassen, die in Abhängigkeit des Zugverkehrs variieren, sowie mangels ausreichender Darlegung, weshalb bestimmte Kosten aufgrund des Zugverkehrs variabel sind, hat das VwG das angefochtene Erkenntnis schon deshalb mit Rechtswidrigkeit belastet.
29 C. Dazu kommt, dass die Rechtsprechung des EuGH und die darin aufgestellten Grundsätze zur Beurteilung der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten nicht erkennen lassen, dass auf einen notwendigen Zusammenhang mit dem Zugbetrieb abzustellen sei, wie dies das VwG aber veranschlagte. Allein die Notwendigkeit bestimmter Kosten, um die Bereitstellung der Infrastruktur zu gewährleisten, vermag nämlich eine Beurteilung als Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen, (noch) nicht zu begründen.
30 Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der den Mitgliedstaaten zukommende Wertungsspielraum nichts an den vom EuGH aufgestellten Grundsätzen zu ändern vermag, weil sich dieser bloß auf die Umsetzung ins innerstaatliche Recht und seiner dortigen Anwendung bezieht (vgl. EuGH 11.7.2013, Rs C-545/10, Kommission/Tschechische Republik, Rz 65) und nicht dazu führt, dass der Begriff der unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallenden Kosten vom Wegeentgelt festsetzenden Infrastrukturbetreiber anders als grundsätzlich vom EuGH vorgegeben auszulegen ist.
31 D. Zum Vorbringen der revisionswerbenden Partei, die von der Europäischen Kommission erlassene Durchführungsverordnung (EU) 2015/909 vom 12. Juni 2015 über die Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sei für die Ermittlung der Wegeentgelte im vorliegenden Fall maßgeblich, ist festzuhalten, dass diese mit 8. Juli 2015 in Kraft trat und ab dem 1. August 2015 gilt (vgl. Art. 10 leg. cit.).
Gemäß Art. 9 der Verordnung ("Übergangsbestimmungen") legt der Infrastrukturbetreiber der Regulierungsstelle spätestens am 3. Juli 2017 sein Verfahren zur Berechnung der direkten Kosten und gegebenenfalls einen Stufenplan vor. Diesbezüglich wurde in Art. 31 Abs. 3 der RL 2012/34/EU vorgesehen, dass der Infrastrukturbetreiber beschließen kann, die von der Kommission in der Durchführungsverordnung festgelegten Modalitäten schrittweise zu übernehmen. Hierfür steht ihm ein Zeitraum von höchstens 4 Jahren nach dem Inkrafttreten der Durchführungsverordnung zur Verfügung. Art. 31 Abs. 3 der RL 2012/34/EU wurde (wie erwähnt) durch § 67 EisbG in nationales Recht umgesetzt. In § 67 Abs. 2 leg. cit. ist dementsprechend normiert, dass das Eisenbahninfrastrukturunternehmen berechtigt ist, die schrittweise Übernahme der Modalitäten für die Berechnung der Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebes anfallen, die in einem von der Europäischen Kommission zu erlassenden Durchführungsrechtsakt festgelegt werden, zu beschließen; die Übernahme der Modalitäten hat jedoch innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten des Durchführungsrechtsaktes zu erfolgen. Demnach liegt es im Ermessen des Infrastrukturbetreibers, die von der Kommission festgelegten Modalitäten bereits vor Ablauf der vierjährigen Frist, also vor dem 3. Juli 2019, zu übernehmen und dementsprechend den SN-NB zu Grunde zu legen. Das Vorbringen der revisionswerbenden Partei, die mitbeteiligte Partei hätte zwingend schon bei den hier gegenständlichen SN-NB die Modalitäten der Durchführungsverordnung (EU) 2015/909 berücksichtigen müssen, geht sohin fehl.
32 E. Weiters ist hinsichtlich des Vorbringens der revisionswerbenden Partei, die belangte Behörde bzw. das VwG habe die der gegenständlichen Kostenberechnung zu Grunde gelegte Kostenbasis nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit überprüft bzw. eine Richtigkeit und Vollständigkeit der Kostenbasis nicht dargestellt, auszuführen, dass nach der auch nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, aufrecht erhaltenen Rechtsprechung ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof führt, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. VwGH 21.2.2019, Ra 2018/09/0031, VwGH 21.1.2019, Ra 2018/17/0150, VwGH 29.11.2018, Ra 2016/06/0113). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG bedeutet nicht, dass der in der Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung niederzulegende Denkvorgang der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht unterliegt. Diese Bestimmung hat lediglich zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012). 33 Im vorliegenden Fall hat die belangte SCK ihren Feststellungen die von der mitbeteiligten Partei in ihren Stellungnahmen vom 9. September 2016 und 8. Februar 2017 übermittelten Kostendaten zu Grunde gelegt. Hinsichtlich der Feststellung zu den von der mitbeteiligten Partei bei der Ermittlung der Entgelte zu Grunde gelegten Kosten, den Entgeltkomponenten Zugkilometer und Bruttotonnenkilometer, zu Indexierung und zur Ermittlung der Planwerte durch die mitbeteiligte Partei hielt die belangte Behörde lediglich fest, dass sich die diesbezüglichen Feststellungen auf das Vorbringen der mitbeteiligen Partei, insbesondere auf vier näher datierte Stellungnahmen der mitbeteiligten Partei, stützen (vgl. S. 99 des Bescheides).
34 Im angefochtenen Erkenntnis wurden die Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides übernommen und beweiswürdigend ausgeführt, dass die Feststellungen auf den behördlichen Feststellungen im gegenständlichen Bescheid der belangten Behörde gründen, welche sich wiederum auf die im Verfahren vorgelegten Unterlagen stützten. Die belangte Behörde habe die amtswegig eingeholten Daten einer eingehenden Prüfung unterzogen und ihre Schlüssigkeit und Plausibilität nachvollziehbar begründet. Die belangte Behörde habe die Unterlagen umfassend überprüft, die Daten analysiert, mit vergleichbaren Daten in Beziehung gesetzt, mit Vorjahreswerten verglichen und sie als schlüssig befunden, sodass sie den Feststellungen zu Grunde zu legen gewesen seien. 35 Entgegen der Ansicht des VwG ist dem Bescheid der belangten Behörde eine solche umfassende Überprüfung und Analyse der Daten jedoch nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde beschreibt lediglich die Ermittlung der bescheidgegenständlichen Entgelte unter Heranziehung der festgestellten Kostenpositionen unter Zugrundelegung der von den mitbeteiligten Partei übermittelten Plan- und Ist-Kosten und überprüft in weiterer Folge die Richtigkeit der Berechnung der Entgelte (vgl. S. 43 ff sowie 141 ff des Bescheides). Erwägungen, welche ausreichend erkennen lassen, dass die dieser Berechnung zu Grunde gelegten Zahlen selbst richtig seien, lassen sich dem Bescheid der SCK - entgegen dem VwG - nicht entnehmen. Die vom VwG getroffenen Feststellungen betreffend die Kosten sind daher einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich, zumal nicht ersichtlich ist, auf Grund welcher fachkundigen Überlegungen und Erwägungen die belangte Behörde bzw. das VwG die festgestellte Kostenbasis, also die von der mitbeteiligten Partei zu Verfügung gestellten Zahlendaten der einzelnen Kostenpositionen, als schlüssig im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung angenommen hat. Auch der von der belangten Behörde angestellte Vergleich der Daten der mitbeteiligten Partei mit Daten von Vorjahren vermag die Richtigkeit und Vollständigkeit der hier maßgeblichen Kostenbasis nicht zu begründen.
36 F. Dem Revisionsvorbringen, ein an der Bescheiderlassung beteiligtes Mitglied der Schienen-Control-Kommission sei gemäß § 7 AVG befangen bzw. es liege ein Ausschlussgrund gemäß § 82 EisbG vor, ist schließlich Folgendes entgegenzuhalten:
37 Gemäß § 7 AVG haben sich Verwaltungsorgane befangen zu erklären und ihres Amtes zu enthalten, wenn (sonstige) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen. Es genügt, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss - auch wenn der Entscheidungsträger tatsächlich unbefangen sein sollte - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit in diesem Sinne vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln. Im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK bzw. - wie hier - des Art. 47 GRC ist die Befangenheit eines Mitglieds eines Tribunals, vorliegend das Mitglied der SCK, dann anzunehmen, wenn einem Organwalter auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt (vgl. etwa VwGH 6.3.2019, Ro 2018/03/0031, VwGH 24.4.2014, 2013/09/0049, VwGH 8.10.2010, 2007/04/0134; vgl. zur Beurteilung der SCK als Tribunal vgl. auch Rech/Pürgy in Holoubek/Potacs (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht3 (2013), Bd. I, S. 1044, sowie EuGH 22.11.2012, C- 136/11, wo die SCK als Gericht iSd Art. 267 AEUV qualifiziert wurde).
38 Die Unparteilichkeit kann in subjektiver und in objektiver Hinsicht betrachtet werden (vgl. etwa VwGH 20.5.2015, Ro 2014/09/0053). In subjektiver Hinsicht ist eine Befangenheit oder Ausgeschlossenheit eines Mitglieds eines Tribunals dann anzunehmen, wenn es vor der Verhandlung etwa durch Äußerungen zu erkennen gibt, dass es sich in der Sache bereits auf eine Entscheidung festgelegt hat. Für den bei einem Tribunal auschlaggebenden äußeren Anschein ist entscheidend, ob es feststellbare Umstände gibt, die Zweifel an der Unbefangenheit des entscheidenden Mitglieds des Tribunals wecken könnten. Dabei ist der konkrete Standpunkt der betroffenen Partei zwar wichtig, aber nicht entscheidend. Entscheidend ist vielmehr, ob diese Zweifel an der Unbefangenheit als objektiv gerechtfertigt anzusehen sind (vgl. wiederum VwGH 8.10.2010, 2007/04/0134, sowie die dort zitierte Rechtsprechung des EGMR).
39 Anders als die revisionswerbende Partei meint lässt der im Revisionsfall gegebene äußere Anschein eine Befangenheit nicht begründen. Die von der revisionswerbenden Partei angesprochene Zitierung eines Fachgesprächs mit dem bei der gegenständlichen bescheidmäßigen Erledigung mitwirkenden Kommissionsmitglied in einem Forschungsbericht des Instituts für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft der Technischen Universität Graz, stellt eine bloße schriftlich wiedergegebene Meinung eines fachkundigen Kommissionsmitglieds dar, wodurch keine Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Kommissionsmitglieds entstehen können (vgl. idS VwGH 27.11.2008, 2007/07/0138). Wenn die revisionswerbende Partei daraus eine Rechtsansicht ableitet, die sie nicht teilt, lässt sich daraus keine hinreichende Grundlage für die Annahme der Befangenheit für die Behandlung ihres Falles durch die SCK ableiten (vgl. dazu VwGH 19.6.2018, Ra 2018/03/0023; VwGH 22.1.2018, Ra 2017/05/0220; VwGH 28.5.2015, 2012/15/0167; VwGH 24.5.2012, 2008/15/0211; OGH 19.5.2005, 6 Ob 90/05m). Auch ein rechtliches oder faktisches Naheverhältnis zu jenen, die eine Tätigkeit der SCK in Anspruch nehmen (vgl. § 82 Abs. 2 Z 2 EisbG), wird dadurch nicht begründet.
40 Darüber hinaus ist nicht ersichtlich und wird von der revisionswerbenden Partei auch nicht näher aufgezeigt, inwiefern die in den zitierten Passagen wiedergegebene Fachmeinung des Kommissionmitglieds für die Ermittlung der hier gegenständlichen Wegeentgelte ausschlaggebend wäre, weshalb auch aus diesem Grund die besagte Zitierung die Unparteilichkeit des Kommissionmitglieds im gegenständlichen Verfahren nicht in Zweifel zu ziehen vermag. 41 IV. Ergebnis
42 A. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
43 B. Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte unterbleiben, weil die in der angefochtenen Entscheidung getroffene rechtliche Beurteilung - wie dargestellt - von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG). Ferner konnte auch gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da das Verwaltungsgericht, ein Gericht iSd Unionsrechtes bzw. ein Tribunal iSd EMRK, eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. dazu VwGH 22.2.2019, Ra 2018/03/0121).
44 C. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 11. Juli 2019
Gerichtsentscheidung
EuGH 62011CJ0136 Westbahn Management VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4Gemeinschaftsrecht Richtlinie Umsetzungspflicht EURallg4/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019030015.J00Im RIS seit
09.10.2019Zuletzt aktualisiert am
09.10.2019