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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
BAO §245 Abs3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski und Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des M M in M, vertreten durch die Jirovec & Partner Rechtsanwalts-Gesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 25. August 2017, Zl. RV/7104066/2017, betreffend Zurückweisung von Beschwerden als verspätet, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 An den Revisionswerber ergingen je ein Umsatz- und ein Einkommensteuerbescheid vom 21. Juni 2016 für die Jahre 2012 und 2013. Die Zustellung der vier Bescheide erfolgte am 27. Juni 2016.
2 Mit Schriftsatz seiner steuerlichen Vertreter vom 25. Juli 2016, beim Finanzamt am selben Tag eingelangt, beantragte der Revisionswerber "aus Urlaubsgründen" die Verlängerung der Frist für Beschwerden gegen die das Jahr 2012 betreffenden Bescheide (sowie gegen gleichzeitige Bescheide über Verspätungszuschläge und Anspruchszinsen) bis zum 5. Oktober 2016. Ein offenbar gleichzeitig eingebrachter gleichartiger Schriftsatz hinsichtlich der das Jahr 2013 betreffenden Bescheide ist in den vorgelegten Aktenteilen nicht enthalten.
3 Mit Bescheid vom 16. August 2016 gab das Finanzamt dem "Ansuchen vom 25.07.2016, eingelangt am 25.07.2016, um Verlängerung der Rechtsmittelfrist zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und sämtliche Verspätungszuschlagbescheide 2012-2013, sowie die Anspruchszinsenbescheide 2012-2013" nicht statt.
4 Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte am 22. August 2016.
5 Mit zwei Schriftsätzen, datiert jeweils mit 23. August 2016, erhob der Revisionswerber daraufhin durch seine steuerlichen Vertreter Beschwerden gegen die Bescheide vom 21. Juni 2016. Der auf das Wort "Beschwerde" folgende Inhalt dieser Schriftsätze beschränkte sich jeweils darauf, es werde "höflich gebeten, die Begründung aus Urlaubsgründen nachreichen zu dürfen". 6 Mit vier Beschwerdevorentscheidungen vom 6. September 2016 wies das Finanzamt die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2012 und 2013 als verspätet zurück. Begründet wurde dies jeweils damit, dass die (restliche) Beschwerdefrist nach Abweisung des rechtzeitig gestellten Fristverlängerungsantrages mit dem am 22. August 2016 zugestellten Bescheid am 24. August 2016 abgelaufen sei. Die mit 23. August 2016 datierten Beschwerden seien aber erst am 26. August 2016 zur Post gegeben worden.
7 Die Beschwerdevorentscheidungen wurden den Vertretern des Revisionswerbers - nach dem Vorbringen in der Revision - am 8. September 2016 zugestellt.
8 Mit zwei Schriftsätzen vom 10. Mai 2017 erhob der Revisionswerber durch seine steuerlichen Vertreter (erneut) "Beschwerde" gegen die Bescheide vom 21. Juni 2016. Auf bereits eingebrachte Beschwerden und dazu ergangene Beschwerdevorentscheidungen wurde in diesen Schriftsätzen nicht Bezug genommen.
9 Das Finanzamt wertete die Eingaben vom 10. Mai 2017 als Vorlageanträge, wogegen sich die Revision nicht wendet, und legte dem Bundesfinanzgericht die mit 23. August 2016 datierten Beschwerden vor. Im Vorlagebericht des Finanzamts wurde dargelegt, der (ergänze: jeweils) um Monate verspätete Vorlageantrag sei "wegen Fristversäumnis zurückzuweisen". Beantragt wurde jedoch, (ergänze: jeweils) "die Beschwerde zurückzuweisen". 10 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht die mit 23. August 2016 datierten Beschwerden gegen die Bescheide vom 21. Juni 2016 als verspätet zurück. Es teilte die Ansicht des Finanzamts, die Beschwerden seien erst am 26. August 2016 zur Post gegeben worden, und setzte sich mit der Frage, ob die diese Beschwerden schon als verspätet zurückweisenden Beschwerdevorentscheidungen rechtskräftig geworden waren, nicht auseinander. Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.
11 In der vorliegenden außerordentlichen Revision - zu der das Finanzamt nach Einleitung des Vorverfahrens keine Revisionsbeantwortung erstattete - wird zu den Beschwerdevorentscheidungen vorgebracht, "diesbezüglich" sei (zu einem nicht angegebenen Zeitpunkt) "ein Antrag auf Fristverlängerung und Einbringung des Vorlageantrages bzw. Ausführung der Begründung der Beschwerde bis 10.5.2017" erfolgt.
12 Im Hinblick auf dieses unklare, in den vorgelegten Akten keine Bestätigung findende Vorbringen über den Verfahrensgang wurden der Revisionswerber und das Finanzamt mit Berichterverfügung vom 9. April 2019 aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, ob nach der Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen vom 6. September 2016 Anträge auf Verlängerung der Frist für Vorlageanträge gestellt worden seien.
13 Die (nunmehr anwaltlichen) Vertreter des Revisionswerbers teilten dazu mit Schriftsatz vom 2. Mai 2019 nur mit, durch die bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft seien "auch Anträge auf Fristverlängerung" erfolgt, "wobei beispielsweise eine solche Fristverlängerung beigelegt wird". Beigelegt war die Kopie eines Antrags vom 13. Februar 2017 betreffend "Beschwerdefristverlängerun g" für eine Beschwerde gegen Bescheide vom 9. Jänner 2017, deren Gegenstand Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2012 und 2013 gewesen sei.
14 Mit dem Schriftsatz vom 2. Mai 2019 machten die Vertreter des Revisionswerbers auch geltend, der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes sei dem Revisionswerber selbst statt seinen Vertretern zugestellt worden und eine Heilung dieses Zustellmangels sei nicht eingetreten. Der mit der Revision bekämpfte Beschluss sei daher "unwirksam".
15 Das Finanzamt legte Kopien beim Finanzamt eingelangter Fristverlängerungsanträge vor, von denen sich aber (ebenfalls) keiner auf eine Verlängerung der Frist für Vorlageanträge gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom 6. September 2016 bezog. Einer dieser Anträge war mit 13. Februar 2017 datiert und bezog sich auf die Verlängerung der Frist für die Beschwerde gegen einen Bescheid vom 9. Jänner 2017, als dessen Gegenstand aber nicht Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2012 und 2013, sondern zweite Säumniszuschläge dazu angeführt waren.
16 Mit Berichterverfügung vom 17. Mai 2019, zugestellt am 23. Mai 2019, wurde dem Revisionswerber und dem Finanzamt eine weitere Frist von zwei Wochen für eine abschließende Stellungnahme dazu eingeräumt, ob jemals die Verlängerung der Frist für Vorlageanträge gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom 6. September 2016 beantragt worden sei.
17 Die anwaltlichen Vertreter des Revisionswerbers reagierten darauf mit zwei Fristerstreckungsanträgen, die sich ohne Vorbringen zu der gestellten Frage u.a. auf den Plan einer die inhaltliche Richtigkeit der Abgabenbescheide betreffenden Besprechung mit dem Finanzamt stützten.
18 Das Finanzamt teilte mit Schreiben vom 5. Juni 2019 unter Vorlage u.a. eines den Revisionswerber betreffenden Eingangsverzeichnisses mit, Anträge auf Verlängerung der Frist für Vorlageanträge gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom 6. September 2016 seien nicht gestellt worden. Auch der von den anwaltlichen Vertretern des Revisionswerbers vorgelegte Antrag vom 13. Februar 2017 sei nicht in der dem Verwaltungsgerichtshof übermittelten Form (mit Angabe von Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 2012 und 2013 als Gegenstand von Bescheiden vom 9. Jänner 2017) beim Finanzamt eingelangt.
19 Für den Verwaltungsgerichtshof steht auf Grund der Aktenlage, des Vorbringens des Finanzamts und des Fehlens klarer gegenteiliger Behauptungen des Revisionswerbers fest, dass eine Verlängerung der Frist für Vorlageanträge gegen die Beschwerdevorentscheidungen vom 6. September 2016 nie beantragt wurde. Die vom Bundesfinanzgericht zurückgewiesenen Beschwerden waren daher schon mit den Beschwerdevorentscheidungen rechtskräftig zurückgewiesen worden.
20 Durch die - dem Finanzamt jedenfalls zugestellte und daher nicht schon mangels Zustellung "unwirksame" - nochmalige Zurückweisung der bereits rechtskräftig zurückgewiesenen Beschwerden statt der für die rechtliche Stellung des Revisionswerbers nicht vorteilhafteren Zurückweisung der verspäteten Vorlageanträge konnte der Revisionswerber in keinen Rechten verletzt werden.
21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. Juli 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019130015.L00Im RIS seit
10.10.2019Zuletzt aktualisiert am
10.10.2019