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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BAO §269 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs sowie Senatspräsident Dr. Nowakowski und Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der Abgabenkommission der Marktgemeinde Schruns, vertreten durch Dr. Felix Karl Vogl, Rechtsanwalt und Steuerberater in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 12. Juni 2018, Zl. LVwG- 363-008/R8-2014, betreffend Aufhebung eines Bescheides betreffend Tourismusbeitrag für das Jahr 2013 gemäß § 278 Abs. 1 BAO (mitbeteiligte Partei: Rehabilitationsklinik in S, vertreten durch die Weixelbaumer Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 61), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Marktgemeinde Schruns hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein solcher Beschluss in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Zur Vorgeschichte des vorliegenden Falles ist auf das Erkenntnis vom 31. Jänner 2018, Ra 2015/17/0013, zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hob damit die im ersten Rechtsgang gefällte Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes über den von der damaligen Revisionswerberin und nunmehrigen Mitbeteiligten, die eine Rehabilitationsklinik betreibt, zu entrichtenden Tourismusbeitrag nach dem Vorarlberger Tourismusgesetz für das Streitjahr 2013 auf. Das Landesverwaltungsgericht hatte der Beschwerde der nunmehrigen Mitbeteiligten gegen die Berufungsentscheidung der Abgabenkommission der den Tourismusbeitrag einhebenden Gemeinde nicht Folge gegeben und die beitragspflichtige Tätigkeit hinsichtlich der Erwerbszweige "Sanatorien und Gastgewerbebetriebe aller Art ohne Beherbergungsanteil" der Abgabegruppe 3 sowie hinsichtlich des Erwerbszweiges "Ärzte, einschließlich Hausapotheken" der Abgabegruppe 4 zugeordnet.
5 Der Verwaltungsgerichtshof sprach aus, die damals ebenfalls strittige Abgabenpflicht sei zu Recht bejaht worden. Bei der Bemessung der Abgabe sei die öffentlich zugängliche Cafeteria dem Erwerbszweig "Gastgewerbebetriebe aller Art ohne Beherbergungsanteil" zuzuordnen und in die Abgabegruppe 3 einzureihen. Ob die Tätigkeit im Übrigen dem Erwerbszweig "Sanatorien" (Abgabegruppe 3) oder den in der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Festsetzung der Abgabegruppen nicht gesondert genannten Erwerbszweigen mit Ausnahme des Handels (Abgabegruppe 5) zuzuordnen sei, hänge davon ab, ob die "Ausstattung" der Rehabilitationsklinik "hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung höheren Ansprüchen genügt". Darüber habe das Landesverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen. Mangels hinreichender Feststellungen "zur konkreten Ausstattung hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung" könne die Frage, ob die Klinik zu Recht dem Erwerbszweig "Sanatorien" zugerechnet und in die Abgabegruppe 3 eingeordnet worden sei, "nicht abschließend rechtlich beurteilt werden". Eine teilweise Zurechnung zum Erwerbszweig "Ärzte, einschließlich Hausapotheken" habe im Hinblick auf die Einheitlichkeit der Leistung der Klinik zu unterbleiben. Falle der Betrieb der Klinik unter die Abgabegruppe 5, so sei der für die Bemessung maßgebliche Umsatz auf die Abgabegruppen 3 (Cafeteria) und 5 aufzuteilen. 6 Im fortgesetzten Verfahren holte das Landesverwaltungsgericht ein pflegefachliches Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob die Klinik der Mitbeteiligten "durch ihre Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich der Verpflegung und der Unterbringung" entspreche. Die Sachverständige werde dazu um ihre fachkundige Meinung gebeten und ersucht, insbesondere dreizehn im Gutachtensauftrag in der Form von Fragen dargestellte Unterscheidungsmerkmale zur Beurteilung heranzuziehen.
7 Das Sachverständigengutachten vom 8. Mai 2018 enthielt eine "Beantwortung" der dreizehn Fragen des Landesverwaltungsgerichtes und abschließend eine zusammenfassende Beurteilung, nach deren letztem Satz die Klinik "bezüglich Unterbringung den Mindestanforderungen der Vorarlberger Spitalsbauverordnung" und "bezüglich Verpflegung dem landesweiten Standard und keinen ?höheren Ansprüchen'" entspreche.
8 Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 brachte das Landesverwaltungsgericht dieses Gutachten zunächst der Abgabenkommission der Gemeinde zur Kenntnis und räumte ihr die Gelegenheit ein, dazu innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Gemäß § 269 Abs. 2 BAO erteilte es der Abgabenkommission - auf der Grundlage des nunmehr vorliegenden Gutachtens und der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - zugleich den Auftrag, eine Neuberechnung der Tourismusabgabe vorzunehmen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Klinik "ihrer Ausstattung nach hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung nicht höheren Ansprüchen" genüge, "somit nicht als ?Sanatorium'" zu beurteilen und "daher der Abgabegruppe 5 zuzuordnen" sei. Die ärztlichen Leistungen seien nicht abgesondert zu beurteilen. Wegen der Cafeteria sei aber eine Aufteilung des Umsatzes auf die Abgabegruppen 5 und 3 vorzunehmen. In dem zuletzt genannten Punkt enthielt das Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes einen im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, auf das verwiesen wurde, erkennbaren Flüchtigkeitsfehler (Aufteilung des Umsatzes der Cafeteria statt des Gesamtumsatzes auf die Abgabegruppen 5 und 3).
9 Für die nunmehr die Amtsrevision erhebende Abgabenkommission antwortete der Gemeindesekretär mit Schreiben vom 16. Mai 2018 im Wesentlichen wie folgt:
"Da die Neuberechnung der Tourismusabgabe für das Jahr 2013 unter der von Ihnen angeführten zu berücksichtigenden Umstände u. a. eine Einsichtnahme in die Buchhaltungsunterlagen der Abgabepflichtigen notwendig erscheinen lässt, ergeht das Ansuchen, den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die Abgabenkommission zurückzuverweisen."
10 Nur für den Fall, dass diesem Ansuchen nicht Folge gegeben werde, wurde unter Bezugnahme auf Äußerungen des Bürgermeisters und des Obmannes der Abgabenkommission "um Erstreckung der Frist zur Abgabe der Stellungnahme sowie Neuberechnung um zumindest einen Monat" ersucht.
11 Das Landesverwaltungsgericht brachte dieses Ersuchen - zusammen mit dem Gutachten - der Mitbeteiligten zur Kenntnis und erließ nach Einlangen einer Stellungnahme der Mitbeteiligten (die entgegen dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nun wieder die Abgabenpflicht bestritt) den angefochtenen Beschluss, mit dem es den Berufungsbescheid der Abgabenkommission gemäß § 278 Abs. 1 BAO aufhob und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Abgabenkommission zurückverwies. Eine Revision "gegen dieses Erkenntnis" erklärte das Landesverwaltungsgericht für unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei.
12 Gegen diesen Beschluss richtet sich die außerordentliche Revision der Abgabenkommission unter dem Gesichtspunkt der im Aufhebungsbeschluss überbundenen und der Abgabenkommission schon im Schreiben vom 9. Mai 2018 vorgehaltenen Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes, die Klinik sei im Hinblick auf die Ergebnisse der Begutachtung nicht dem Erwerbszweig "Sanatorien" zuzurechnen.
13 Die Revision macht im Vorbringen zur Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) zunächst geltend, das Landesverwaltungsgericht sei in vier Punkten von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen:
14 Erstens habe der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vom 31. Jänner 2018 zum Ausdruck gebracht, bei der Frage, ob Unterbringung und Verpflegung höheren Ansprüchen genügten, handle es sich um eine Rechtsfrage. Das Landesverwaltungsgericht habe dies jedoch der Sachverhaltsebene zugeordnet.
15 Zweitens habe das Landesverwaltungsgericht "die rechtliche Beurteilung der Verwaltungssache", die nach näher genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu den Aufgaben eines Sachverständigen gehöre, diesem überlassen. Die Sachverständige habe "bereits eine rechtliche Beurteilung dahin" vorgenommen, dass die Klinik "höheren Ansprüchen im Bezug auf Verpflegung und Unterbringung nicht genüge", und das Landesverwaltungsgericht habe diese Beurteilung "einfach übernommen".
16 Drittens habe das Landesverwaltungsgericht keine Feststellungen getroffen und die Beweiswürdigung unterlassen "bzw" nicht offengelegt. Dies widerspreche näher genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
17 Viertens habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, "dem Sachverständigen Fragen zu stellen, die die notwendigen Feststellungen ermöglichen". Die im Gutachtensauftrag gestellten Fragen hätten "keine hinreichende Basis" abgegeben. Das Landesverwaltungsgericht habe näher genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zuwidergehandelt, indem es die Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens nicht wahrgenommen und keinen Ergänzungsauftrag erteilt habe.
18 Hilfsweise wird im Vorbringen zur Zulässigkeit noch geltend gemacht, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu, "ob die Frage, ob eine Krankenanstalt ?höheren Ansprüchen' im Bezug auf Verpflegung und Unterbringung genügt, im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu lösen ist oder im Rahmen der Beweiswürdigung bzw. der Sachverhaltsermittlung".
19 Zu diesem hilfsweise erstatteten Vorbringen und zu den ersten beiden Punkten, in denen das Landesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sein soll, ist - insoweit im Sinne der von der Mitbeteiligten erstatteten Revisionsbeantwortung - darauf hinzuweisen, dass zu der Frage, ob Ausstattung und Verpflegung höheren Ansprüchen genügten, nach Rn. 16, 17 und 25 des Vorerkenntnisses vom 31. Jänner 2018 Sachverhaltsfeststellungen zu treffen waren und die Rechtsfrage, worauf es für die Zuordnung zum Erwerbszweig "Sanatorien" ankomme, schon vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet worden war.
20 Ob die Rehabilitationsklinik der Mitbeteiligten die für eine solche Zuordnung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgebliche Voraussetzung erfüllt, ist jedoch eine nur für den Einzelfall relevante Frage. Bei deren Beantwortung durch das Verwaltungsgericht unterlaufene Begründungsmängel oder sonstige Verfahrensfehler werfen nicht in jedem Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf (vgl. dazu näher die bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, E 239 ff zu § 34 VwGG, nachgewiesene Judikatur). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Verlängerung der Frist für eine Stellungnahme zum Gutachten - deren Nachholung die Revision nun im Wesentlichen dient - nur für den Fall beantragt worden war, dass dem primären "Ansuchen" um Aufhebung und Zurückverweisung nicht Folge gegeben werde. Der Aufhebungsbeschluss enthielt in den jetzt bekämpften Teilen auch nichts, was der Abgabenkommission nicht schon im Schreiben vom 9. Mai 2018 vorgehalten worden war, sodass sich dem Verzicht auf eine Stellungnahme zum Gutachten auch nicht entgegen halten ließe, im Aufhebungsbeschluss seien für die Abgabenkommission nicht erwartbare Schlussfolgerungen daraus gezogen worden.
21 Der Umstand, dass sich das Landesverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss in Bezug auf Verpflegung und Unterbringung in der Klinik der Mitbeteiligten mit einem Verweis auf die Ergebnisse der Begutachtung begnügte, reicht unter diesen Umständen nicht aus, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzutun.
22 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
23 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
24 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren auf zusätzlichen Ersatz von Umsatzsteuer aus dem Schriftsatzaufwand findet in diesen Vorschriften keine Deckung.
Wien, am 17. Juli 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018130068.L00Im RIS seit
10.10.2019Zuletzt aktualisiert am
10.10.2019