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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A A B, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 2019, G305 2179216-1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 20. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er habe keine eigenen Fluchtgründe. Sein Vater habe ein Drohschreiben erhalten, in dem die ganze Familie bedroht worden sei. Auf seinen Vater sei auch geschossen worden. Da die Milizen seinen Vater nicht "erwischt" hätten, wären er und sein Bruder die nächsten Opfer.
2 Mit Bescheid vom 13. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers als unbegründet ab, erteilte ihm keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe zwar den Erhalt eines Drohschreibens an den Vater des Revisionswerbers festgestellt, dieses Schreiben aber weder übersetzen lassen noch Ermittlungen zu diesem zentralen Vorbringen angestellt.
8 Die Revision macht damit einen Verfahrensmangel geltend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann in Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0336, mwN).
9 Das BVwG ist im Rahmen einer - nicht als unvertretbar zu beurteilenden (vgl. zur eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung etwa VwGH 5.11.2018, Ra 2018/14/0166, mwN) - Beweiswürdigung zu der Schlussfolgerung gelangt, der Vater des Revisionswerbers habe nicht darlegen können, weshalb Milizen gerade an seiner Person ein derartiges Interesse entwickeln sollten, dass ihm auf Grund von Ereignissen im Jahr 2015 im Fall einer Rückkehr in den Irak und in ein sunnitisches Viertel von Bagdad oder in seinen Wohnbezirk mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen solle. Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision mit der - im Übrigen nicht näher belegten - Behauptung, in dem Schreiben werde der Vater des Revisionswerbers namentlich erwähnt und dieser und seine Familie dazu aufgefordert, die Gegend zu verlassen und abzureisen, fallbezogen nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzulegen.
10 Die Revision bringt weiter vor, das BVwG habe zur Miliz Asa'ib Ahl al-Haq lediglich wortgleich die "spärlichen Feststellungen" des Bescheides des BFA übernommen, in die jedoch eine Anfragebeantwortung von ACCORD und eine solche der Staatendokumentation zu den Aktivitäten dieser Miliz keinen Eingang gefunden habe. Bei Berücksichtigung aktueller Länderberichte hätte das BVwG hingegen festgestellt, dass die Miliz nunmehr als Teil der regulären irakischen Armee gilt und somit als staatlicher Akteur anzusehen ist.
11 Mit diesem Vorbringen legt die Revision nicht konkret dar, dass eine solche Feststellung vor dem Hintergrund der - wie ausgeführt - nicht unvertretbaren Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen des Vaters des Revisionswerbers für die rechtliche Beurteilung des Antrags des Revisionswerbers auf internationalen Schutz günstiger gewesen wäre.
12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit auch vor, das BVwG habe kein Parteiengehör zu den im Erkenntnis herangezogenen Länderberichten zur Miliz Asa'ib Ahl al-Haq gewährt. Wäre dem Revisionswerber Parteiengehör gewährt worden, hätte er näher genannte Länderinformationen vorgebracht, nach denen diese Miliz für Angriffe auf Zivilisten und Morde und Folter an Sunniten und Kurden verantwortlich gemacht werde und ihren Einfluss vergrößert habe.
13 Damit zeigt die Revision aber nicht auf, zu welchen anderen, über die allgemeine Sicherheitslage hinausgehenden, konkret den Revisionswerber betreffenden Feststellungen das BVwG kommen hätte müssen. Im Übrigen bringt die Revision selbst vor, dass die Länderfeststellungen des angefochtenen Erkenntnisses zu der Miliz mit jenen des Bescheides des BFA gleich seien, sodass der Revisionswerber jedenfalls Gelegenheit hatte, sich zu diesen Feststellungen im Rahmen der Beschwerde zu äußern.
14 Schließlich behauptet die Revision, das angefochtene Erkenntnis enthalte keine Beweiswürdigung zum Vorbringen des Revisionswerbers. Dem ist entgegen zu halten, dass nach den von der Revision nicht konkret bestrittenen Feststellungen des BVwG der Revisionswerber - was im Übrigen auch seinen Angaben in seiner Einvernahme vor dem BFA am 9. Oktober 2017 entspricht - sich auf das Fluchtvorbringen seines Vaters gestützt hat.
15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 18. Juli 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190191.L00Im RIS seit
06.09.2019Zuletzt aktualisiert am
06.09.2019