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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der J. Brandl Gesellschaft mbH in Wieselburg, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in St. Pölten, Herrengasse 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Jänner 1993, Zl. R/1-V-92005/02, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Blindenmarkt, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unter anderem hinsichtlich des im folgenden Bauverfahren gegenständlichen Grundstückes Nr. 384/3, KG Kottingburgstall, war mit Bescheid vom 20. Mai 1986 von der Bezirkshauptmannschaft Melk die naturschutzbehördliche Bewilligung für eine Naßbaggerung in der Weise erteilt worden, daß nach Beendigung der Arbeiten eine freie Wasserfläche von ca. 2,7 ha vorliege. Mit Bescheid vom 10. Juni 1986 erteilte die vom Landeshauptmann für Niederösterreich ermächtigte Bezirkshauptmannschaft Melk die wasserrechtliche Bewilligung zur Naßbaggerung und zur Nutzung des nach Abbauende vorhandenen Grundwasserteiches mit einer freien Wasserfläche von ca. 2,7 ha als Sportfischerteich. Schließlich erteilte die Bezirkshauptmannschaft Melk mit Bescheid vom 10. März 1987 die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Schottergewinnung.
Am 14. August 1991 suchte die Beschwerdeführerin "unter Beitritt" des H. G. u.a. um die baubehördliche Bewilligung gemäß § 93 Abs. 2 lit. a der Nö. Bauordnung 1976 zur Erweiterung der bereits entstehenden Anlage für die Gewinnung von Sand und Schotter mittels Naßbaggerung auf dem Grundstück Nr. 384/3,
KG Kottingburgstall an, wobei diese Anlage mit dem bestehenden Grundwasserteich des H. G. auf anderen Grundstücken durch Abtragung des Dammes verbunden werden soll. Die Folgenutzung nach Beendigung des Abbaues sei ein Sportfischerteich.
Das gegenständliche Grundstück ist im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Marktgemeinde als Grünland-Landwirtschaft gewidmet.
Mit Schreiben vom 5. September 1991 teilte der Bürgermeister der Mitbeteiligten der Beschwerdeführerin mit, daß der gegenständliche Antrag nach § 98 Abs. 2 der Nö. BO 1976 ohne Bauverhandlung wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan abzuweisen sei. Hiezu wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.
Am 2. Dezember 1991 beantragte die Beschwerdeführerin die Devolution vom Bürgermeister an den Gemeinderat der Mitbeteiligten. Diesen Antrag wies der Gemeinderat mit Bescheid vom 13. Februar 1992 wegen Unzulässigkeit zurück, weil für das gegenständliche Bauvorhaben nicht nur eine baubehördliche, sondern zumindest die Bewilligung auch der Gewerbebehörde und der Wasserrechtsbehörde erforderlich sei, weshalb nicht die dreimonatige Entscheidungsfrist des § 118 Abs. 2 Nö. BO, sondern die sechsmonatige Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 AVG gelte.
Mit Bescheid vom 14. Februar 1992 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde das Bauansuchen gemäß § 98 Abs. 2 Nö. BauO 1976 ab. Das Bauvorhaben widerspreche der Widmung Grünland-Landwirtschaft.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie machte eine willkürliche Flächenwidmung geltend.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1992 gab die belangte Behörde einer Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 13. Februar 1992, mit welchem der Devolutionsantrag zurückgewiesen worden war, keine Folge. Gegen diesen Vorstellungsbescheid wurde - wie aus der Gegenschrift unwidersprochen hervorgeht - keine Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.
Mit Bescheid vom 26. Juni 1992 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 14. Februar 1992 keine Folge.
In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung machte die Beschwerdeführerin geltend, es solle nach Beendigung des Materialabbaus eine naturnahe (biotopähnliche) Gestaltung der Uferzone mit Buchten, Flachwasserbereichen, Pflanzen etc. erfolgen. Auch der Bestand eines Sportfischerteiches stelle eine Form der Grünlandnutzung dar und schone die Natur mehr als eine intensive Landwirtschaft.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Nicht der letztlich angestrebte wasserrechtliche Zweck sei im Hinblick auf die Beurteilung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan von entscheidender Bedeutung, sondern der Umstand, daß - unabhängig vom wasserrechtlichen Zweck - eine Naßbaggerung in Verbindung mit einer Sand- und Schottergewinnung geplant sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte - nach Durchführung eines Vorverfahrens - die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluß vom 29. November 1994, B 380/93, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in der (ergänzten) Beschwerde in ihrem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde, da durch den Bescheid Rechte des Einschreiters verletzt werden, im Sinne des § 61 Abs. 4 NÖ LGBl. 1000 i.d.g.F. verletzt" und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Mitbeteiligte übermittelte über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes weitere Aktenteile.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 19 des Nö. Raumordnungsgesetzes 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8000-5 (im folgenden: ROG) lautet auszugsweise:
"§ 19
Grünland
(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen gehören zum Grünland.
(2) Nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten und Erfordernisse sind für Flächen, die für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, für Grüngürtel, für Schutzhäuser, für im Grünland erhaltenswerte Bauten, für Materialgewinnungsstätten und dazugehörige Deponien, für Gärtnereien und Kleingärten, für Sportstätten, für Friedhöfe und Parkanlagen, für Campingplätze, für Müllablagerungsplätze und Lagerplätze aller Art bestimmt sind, die entsprechenden Grünlandnutzungsarten auszuweisen. Alle Flächen des Grünlandes, die nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, nicht familieneigenen Wohnbedürfnissen der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe dienen und nicht Ödland sind, müssen im Flächenwidmungsplan unter Angabe der besonderen Nutzung ausgewiesen werden.
(3) Bei der Widmung einer Fläche als Materialgewinnungsstätte hat die Gemeinde die Folgenutzungsart auszuweisen, die nach Erschöpfung des Materialvorkommens eintreten muß.
(4) Im Grünland dürfen Neu, Zu- und Umbauten nur errichtet werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind.
..."
Gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 der Nö. Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 (im folgenden: BO) ist ein Antrag ohne Bauverhandlung abzuweisen, wenn er dem Flächenwidmungsplan oder dem Bebauungsplan widerspricht.
Gemäß § 93 Z. 2 lit. a BO bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde die Anlage und die Erweiterung von Steinbrüchen, Sand-, Kies- und Lehmgruben sowie deren Ausfüllung, die Anlage und die Erweiterung von Schlacken-, Schutt- und Müllhalden.
Das gegenständliche Ansuchen bezieht sich ausdrücklich auf die zuletzt zitierte Gesetzesbestimmung und bezweckt die Gewinnung von Sand und Schotter mittels Naßbaggerung. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/05/0205, ausgesprochen, daß eine Grünlandwidmung mit der Nutzungsart Landwirtschaft die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für eine Mineralgewinnungsstätte (auch damals handelte es sich um Schotterabbau) ausschließt. Die Schottergewinnung stellt nämlich keine landwirtschaftliche Nutzung dar (hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 91/06/0204, betreffend das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974).
Die Klärung der Frage, ob das Vorhaben mit der Flächenwidmung übereinstimmt, ist Aufgabe der Baubehörde und kann nicht dadurch als beantwortet angesehen werden, daß für das Vorhaben erforderliche wasserrechtliche, gewerbebehördliche und naturschutzbehördliche Bewilligungen erteilt worden sind (hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 92/05/0046). Selbst das Vorhandensein der naturschutz- und gewerbebehördlichen sowie der wasserrechtlichen Bewilligung für dieses Projekt kann am Widerspruch zum Flächenwidmungsplan somit nichts ändern.
Da die beantragte Bauführung jedenfalls dem Flächenwidmungsplan widerspricht, wurde das Begehren zu Recht abgewiesen; nur in einem allfälligen Bauauftragsverfahren müßten die Behörden sich auch mit der Frage auseinandersetzen, auf welche mineralischen Rohstoffe sich der geplante Schotterabbau bezieht, also insbesondere, ob grundeigene mineralische Rohstoffe im Sinne des § 5 Berggesetz abgebaut werden (hg. Erkenntnis vom 11. August 1994, Zl. 94/06/0099).
Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, der Bürgermeister sei zur Entscheidung über den Antrag in erster Instanz unzuständig gewesen, weil ein Devolutionsantrag gestellt worden sei. Allerdings haben die Verwaltungsbehörden rechtskräftig entschieden, daß der Devolutionsantrag mangels der erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen unzulässig war; der Antrag wurde daher zurückgewiesen. In einem solchen Fall tritt der Übergang der Entscheidungszuständigkeit nicht ein (Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetz I2, 1623, sowie die unter E 259 (S. 1670) wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Damit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Die Entscheidung konnte, da alle Rechtsfragen durch die Vorjudikatur geklärt sind, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Dezember 1998
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995050023.X00Im RIS seit
03.05.2001