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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §58 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der MP in P, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. Mai 2018, LVwG-412172/21/Py/JoS-412173/2, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer
außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C- 390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12. 5 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, Rn. 24 ff und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
6 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Notwendigkeit der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 und 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.
7 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird auf die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 und § 60 AVG verwiesen, der das Landesverwaltungsgericht trotz entsprechendem Vorbringen der Revisionswerberin nicht entsprochen habe. Weiters werden auch Feststellungsmängel infolge Verkennung der Rechtslage gerügt. 8 Es trifft nicht zu, dass sich das Landesverwaltungsgericht mit dem Vorbringen der Revisionswerberin, die verfahrensgegenständlichen Geräte seien nicht mehr in Betrieb gestanden, sondern nur zur Abholung bereitgestanden, es hätten keine Ausspielungen stattgefunden, das Lokal sei nicht mehr geöffnet und auch nicht mehr öffentlich zugänglich gewesen, nicht auseinandergesetzt hätte und dazu keine Feststellungen getroffen hätte. Es folgte nur nicht dem Vorbringen der Revisionswerberin und gelangte beweiswürdigend zu einem anderslautenden Sachverhalt (vgl. das angefochtene Erkenntnis Seiten 9 bis 11). 9 Im Übrigen stellt die Frage, ob ein Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht in Ansehung der Tatfrage genügt, eine einzelfallbezogene Frage des Verfahrensrechtes dar, welcher nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen kann, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen (VwGH 11.4.2018, Ra 2017/12/0053, mwN). Dies ist im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich.
10 Soweit die Feststellung gerügt wird, die Gesellschaft, als deren vertretungsbefugtes Organ die Revisionswerberin bestraft wurde, habe die Glücksspielgeräte entgeltlich zur Verfügung gestellt, wird die Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht bekämpft (s. Seite 10 und 11 des angefochtenen Erkenntnisses). 11 Der Verwaltungsgerichtshof ist jedoch als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 27.2.2018, Ra 2019/17/0012, mwN). Derartiges wurde in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt. 12 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juli 2019
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170160.L00Im RIS seit
25.09.2019Zuletzt aktualisiert am
25.09.2019