TE OGH 2019/7/30 10ObS86/19y

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Veröffentlicht am 30.07.2019
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer, sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei D*****, vertreten durch Dr. Johannes Schuster Mag. Florian Plöckinger Rechtsanwälte GesbR in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Pflegegeld, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. April 2019, GZ 10 Rs 128/18v-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 23. Oktober 2018, GZ 31 Cgs 183/17d-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist serbischer Staatsbürger und lebt seit 2016 in Österreich. Er verfügt über einen Aufenthaltstitel Niederlassungsbewilligung-Angehöriger gemäß § 47 Abs 3 NAG und bezieht keine der in § 3 BPGG genannten Grundleistungen.

Mit Bescheid vom 20. 9. 2017 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Klägers vom 23. 8. 2016 auf Zuerkennung von Pflegegeld ab.

Der Kläger begehrt mit seiner fristgerecht gegen diesen Bescheid erhobenen Klage die Zuerkennung von Pflegegeld im gesetzlichen Ausmaß.

Die Beklagte wandte dagegen die fehlende Anspruchsberechtigung des Klägers gemäß §§ 3, 3a BPGG ein.

Das Erstgericht sprach dem Kläger Pflegegeld gemäß der Stufe 3 in Höhe von monatlich 451,80 EUR ab 1. 9. 2016 zu und begründete die Anspruchsberechtigung des Klägers mit § 3a Abs 2 Z 1 BPGG (Gleichstellung aus einem Staatsvertrag).

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung Folge und wies das Klagebegehren ab. Unstrittig verfüge der Kläger nicht über einen der in § 3a Abs 2 Z 4 BPGG genannten Aufenthaltstitel. Der sachliche Geltungsbereich des AbkSozSi-Serbien sei jedoch nicht anwendbar, weil dieser sich nur auf die österreichischen Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung beziehe. Pflegegeld sei aber keine Leistung aus der Krankenversicherung, sodass eine Gleichstellung gemäß § 3a Abs 2 Z 1 BPGG nicht erfolge. Die Revision sei im Hinblick auf einen allenfalls bestehenden Widerspruch der Entscheidung des Berufungsgerichts zur Entscheidung 10 ObS 62/18t und einer anderen Entscheidung des Berufungsgerichts zulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die von der Beklagten beantwortete Revision des Klägers, mit der dieser die Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig.

1. Im Revisionsverfahren ist nicht strittig, dass der Kläger über keinen der gemäß § 3a Abs 2 Z 4 BPGG privilegierten Aufenthaltstitel verfügt.

2. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst (am 25. Juni 2019) zu dem – auch hier anwendbaren – Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über soziale Sicherheit, BGBl III 2012/155 (AbkSozSi-Serbien) in der Entscheidung 10 ObS 68/19a Stellung genommen und ausgeführt, dass sich für Fremde, die dem Anwendungsbereich dieses Abkommens unterliegen, keine Gleichstellung in Bezug auf Pflegegeldleistungen im Sinn des § 3a Abs 2 Z 1 BPGG aus diesem Abkommen ergibt (ebenso bereits 10 ObS 157/06w DRdA 2008/18, 248 [Karl] = SSV-NF 20/72, zum insofern übereinstimmenden Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über soziale Sicherheit, BGBl III 2000/212). Grund dafür ist, dass sich der sachliche Anwendungsbereich des Abkommens nach Art 2 Abs 1 Z 1 lit a AbkSozSi-Serbien nur auf die österreichischen Rechtsvorschriften über die Krankenversicherung bezieht, das österreichische Pflegegeld jedoch keine Leistung aus der Krankenversicherung ist. Es fällt auch unter keinen anderen der in Art 2 Abs 1 Z 1 AbkSozSi-Serbien genannten Tatbestände.

3. Aus dem vom Revisionswerber hervorgehobenen Umstand, dass es sich beim Pflegegeld im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit um eine Leistung bei Krankheit handelt (Art 3 Abs 1 lit a und b VO 883/2004), ist nichts zu gewinnen, weil der Anwendungsbereich des Unionsrechts im vorliegenden Fall nicht eröffnet ist (ähnlich 10 ObS 68/19a mwH).

4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung. Richtig hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, dass sich für den gegenteiligen Standpunkt des Klägers auch nichts aus der Entscheidung 10 ObS 62/18t ergibt, weil die Frage der Gleichstellung aufgrund eines zwischenstaatlichen Abkommens im Sinn des § 3a Abs 2 Z 1 BPGG dort nicht zu prüfen war.

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht geltend gemacht und ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage.

Textnummer

E125826

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:010OBS00086.19Y.0730.000

Im RIS seit

16.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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