TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/21 VGW-002/007/2316/2019, VGW-002/V/007/2317/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2019
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Entscheidungsdatum

21.06.2019

Index

L70309 Buchmacher Totalisateur Wetten Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WettenG Wr 2016 §19 Abs2
WettenG Wr 2016 §19 Abs8
VStG §1 Abs2
VStG §9

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Köhler über die
Beschwerde der A. B. (in der Folge: die Beschwerdeführerin) und der
C. GmbH (in der Folge: die beschwerdeführende Gesellschaft), beide vertreten durch Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien (Magistratsabteilung 36) vom 10.12.2018, Zl. …, betreffend Übertretung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

zu Recht e r k a n n t:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 400,– Euro (das sind 20% der verhängten/bestätigten Geldstrafe) zu leisten. Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 9 Abs. 7 VStG haftet die beschwerdeführende Gesellschaft für diesen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Beschwerdegegenstand und Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 10.12.2018 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe als verantwortliche Beauftragte der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 9 Abs. 2 VStG zu verantworten, dass diese in der Betriebsstätte in Wien, D.-Straße, in der diese die Tätigkeit als Wettunternehmerin, nämlich Buchmacherin, durch Wettterminals iSd § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz ausübe, am 18.10.2017, um 9:30 Uhr, insofern die Verpflichtung des §  19 Abs. 2 1. Satz Wiener Wettengesetz, wonach die Wettunternehmerin einer Betriebsstätte mit Wettterminals jedenfalls in geeigneter Weise dafür sorgen müsse, dass der Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal und die Teilnahme an einer Wette nur volljährigen Personen ermöglicht werde, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 nachgewiesen haben und nicht gesperrt seien, nicht eingehalten habe, als sie keine geeigneten Maßnahmen getroffen habe, um den Zutritt zum Nebenraum, in dem Wettterminals aufgestellt waren, nur volljährigen Personen zu ermöglichen, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind, da bei Zutritt zu diesem Nebenraum keine Kontrolle durchgeführt worden sei.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch die Rechtsvorschriften des §  19 Abs. 2 1. Satz Wiener Wettengesetz, LGBl. 26/2016 idF LGBl. 48/2016, verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 2.000,– Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage und 20 Stunden) gemäß § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz, LGBl. 26/2016 idF LGBl. 48/2016, iVm § 9 Abs. 2 VStG verhängt. Zusätzlich wurde gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 200,– Euro verhängt. Die beschwerdeführende Gesellschaft hafte für die in diesem Straferkenntnis über die Beschwerdeführerin verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten und die sonstigen in Geld bemessenen Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand. Die belangte Behörde ging bei der Strafbemessung von keinen Erschwerungs- und keinen Milderungsgründen sowie von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen aus.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige und formgerechte Beschwerde. Zusammen mit der Beschwerde wurde ein Gutachten des Beschwerdevertreters im Auftrag des Österreichischen Buchmacherverbandes vorgelegt.

Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht vor.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 ergingen Ladungen zur Verhandlung in der Beschwerdesache am 13.05.2019 an die beschwerdeführenden Parteien, die belangte Behörde und zwei Zeugen.

Mit Schreiben vom 07.03.2019 ergingen im Parallelverfahren … Ladungen an dieselben beschwerdeführenden Parteien und die Behörde sowie zwei weitere Zeugen mit dem Hinweis der Verbindung der Verhandlung in den Beschwerdesachen am 13.05.2019.

Mit Schreiben vom 15.03.2019 stellten die beschwerdeführenden Parteien einen Antrag auf Vertagung der für 13.05.2019 angesetzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht. Begründend wurde ausgeführt, dass der Rechtsvertreter an diesem Tag beruflich bedingt verhindert sei (Vortragstätigkeit). Die Verhinderung eines Rechtsanwaltes könne ein begründetes Hindernis iSd § 19 Abs. 3 AVG sein. Der namentlich genannte Rechtsvertreter habe sich für den 13.05.2019 verpflichtet, einen Vortrag zu halten. Er begleite die beschwerdeführenden Parteien seit vielen Jahren. Seine Teilnahme an der Verhandlung sei unerlässlich und es sei zum verfahrensgegenständlichen Vorwurf eine Vielzahl von Parallelverfahren anhängig, deren Ausgang für das Fortbestehen der beschwerdeführenden Parteien existenziell sei.

Mit Beschluss vom 18.03.2019, …, wurde der Antrag auf Vertagung vom 15.03.2019 abgewiesen. Die beschwerdeführenden Parteien lassen sich von einer Rechtsanwälte-GmbH vertreten; hier gibt es ausreichend vertretungsbefugte Juristen und eine allgemeine Möglichkeit der Substitution (§ 14 RAO). Aus der Rechtsprechung des VwGH zu § 19 Abs. 3 AVG – zur (nachträglichen) Rechtfertigung des Nichterscheinens zu einer Verhandlung – lässt sich nichts gewinnen. Es liegen auch keine „ganz besonderen Gründe im Einzelfall“ vor, die eine Intervention eines ganz bestimmten Rechtsanwaltes dringend geboten erscheinen lassen würden. Es werden am Verwaltungsgericht Wien im Übrigen auch unterschiedliche Richter in der gegenständlichen Protokollgruppe eingesetzt. Sollte ein bestimmtes rechtliches Vorbringen zu erstatten sein, ist schließlich auch jederzeit bis zur Verhandlung bzw. einem Schluss des Verfahrens eine schriftliche Eingabe möglich. Abschließend wäre zu bedenken, dass eine Vertagung, wenn sie nicht dringend geboten ist, einen unverhältnismäßigen Aufwand verursacht. In den beiden Beschwerdesachen waren neben der belangten Behörde vier Zeugen bereits zum festgesetzten Termin geladen.

Mit Schreiben vom 08.05.2019 erstattete der Beschwerdevertreter ein ergänzendes Vorbringen samt Urkundenvorlage, nämlich ein Gutachten von ao. Univ.-Prof. Dr. E. vom 04.03.2019 sowie ein Schulungshandbuch der beschwerdeführenden Gesellschaft für Sportwettenmitarbeiter.

Am 13.05.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht statt, wobei die gegenständliche Beschwerdesache aufgrund des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges mit der Beschwerdesache … zur Verhandlung verbunden wurde. Es wurden – in Anwesenheit des (im Vertagungsantrag vom 15.03.2019 namentlich genannten) Beschwerdevertreters sowie eines Vertreters der belangten Behörde – F. G. (Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft) sowie die Zeugen H. J. und K. L. (Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gesellschaft) sowie M. N. und P. R. (Bedienstete der belangten Behörde) einvernommen. In der Verhandlung wurde für die gegenständliche Beschwerdesache eine E-Mail von H. J. vom 18.10.2017, 16:36 Uhr, vorgelegt. Das Ermittlungsverfahren wurde geschlossen und den Verfahrensparteien wurde eingeräumt, binnen zwei Wochen ein ergänzendes rechtliches Vorbringen zu erstatten.

Mit Schreiben vom 27.05.2019 erstattete der Beschwerdevertreter eine ergänzende Stellungnahme.

Feststellungen

Das gegenständliche Verfahren begann mit einer Kontrolle nach dem Wiener Wettengesetz am 18.10.2017 in der Betriebsstätte mit der Bezeichnung „S.“ in Wien, D.-Straße. Die Kontrolle wurde für die belangte Behörde durch Werkmeister M. N. vorgenommen.

Dieses Lokal ist eine behördlich angezeigte Betriebsstätte der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß Bescheid der belangten Behörde vom 12.08.2014, …. Inhaber der Betriebsstätte ist T. U.. Dieser war und ist kein Dienstnehmer der beschwerdeführenden Gesellschaft. Zum Tatzeitpunkt (Beginn der Kontrolle) waren in der gegenständlichen Betriebsstätte keine Angestellten der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt oder anwesend. Insbesondere versah keine für diesen Standort von der beschwerdeführenden Gesellschaft namhaft gemachte oder angezeigte verantwortliche Person im Kontrollzeitpunkt in der Betriebsstätte ihren Dienst. Die dauerhafte Anwesenheit solcher Personen während der Öffnungszeiten der Betriebsstätte war auch nicht vorgesehen.

Im Tatzeitpunkt war der Zutritt ins Innere der Betriebsstätte ohne Kontrolle der eintretenden Personen möglich, insbesondere ohne dass vor dem Eintreten Alter, Identität oder eine allenfalls bestehende Selbstsperre überprüft worden wären. Es gab einen Eingang, über den die Tankstelle/der Tankstellenshop betreten werden konnte. Der Eingang war eine automatisch öffnende Glasschiebetüre im Rahmen einer Glasfront, an der auch ein Aufkleber mit dem Hinweis „Wettannahmestelle C. als Buchmacher und Totalisateur“ angebracht war. An der Außenseite wies der Eingang zum Lokal im Tatzeitpunkt keine technische Zutrittskontrolle oder sonstige Zugangsbeschränkung auf dem Weg ins Innere auf. Jedermann konnte die Betriebsstätte betreten, ungehindert ins Innere gelangen und dort verweilen. Oberhalb eines Ganges von etwa zwei Metern Länge zu dem Nebenraum mit den zwei Wettterminals war der Hinweis „Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Zutritt verboten“ angebracht.

Im Tatzeitpunkt unterblieb die Kontrolle eines Eintretenden durch das Personal der Tankstelle, sodass ein Kontrollorgan (der in der Verhandlung am 13.05.2019 einvernommene Werkmeister M. N.) ungehindert Zugang von außen ins Lokalinnere und auch weiter in den Nebenraum mit zwei betriebsbereiten Wettgeräten hatte. Es war der Zugang und der Aufenthalt auch zum Nebenraum ohne Beschränkung möglich. Das Kontrollorgan hatte ungehinderten Zugang zu dem Nebenraum und wurde keiner Identitätskontrolle oder sonstigen Maßnahme unterzogen. Es war auch ein kurzfristiger Aufenthalt möglich, d.h. auch nach dem erstmaligen Zutritt erfolgte keine (nachträgliche, sofortige) Kontrolle. Es war dem Kontrollorgan somit ein unkontrollierter Zutritt wie auch Aufenthalt möglich.

Während der Kontrolle kam H. J., eine verantwortliche Person der beschwerdeführenden Gesellschaft, in die Betriebsstätte.

Im Zuge einer Nachkontrolle am 17.07.2018 konnte festgestellt werden, dass zwischenzeitlich eine technische Zutrittskontrolle zu dem Raum, in dem die beiden Wettterminals weiterhin aufgestellt waren, installiert wurde (Fingerabdruckscanner).

Im Tatzeitpunkt waren zwei Geräte, die vollautomatisch einen direkten Wettabschluss ermöglichten, in dem Nebenraum aufgestellt. Die Wette konnte am Bildschirm (aus einem über das Internet laufend aktualisierten Wettprogramm) ausgewählt und nach Bezahlen des Wetteinsatzes entweder durch Münzeinwurf (bzw. Geldscheineinzug) oder durch Abbuchung von einem Guthaben am Kundenkonto des Wettenden direkt platziert und auch wirksam abgeschlossen werden. Daraufhin gab das Gerät über eine integrierte Druckereinheit einen Beleg mit den wesentlichen Angaben über Wette und Abschlusszeitpunkt aus. Im Tatzeitpunkt konnte auf diese Weise an den beiden Geräten (Wettterminals) jeweils eine Probewette abgeschlossen werden. Es gab in der Betriebsstätte keinen Wettannahmeschalter, an dem Wetten persönlich abgegeben werden konnten. Der Abschluss der Wette an den Terminals erfolgte in Selbstbedienung ohne Unterstützung durch Personal der Tankstelle.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist eine zur Firmenbuchnummer … ins Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in der politischen Gemeinde V. und dem Geschäftszweig „Wettdienstleistungen“. Sie wird von den handelsrechtlichen Geschäftsführern W. X. und F. G. nach außen vertreten, wobei diese gemeinsam oder jeweils mit einem Prokuristen vertretungsbefugt sind. Die beschwerdeführende Gesellschaft bietet seit 1991 Wetten auf sportliche Veranstaltungen in ganz Österreich an. Sie wird dabei als Buchmacherin tätig.

Die Beschwerdeführerin wurde mit Urkunde vom 02.04.2012 zur verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Einhaltung aller glücksspielrechtlichen und der für Wetten maßgeblichen landesgesetzlichen Vorschriften, der damit im Zusammenhang stehenden Jugendschutzbestimmungen der Länder und der Bestimmungen zum Tabakgesetz bestellt. Für ihren Verantwortungsbereich wurde gleichzeitig eine umfassende Anordnungsbefugnis erteilt. Die Beschwerdeführerin machte zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen keine Angaben und machte keine Sorgepflichten geltend.

Mit E-Mail von H. J. vom 18.10.2017, 16:36 Uhr, wurde für die beschwerdeführende Gesellschaft ein interner Bericht über die Kontrolle verfasst. Darin wird (u.a.) festgehalten, dass die Kontrolle ohne Beanstandungen verlaufen sei. Die Wettterminals seien in einem abgetrennten und gut gekennzeichneten Raum plaziert. Welche Maßnahmen infolge dieses Berichtes durch die beschwerdeführenden Parteien veranlasst wurden, kann nicht festgestellt werden. Es wurden allerdings bei der bereits angesprochenen Nachkontrolle am 17.07.2018 technische Zutrittssperren festgestellt.

Gegenüber der Beschwerdeführerin wurden bereits zahlreiche Straferkenntnisse der belangten Behörde wegen Übertretungen des Wiener Wettengesetzes erlassen. Alleine 2018 hat sie 18 Beschwerden an das Verwaltungsgericht eingebracht, 2019 sind es bereits 36 Beschwerden. Zuletzt wurde etwa die Bestrafung wegen Übertretung des § 25 Abs. 1 Z 5 Wiener Wettengesetz bestätigt, die sich auf eine gesicherte Rechtsprechung des VwGH stützen kann (hg. Erkenntnis vom 22.05.2019, …, infolge VwGH 29.03.2019, Ra 2019/02/0025). Bei der belangten Behörde ist noch eine Vielzahl von Verfahren wegen Übertretungen des Wiener Wettengesetzes anhängig. Bestrafungen wegen Übertretung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz wurde je nach Sachverhaltskonstellation (Eigenfiliale oder Franchisefiliale und je nach, Mitarbeitereinsatz/-zuordnung, baulichen Gegebenheiten etc.) bestätigt oder aufgehoben.

Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie in die von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Urkunden und Unterlagen sowie durch Einvernahme der Zeugen H. J., M. N., P. R. und K. L. in der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2019.

Die Bestellung der Beschwerdeführerin zur verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG ergibt sich aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien samt vorgelegter Unterlagen und wird auch nicht bestritten.

Die Feststellungen über die beschwerdeführende Gesellschaft, insbesondere betreffend Rechtsform und Unternehmensgegenstand, ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug, einem vorgelegten Bewilligungsbescheid der belangten Behörde 12.08.2014, … (für die konkrete Betriebsstätte) sowie aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft selbst bzw. dem ihres Rechtsvertreters. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft, F. G., machte dazu im Zuge der mündlichen Verhandlung am 13.05.2019 weitere Angaben. Im Übrigen wurde zur Vermeidung von Wiederholungen in dieser Verhandlung das Verhandlungsprotokoll vom 07.03.2019 aus einem Parallelverfahren betreffend dieselben beschwerdeführenden Parteien und dieselbe Tathandlung (…) verlesen. Dort tätigte F. G. umfangreiche Ausführungen zur beschwerdeführenden Gesellschaft.

Dass es sich bei der gegenständlichen Betriebsstätte – auch zum Tatzeitpunkt – um eine Tankstelle handelte, deren Inhaber T. U. war, sowie der Umstand, dass in der gegenständlichen Betriebsstätte zum Tatzeitpunkt keine Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt oder aufhältig waren, gründen auf der unstrittigen Dokumentation der Kontrolle im Akt sowie den diesbezüglich deckungsgleichen Angaben der Zeugen H. J., K. L. und M. N..

Dass zwei Wettterminals in einem Nebenraum aufgestellt waren und sich in betriebsbereitem Zustand befunden haben, wurde nicht bestritten und ergibt sich aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen sowie der Dokumentation der Kontrolle samt Lichtbildern.

Die übrigen Feststellungen über die Betriebsstätte (insbesondere Anordnung und Zugang zu Räumlichkeiten des Wettlokales) ergeben sich wiederum aus den übereinstimmenden Angaben der Zeugen H. J., K. L. und M. N. sowie der Dokumentation der Kontrolle samt Lichtbildern.

Dass der Zugang zum Nebenraum (konkret Zutritt und Aufenthalt) ungehindert – das heißt, ohne technische Zutrittskontrolle und auch nicht durch persönliche (Identitäts-)Kontrolle – möglich war, ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage des Zeugen M. N..

Aus dem internen Kontrollbericht der beschwerdeführenden Gesellschaft ergeben sich für den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Anhaltspunkte für Zweifel oder einen anders gelagerten Sachverhalt. Wenn in der E-Mail von H. J. vom 18.10.2017, 16:36 Uhr, festgehalten wird, dass die Wettterminals in einem abgetrennten und gut gekennzeichneten Raum plaziert gewesen seien, handelt es sich um eine unbestrittene, für das Tatbild des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz jedoch unbeachtliche Tatsache. Der einleitenden Feststellung in dieser E-Mail, dass es keine Beanstandungen gegeben habe, stehen die glaubwürdigen Aussagen des Werkmeisters M. N. entgegen, der auch einen Aktenvermerk über seine Kontrolle angelegt hat und zum gegenständlichen Tatvorwurf in Punkt 7 des vor Ort ausgefüllten Formulars (Aktenseite 15 des Behördenaktes) eine klare Feststellung vermerkt hat. Während ein interner Kontrollbericht der beschwerdeführenden Gesellschaft subjektiv gefärbt sein mag, ist bei einem öffentlich-bediensteten Kontrollorgan, das unter Diensteid steht und für falsche Anzeigen disziplinar- und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, eine höhere Glaubwürdigkeit, insbesondere bei schlüssigen Ausführungen, zu veranschlagen. Es kann keine Veranlassung gesehen werden, dass der Zeuge die beschwerdeführenden Parteien wahrheitswidrig belasten wollte (vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 16 f, zu im Hinblick auf die im Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm § 24 VStG in Verbindung mit den anwendbaren Regelungen des AVG – hier insbesondere § 45 Abs. 2 und § 46 AVG – geltenden Grundsätze der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel sowie der freien Beweiswürdigung).

Die Feststellungen zu Vor- und Parallelverfahren betreffend die beschwerdeführenden Parteien ergeben sich aus den Ausführungen von diesen selbst, Angaben des Behördenvertreters in der mündlichen Verhandlung sowie aus einer Einsichtnahme in die Datenbank des Verwaltungsgerichtes. Im Übrigen sind die Vor- und Parallelverfahren den beschwerdeführenden Parteien bewusst/bekannt; Entscheidungen werden diesen bzw. ihrem Vertreter zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

In der Beschwerde bringen die beschwerdeführenden Parteien zusammengefasst vor, dass im angefochtenen Straferkenntnis keine Angaben dazu gemacht würden, wie viele Personen bzw. ob überhaupt Personen dabei beobachtet worden seien, wie sie ohne Identitätskontrolle den Raum, in dem der Wettterminal aufgestellt war, betreten hätten. Auch wisse man nicht, ob es sich bei diesen Personen um Kinder, Jugendliche oder Erwachsene handelte, und ob diese überhaupt beabsichtigt hätten, den Wettterminal in Betrieb zu nehmen. Die belangte Behörde trage die Beweislast und hätte daher zu beweisen, dass eine Verwaltungsübertretung begangen worden sei. Gemäß § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz müsste nicht jede Person kontrolliert werden; nur Personen, die ein Wettlokal betreten und dort wetten wollten, müssten ihre Identität offenlegen. Wie es verunmöglicht werde, dass Nichtberechtigte den Raum betreten und wetten, sei ins Belieben des Wettunternehmers gestellt. § 19 Abs. 2 verlange lediglich, dass für die Einhaltung dieser Pflichten „in geeigneter Weise“ gesorgt werde.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.05.2019 wird zusätzlich vorgebracht, dass gemäß § 27 VStG örtlich zuständig jene Behörde sei, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden sei. Bei einem Unterlassungsdelikt sei dies der Ort, wo der Täter handeln hätte sollen. Im Fall der Verfolgung einer juristischen Person oder ihrer verantwortlicher Beauftragten iSd § 9 VStG sei dies der Sitz der Unternehmensleitung. Gemäß § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 48/2016 sei bereits der Zutritt zu einer Betriebsstätte verboten gewesen, nach der nunmehr geltenden Rechtslage sei im Fall einer Filiale mit „ständiger Aufsicht“ nur der Aufenthalt untersagt. § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz enthalte keine Definition, was unter „ständiger Aufsicht“ zu verstehen sei. Ein arbeitsrechtliches Vertragsverhältnis zwischen Wettunternehmer und Aufsichtsperson sei nicht erforderlich. Beim Aufstellen von Wettterminals an externen Standorten würden Aufstellungsverträge abgeschlossen werden, in deren Rahmen einer einschult und Beratung erfolgen würde, außerdem gebe es einen laufenden Kontakt und sei eine direkte Kontaktaufnahme stets möglich. Schließlich ergebe sich aus einem Günstigkeitsvergleich, dass ein Strafaufhebungsgrund vorliegen würde.

In der Stellungnahme vom 27.05.2019 wird zunächst wiederum die Zuständigkeit der belangten Behörde bestritten. Im Fall der Verfolgung einer juristischen Person bzw. ihrer verantwortlicher Beauftragten iSd § 9 VStG sei der Tatort bei einem Unterlassungsdelikt der Sitz der Unternehmensleitung. Das wäre konkret der Sitz der beschwerdeführenden Gesellschaft in V./Niederösterreich. Es würden nicht nur technische Zutrittskontrollen dem § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz entsprechen. Es würden durch das Personal „face-to-face-Kontrollen“ der Gäste durchgeführt werden. Der als Zeuge in der mündlichen Verhandlung einvernommene Werkmeister habe nicht angeben können, dass sich zum Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle Personen in der Betriebsstätte befunden hätten bzw. ob Personen die Betriebsstätte währenddessen betreten hätten. Es gebe daher keine Wahrnehmungen über die vorgeworfenen Übertretungen. Aufgrund der Vielzahl an Verfahren zum gegenständlichen § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz werde nochmals das Aussetzen des Verfahrens gemäß § 38 AVG bzw. ein tatsächliches Zuwarten bis zum Vorliegen von Entscheidungen durch den VwGH angeregt.

Im Gutachten von ao. Univ.-Prof. Dr. E. wird ein Vergleich der früheren mit der nun im Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz angestellt und dabei konkret ein Vergleich der Begriffe „Zutritt“ und „Aufenthalt“ vorgenommen. Die aktuelle Rechtslage sei eine günstigere. Die Tathandlung sei nunmehr eine andere und eine Zutrittskontrolle dürfe unterlassen werden, weil nunmehr der „Aufenthalt“, der in zeitlicher Hinsicht über den Zutritt hinausgehen würde und eine „vergleichsweise stärkere zeitliche Komponente“ hätte, Tatbestandsmerkmal sei. Das Gutachten kommt im Ergebnis zu einer Straflosigkeit bzw. zu einem Strafaufhebungsgrund.

Mit diesen Vorbringen ist die Beschwerde nicht im Recht. Weder zeigen die beschwerdeführenden Parteien eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses auf, noch kann eine solche von Amts wegen erkannt werden:

Zunächst ist zur von den beschwerdeführenden Parteien in Zweifel gezogenen Zuständigkeit Folgendes auszuführen:

Das Wiener Wettengesetz sieht – seit der Stammfassung unverändert – durchgehend die sachliche Zuständigkeit des Magistrates (der Stadt Wien; § 67, 105 sowie 107 WStV) vor. Das gilt (freilich) auch für Verwaltungsstrafverfahren (siehe § 22 iVm § 24 Abs. 1; arg. „von der Behörde … zu bestrafen“; vgl. auch Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 26 Rz 4; VwGH 16.03.2018, Ro 2018/02/0001, Rz 20 ff).

Die belangte Behörde war als Tatortbehörde auch örtlich zuständig. Ehemalige Berechtigungen mit ihrer Weitergeltung gemäß § 27 Abs. 1 Wiener Wettengesetz als nunmehrige Bewilligungen sind ehemals gemäß § 4 und nunmehr gemäß § 3 Wiener Wettengesetz standortgebunden, sodass sich die örtliche Zuständigkeit nach dem jeweiligen Standort der jeweiligen Bewilligung als Tatort richtet; dies ist der Ort an dem zu handeln gewesen wäre bzw. an dem eine Zutritts-/Aufenthaltskontrolle unterlassen wurde (vgl. Fister, aaO, VStG § 27 Rz 5, wonach „auf das betreffende Tatbild […] Bedacht zu nehmen“ ist).

Die belangte Behörde war somit zur Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses zuständig; für eine Zuständigkeit einer anderen (Bezirksverwaltungs-)Behörde besteht kein Raum (VwGH 16.03.2018, Ro 2018/02/0001, Rz 20 f).

In der Sache:

Im Tatzeitpunkt (18.10.2017) war das Wiener Wettengesetz in der Fassung der am 11.11.2016 kundgemachten Novelle LGBl. 48/2016 in Kraft, mit der die Stammfassung des § 19 nicht geändert wurde, der samt Überschrift wie folgt lautet:

„Schutz für Wettkundinnen und Wettkunden
Jugendschutz

§ 19. (1) Die Teilnahme an einer Wette darf nur volljährigen Personen ermöglicht werden. Bei Zweifel über das Alter der Wettkundin bzw. des Wettkunden hat die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer oder die verantwortliche Person sich einen amtlichen Lichtbildausweis, der den Anforderungen des § 40 Abs. 1 Bankwesengesetz - BWG entspricht, vorlegen zu lassen und diesen zu kontrollieren.

(2) Die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer einer Betriebsstätte mit Wettterminals muss jedenfalls in geeigneter Weise dafür sorgen, dass der Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal und die Teilnahme an einer Wette nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises gemäß Abs. 1 nachgewiesen haben und nicht gesperrt sind. Die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer oder die verantwortliche Person hat die Identität (Name und Geburtsdatum) der Wettkundin
oder des Wettkunden und die Daten des amtlichen Lichtbildausweises, mit dem die Identität nachgewiesen wurde, festzuhalten. Diese Informationen müssen sieben Jahre lang aufbewahrt werden.

(3) Vor dem Eingang zu Räumen mit Wettterminals ist durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen.“

Am 06.07.2018 wurde die Novelle des Wiener Wettengesetzes LGBl. Nr. 40/2018 kundgemacht. Mit dieser Novelle wurde § 19 neu gefasst. Diese Novellierung trat nach einer Übergangsfrist von sechs Monaten (§ 30 Abs. 4 Wiener Wettengesetz) am 07.01.2019 mit unveränderter Überschrift und (auszugsweise) folgendem Wortlaut in Kraft:

„§ 19. (1) Die Teilnahme an einer Wette darf nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht werden.

(2) Die Wettunternehmerin oder der Wettunternehmer muss durch die Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems dafür sorgen, dass der Aufenthalt in Räumen einer Betriebsstätte nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben. In Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder des Wettunternehmers oder durch diese oder diesen selbst muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass bereits der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht wird.

[…]

(4) Vor dem Eingang zu Räumen, in denen eine Tätigkeit als Wettunternehmerin oder Wettunternehmer ausgeübt wird, ist durch die Wettunternehmerin oder den Wettunternehmer oder die verantwortliche Person auf das Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche gut sichtbar und dauerhaft hinzuweisen.

[…]

(8) In Betriebsstätten, in denen der Kleinhandel mit Tabakerzeugnissen stattfindet (ausgenommen in Gaststätten), gelten die Bestimmungen des Abs. 1 zweiter Fall sowie Abs. 2 bis 7 und 9 nicht, wenn

[…]

(9) Wurde wegen des Aufenthaltes einer oder mehrerer minderjähriger Personen in einer Betriebsstätte bereits zwei Mal eine Verwaltungsstrafe rechtskräftig verhängt, kann die Behörde die Schaffung einer geeigneten Zutrittskontrolle gemäß Abs. 2 2. Satz auch in Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht anordnen. In dem Bescheid zur Anordnung der Maßnahme hat die Behörde eine angemessene Frist festzulegen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Ausübung der Bewilligung nur unter der Bedingung der Schaffung dieser Maßnahmen zulässig. Dieser Bescheid ist Teil des Bewilligungsbescheides."

Gemäß § 24 Abs. 1 Wiener Wettengesetz (insoweit hinsichtlich der Strafdrohung seit der Stammfassung unverändert) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet – von der Behörde mit einer Geldstrafe bis 22.000,– Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer als Wettunternehmerin die Verpflichtungen gemäß § 19 Wiener Wettengesetz nicht einhält (Z 12; mit LGBl. 40/2018 entfiel der Verweis auf „Abs. 1 bis 4“, sodass seit dem 07.07.2018 auf § 19 als Ganzes verwiesen wird).

Gemäß § 27 Abs. 1 zweiter Satz Wiener Wettengesetz gelten Berechtigungen nach bestimmten früheren gesetzlichen Bestimmungen als Bewilligungen iSd Wiener Wettengesetzes. Eine sechsmonatige (Abs. 2 und 3 par. cit.) und eine einjährige (Abs. 4 par. cit.) Übergangsfrist gewährt einen Zeitraum für die Umsetzung bestimmter Verpflichtungen bei der zulässigen weiteren Ausübung der wettunternehmerischen Tätigkeit längstens bis zum Ablauf des 31.12.2020. Ausgehend von der längeren Frist sind „spätestens innerhalb von einem Jahr nach Inkrafttreten" des Wiener Wettengesetzes sämtliche Bestimmungen des Wiener Wettengesetz auf alle (früheren Berechtigungen und neuen) Bewilligungen anzuwenden, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Wiener Wettengesetz am 14.05.2016 spätestens während der Öffnungszeiten am 14.05.2017 (arg. „innerhalb“) als letzten Tag der Jahresfrist.

Im angelasteten Tatzeitpunkt am 18.10.2017 war das Wiener Wettengesetz auf die Tätigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft vollständig anwendbar und zwar auch § 19 Wiener Wettengesetz (in der damals in Kraft stehenden Stammfassung). Der Gesetzeswortlaut ist insoweit völlig unmissverständlich, sodass es schon deshalb auf die – im Übrigen keinen anderen Regelungsinhalt oder –zweck nahelegenden – Gesetzeserläuterungen gar nicht ankommt.

Bei der gegenständlichen Tankstelle (Tatort Wien, D.-Straße) handelt es sich unstrittig um eine angezeigte Betriebsstätte der beschwerdeführenden Gesellschaft für ihre wettunternehmerische Tätigkeit als Buchmacherin. Es war dort aber kein Personal der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt.

Im Fall eines vom Wettanbieter betriebenen Geschäftslokals erfolgen Wettabschlüsse und die Erbringung damit einhergehender Leistungen unmittelbar in der Betriebsstätte („Vertrag unter Anwesenden“), auch wenn die Wettbestimmungen der beschwerdeführenden Gesellschaft – im Regelfall – als Ort des Vertragsschlusses für den Abschluss von Wetten nicht den jeweiligen Standort vorsehen (VwGH 13.04.2016, Ra 2016/02/0053, Rz 14).

Ob die gegenständliche Betriebsstätte als aufgelöst angesehen oder angezeigt werden könnte, weil offenbar im Regelfall der Vertragsschluss am Sitz der beschwerdeführenden GmbH (durch „Realannahme“) erfolgt und iSd § 2 Z 7 Wiener Wettengesetz in den Betriebsstätten selbst keine Wetten „abgeschlossen“ werden (dazu, welche Rechtsfolgen sich daraus für einen gewerberechtlichen Betriebsinhaber eines Standorts iSd Wettengesetzes ergeben, VwGH 24.10.2016, Ra 2016/02/0189, Rz 23), ist somit rechtlich nicht von Bedeutung (zum Betriebsstättenerfordernis ErläutRV BlgLT 3/2016, Allgemeiner Teil, S 1, wonach der „gewerbsmäßige Abschluss und die gewerbsmäßige Vermittlung von Wetten, Wettkundinnen oder Wettkunden […] nur in ortsfesten Betriebsstätten erfolgen“ dürfen).

Der Abschluss von Wetten (§ 2 Z 1 iVm Z 6 Wiener Wettengesetz) ist nach den gesetzlichen Definitionen (lediglich) das kennzeichnende Merkmal der Tätigkeit einer Buchmacherin. Das Wiener Wettengesetz stellt dabei durchgehend auf Gewerbsmäßigkeit ab (§ 1 sowie § 2 Z 1 und 7 Wiener Wettengesetz). Wettunternehmer ist, wer die Buchmachertätigkeit gewerbsmäßig ausübt (§ 2 Z 4 Wiener Wettengesetz). Somit ist bereits das Anbieten einer wettunternehmerischen Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung der Tätigkeit gleichzuhalten (VwGH 27.07.2017, 2017/02/0084, Rz 18, mit Verweis auf die heranzuziehende Definition des § 1 GewO). Auf die Erfolgswirksamkeit (den tatsächlichen Abschluss einer angebotenen Wette) bzw. generell auf den (zivilrechtlichen) Ort des Vertragsschlusses kommt es dabei nicht an. Vertragsinhalt einer Buchmacherwette ist aber auch die Herausgabe eines Wettgewinns, was unstrittig am gegenständlichen Standort möglich war.

Seit der Stammfassung des Wiener Wettengesetzes legte der Gesetzgeber bei der Regelung der wettunternehmerischen Tätigkeit ein besonderes Augenmerk auf die Verwendung von Wettterminals (§ 2 Z 8 Wiener Wettengesetz). Ein Wettterminal weise „im Vergleich zu persönlichen Wettannahmestellen eine erhöhte Suchtgefahr auf. Dies liegt vor allem daran, dass durch den mangelnden persönlichen Kontakt die Hemmschwelle zur Wettteilnahme abgebaut und somit die Wettteilnahme erleichtert wird. Die Wettteilnahme über ein Wettterminal führt insgesamt zu einem erhöhten Wettverhalten. […] Gleichzeitig ermöglichen Wettterminals, dass mehrere Wetten in eher kurzen Zeitabständen hintereinander abgeschlossen werden können“ (ErläutRV BlgLT 3/2016 zu § 5, S 4 f).

Das Wiener Wettengesetz enthält daher für „Betriebsstätten mit Wettterminal(s) […] strengere Vorschriften als für Betriebsstätten ohne Wettterminal(s)“ und eine korrespondierende Verpflichtung für Wettunternehmer, „Räume mit einem Wettterminal gut wahrnehmbar dahingehend zu kennzeichnen, dass sie von Kindern und Jugendlichen nicht betreten werden dürfen“ (ErläutRV BlgLT 3/2016 zu § 19, S 8). Um diesem Schutzgedanken hinreichend Rechnung zu tragen, wurde im Wiener Wettengesetz somit „zusätzlich ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche zu Räumen mit einem (mehreren) Wettterminal(s) normiert“ (ErläutRV BlgLT 3/2016, Allgemeiner Teil, S 2).

Bei dieser Rechtslage spricht der Wortlaut des § 19 Abs. 2 erster Satz Wiener Wettengesetz wie auch der Zweck der Regelung(en) zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (sowie gesperrten Personen) gegen die von den beschwerdeführenden Parteien vertretene Rechtsansicht, der Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal sei nur in Verbindung mit der Teilnahme an einer Wette zu unterbinden, sodass im Ergebnis eine Kontrolle des Alters, der Identität und einer allfälligen Sperre am Wettterminal genüge. Für Minderjährige liefe diese Auslegung des Abs. 2 leg. cit. im Ergebnis lediglich auf ein Teilnahmeverbot an Wetten hinaus, das ohnedies schon in § 19 Abs. 1 Wiener Wettengesetz normiert ist. Die in der Beschwerde (und im beigelegten Rechtsgutachten) vertretene Interpretation ließe damit jedenfalls bei minderjährigen Personen dem gesamten ersten Satz des Abs. 2 und bei gesperrten Personen zumindest der Wortfolge „Zutritt zu Räumen mit einem Wettterminal“ keinen eigenen Anwendungsbereich. Gerade bei den in erster Linie zu schützenden Kindern und Jugendlichen wäre das erklärte Ziel des Wiener Wettengesetzes nicht erreicht, mit Abs. 2 „strengere Vorschriften als für Betriebsstätten ohne Wettterminal(s)“ zu schaffen und „zusätzlich“ zum Teilnahmeverbot an Wetten gemäß Abs. 1 ein vorgeschaltetes, von der Wettteilnahme unabhängiges Zutrittsverbot zu Räumen mit zumindest einem Wettterminal vorzusehen.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt waren in einem Raum der gegenständlichen Betriebsstätte am Tatort zur Tatzeit zwei Geräte betriebsbereit aufgestellt, die unmittelbar den Abschluss einer Buchmacherwette gemäß § 2 Z 8 Wiener Wettengesetz ermöglichten, sodass es sich um Wettterminals handelte. Somit hatte in der Betriebsstätte mit zumindest einem Wettterminal eine wirksame Zutrittskontrolle vor dem Raum zu erfolgen, in dem es aufgestellt war. Es hätte vor dem Eingang zu diesem Raum eine Kontrolle stattfinden müssen, die die Volljährigkeit, die Identität sowie eine allfällige Sperre der Person zu umfasst hätte. Da dies im Beschwerdefall nicht erfolgte (und auch nicht in geeigneter Weise dafür vorgesorgt war), war das Tatbild des § 19 Abs. 2 erster Satz Wiener Wettengesetz erfüllt. Bei dieser klaren Rechtslage ist somit auch nicht von Relevanz, ob bzw. dass eine Wettabgabe an den Terminals nur für registrierte Nutzer möglich war (und dass keine Minderjährigen registriert werden).

Zum von den beschwerdeführenden Parteien eingewendeten Günstigkeitsvergleich ist Folgendes festzuhalten: Nach § 1 Abs. 1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. § 1 Abs. 2 VStG normiert, dass sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre. Auch die Verwaltungsgerichte haben im Beschwerdefall gegebenenfalls die neue Rechtslage anzuwenden (VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0051).

Sind das zur Tatzeit und das zum Bestrafungszeitpunkt geltende Strafrecht gleich streng, bleibt es bei der Anwendung des Tatzeitrechts (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² [2017] § 1 Rz 11). § 1 Abs. 2 VStG stellt für den Günstigkeitsvergleich auf das jeweils „geltende Recht“ ab. Nach der Rechtsprechung des VwGH soll es allerdings verengend bloß auf die Gesamtauswirkungen der tatbestandlich vorgesehenen Strafe für den Täter ankommen. Die höchstgerichtliche Judikatur stellt dabei auf Strafart und Strafhöhe ab und lässt sonstige – durchaus auch sanktionsrelevante – Gesichtspunkte unberücksichtigt (Lewisch a.a.O. § 1 Rz 17).

Ein Jahr nach dem Tatzeitpunkt wurde § 19 (Abs. 2 erster Satz) Wiener Wettengesetz durch das am 06.07.2018 kundgemachte LGBl. 40/2018 novelliert; diese Novelle trat gemäß § 30 Abs. 4 Wiener Wettengesetz sechs Monate später, d.h. am 07.01.2019 in Kraft. Die Strafdrohung gemäß (dem als Blankettstrafnorm ausgestalteten) § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz blieb gleich.

Nach § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 40/2018 muss die Wettunternehmerin durch die Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems dafür sorgen, dass der Aufenthalt in Räumen einer Betriebsstätte nur volljährigen Personen ermöglicht wird, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben. In Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder durch diese selbst muss durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass bereits der Zutritt zur Betriebsstätte nur volljährigen und nicht selbstgesperrten Personen ermöglicht wird.

Die Erläuterungen zur Gesetzesnovelle lauten auszugsweise wie folgt:

„[…] Schutzzweck des Gesetzes bleiben der Jugendschutz, der Schutz vor Wettsucht sowie die Prävention von Geldwäsche. Das Gesetz ist unter Berücksichtigung dieser wesentlichen öffentlichen Interessen auszulegen und eine Umgehung der Bestimmungen auf Kosten dieser Ziele darf nicht möglich sein.

[…]

§ 19 Abs. 2 regelt die Aufenthalts- und Zutrittsbeschränkungen und stellt dabei darauf ab, ob in der Betriebsstätte eine ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder durch diese selbst (in Folge: Ständige Aufsicht) besteht: In Räumen einer Betriebsstätte mit ständiger Aufsicht ist der Aufenthalt nur volljährigen Personen gestattet. Demgegenüber ist in Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht bereits der Zutritt nur volljährigen sowie auch nicht gesperrten Personen zu gewähren.

In Betriebstätten mit ständiger Aufsicht hat die Wettunternehmerin daher dafür Sorge zu tragen, dass Minderjährige sich nicht in der Betriebsstätte aufhalten. Wie konkret die Wettunternehmerin dieser Verpflichtung nachkommt, bleibt ihr überlassen (z.B. verpflichtende Kontrolle durch das anwesende Personal, Schranken im Eingangsbereich etc.). Als Aufenthalt im Sinne dieses Gesetzes ist die zeitlich kurzfristige Anwesenheit in der Betriebsstätte nach Betreten bis zur unmittelbar zu erfolgenden Entfernung anzusehen. In dieser Zeit darf die minderjährige Person in keiner Form an Wetttätigkeiten teilnehmen (weder zusehen, noch selbst wetten). Dass junge Menschen (das sind Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) sich nicht in Wettbüros aufhalten dürfen, wird bereits in § 9 Abs. 1 Wiener Jugendschutzgesetz 2002 geregelt. Auch nach dem Wiener Wettengesetz ist der Aufenthalt von Jugendlichen in einer Betriebstätte nun jedenfalls verboten.

Betriebsstätten ohne ständige Aufsicht müssen durch geeignete Maßnahmen (beispielsweise durch den Abgleich biometrischer Daten) gegen den Zutritt durch gesperrte und minderjährige Personen geschützt sein. Zutritt im Sinne dieses Gesetzes ist das über den unmittelbaren Eingangsbereich hinausgehende Betreten der Betriebsstätte. Das bedeutet, dass die elektronische Kontrolle bereits unmittelbar nach Durchschreiten der Eingangstür bzw. des Eingangsportals zu erfolgen hat.“

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass es für die Günstigkeitsprognose darauf ankommt, ob es sich bei der gegenständlichen Betriebsstätte um eine solche mit ständiger Aufsicht handelt oder nicht. § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 40/2018 spricht ausdrücklich von einer ständigen Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder durch diese selbst.

Nach den Erläuternden Bemerkungen bleibt es der Wettunternehmerin in Betriebsstätten mit ständiger Aufsicht überlassen, wie konkret sie der Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass Minderjährige sich nicht in der Betriebsstätte aufhalten, nachkommt. Als Beispiel wird in den Erläuternden Bemerkungen etwa eine „verpflichtende Kontrolle durch das anwesende Personal“ angeführt. Dadurch hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Wettunternehmerin bzw. die verantwortliche Person die Kontrollen nicht eigenhändig vornehmen muss, sondern diese insbesondere auch durch geeignete andere Personen unmittelbar durchgeführt werden können. Unter dem Begriff „anwesendes Personal“ in den Erläuternden Bemerkungen ist ausschließlich das anwesende Personal der Wettunternehmerin zu verstehen und nicht etwa sonstige anwesende Personen (die nicht in einem arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnis zur Wettunternehmerin stehen). Für eine solche Interpretation spricht auch der eindeutige Wortlaut des novellierten § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, wonach die ständige Aufsicht durch verantwortliche Personen der Wettunternehmerin oder durch diese selbst auszuüben ist. Während angestellte Mitarbeiter der Wettunternehmerin in einem arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnis zu dieser stehen und sowohl der Aufsicht als auch den Weisungen der verantwortlichen Person unterliegen, weshalb sie der Wettunternehmerin bzw. verantwortlichen Person jedenfalls zuzurechnen sind, trifft dies auf andere Personen, die in keinem arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnis zur Wettunternehmerin stehen, nicht zu.

Ungeachtet der Frage einer (arbeits-)rechtlichen Verbindung zum jeweiligen Wettunternehmen setzt eine geeignete Aufsicht auch eine technische Anbindung voraus. Anders als eine Identitäts-/Alterskontrolle, die sich auf die Vorlage eines Lichtbildausweises beschränkt, ist die Identifikation eines gesperrten Spielers nur mittels aktuellen Wissens über Wettkunden möglich. Insofern ist ein Zugang zum Datenverbund/Informationssystem des Wettunternehmens notwendige Voraussetzung für eine Überwachung.

Wie den getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, handelte es sich bei der gegenständlichen Betriebsstätte um eine Tankstelle, in der keine Angestellten der beschwerdeführenden Gesellschaft beschäftigt oder dauerhaft anwesend waren. Auch zum Tatzeitpunkt waren weder ein vertretungsbefugtes Organ der beschwerdeführenden Gesellschaft noch die Beschwerdeführerin oder eine verantwortliche Person der beschwerdeführenden Gesellschaft in der gegenständlichen Betriebstätte anwesend. Es steht sohin fest, dass es sich bei der gegenständlichen Betriebsstätte um eine solche ohne ständige Aufsicht iSd § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 40/2018 handelt.

Der Zweck des § 19 Wiener Wettengesetz ist unverändert der Schutz von Kindern, Jugendlichen und (nunmehr verstärkt) gesperrten Personen. Mit der genannten Novelle hat der Gesetzgeber keine Änderung des strafrechtlichen Unwerturteils über die Nichtbefolgung wettunternehmerischer Tätigkeitspflichten hinsichtlich besonders schutzbedürftiger Personengruppen bezweckt. An Stelle eines auf bestimmte Räume beschränkten Zutrittsverbots trat ein zulässiger kurzfristiger Aufenthalt bei Vorliegen einer ständigen Aufsicht durch den Wettunternehmer bzw. seiner verantwortlichen Person(en) in der Betriebsstätte bei sonstigem Zutrittsverbot zu sämtlichen Räumlichkeiten. Die entsprechende Hinweispflicht – nunmehr in § 19 Abs. 4 Wiener Wettengesetz – wurde erweitert. Zur Vornahme erforderlicher Anpassungen an diese Rechtslage war eine sechsmonatige Frist bis zum Inkrafttreten der neuen Rechtslage vorgesehen (§ 30 Abs. 4 Wiener Wettengesetz).

Im Vergleich kann die neue Rechtslage mit dem nunmehr vorgesehenen Schutzniveau nicht als günstiger für Wettunternehmer (iSv „großzügiger“, „milder“ oder „weniger streng“) als die im Tatzeitpunkt geltende Rechtslage angesehen werden. Insoweit bleibt die Änderung der Rechtslage durch Umgestaltung der vorgeschriebenen Schutzmechanismen – ein geeignetes Kontrollsystem in der Betriebsstätte, eine ständige wettunternehmerische Aufsicht und alternativ geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung eines Zutrittsverbots zur gesamten Betriebsstätte – unbeachtlich (Wessely in Raschauer/Wessely, VStG2 (2016) § 1 Rz 18). Somit bietet § 1 Abs. 2 VStG keine Handhabe, ein zum Zeitpunkt der Tat strafbar gewesenes Verhalten heute anders zu beurteilen (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band II2 (2000), VStG § 1 E 44 bis E 46, zur stRsp des VwGH).

Überdies führt auch fallbezogen die Anwendung der neuen Rechtslage zu keiner Straffreiheit der Beschwerdeführerin. Im vorliegenden Fall lag eine ständige Aufsicht (durch Einrichtung eines geeigneten Kontrollsystems) in der Betriebsstätte am Tatort durch die Beschwerdeführerin, die beschwerdeführende Gesellschaft oder durch ihre verantwortlichen Personen (iSd § 5 Abs. 1 lit. a bzw. ehemals lit. f Wiener Wettengesetz) nicht vor. Ohne deren Anwesenheit vor Ort wird den Anforderungen an eine (systematische) ständige Aufsicht nicht entsprochen. Eine Überwachungstätigkeit der von der Wettunternehmerin verschiedenen Betriebsinhaberin und ihrer Mitarbeiter ist nicht ausreichend. Nach den Feststellungen erfolgte eine solche Überwachung im Beschwerdefall aber ohnehin nicht.

Bei diesem Regelungsgehalt des § 19 Abs. 2 war es auch erforderlich, in § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz eine entsprechende Ausnahme/Erleichterung zu § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz zu normieren, weil eben irgendein Drittpersonal, bloß weil es tatsächlich anwesend ist, nicht automatisch eine Aufsicht iSd § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz darstellt. Diese Bestimmung verlangt nämlich eine „verantwortliche Person der Wettunternehmerin“, die also in einem qualifizierten Verhältnis zur Wettunternehmerin stehen muss. Demnach ist für Trafikanten nach § 19 Abs. 8 Wiener Wettengesetz eine eigene Erleichterung normiert, weil auch dessen Anwesenheit eben nicht bereits nach § 19 Abs. 2 ausreicht. Folglich kann nicht jeder beliebige Dritte, der in einem Wettlokal beschäftigt ist, eine Aufsicht iSd § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz vermitteln (dies gilt insbesondere für Mitarbeiter eines Gastronomiebetriebes, in dem ein oder mehrere Wettterminals stehen). In diesem Zusammenhang ist auch zu betonen, dass Kontrolle mehr ist als ein bloßes Beobachten oder körperlich anwesend sein. Schon gar nicht reicht die bloße Möglichkeit zu beobachten. Erforderlich sind als Kontrollmaßnahmen entweder technische Maßnahmen (etwa Türsperren mit Fingerprintsystem, Drehkreuze etc.) oder ein aktives persönliches Handeln. Eine Identitätskontrolle um die Identität und auch das Alter oder eine Spielersperre ermitteln zu können, erfolgt nicht durch bloßen Blickkontakt. § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz erlaubt den Aufenthalt nur volljährigen Personen, die ihre Identität durch Vorlage eines gültigen amtlichen Lichtbildausweises nachgewiesen haben. Ein Identitätsnachweis ist somit gerade auch bei volljährigen Personen erforderlich. Dass nur (offenkundig) Minderjährige kontrolliert werden müssten, weil diese keine Aufenthaltsberechtigung hätten, ist eine unrichtige Umkehrschlussfolgerung.

Das Vorbringen betreffend die räumlichen Gegebenheiten in der gegenständlichen Betriebsstätte, dass ein Wettkunde oder eine Person, die nicht zum Aufenthalt/Zutritt berechtigt wäre, vom Personal beim Betreten des Lokals und des Raumes, in dem ein oder mehrere Wettterminals stehen, gesehen worden wäre, zeigt somit nicht auf, dass tatsächlich eine Kontrolle erfolgte. Vielmehr ist dadurch, dass der als Zeuge einvernommene Werkmeister, der als Organ der belangten Behörde die Kontrolle vornahm, ungehindert in diesen Raum gelangte, das Unterlassen einer Kontrolle erwiesen.

Im Übrigen bezog sich die Tätigkeit des anwesenden Personals der Betriebsstätte – neben einer allfälligen Tätigkeit in Bezug auf die Wettterminals – auch bzw. primär auf die Bedienung der nicht wettenden Gäste/Kunden der Tankstelle samt Tankstellenshop. Freilich ist nach der Lebenserfahrung auch das Verlassen des Tankstellenshops und eine Tätigkeit im „Freiluftbereich“ vom Aufgabenbereich eines solchen Personals erfasst. Dass das damalige Personal im Sinne einer lückenlosen ständigen Aufsicht verpflichtet gewesen wäre, Personen, insbesondere Minderjährige/Kinder vor oder unmittelbar nach Eintritt ausnahmslos einer sofortigen Kontrolle ihrer Identität zu unterziehen und gegebenenfalls ihren Aufenthalt umgehend zu verbieten und sie aus der Betriebsstätte zu verweisen, wurde nicht dargestellt und kann bezogen auf den Tatzeitpunkt im Hinblick auf die beschriebene Betriebsart des Tatorts auch nicht angenommen werden. Es entspricht jedenfalls der Lebenserfahrung, dass durch das Tankstellenpersonal auch andere Tätigkeiten ausgeübt werden und nicht eine durchgehende Positionierung direkt am Verkaufstresen/bei der Kassa gegeben ist. Selbst wenn dies der aktuelle Standplatz/Aufenthaltsort wäre, ist nicht gesichert, dass jedenfalls ein Blickkontakt mit jedem Eintretenden erfolgt. Ein bloßer Blickkontakt würde einer Aufsicht/Identitätskontrolle, wie bereits dargestellt, ohnehin nicht gerecht werden. Das Vorbringen betreffend Sichtachsen im Tankstellenshop Richtung Eingangstüre und (Türe/Gang zum) Nebenraum geht somit ins Leere. Darüber hinausgehende Überwachungsmaßnahmen des anwesenden Tankstellenpersonals wurden nicht einmal im Ansatz behauptet. Das Vertrauen auf eine bloße Erkennbarkeit/Sichtbarkeit einer von § 19 Abs. 2 geschützten Person ist jedenfalls keine geeignete Maßnahme im Sinne dieser Bestimmung.

Wird der vorliegende Sachverhalt nun unter die neue Regelung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz subsumiert, ist zu schlussfolgern, dass dieses Verhalten auch nach der neuen Rechtslage strafbar ist.

Sowohl § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 48/2016 als auch § 24 Abs. 1 Z 12 Wiener Wettengesetz idF LGBl. 40/2018 sehen für eine Verletzung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz, in der jeweiligen Fassung, jeweils die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von bis zu 22.000,– Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu 6 Wochen vor. Da die vorgeworfene und tatsächlich verwirklichte Tathandlung sowohl eine Verletzung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. 48/2016, als auch eine Verletzung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der geltenden Fassung LGBl. 40/2018 darstellt und die in § 24 Wiener Wettengesetz normierten Strafen ident sind, sohin das zur Tatzeit und das zum Bestrafungszeitpunkt geltende Recht gleich streng ist, bleibt es nach dem VStG bei der Anwendung des Tatzeitrechts, sohin des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz in der Fassung LGBl. 48/2016. Aus dem Günstigkeitsprinzip gemäß § 1 Abs. 2 VStG ist somit auch insofern keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses abzuleiten.

Der objektive Tatbestand ist somit auch in dieser Hinsicht erfüllt und es ist kein Strafaufhebungsgrund gegeben.

Das Verwaltungsgericht hegt auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz. Es ist dem gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum überlassen, nicht nur ein Teilnahmeverbot an Wetten als ausreichend ansehen zu wollen, sondern auch ein abgestuftes Zutrittsverbot für bestimmte Räume von Betriebsstätten bei Verwendung eines Wettterminals zu normieren. Es stellt keine unsachliche Beschränkung der Erwerbsfreiheit von Wettunternehmern (oder Gewerbetreibenden bzw. Franchisenehmern von Wettunternehmern) dar, wenn bereits der Zutritt oder Aufenthalt zu Räumen mit einem Wettterminal beschränkt wird, weil bereits hier ein legitimer Schutzzweck (Jugendliche und gesperrte Spieler) verfolgt wird. Gerade bei Wettterminals und dem Fehlen einer ständigen Aufsicht soll auch ausgeschlossen sein, dass solche geschützte Personen sich berechtigte Spieler als „Strohmänner“ suchen und indirekt an Wetten teilnehmen können (siehe auch oben die Materialien mit Hinweis auf den Regelungszweck). § 19 Abs. 2 Wiener Wettengesetz liegt zweifelsfrei im öffentlichen Interesse; die Regelung ist nicht unverhältnismäßig und sieht geeignete Maßnahmen zur Verfolgung öffentlicher Interessen vor (Jugendschutz/Spielerschutz; vgl. auch VfSlg. 19.803/2013; 20.125/2016).

Die Tatbegehung ist der Beschwerdeführerin auch subjektiv vorwerfbar: Bei der verwirklichten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt wird, noch über das Verschulden etwas bestimmt wird. Bei solchen Delikten obliegt es gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung entsprechender Beweisanträge.

Die Beschwerdeführerin brachte in ihrer Beschwerde (u.a.) vor, dass sie kein Verschulden treffe, weil ein wirksames Kontrollsystem vorläge. Ein wirksames Kontrollsystem liegt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dann vor, wenn dadurch die Überwachung der Einhaltung von Rechtsnormen, wie sie der Übertretung der Beschwerdeführerin zu Grunde gelegt wurden, jederzeit sichergestellt werden kann. Zur Einrichtung von Kontrollsystemen ist es für die Befreiung von der Verantwortlichkeit (zusammengefasst) entscheidend, ob Maßnahmen getroffen wurden, die im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist (VwGH 29.01.2018, Ra 2017/04/0144; 20.02.2017, Ra 2017/02/0022). Bei Fehlen eines funktionierenden Kontrollsystems zur Verhinderung von Übertretungen kann auch nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden (VwGH 24.09.2014, Ra

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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