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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §435;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Janina Faber in Himberg, vertreten durch Dr. Rudolf Riegler, Rechtsanwalt in Bruck/Leitha, Theodor-Körner-Platz 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Dezember 1996, Zl. RU1-V-96145/00, betreffend Erteilung eines Abbruchauftrages (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Himberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Himberg vom 7. März 1987 wurde der J.F. sowie der Beschwerdeführerin aufgrund der vorgelegten Pläne und Baubeschreibungen gemäß § 101 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 mit Zustimmung der Grundeigentümer unter Nebenbestimmungen die "befristete Baubewilligung (bis 7. März 1992) zur Errichtung einer Reithalle" auf dem Grundstück Nr. 2146 der Liegenschaft EZ 521, KG Himberg, Industriestraße K 193, erteilt. Aufgrund einer im Akt der Baubehörde erliegenden (nicht vollständigen) Kopie einer Ausfertigung eines Mietvertrages haben die Beschwerdeführerin und J.F. als "Mieter" Teile dieses Grundstückes, welches aufgrund des bestehenden Flächenwidmungsplanes im Grünland (Gl) liegt in Bestand genommen. Das Bestandverhältnis soll auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sein.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. April 1989 wurde gemäß § 111 der NÖ Bauordnung 1976 die Benützungsbewilligung für die mit Bescheid vom 7. März 1987 bewilligte Reithalle bis 7. März 1992 erteilt.
Mit der am 23. März 1992 bei der Baubehörde erster Instanz eingelangten Eingabe beantragte die Beschwerdeführerin die "Verlängerung der Benutzung meiner Reithalle in Himberg, Industriestraße 193". Die Grundstückseigentümer gaben für die "Verlängerung der baubehördlichen Bewilligung" keine Zustimmung.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 22. November 1995 wurde folgender "Abbruchauftrag" erteilt:
"Als Bewilligungswerber des mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Himberg bewilligten Bauvorhabens 'Errichtung einer Reithalle', welches sich nach Ablauf der bewilligten fünf Jahre (7. März 1992) ohne vorherige Neuerlangung einer weiteren Verlängerung konsenslos auf der Liegenschaft in 2325 Himberg, Industriestraße 16 (neu), Parzelle 2146, EZ 521, KG Himberg, befindet, werden Sie daher gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a in Verbindung mit § 101 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 in der derzeit geltenden Fassung beauftragt, die Reithalle bis zum 1. Februar 1996 zu entfernen. Die Entfernung der Reithalle durch ein hiezu konzessioniertes Unternehmen ist der Baubehörde bis zum genannten Zeitpunkt schriftlich zu melden."
Dieser Abbruchauftrag wurde der Beschwerdeführerin und der Grundeigentümerin T.K. zugestellt.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 19. Juni 1996 wurde über die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wie folgt entschieden:
"Die Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 101 und 113 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-O in der derzeit geltenden Fassung, abgewiesen. Der Termin für den Abbruch der konsenslos bestehenden Reithalle auf der Parzelle 2146, EZ 521, KG Himberg in 2325 Himberg, Industriestraße 16, wird mit 19. September 1996 neu festgesetzt. Im Falle des Verstreichens dieser Frist ohne erfolgtem Abbruch wird ein Vollstreckungsverfahren gemäß § 113 leg. cit. zu Lasten der Berufungswerberin eingeleitet. Da es sich im gegenständlichen Fall um ein konsensloses Bauwerk handelt, wird gemäß § 111 leg. cit. ein sofortiges Benützungsverbot ausgesprochen. Im Falle einer weiteren Benützung wird ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 115 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. eingeleitet."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 16. Dezember 1996 wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Der Antrag der Beschwerdeführerin um Verlängerung der erteilten Baubewilligung für weitere fünf Jahre sei erst am 5. August 1992, also bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem die Baulichkeit konsenslos gewesen sei, bei der Baubehörde erster Instanz eingebracht worden. Das Bauvorhaben sei - wie bereits die Berufungsbehörde ausgeführt habe - nicht zulässig, weil die Widmung des betroffenen Grundstückes "Grünland-Landwirtschaft" sei und bei einer Reithalle in der vorliegenden Ausführung (Größe, Fundamentierung, etc.) nicht von einem Bauwerk vorübergehenden Bestandes gemäß § 101 NÖ Bauordnung (z.B. Ausstellungsbauten, Notstandsbauten, Tribünen u.dgl.) gesprochen werden könne. Das Grundstück befinde sich nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin und liege daher offenkundig ein Widerspruch zum örtlichen Raumordnungsprogramm vor (mangelnde Erforderlichkeit zur Nutzung der Liegenschaft).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist.
Weder die Baubehörden noch die belangte Behörde haben näher ausgeführt, warum sie die Erlassung eines Bauauftrages gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a NÖ Bauordnung 1976 an die Beschwerdeführerin für zulässig erachten, obwohl ein solcher nur an den Eigentümer des betroffenen Gebäudes gerichtet werden darf. Im Hinblick auf die zwingende Bestimmung des § 297 ABGB, welche durch Parteienvereinbarung nicht ausgeschaltet werden kann, ist dies grundsätzlich der Grundeigentümer (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. November 1998, Zl. 98/05/0125). Der Verwaltungsgerichtshof übersieht in diesem Zusammenhang nicht, daß offenbar zwischen der Beschwerdeführerin und der Grundstückseigentümerin ein Vertrag geschlossen worden ist, welcher auch die sachenrechtlichen Folgen bezüglich der beschwerdegegenständlichen Reithalle regelt (aufgrund des im Akt erliegenden, nicht vollständig abgelichteten Mietvertrages Punkt X. gehen sämtliche von den Mietern getätigten Investitionen im Falle der Auflösung des Mietverhältnisses ersatzlos in das Eigentum der Vermieter über), was die Annahme eines Superädifikates nicht ausschließt (vgl. hiezu die bei Dittrich-Tades, ABGB, 34. Auflage, E 4 ff zu § 435 ABGB wiedergegebene Rechtsprechung der Zivilgerichte sowie das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1986, Zl. 85/05/0187, BauSlg. Nr. 677). In den Bescheiden der Baubehörden und auch im angefochtenen Bescheid fehlen jedoch Feststellungen darüber, ob das aufgrund des im Akt erliegenden Mietvertrages begründete Bestandverhältnis noch aufrecht ist bzw. warum von einer Eigentümerschaft der Beschwerdeführerin an der vom Bauauftrag erfaßten Reithalle ausgegangen wird. Auch der vorgelegte Verwaltungsakt gibt keinen Anhaltspunkt, um diese Rechtsfrage abschließend beurteilen zu können. Der Verwaltungsgerichtshof erachtet aber die Aufklärung dieser - weder von den Baubehörden noch von der belangten Behörde geklärten - Rechtsfrage deshalb für geboten, weil im angefochtenen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, daß das gegenständliche Grundstück nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin stehe, deshalb auch die Nutzung dieser Liegenschaft durch die Beschwerdeführerin nicht erforderlich sei und die von ihr errichtete Reithalle kein Bauwerk vorübergehenden Bestandes im Sinne des § 101 NÖ BauO 1976 sein soll.
Der angefochtene Bescheid leidet aber auch deshalb an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weil die Berufungsbehörde nicht nur die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den auf § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a NÖ Bauordnung 1976 gestützten Abbruchbescheid unter Festsetzung einer neuen Frist abgewiesen hat, sondern in Überschreitung ihrer Zuständigkeit als Berufungsbehörde ein sofortiges Benützungsverbot gemäß § 111 NÖ Bauordnung 1976 ausgesprochen hat. Aus der Begründung des Berufungsbescheides ist ersichtlich, daß der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit diesem Ausspruch über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 9. November 1995 um Verlängerung einer Benützungsbewilligung der Reithalle absprechen wollte. ("Dieses Ansuchen war somit nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides, und wird daher gesondert einer Erledigung zugeführt.") Für die Erledigung dieses Antrages ist jedoch die Baubehörde erster Instanz zuständig.
Aus diesen Gründen war daher der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im pauschalierten Schriftsatzaufwand ist bereits die Umsatzsteuer enthalten.
Wien, am 15. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997050192.X00Im RIS seit
03.05.2001