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L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Bgld 1969 §93 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Wilhelm Wukovits, 2. der Leopoldine Wukovits und 3. des Peter Wukovits in Draßburg, alle vertreten durch Dr. Egbert Schmid und Dr. Michael Kutis, Rechtsanwälte in Wien III,
Landstraßer Hauptstraße 113, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 17. Mai 1995, Zl. VI/1-401/26-1995, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf dem hinteren Teil der durch die Grundstücke Nr. 473/2, 474/1 und 474/2, KG Draßburg, gebildeten Fläche sollen landwirtschaftliche Nutzgebäude errichtet werden; das diesbezügliche Bauverfahren bildet den Gegenstand des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zl. 98/05/0010. Hier gegenständlich ist das Ansuchen der beschwerdeführenden Bauwerber vom 21. März 1994 um Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem am Weg Nr. 513 gelegenen vorderen Teil dieser Fläche. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind auch Grundeigentümer; die Beschwerdeführer bezeichnen den Gegenstand ihres Ansuchens als "Aussiedlerhof". Geplant ist ein ebenerdiges Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoß, welches eine Wohnnutzfläche von 242 m2 aufweisen soll.
Aufgrund des Ansuchens wurde von der Baubehörde erster Instanz, der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg, am 25. Mai 1994 eine als "Vorbegutachtung" bezeichnete Verhandlung mit den Antragstellern durchgeführt. Dabei erklärte der landwirtschaftliche Amtssachverständige, daß die Errichtung dieses Aussiedlerhofes eine Entscheidung in den anhängigen Verfahren betreffend Maschinenhalle und den Maststall voraussetze, weil ein funktioneller Zusammenhang zwischen Wohngebäude und Stallgebäude bestehe. Mit Schreiben vom 13. März 1995 hielt die Baubehörde erster Instanz den Beschwerdeführern vor, daß mit Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Jänner 1995, Zl. VI/1-1468/21-1994, der Berufung von Nachbarn bezüglich des Wirtschaftsgebäudes mit Fahrsilo stattgegeben und die beantragte Baubewilligung versagt worden sei. Nach Auffassung der Baubehörde erster Instanz dürfe der Aussiedlerhof nur errichtet werden, wenn er im Zusammenhang mit der Tierhaltung stehe. Es sei die Voraussetzung der Notwendigkeit der Nutzung gemäß § 20 Abs. 4 Raumplanungsgesetz nicht gegeben, weshalb beabsichtigt sei, das Bauansuchen abzuweisen.
Dazu äußerten sich die Erst- und Zweitbeschwerdeführer mit Schreiben vom 16. März 1995, in dem sie auf die rechtskräftige Bauplatzerklärung vom 3. März 1986 verwiesen. Den entsprechenden Bescheid legten sie vor.
Mit Bescheid vom 27. März 1995 wies die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg das Ansuchen um baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses als dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Draßburg widersprechend ab. In der Begründung führte die Baubehörde aus, daß gemäß § 93 Abs. 3 Bgld. BauO ein Ansuchen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen sei, wenn das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspricht. Die gegenständlichen Grundstücke seien im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Draßburg als "Grünland-landwirtschaftlich genutzte Fläche" ausgewiesen. Da die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Rinder- und Schweinestalles versagt worden sei, sei für das beantragte Wohnhaus die Notwendigkeit der Nutzung gemäß § 20 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes nicht gegeben. Die rechtskräftige Bauplatzerklärung habe darauf keinen Einfluß.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung bestritten die Beschwerdeführer den Zusammenhang mit dem Stallgebäude, weil ein landwirtschaftliches Wohngebäude nicht die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere zur Voraussetzung hätte. Landwirtschaftliche Betriebe könnten auch ohne Nutztierhaltung geführt werden. Es bestehe keine Gesetzesbestimmung, wonach im Zuge der Errichtung eines Aussiedlerhofes eine bestimmte Reihenfolge der Ansuchen um Baubewilligung einzuhalten wäre. Schließlich hätten die Beschwerdeführer aufgrund der Bauplatzbewilligung ein Recht auf Bebauung erworben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung als unbegründet ab. Aus § 93 Abs. 3 der Bgld. Bauordnung ergebe sich eindeutig, daß im Falle des Widerspruches zum Flächenwidmungsplan das Vorhaben ohne Durchführung einer Verhandlung abzuweisen sei. Die Bauplatzerklärung enthalte in ihrem Spruch einen Hinweis auf § 20 Abs. 4 des Raumplanungsgesetzes, weshalb lediglich eine landwirtschaftliche Nutzung in Frage komme. Weder der Baubeschreibung noch den Einreichplänen lasse sich ein Hinweis entnehmen, daß das Einfamilienhaus landwirtschaftlich genutzt werde. Allein der Umstand, daß die Bewilligungswerber hauptberuflich Landwirte seien, sei nicht geeignet, das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Grünlandbau anzunehmen. Jedenfalls sei die Notwendigkeit im Sinne des § 20 Abs. 5 Raumplanungsgesetz nicht gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich erkennbar in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Bewilligung, allenfalls unter Bedingungen bzw. Auflagen, verletzt und begehren die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Im Hinblick auf das (aufhebende) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1997, Zl. 95/05/0079, welches den oben genannten Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Jänner 1995 betraf, verzichtete sie auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 93 Abs. 3 der Burgenländischen Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994 (BO) ist das (Baubewilligungs-)Ansuchen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen, wenn sich aus dem Ansuchen und den angeschlossenen Unterlagen ergibt, daß das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan bzw. Teilbebauungsplan oder den Bebauungsrichtlinien widerspricht oder - soweit das Bauvorhaben nach § 10 einer Bauplatzerklärung bedarf - eine solche nicht vorliegt und nicht gleichzeitig darum angesucht wird.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob durch das Wort "oder" in dieser Bestimmung wahlweise auf die Widmungskonformität bzw. auf die Bauplatzeigenschaft abgestellt wird, weil im Bauplatzbewilligungsbescheid ausdrücklich auf die Widmungskonformität Bezug genommen wird. Die Baubehörde erklärte nämlich "gemäß § 13 Abs. 3 bis 5 der Bgld. Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970 i.d.g.F., in Verbindung mit § 20 Abs. 4 Bgld. Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969 i.d.g.F., die Grundstücke Nr. 473/2, 474/1 und 474/2, KG Draßburg, zum Bauplatz". Damit wurde der Anordnung des § 20 Abs. 1 Bgld. Raumplanungsgesetz (LGBl. Nr. 18/1971 in der Fassung der Kundmachung LGBl. Nr. 11/1980) entsprochen, wonach der genehmigte Flächenwidmungsplan auch die Folge hat, daß (u.a.) Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der burgenländischen Bauordnung nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen; nach Abs. 4 dieser Bestimmung fielen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen nicht unter diese Beschränkung, wenn sie für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig waren. Von der Bauplatzbewilligung sind im vorliegenden Fall daher nur Baumaßnahmen erfaßt, die für die Nutzung "Grünland-landwirtschaftlich genutzt" notwendig sind.
Zur "Notwendigkeit" enthält das Raumplanungsgesetz aufgrund der am 15. Februar 1994 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 12/1994 nachstehende Legaldefinition:
"(5) Die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 ist dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, daß
a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,
b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,
c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und
d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen."
Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, haben die Baubehörden nicht geprüft. Offenbar ausgehend von der mit dem oben zitierten Bescheid der burgenländischen Landesregierung vom 25. Jänner 1995 erfolgten Versagung der Baubewilligung für das geplante Wirtschaftsgebäude beurteilte die belangte Behörde das Projekt als "normales" Einfamilienhaus, sodaß die Notwendigkeit im Sinne des § 20 Abs. 5 RPlG n.F. nicht gegeben sei. Da aber, abgesehen von der schon rechtskräftig bewilligten Einstellhalle, für die übrigen Nutzbauten auf dem gegenständlichen Bauplatz ein rechtskräftiger Abschluß jenes Bauverfahrens nicht gegeben war, weil dieser Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof mit dem genannten Erkenntnis vom 27. Mai 1997 - ex tunc - aufgehoben wurde, kann die Frage der Notwendigkeit der hier beantragten Baumaßnahme nicht außer Acht gelassen werden.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995050199.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009