Entscheidungsdatum
03.07.2019Index
95/02 Maßrecht EichrechtNorm
MEG 1950 §63 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Dollenz über die Beschwerde von Frau AA, vertreten durch RAe BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 25.01.2019, Zl *****, betreffend Übertretung nach dem Maß- und Eichgesetz,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis behoben und von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen wird.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin Folgendes zur Last gelegt:
„Sie sind seitens der CC GmbH mit Sitz der Unternehmensleitung in Z, Adresse 2, gemäß § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des Maß- und Eichgesetzes in deren Betriebsniederlassung (Handelsgeschäft) in Y, Adresse 3, bestellte verantwortlich Beauftragte.
In dieser Eigenschaft haben Sie es zu verantworten, dass die CC GmbH als Importeurin iSd § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung 1993 (FRVO), BGBl. Nr. 867/1993, i. d. F. BGBl. II Nr. 115/2009, am 23.01.2018 um 10:39 Uhr in deren Filiale (Handelsgeschäft) Y, Adresse 3, ein durch die DD, X, Postfach ***,
hergestelltes Produkt, nämlich zwei Fertigpackungen (folierte Kartondose mit aufgeschweißter Alufolie und Kunststoffaufsteckdeckel, Bruttogewicht je 353 g, Mindesthaltbarkeitsdatum: 18.10.2019, Los/Charge/Abpackdatum: **** 07:11 A) iSd § 7 Abs. 1 FPVO mit der Bezeichnung „EE“ mit einer Nennfüllmenge von je 300g insofern entgegen § 11 Abs. 1 Z 1 FPVO durch Bereithalten zum Verkauf gewerbsmäßig in Verkehr gebracht hat, als bei diesen Fertigverpackungen die Schriftgröße der angegebenen Nennfüllmenge von 300g lediglich 3,5 Millimeter, und nicht wie gesetzlich vorgesehen mind. 4 Millimeter betrug. Die Angabe der Nennfüllmenge war somit nicht deutlich lesbar.
Sie, Frau AA, haben dadurch als verantwortlich Beauftragte der CC GmbH folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 63 Abs. 1 MEG, BGBl. Nr. 152/1950, i. d. F. BGBl. I Nr. 10/2015 iVm § 26 Abs. 1 MEG, BGBl. Nr. 152/1950, i. d. F. BGBl. Nr. 213/1992 sowie iVm § 11 Abs. 1 Z 1 FPVO, BGBl. Nr. 867/1993, i. d. F. BGBl. II Nr. 115/2009 sowie iVm § 9 Abs. 2 und 4 VStG
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro
falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von
gemäß
150,00
5 Stunden
63 Abs. 1 MEG, BGBl. Nr. 152/1950, i.d.f. BGBl. I Nr. 10/2015
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
15,00
Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe / Kosten / Barauslagen) beträgt daher
165,00
Euro“
Das Straferkenntnis wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 30.01.2019 zugestellt.
Innerhalb offener Frist wurde nachangeführte Beschwerde erhoben:
„Die Beschuldigte hat BB, Rechtsanwälte in Z, Vollmacht erteilt und erhebt durch diese in umseits bezeichnete Verwaltungsstrafsache gegen das Straferkenntnis der Stadt Z zu GZ ***** binnen offener Frist folgende
BESCHWERDE
und bringt vor wie folgt:
I) Anfechtungserklärung
Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten.
II) Anfechtungsgründe
Als Beschwerdegründe werden unrichtige rechtliche Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unzweckmäßige Ermessensausübung geltend gemacht.
III) Ausführung der Beschwerde
1) Der Beschuldigten wird vorgeworfen, dass die Schriftgröße der Nettofüllmenge des Produktes „EE“ um 0,5 Millimeter zu klein sei und daher diese nicht deutlich lesbar gewesen sei.
Richtig ist, dass die Mindestschriftgröße mindestens 4 Millimeter beträgt, beim vorliegenden Produkt jedoch lediglich 3,5 Millimeter betragen hat. Gemäß § 12 der Fertigpackungsverordnung ist der Hersteller oder der Importeur (gemeint in die EU) dafür verantwortlich, dass Fertigpackungen den Vorschriften der genannten Verordnung entsprechen. Ebenso ist in der Richtlinie der Kommission vom 28.09.1978 (78/899/EWG) wie auch in den Richtlinien 75/106/EWG und 76/211/EWG unter Punkt 4. festgelegt, dass die Verantwortung dafür, dass die Fertigpackungen den Vorschriften dieser Richtlinie entsprechen, der Abfüllbetrieb oder der Importeur trägt.
Hersteller des genannten Produktes ist die DD, Postfach ***, X. Importeur ist derjenige, der das Lebensmittel in die Union einführt. Durch den Verkauf des Produktes (In-Verkehr-Bringen) an die CC GmbH durch das Unternehmen DD ist daher auch diese als Importeur zu betrachten.
Da die CC GmbH weder Hersteller, noch Importeur oder Abfüllbetrieb des Lebensmittels ist, ist eine Bestrafung der Beschuldigten jedenfalls nicht gerechtfertigt. Das Verwaltungsstrafverfahren ist daher aus diesem Grund einzustellen.
2) Sollte das Landesverwaltungsgericht die Ansicht vertreten, dass die CC GmbH als Importeur des gegenständlichen Lebensmittels anzusehen ist, was ausdrücklich bestritten wird, so ist hinsichtlich der Strafhöhe darauf hinzuweisen, dass die Beschuldigte umgehend bei Bekanntwerden des Mangels den Hersteller um Änderung des Etiketts ersucht hat, welche zugesagt wurde. Darüber hinaus handelt es sich beim vorliegenden Kennzeichnungsmangel lediglich um eine minimale Unterschreitung der Mindestschriftgröße um 0,5 Millimeter. Es handelt sich daher nur um einen marginalen Verstoß, welcher nicht strafwürdig ist.
Selbst wenn man von einer Strafwürdigkeit ausgehen würde, was ebenfalls bestritten bleibt, so ist die dadurch verursachte Rechtsverletzung als äußerst geringfügig zu betrachten, sodass mit einer Ermahnung oder allenfalls einer minimalen Strafe das Auslangen gefunden werden kann. Die Verhängung einer Strafe in Höhe von € 150,00 ist jedenfalls überhöht.
Beweis: Einvernahme der Beschuldigten
IV) Beschwerdeanträge
Er wird daher gestellt der
ANTRAG
das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen,
in eventu
eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen und das Verwaltungsstrafverfahren im Anschluss einzustellen
in eventu
eine Ermahnung auszusprechen
in eventu
eine milde Strafe zu verhängen.“
Aus dem vorgelegten Akt des Bürgermeisters der Stadt Z ergibt sich, dass über die Bezirkshauptmannschaft Z bei der Bürgermeisterin der Stadt Z am 18.04.2018 ein Akt der Bau- und Anlagenbehörde der Stadt Y einlangte, aus dem sich entnehmen lässt, dass bei der CC GesmbH in Y, Adresse 3, eine Probe der Ware EE am 23.01.2018 – 2 Packungen, bezogene Menge vier Stück- gezogen wurde, die eine Füllmenge von 300 g aufwies, bei der die Angabe der Nennfüllmenge eine Höhe von „ca 3,5 mm“ betrug, was vom Institut für Lebensmittelsicherheit W als zu klein gedruckt beanstandet wurde, da nach der Fertigverpackungsordnung, BGBl Nr 867/1993 idgF bei Angaben der Nennfüllmenge bei Packungsgrößen von der Größe 200 bis 1000 g bzw ml in einer Mindestschriftgröße von 4 mm zu erfolgen hat und somit gegen die Fertigverpackungsverordnung verstoßen, welche aufgrund des Maß- und Eichgesetzes, BGBl Nr 152/1950 erlassen wurde.
Im Akt erliegt eine Kopie eines Fotos betreffend der Verpackung samt einem Maßstab, woraus sich entnehmen lässt, dass die Zifferngröße des Inhaltes von 300 die Mindestschriftgröße von 4 ml knapp nicht erreicht.
Positiv ist zu bemerken, dass der Mangel an Größe der Ziffern dadurch ausgeglichen wird, als die Ziffern einen dickeren Strich - verglichen mit dem übrigen Umfeld der Zifferfolge – aufwiesen, sodass § 11 der Verordnung des Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheit betreffend Fertigpackungen insofern entsprochen wurde, wonach Fertigpackungen leicht erkennbar deutlich lesbar und unverwischbare Angaben tragen müssen. Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes durch die Tat ist als gering zu werten. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ist auch das Verschulden der Beschwerdeführerin als gering anzusehen, da in erster Linie verantwortlich für die Verpackungsgröße der Hersteller – die Firma DD, X - und in zweiter Linie erst die Firma CC GmbH mit der Unternehmungsleitung in Z, Adresse 2, als Importeur verantwortlich ist. Das Landesverwaltungsgericht Tirol vertritt die Ansicht, dass im Gegenstandsfall von einem geringen Verschulden auszugehen ist, da die Mindestschriftgröße geringfügig nicht erreicht wurde und somit das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück bleibt. Der Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 22.03.2018 seitens des Herstellers zugesagt, dass die Angaben der Nennfüllmenge in Zukunft größer gedruckt wird.
Aus vorgenannten Gründen ist die Beschwerde berechtigt und war spruchgemäß zu entscheiden. Die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG sind gegeben.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist direkt beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Dollenz
(Richter)
Schlagworte
Nennfüllmenge;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.14.0267.1Zuletzt aktualisiert am
09.08.2019