Entscheidungsdatum
20.05.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W247 2218828-1/2E
BESCHLUSS
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert-Peter HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Weißrussland, vertreten durch XXXX , gegen den Spruchpunkt II. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. XXXX , beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG
stattgegeben, der Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF genannt) ist weißrussischer Staatsangehöriger. Der BF wurde mit rechtskräftigem Bescheid, XXXX vom 27.11.2017 des Zollamtes XXXX wegen Zigarettenschmuggels gem. § 35 FinStrG zu einer Verwaltungsstrafe in Höhe von € 1.600,- bzw. zu einer Ersatzfreiheitsstrafe zu 16 Tagen verurteilt.
Der BF reiste spätestens am 12.04.2019 mittels Reisepass und einem Schengen-Visum in das österreichische Bundesgebiet ein. Der BF wurde am 12.04.2019 um 19h, aufgrund der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach dem Finanzstrafgesetz, im Bundesgebiet festgenommen und an selbigen Tage um 22.10h wegen der Verwaltungsstrafe in die Justizanstalt Korneuburg eingeliefert, da der BF seine Strafe nicht bezahlen konnte.
2. Mit Schreiben vom 15.04.2019 verständigte das Bundesamt den BF über das derzeitige Ergebnis der behördlichen Beweisaufnahme, sowie darüber, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und Verhängung von Schubhaft eingeleitet wurde. Der BF wurde mit dem besagten Schreiben weiters im Wesentlichen aufgefordert, vollständige und konkrete Angaben über Identität, Herkunft, Familienverhältnisse und österreichische Lebensumstände zu machen. Dem BF wurde eine Frist von fünf Tagen für eine schriftliche Äußerung zu den Beweisergebnissen und der schriftlichen Beantwortung der angeführten Fragen eingeräumt. Dieses Schreiben vom 15.04.2019 war in deutscher Sprache abgefasst. Eine Übersetzung des Schreibens oder eine hilfestellende Belehrung in einer Fremdsprache waren dem Schreiben nicht angeschlossen (vgl. AS 19ff). Dieses Schreiben wurde dem BF am 17.04.2019 in der Justizvollzugsanstalt zugestellt.
3. Eine Stellungnahme des BF langte nicht ein.
4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs.1 Z 1 FPG erlassen, sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Weißrussland gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 4 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
5. Dieser Bescheid wurde dem BF während seiner Anhaltung in der Justizanstalt am 24.04.2019 zugestellt.
6. Mit Verfahrensordnung vom 23.04.2019 wurde dem BF ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
7. Der BF wurde am 26.04.2019 aus dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe entlassen und am 27.04.2019 auf dem Luftweg nach Minsk/Weißrussland abgeschoben.
8. Der BF erhob über seinen gewillkürten Stellvertreter am 13.05.2019 ausschließlich gegen Spruchpunkt II. ("Einreiseverbot") des im Spruch genannten Bescheides fristgerecht Beschwerde. Dazu wurde u.a. ausgeführt, dass eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör vorläge, sowie der Grundsatz der amtswegigen Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes ungenügend beachtet wurde. Für die notwendige Gefährdungsprognose für die Verhängung eines Einreiseverbotes sei ein persönlicher Eindruck im Rahmen einer mündlichen Einvernahme geboten. Dies sei nicht passiert, weshalb das Einreiseverbot rechtswidrig verhängt worden sei. Beschwerdeseitig beantragt wurde, das BVwG möge 1.) den Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes II. Einreiseverbot ersatzlos beheben; 2. in eventu das befristete Einreiseverbot unter Spruchpunkt II. auf eine angemessene Dauer herabsetzen; 3.) eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen; 4.) in eventu den Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. beheben und zur neuerlichen Durchführung eines Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an die I. Instanz zurückverweisen.
9. Die Beschwerdevorlage vom 14.05.2019 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 15.05.2019 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
2. Zu Spruchpunkt A:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Nach § 28 Abs. 2 leg.cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (vgl. VwGH 19.11.2009, 2008/07/0167: "Tatsachenbereich") (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Eine Zurückweisung zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat oder bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH vom 27.12.2018 Ra 2015/08/0095).
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.1.2009, 2008/07/0168; VwGH 23.5.1985, 84/08/0085).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl. 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zl. 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c Abs. 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der ‚obersten Berufungsbehörde' beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung."
Es besteht kein Grund zur Annahme, dass sich die dargestellte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die neue Rechtslage übertragen ließe. Es liegt weiterhin nicht im Sinne des Gesetzes, wenn das Bundesverwaltungsgericht erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und beurteilt, sodass es seine umfassende Kontrollbefugnis nicht wahrnehmen kann. Eine ernsthafte Prüfung des Antrages soll nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und folgende für die Auslegung des § 28 VwGVG maßgeblichen Gesichtspunkte aufgezeigt:
* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, auch dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe, wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlange das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck finde, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werde. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen würde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt habe. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof, in nunmehr ständiger Rechtsprechung, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000).
In casu zeigt sich, dass die belangte Behörde hinsichtlich entscheidungswesentlicher Aspekte des Vorbringens des BF im Verfahren nur ansatzweise ermittelt hat und sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft erweist:
Die gegenständliche Beschwerde rügt zu Recht eine Verletzung des Parteiengehörs im Zusammenhang mit Ermittlungsmängeln. Zur Wahrung von Parteiengehör genügt es nämlich nicht, dass der maßgebliche Sachverhalt der Partei in irgendeiner Weise bekannt gegeben wird (vgl. VwGH vom 18.01.1971, 1180/70). Der Partei muss vielmehr seine verfahrensrechtliche Bedeutung zu Bewusstsein gebracht werden und ihr gleichzeitig die Möglichkeit zur Vorbereitung, Überlegung und entsprechenden Formulierung ihrer Stellungnahme geboten werden (vgl. VwGH vom 18.10.2001, 2001/07/0003). Das Parteiengehör ist also verletzt, wenn die Partei sich zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme der Behörde nicht konkret äußern kann (vgl. VwGH vom 02.06.1976, 686/75). Die Partei muss auch die Möglichkeit haben, sich einer sachkundigen Person zu bedienen (vgl. VwGH vom 18.10.2001, 2001/07/0003).
Trotz der rudimentären Beweisergebnisse zum maßgeblichen Sachverhalt und dem bekannten Aufenthaltsort des BF in der Justizanstalt wurde der BF mündlich nicht einvernommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das betreffende Schreiben ausschließlich in deutscher Sprache abgefasst war und diesem keine fremdsprachlichen Ergänzungen - etwa eine Belehrung über die Qualität und wesentliche Bedeutung des Schreibens - angeschlossen war. Die Herkunft des BF legt jedoch nahe, dass der BF der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Diese Umstände lassen die für die Abgabe der schriftlichen Stellungnahme eingeräumten Frist von fünf Tagen für die Abgabe als überaus kurz erscheinen. Die durchgeführten Ermittlungen wurden daher nur ansatzweise durchgeführt und erwies sich das Ermittlungsverfahren somit als gravierend mangelhaft.
Schließlich ist für die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbotes in casu auch darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (vgl. VwGH vom 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen, wobei im Allgemeinen auch der Verschaffung eines persönlichen Eindruckes besondere Bedeutung zukommt (vgl. VwGH vom 16.10.2014, Ra 2014/21/0039). Im Sinne einer Gesamtbetrachtung drängt sich daher auch der Eindruck auf, dass die belangte Behörde Ermittlungen unterließ, damit diese dann vom BVwG vorgenommen werden müssten (vgl. VwGH vom 26.06.2014 Ro 2014/03/0063).
Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Spruchpunkt II. des gegenständlichen Bescheides aufzuheben war.
Der angefochtene Bescheid ist sohin gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Rechtssache zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückzuverweisen.
4. B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 30.06.2015, Ra 2014/03/0054) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Revision ist sohin gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W247.2218828.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.08.2019