Entscheidungsdatum
23.05.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G308 1436209-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Irak, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.04.2019, Zahl XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid zur Gänze aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.09.2012 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.06.2013, Zahl XXXX, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2015, Zahl L502 1436209-1/26E, hinsichtlich der §§ 3 und 8 AsylG 2005 abgewiesen, der Beschwerde jedoch hinsichtlich der mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides ausgesprochenen Ausweisung stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung in diesem Verfahren auf Dauer unzulässig ist.
2. In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer entsprechend den geltenden Übergangsbestimmungen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und ab 15.06.2017 bis 15.06.2018 erstmals der Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" erteilt. Der Beschwerdeführer beantragte am 07.06.2018 die Verlängerung seines Aufenthaltstitels, welche ihm am 16.06.2018 mit Gültigkeit bis 16.06.2019 erteilt wurde. Der Beschwerdeführer hält sich somit aufgrund seines gültigen Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
3. Der Beschwerdeführer wurde sowohl am 04.04.2019 als auch am 05.04.2019 im Stande der Festnahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, niederschriftlich zur Überprüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot einvernommen.
Es ist aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich, wann und warum der Beschwerdeführer festgenommen wurde und wie lange er sich bis zu einer ersten Einvernahme in Haft befunden hat.
Am 05.04.2019 wurde der Beschwerdeführer aus der Haft entlassen und mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 05.04.2019 über ihn gemäß § 77 Abs. 1 und Abs. 3 und § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 56 Abs. 1 AVG das "gelindere Mittel" zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer habe sich beginnend mit 08.04.2019 jeden zweiten Tag bei der angeführten Polizeiinspektion zu melden.
4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes, ebenfalls vom 05.04.2019, wurde gegen den Beschwerdeführer sodann eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 und Z 9 FPG gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).
Im Verfahrensgang führte das Bundesamt kurz aus, der Beschwerdeführer sei am 28.03.2019 in Prag/Tschechien festgenommen worden, da er unter Verdacht stehe, an den Anschlägen auf XXXX in XXXX beteiligt gewesen und Gelder zur Unterstützung der Terrormiliz IS gesammelt zu haben. Das Bundesamt stellte weiters fest, der Beschwerdeführer sei nicht österreichischer, sondern irakischer Staatsangehöriger, gesund, befinde sich seit 27.09.2012 aufgrund einer illegalen Einreise und des gestellten Antrages auf internationalen Schutz in Österreich, verfüge über einen gültigen Aufenthaltstitel, sei nach islamischem Recht verheiratet und lebe mit seiner Frau auch in Österreich zusammen, habe keine Kinder, gehe in Österreich einer ordentlichen Erwerbstätigkeit nach und sei somit ausreichend sozialversichert und würde über weitere Angehörige im Irak verfügen. Darüber hinaus traf die belangte Behörde Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat Irak. Weder den Feststellungen noch der Beweiswürdigung sind Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes zu entnehmen.
In der rechtlichen Beurteilung führt das Bundesamt sodann im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer verdächtigt werde, das Verbrechen der terroristischen Vereinigung, das Verbrechen der kriminellen Organisation und das Verbrechen der Terrorismusfinanzierung begangen zu haben. Derzeit werde intensiv gegen den Beschwerdeführer ermittelt. Im Zuge der Ermittlungsverfahren habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer von diversen Personen in etwa einen Betrag von EUR 6.000,-- gesammelt habe, um diese Summe in den Irak zu bringen. Er sei am 03.03.2019 mit seiner Lebensgefährtin aus dem Bundesgebiet ausgereist. Weiters sei der Verdacht nach §§ 278a, 278b Abs. und 278d Abs. 1a Z 2 StGB durch Erkenntnisse einer Telefonüberwachung im Zuge des Ermittlungsverfahrens bekräftigt worden, zumal der Beschwerdeführer durch die Mitnahme eines geheimen Gegenstandes eine dritte Person durch die Bereitstellung von Informationen, Aufträgen und/oder Anleitungen für Anschläge unterstützt hätte und die im Ermittlungsverfahren gewonnenen Feststellungen für die Erlassung einer Festnahmeanordnung ausgereicht hätten. Es läge keine strafgerichtliche Verurteilung vor, da das Ermittlungsverfahren noch andauere, jedoch stehe für das Bundesamt fest, dass der Beschwerdeführer zumindest in einem Naheverhältnis zu einer extremistischen bzw. terroristischen Gruppierung stehe und somit eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Sein Aufenthalt widerstreite zweifelsfrei öffentlichen Interessen und stelle er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Es lägen demnach die Voraussetzungen des § 52 Abs. 4 Z 1 FPG (nachträgliche Versagungsgründe gemäß § 11 NAG) zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und jene des § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 und Z 9 FPG zur Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbotes auch unter Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich vor. Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftaten seien mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht und sei aufgrund der bekannten hohen Gewaltbereitschaft Radikalisierter zu erwarten, dass diese weiterhin schwerwiegende strafbare Handlungen mit schweren Folgen gegen den öffentlichen Frieden und/oder die innere Sicherheit des Staates sowie gegen die körperliche Unversehrtheit begehen oder weiterhin Spenden für terroristische Zwecke sammeln würden. Alleine das Naheverhältnis und die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung stelle ein äußerst schweres Fehlverhalten dar.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 26.04.2019, beim Bundesamt am 29.04.2019 einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, die gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Rückkehrentscheidung sowie die Aussprüche über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak zu beheben, das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot zu beheben, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei eine Tatsache, dass der Beschwerdeführer jene Person kenne, die einer terroristischen Vereinigung angehöre und geständig sei, Terroranschläge in XXXX zu verüben versucht zu haben. Alleine eine Bekanntschaft sei kein ausreichender Grund, um davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer selbst eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Er sei aus der Untersuchungshaft entlassen worden, da kein dringender Verdacht bestehe, was bei einer Gefährlichkeit in dem Ausmaß, wie das Bundesamt festgestellt habe, sicher nicht der Fall gewesen wäre. Aus Zeitungsartikeln der "XXXX", "XXXX", "XXXX" vom XXXX.2019 ergebe sich zudem, dass die zuständige Staatsanwaltschaft bekannt gegeben habe, dass die Erhebungen und Befragungen einen Tatverdacht des Beschwerdeführers nicht erhärtet hätten und es keinen Hinweis auf eine Beteiligung an einer terroristischen Straftat gebe. Zur verdächtigen Person habe der Beschwerdeführer keinerlei Naheverhältnis. Die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 Z 6 und Z 9 FPG lägen jedenfalls nicht vor. Darüber hinaus habe das Bundesamt auch die Integration des Beschwerdeführers nicht berücksichtigt.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 03.05.2019 ein.
Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich - ausgenommen den Niederschriften vom XXXX.2019 und 05.04.2019 - keinerlei Hinweis darauf, dass das Bundesamt auch nur ansatzweise ein adäquates Ermittlungsverfahren durchgeführt hätte. Es liegen keinerlei Beweismittel oder Unterlagen zum gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf im Verwaltungsakt ein. Der Beschwerdeführer wurde auch überwiegend zu seinen persönlichen Verhältnissen und seinen Fluchtgründen befragt und wurden ihm sodann Widersprüche zu seinen Angaben bei der Stellung seines Antrages auf internationalen Schutz vorgehalten. Der konkrete und gegenständlich relevante Vorwurf, er hätte sich an einer terroristischen Vereinigung beteiligt oder Terrororganisationen finanziell unterstützt, findet nur am Rande Eingang in die Einvernahme. Diesbezüglich gab der Beschwerdeführer an, dass die Staatsanwaltschaft keinen Verdacht gegen den Beschwerdeführer habe ermitteln können. Eine diesbezügliche Anfrage bei der Staatsanwaltschaft ist ebenso nicht ersichtlich wie Angaben oder Beweismittel auf die sich die - disloziert in der rechtlichen Beurteilung angeführten - Feststellungen des Bundesamtes gründen, zumal sich aus den in der Beschwerde angeführten Zeitungsartikel, welche bereits am 04.04.2019 und damit einen Tag vor dem angefochtenen Bescheid veröffentlicht wurden, ergibt, dass sich der Verdacht gegen den Beschwerdeführer nicht erhärtet hat. Schließlich befand sich der Beschwerdeführer auch nicht in Untersuchungshaft.
Es wurden daher keine Ermittlungen durchgeführt, die eine Gefährdungsprognose hinsichtlich des Beschwerdeführers ermöglichen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I. getroffenen Ausführungen.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Ausführlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014,
Ro 2014/03/0063, (ebenso VwGH 27.01.2015, Ro 2014/22/0087) mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat.
Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
Wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, ist dies in der gegenständlichen Rechtssache vom Bundesamt jedoch in qualifizierter Weise unterlassen worden.
3.2. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren erweist sich in wesentlichen Punkten als mangelhaft bzw. wurde in wesentlichen Punkten gar kein Ermittlungsverfahren durchgeführt:
Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet auszugsweise:
"[...]
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.
nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a.
nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2.
ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3.
ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4.
der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.
das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
[...]"
Der mit "Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel" betitelte § 11 NAG lautet auszugsweise:
"§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
[...]"
Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet:
"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."
Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in
§ 53 Abs. 3 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20.12.2011, 2011/23/0256; 22.01.2013, 2012/18/0143).
In Anbetracht der dargestellten Rechtslage und höchstgerichtlichen Judikatur sowie des oben festgestellten Sachverhalts ist es dem Bundesamt nicht gelungen darzulegen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet tatsächlich das ihm vorgeworfene Verhalten gesetzt hat und die ihm deswegen zugerechnete Gefährdung besteht. Dem Bundesamt ist daher vorzuhalten, dass es sich im angefochtenen Bescheid, ohne entsprechende Ermittlungen in dieser Hinsicht durchzuführen, mit der bloßen Feststellung begnügte, dass der Beschwerdeführer von tschechischen Behörden festgenommen und nach Österreich ausgeliefert worden sei, weil er im Verdacht stehe an (versuchten) Terroranschlägen in Deutschland beteiligt gewesen zu sein. Bereits diesen Feststellungen liegen keiner nachvollziehbaren Ermittlungsergebnisse zugrunde. Dementsprechend lässt der angefochtene Bescheid auch diesbezügliche beweiswürdigende Erwägungen vermissen.
In Anbetracht eines derart unklaren Sachverhalts, dessen Klärung allerdings die Grundlage für die gesamte Entscheidung darstellt, hätte das Bundesamt von Amts wegen entsprechende Ermittlungen vornehmen müssen. Das Bundesamt ist auf die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Ermittlungsstandes der Staatsanwaltschaft und dem Vorbringen, er habe mit den Vorwürfen nichts zu tun, überhaupt nicht eingegangen. Dies auch unter der Berücksichtigung, dass Medien offenbar besser informiert gewesen waren als das Bundesamt. Umso mehr hätte das Bundesamt bezogen auf die gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe genauere Feststellungen treffen müssen.
Die im angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde grob mangelhaft geführten Ermittlungsverfahrens getroffenen Feststellungen und Erwägungen entsprechen jedenfalls nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (vgl § 60 iVm § 58 Abs. 2 AVG).
Aus all dem ergibt sich, dass die belangte Behörde insoweit notwendige Ermittlungen unterlassen und im angefochtenen Bescheid auch keine hinreichende Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts vorgenommen hat (vgl VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Im Sinne der angeführten Judikatur kann es nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes sein, das Ermittlungsverfahren hinsichtlich des, den Kern und die Grundlage des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhaltselements neu zu beginnen, wobei in einem solchen Fall dem Beschwerdeführer auch der Instanzenzug abgeschnitten würde.
Das Bundesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren zunächst alle zur Ergänzung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erforderlichen Ermittlungsschritte vorzunehmen und allenfalls - je nach Ausgang des Ermittlungsverfahrens - einen neuen Bescheid zu erlassen haben.
Mit Blick auf die in Verwaltungsverfahren geltenden Grundsätze, insbesondere jenes der Offizialmaxime und der materiellen Wahrheit, (vgl. Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahren 9 (2011), Rz 315ff), wonach die belangte Behörde zur amtswegigen Ermittlung des verfahrensrelevanten Sachverhaltes verpflichtet ist, wäre es der belangten Behörde mit Hinblick auf ihre mangelhaften Ermittlungen und unterlassenen Feststellungen sohin verwehrt gewesen, den gegenständlichen Sachverhalt als im Sinne eines umfassenden Ermittlungsverfahrens hinreichend geklärt anzusehen. Die belangte Behörde hätte hinreichende Feststellungen zu treffen, diese zu begründen und durch Subsumtion des erhobenen Sachverhaltes unter die einschlägigen rechtlichen Normen eine Entscheidung zu treffen und diese hinreichend und nachvollziehbar zu begründen gehabt. (vgl. VwGH 13.2.1991, 90/03/0112; 17.8.2000, 99/12/0254; 3.9.2002, 2002/09/0055: wonach rechtliche Beurteilungen auf getroffene Feststellungen zu beruhen haben).
Es hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.
Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.
Da alle Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG vorliegen, war der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G308.1436209.2.00Zuletzt aktualisiert am
09.08.2019