TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/4 L517 2217366-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2019
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Entscheidungsdatum

04.06.2019

Norm

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2213033-1/6E, L517 2217365-1/3E, L517 2217364-1/3E

L517 2213034-1/7E, L517 2217363-1/3E, L517 2217362-1/3E

L517 2213035-1/6E, L517 2217367-1/3E, L517 2217366-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Alexander Niederwimmer als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichterinnen Dr.in WEIGL und Mag.a SOVIC als Beisitz über die Beschwerde der XXXX , Dt., gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice Regionalstelle XXXX , GZ: 08114/ GF:3953192, GZ: 08114/ GF: 3953197, GZ: 08114/ GF:3953194, vom XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG idgF stattgegeben und

die Entsendungen für den Zeitraum von 20.10.2018 bis 23.10.2018 gemäß der am 08.10.2018 erstatteten und am 21.11.2018 berichtigten Meldungen nach den Bestimmungen des § 18 Abs 12 AuslBG idgF bestätigt (EU-Entsendebestätigung).

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz

(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

08.10.2018 - Meldung der Entsendung folgender Arbeitnehmer XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan (in Folge Arbeitnehmer1), XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan (in Folge Arbeitnehmer2) und XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan (in Folge Arbeitnehmer3) durch die XXXX (in Folge beschwerdeführende Partei oder bP) für die berufliche Tätigkeit als Reinigungskräfte für den Zeitraum 19.10.2018 bis 24.10.2018 gemäß § 19 Abs. 3 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) an die Zentrale Koordinationsstelle des BMF für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO)

19.10.2018 - Parteiengehör

26.10.2018 - Beibringung von Unterlagen zum PG

08.11.2018 - Berichtigung der Daten der Entsendung für alle drei Arbeitnehmer

Entsendungszeitraum : 20.10.2018 bis 24.10.2018

Mitteilung über die Rücksprache mit der DHK Österreich und der DVKA Deutschland sowie über die weitere Vorgehensweise

12.11.2018 - Aufforderung zur Vorlage/ und Nachreichung der Arbeits- und Aufenthaltstitel

Behandlung im Regionalbeirat - negative Entscheidung

14.11.2018 - Dringliche Anfrage der bB an die XXXX bzgl. Notwendigkeit einer zusätzlichen Beschäftigungsbewilligung bei der Aufenthaltsberechtigung als "Student"

19.11.2018 - Weitere Anforderung von fehlenden Unterlagen/Informationen

20.11.2018 - Antwortschreiben der XXXX bzgl. Beschäftigungsbewilligung

21.11.2018 - Antwortschreiben und Berichtigung der Daten der Entsendung für alle drei Arbeitnehmer Entsendungszeitraum :

20.10.2018 bis 23.10.2018

03.12.2018 - Bescheid der bB / Ablehnung des Antrages vom 08.10.2018 und Untersagung der Entsendung

07.01.2019 - Beschwerde

15.03.2019 - Beschwerdevorlage am BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP als Arbeitgeberin mit Firmensitz in Deutschland, meldete am 08.10.2018 bei der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (ZKO) die Entsendung der drei oben genannten Arbeitnehmer, beschäftigt bei der Arbeitgeberin jeweils seit 19.09.2018 für die berufliche Tätigkeit als Reinigungskräfte für den Zeitraum 19.10.2018 bis 24.10.2018 bei der Auftraggeberin XXXX Betriebssitz Deutschland, Beschäftigungsort XXXX .

Dem § 18 Abs. 12 AuslBG iVm § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG entsprechend erfolgte die Weiterleitung der Entsendungsmeldung an das AMS Regionalstelle XXXX (in Folge belangte Behörde oder bB).

Mit Parteiengehör vom 19.10.2018 teilte die bB der bP unter Zitierung der entsprechenden Gesetzesbestimmungen mit, dass sie für die inhaltliche Überprüfung der Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 AuslBG zuständig sei und zur Beurteilung gegenständlich die Vorlage folgender weiterer Unterlagen notwendig ist: Reisepässe, Arbeitsverträge und Entsendevereinbarungen, Anmeldungen zum dt. Sozialversicherungsträger, A1 Formulare, Firmenbuchauszug und Gewerbeberechtigung der bP, die Bekanntgabe des österreichischen Auftraggebers, sowie Werksvertrag bzw. Auftrag welcher der Entsendung zugrunde liegt (die ganze Vertragskette) und die Mitteilung gem. § 373a GewO (Bewilligung zur Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen - bei reglementierten Gewerben)

Die Fristsetzung erfolgte bis 26.10.2018 andernfalls auf Grundlage der Aktenlage der Antrag auf Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung zurückgewiesen werde.

Am 26.10.2018 übermittelte die bP die im Hinblick auf das Parteiengehör gewünschten Unterlagen. Bezüglich österreichischem Auftraggeber führte die bP aus, dass es sich bei dem Auftraggeber nicht um ein österreichisches Unternehmen sondern um ein deutsches - XXXX - handle, und nur die Projektumsetzung in Österreich erfolgt sei.

Dem Schreiben beigelegt fanden sich die Auftragsbestätigung von 2016 und als Folgebeauftragung die gegenständliche Bestellung (Bestelldatum 09.10.2018) durch die XXXX .

Da kein reglementiertes Gewerbe vorliegt wurde ein Handelsregisterauszug vorgelegt, wonach sich die Tätigkeit der bP auf die Innen- und Außenreinigung von Kraftfahrzeugen jeder Art und alle damit zusammenhängenden Arbeiten und Dienstleistungen im Pflege- und Servicebetrieb [...] sowie auf das Abstellen und Parken der Kraftfahrzeuge von Besuchern bei Veranstaltungen jeder Art erstreckt.

Weiters im Anhang befanden sich die befristeten Beschäftigungsvereinbarungen aller Arbeitnehmer, Bruttoentgelt pro

Stunde EUR 10,- Beschäftigungszeitraum: 19.10.2018 bis 24.10.2018, unterfertigt am 19.09.2018, Reisepasskopien sowie die A1 Formulare.

Für die Arbeitnehmer 1 und 2 als ausstellender Träger: Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland, Datum 16.10.2018,

Mitgliedstaat: Deutschland, Anfangsdatum: 20.10.2018, Enddatum:

23.10.2018 sowie für Arbeitnehmer 3 abweichend der ausstellende Träger die Techniker Krankenkasse, Datum 18.10.2018.

Dem Akt beiliegend finden sich zwei E-Mails der bP vom 30.10.2018 und 31.10.2018 in welchen diese Bezug nehmend auf ein vorangegangenes Telefonat mit der bB bzgl. der projektbezogenen Anstellung der entsandten Arbeitnehmer und deren Rechtmäßigkeit Folgendes ausführt:

Zum einen wird auf ein Merkblatt der AHK verwiesen - "Ein Fall der Entsendung ist auch dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer im Inland ausschließlich für eine Arbeit im Ausland eingestellt wird [...]" und zum anderen wird angemerkt, dass unter Anwendung von europäischem Recht die Entsendung möglich ist, wenn die Arbeitnehmer wenigstens einen Monat vor Arbeitsaufnahme dem Sozialversicherungssystem des Entsendestaates angehören. Die Bestätigung erfolge diesfalls mit dem A1 Formular.

Aus dem vorgelegten A1 Formular sei ersichtlich, dass die Arbeitnehmer nur für den angegebenen Zeitraum in Österreich tätig waren und danach nach Deutschland zurückkehrten wo sie für den Arbeitgeber voraussichtlich weiterhin projektbezogen tätig werden. Die Weiterbeschäftigung im Unternehmen sei demnach möglich.

Bezüglich der von der bB geforderten einmonatigen Zugehörigkeit zum Sozialversicherungssystem des Mitgliedstaates des Arbeitgebers vor Beginn der Beschäftigung führte die bP zudem unter Verweis auf den Leitfaden der DVKA aus, dass es sich bei der "einmonatigen Zugehörigkeit" um eine Orientierung zur Beurteilung der Voraussetzung "unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung" handelt. Für die Angeschlossenheit an das Sozialsystem werde ein Zeitraum von einem Monat als ausreichend erachtet.

Durch die Beschäftigung bei einem beliebigen Arbeitgeber im Entsendestaat werde diese Voraussetzung jedenfalls erfüllt. Es sei aber nicht notwendig, dass der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum auch für den Arbeitgeber tätig gewesen ist. Die Voraussetzung sei auch erfüllt bei Studierenden und Rentnern oder anderen Personen, die aufgrund ihres Wohnsitzes versichert sind und dem System der sozialen Sicherheit des Entsendestaates angehören.

Weiters wurde das dem Auftrag zugrundeliegende Angebot vom 10.09.2018 sowie eine Leistungsbeschreibung vorgelegt.

Ebenfalls im Akt befindet sich ein Schreiben vom 08.11.2018 wonach die bP mit der österreichischen DHK und der deutschen DVKA Rücksprache gehalten habe und die Auffassung vertrete, den Bestimmungen entsprechend gehandelt zu haben. Laut A2 Beschluss müssten entsandte Mitarbeiter nicht zum Stammpersonal gehören, sondern können wie auch dargelegt projektbezogen eingestellt werden. Zudem könne mittels A1 Formular auch die Mindestzugehörigkeit von einem Monat nachgewiesen werden.

Am 12.11.2018 erging die Aufforderung der bB zur Nachreichung der Arbeits- und Aufenthaltstitel der entsandten Arbeitnehmer. Mit selbigem Tag erfolgte die Vorlage entsprechender Dokumente durch die bP. Alle drei Aufenthaltsberechtigungstitel waren zum Zeitpunkt der Entsendung noch gültig und wiesen den Zusatz - "Student XXXX " / "Beschäftigung bis zu 120 Tagen oder 240 halben Tagen im Jahr sowie Ausübung studentischer Nebentätigkeit erlaubt" - auf.

Am selben Tag erfolgte die Vorlage beim Regionalbeirat welcher negativ entschied mit der von der bB in der Vorlage angeführten Begründung, die Einstellung erfolge nur für den Zweck der Entsendung.

Mit Schreiben vom 19.11.2018 erging eine weitere Aufforderung der bB, bzgl. der Entsendungsmeldung (Zeitraum von 20.10.2018 bis 24.10.2018) zusätzlich benötigte Unterlagen und Informationen bereitzustellen.

Bezüglich der Voraussetzung einer "Zulassung zu einer ordnungsgemäßen Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus" gem. § 18 Abs. 12 AuslBG führte die bB aus, dass die "ordnungsgemäße Zulassung" mittels Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung des Sitzstaates nachzuweisen sei bzw. sollte im Sitzstaat keine Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung erforderlich sein, von einer ordnungsgemäßen Zulassung auszugehen ist.

Mit Verweis auf Abs. 3 der Richtlinie 96/71/EG vom 16.12.1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, in welchem die Entsendung als "Erbringung von zeitlich begrenzter Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, welcher nicht der Staat ist, in dem die Arbeitskraft normalerweise beschäftigt wird" umschrieben wird, und auf die Erkenntnisse VwGH ZI. 215/09/0006 sowie EuGH C-91/13 wonach für die Subsumtion unter § 18 Abs. 12 ein rechtmäßiger Aufenthalt und die Erbringung der Haupttätigkeit der Arbeitskräfte in Deutschland gegeben sein müsse und weiters auf die VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.09.2009 und VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 welche auch auf Personen anzuwenden seien, die im Hinblick auf eine Entsendung in einem anderen Mitgliedstaat eingestellt werden, schlussfolgerte die bB unter Hinweis auf den Beschluss Nr. A2 vom 12.06.2009 Z1 Abs. 4 (ergangen zur Auslegung des Art. 12 der VO (EG) Nr. 883/2004), dass für die Erfüllung der in den Verordnungen geforderten Voraussetzung - einem vor Beginn der Beschäftigung bereits erfolgten Anschluss an das Sozialversicherungssystem des Mitgliedstaates - dem Beschluss entsprechend von einem einmonatigen Zeitraum als ausreichend auszugehen sei.

Zwar seien die Arbeitnehmer nachweislich der ZKO-Meldung gegenständlich mit 19.09.2018 eingestellt worden, die nachgereichten Arbeitsvereinbarungen würden jedoch belegen, dass die Ausländer nicht am 19.09.2018 sondern nur für die Entsendung vom 19.10.2018 bis 24.10.2018 befristet eingestellt worden seien. Der Entsendezeitraum entspräche genau dem nachgereichten Angebot an die XXXX vom 10.09.2018 für die Veranstaltung vom 21.10.2018 bis 23.10.2018 in XXXX , weshalb die entsandten Arbeitskräfte noch kein Monat dem Sozialversicherungssystem des Entsendestaates angeschlossen gewesen wären und die Voraussetzungen zur Ausstellung einer EU-Entsendebewilligung nicht vorgelegen hätten.

In einem mit 20.11.2018 datierten Schreiben teilte die XXXX Bezug nehmend auf eine Anfrage der bB an die Aufenthaltstitel ausstellende Behörde vom 14.11.2018 mit, dass für die Beschäftigung im Rahmen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG keine zusätzliche Zustimmung der Behörde erforderlich sei.

Mit Antwortschreiben vom 21.11.2018 führte die bP unter Beilage der Berichtung der Entsendung vom 19.11.2018 und dem Entsendeformular vom 08.11.2018 Folgendes aus:

Die Mitarbeiter seien im Rahmen der Veranstaltung " XXXX " eingesetzt worden. Letzter Arbeitstag sei der 23.10.2018 gewesen. Der 24.10.2018 sei kein Arbeitstag mehr sondern ein Reisetag gewesen und wie aus der Beilage ersichtlich, entsprechend storniert worden.

Bezugnehmend auf die im Schreiben zitierten Verordnungen und den Beschluss Nr. A2 vom 12.06.2009 Z1 Abs. 4 seien die wesentlichen Voraussetzungen für die Entsendung durch den vollwertigen Anschluss der Arbeitnehmer in das deutsche Sozialversicherungssystem -dargelegt durch das entsprechende A1 Formular der zuständigen Krankenkasse - erfüllt.

Es sei dabei unerheblich ob die Personen bereits einen Monat zuvor für die bP tätig gewesen wären oder nicht, weil es nur auf die Zuständigkeit des sozialversicherungsrechtlichen Status - hier geregelt durch A1 - ankommen würde.

Darüber hinaus werde auf das Mail vom 30.05.2018 verwiesen.

Am 3.12.2018 ergingen die, die Entsendungen untersagenden Bescheide der bB.

Die inhaltliche Begründung der bB folgte dabei den auch schon im Schreiben vom 19.11.2018 vorgebrachten Argumenten und stellte abschließend fest, dass die betreffenden Ausländer vor Beginn des Entsendezeitraums (20.10.2018) noch kein Monat dem Sozialversicherungssystem des Entsendestaates angeschlossen waren und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung nicht erfüllt sei weswegen, da auch die nachgereichten Unterlagen zu keiner Änderung der Sachverhalts- und Rechtslage führten, nach Anhörung des Regionalbeirates spruchgemäß zu entscheiden war.

Am 07.01.2019 langte die Beschwerde der bP ein. Darin führte die bP aus: § 18 Abs. 12 Nr. 1 AuslBG fordere, dass der Ausländer "ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt ist". Dies sei gegenständlich zweifellos der Fall gewesen. Nicht gefordert werde jedoch, dass der Ausländer über die Beschäftigung hinaus bei dem entsendenden Unternehmen beschäftigt werde.

Die bP vertritt die Ansicht, dass hier die VO 883/2004 und 987/2009 sowie der Beschluss A2 falsch angewendet werden. Der geforderte Monat der Vorbeschäftigung solle die Bedingungen erleichtern, er spiele nur eine Rolle, wenn der Arbeitnehmer nicht ohnehin unmittelbar vor Beginn der Beschäftigung bereits dem deutschen Sozialversicherungssystem angeschlossen sei. Gegenständlich sei der Ausländer jedoch schon aufgrund des Wohnortes und des Studiums bereits dem deutschen Sozialversicherungssystem angeschlossen gewesen und dies zudem weit über einen Monat hinaus.

Am 15.03.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage an das BVwG.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Die Feststellungen zu den ZKO Meldungen beruhen insbesondere auf der Übereinstimmung der Berichtigungen (Entsendzeitraum 20.10.2018 bis 23.10.2018) mit dem im Angebot und der Auftragsvergabe angegebenen Arbeitseinsatzzeitraum (von 21.10.2018 bis 23.10.2018).

Die für die Subsumtion unter § 18 Abs. 12 AuslBG erforderliche in Z1 umschriebene Voraussetzung der "ordnungsgemäßen Zulassung zu einer Beschäftigung über die Dauer der Entsendung bzw. Überlassung hinaus" wird anhand der im Sitzstaat des entsprechenden bzw. überlassenden Unternehmens erforderlichen Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen überprüft. Ist im Sitzstaat des entsprechenden bzw. überlassenden Unternehmens keine Aufenthalts- bzw. Arbeitsgenehmigung erforderlich, ist von einer ordnungsgemäßen Zulassung auszugehen.

Feststellungen zu den Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen sowie dem sozialrechtlichen Anschluss der entsandten Arbeitnehmer im entsendenden Mitgliedstaat ergaben sich durch die beigebrachten Unterlagen der bP (Aufenthaltsberechtigungskarten, A1 Bestätigungen) sowie aufgrund der Nachfrage der bB bei der XXXX als Aufenthaltstitel ausstellende Behörde bzgl. einer zusätzlich erforderlichen Arbeitsgenehmigung im Zusammenhang mit der Aufenthaltsgenehmigung als "Student" und der Mitteilung derselben, dass es zur Ausübung einer Beschäftigung im Rahmen des Zusatzblattes § 16 Abs. 3 AufenthG keiner weiteren Zustimmung bedarf.

Aus dem Sachverhalt heraus ließen sich keine weiteren Anhaltspunkte entnehmen, aufgrund deren sich die bB oder das ho. Gericht sich mit der Notwendigkeit einer etwaigen Entsende-/Beschäftigungsbewilligung iSd des § 18 Abs. 12 AuslBG - bzgl. deren Zulässigkeit aktuell das Urteil des EuGH C-18/17 vom 14.11.2018 ergangen ist - auseinanderzusetzen gehabt hätte.

Die Ablehnung der beantragten Bestätigungen stützte die bB ausschließlich auf die Anwendbarkeit des Beschlusses A2 der Verwaltungskommission vom 12. Juni 2009. Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung 987/2009 finden die Regelungen des Art. 12 Abs. 1 der Grundverordnung auch Anwendung auf eine Person deren Einstellung im Hinblick auf die Entsendung erfolgte. Vorausgesetzt wird hierfür, dass die betreffende Person unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung bereits den Rechtsvorschriften des anderen Mitgliedstaats unterliegt. Die bB ging dem zitierten Beschluss folgend dabei von einem Zeitraum von mindestens einem Monat aus.

Wie bereits mehrfach ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31.07.2014, Ro 2014/08/0003 sowie das Urteil des EuGH vom 05.12.1967, Van der Vecht, Rs 19-67) und aktuell VwGH Ra 2017/09/0023 bis 0024-7 vom 12.09.2017 kann dem Beschluss A2 aber keine das Gericht bindende Wirkung zukommen. Auch gegen das Heranziehung des Beschlusses als "Gutachten" iSd der freien Beweiswürdigung sprach sich der VwGH aus. Der Beschluss könne fehlende nationale oder unionsrechtliche normative Grundlagen nicht ersetzen. Eine "Umwürdigung" des Beschlusses im Rahmen der freien Beweiswürdigung als Gutachten ohne Parteiengehör oder mündliche Verhandlung widerspräche zudem dem "Überraschungsverbot".

Zur Beurteilung der Voraussetzung des Anschlusses "unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung" der entsandten Arbeitnehmer an das Sozialsystem des entsendenden Mitgliedstaates heranzuziehen waren als Nachweis die von der bP beigebrachten befristeten Arbeitsverträge und A1-Bestätigungen sowie die Aufenthaltsberechtigungsnachweise.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Ausländerbeschäftigungsgesetz AuslBG, BGBl. 218/1975 idgF

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Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG,: BGBl. Nr. 10/1985 idgF

-

Richtlinie 96/71/EG der Europäischen Union ("Entsenderichtlinie")

-

Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

-

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Gemäß § 20g Abs 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Der maßgebliche Sachverhalt stand für das ho. Gericht fest, weitere Ermittlungsschritte waren nicht notwendig.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und jene unter den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung - entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 - eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur - wie es § 21 vorsieht - bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2014, Rz 558 ff). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.

Der ausländische Arbeitnehmer der bP hat im Verfahren um Erteilung einer ihn betreffenden Entsendebestätigung Parteistellung.

Gemäß § 20 Abs. 3 AuslBG ist bei überlassenen Arbeitskräften eine Bescheidausfertigung nicht nur dem Beschäftiger, sondern auch dem Ausländer zuzustellen (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu § 20 Rz 9).

3.5. Unionsrechtlich regelt die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1996 die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsende-RL).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 Entsende-RL gilt diese Richtlinie für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden.

Gemäß Art. 1 Abs. 3 Entsende-RL findet diese Richtlinie Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

[...]

Gemäß Art. 2 Abs. 1 Entsende-RL gilt im Sinne dieser Richtlinie als entsandter Arbeitnehmer jener Arbeitnehmer, der während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet.

Welche Bestimmungen im Bereich der Sozialversicherungsleistungen und -beiträge anzuwenden sind, wurde ursprünglich in der VO (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 geregelt welche modernisiert durch die Verordnungen 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit abgelöst wurde.

Gemäß Art. 12 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 gilt als betriebsentsandter Arbeitnehmer "eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, ...".

Eine Entsendung liegt konkret vor.

Die zur VO (EG) Nr. 883/2004 ergangene Durchführungsverordnung VO (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 regelt in ihrem Artikel 14 explizit, dass vom Anwendungsbereich des Art. 12 der VO (EG) Nr. 883/2004 auch jene Fälle erfasst werden sollen, in welchen Arbeitnehmer im Hinblick auf die Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat eingestellt werden - vorausgesetzt "die betreffende Person unterliegt unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen, bei dem sie eingestellt wird, seinen Sitz hat."

Gegenständlich wurden die drei Arbeitnehmer von der bP laut Arbeitsvereinbarung unterfertigt am 19.09.2018 im Hinblick auf die bevorstehende Entsendung - von 19.10.2018 (Eintrittsdatum) bis 24.10.2018 (Austrittsdatum) eingestellt.

Gemäß Art. 71 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 883/2004 werden Entscheidungen zu den in Artikel 72 Buchstabe a genannten Auslegungsfragen gemäß den Beschlussfassungsregelungen des Vertrages getroffen und im erforderlichen Umfang bekannt gemacht.

Gemäß Art. 72 lit a leg cit behandelt die Verwaltungskommission alle Verwaltungs- und Auslegungsfragen, die sich aus dieser Verordnung oder der Durchführungsverordnung oder in deren Rahmen geschlossenen Abkommen oder getroffenen Vereinbarungen ergeben; jedoch bleibt das Recht der betreffenden Behörden, Träger und Personen, die Verfahren und Gerichte in Anspruch zu nehmen, die nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, nach dieser Verordnung sowie nach dem Vertrag vorgesehen sind, unberührt.

Gemäß Z 1 des Beschlusses Nr. A2 vom 12. Juni 2009 zur Auslegung des Artikels 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer sowie auf Selbständige, die vorübergehend eine Tätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat ausüben, anzuwendenden Rechtsvorschriften (ABl. 2010/C 106/02) kann bei der Anwendung von

Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 die Tatsache, dass die betreffende Person seit mindestens einem Monat unter die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates fällt, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, als Orientierungshilfe herangezogen werden, um die Forderung "unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung" als erfüllt zu betrachten. Bei kürzeren Zeiträumen erfolgt die Bewertung von Fall zu Fall unter Berücksichtigung aller übrigen Faktoren.

Der VwGH führte in seinem aktuellen Erkenntnis Ra 2017/09/0023 bis 0024-7 vom 12.09.2017 aus, dass der ständigen Rechtsprechung folgend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31.07.2014, Ro 2014/08/0003 sowie das Urteil des EuGH vom 05.12.1967, Van der Vecht, Rs 19-67) dem Beschluss A2 keine das Gericht bindende Wirkung zukommt, weshalb eine anderslautende Rechtsansicht des AMS verfehlt sei. Der Verwaltungskommission stehe es gem. Art 72 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zu, "alle Verwaltungs- und Auslegungsfragen, die sich aus dieser Verordnung [...] ergeben" zu behandeln, eine Rechtssetzungskompetenz sei damit nicht verbunden.

Eine unionsrechtliche oder national normative Grundlage für eine Mindestzeit von einem Monat für den Anschluss der entsandten Arbeitskraft an das Sozialsystem des entsendenden Mitgliedstaates gibt es nicht, dieser Umstand kann auch nicht durch den Beschluss ersetzt werden.

Eine allfällige Verwaltungspraxis hätte dem Legalitätsprinzip zu entsprechen.

Als "Gutachten" im Rahmen der Beweiswürdigung könne der Beschluss nicht herangezogen werden. Eine "Umwürdigung" des Beschlusses - ohne Einräumung von Parteiengehör bzw. Durchführung einer mündlichen Verhandlung - würde gegen das im Verwaltungsverfahren geltende Überraschungsverbot verstoßen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30.03.2016, Ra 2015/09/0075).

Zur Beurteilung der Voraussetzung des Anschlusses "unmittelbar vor Beginn ihrer Beschäftigung" der entsandten Arbeitnehmer an das Sozialsystem des entsendenden Mitgliedstaates heranzuziehen waren als Nachweis die von der bP beigebrachten befristeten Arbeitsverträge und A1-Bestätigungen sowie die Aufenthaltsberechtigungsnachweise.

Im Sinne des Urteils "Vander Elst" darf die Voraussetzung einer "ordnungsgemäßen und dauerhaften Beschäftigung" auch nicht von dem bestehenden Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem entsandten Arbeitnehmer abhängig gemacht werden. Die Befugnis der Mitgliedstaaten beschränkt sich weitgehend auf die Kontrolle der Einhaltung der nationalen und unionsrechtlichen Vorschriften insbesondere bzgl. dem legalen Aufenthaltsstatus, der Arbeitsberechtigung und der sozialen Absicherung.

Die entsandten Arbeitskräfte haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt in Deutschland und verfügen dort über den Aufenthaltstitel "Student". Die bP konnte durch Vorlage der A1 Bescheinigungen nachweisen, dass die entsandten Arbeitskräfte für die Dauer der Entsendung dem deutschen Sozialsystem angeschlossen bleiben. Die Rechtsansicht der bB würde zudem der Regelung des § 14 der VO (EG) Nr. 987/2009 welche als Durchführungsverordnung zur VO (EG) Nr. 883/2004 erging zuwiderlaufen, wenn nun zwar die Einstellung im Hinblick auf eine konkrete Entsendung einerseits möglich sei, und andererseits aber als Bedingung sodann die Einhaltung einer bestimmten Frist der Vorbeschäftigung - womöglich auch beim selben Arbeitgeber - als Voraussetzung verlangt werde.

Zudem wird im gegenständlichen Beschluss selbst ausgeführt, dass bei kürzeren Abständen eine Bewertung von Fall zu Fall unter Berücksichtigung aller übrigen Faktoren zu erfolgen hat.

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

Gemäß Abs. 12 leg cit ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

-1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

-2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

Maßgebliche Grundlage für die Prüfung der EU-Konformität der Entsendung ist die im § 7b Abs 3 und 4 AVRAG vorgesehene Meldung des entsendenden Unternehmens an die zentrale Koordinationsstelle im BMF. Die zentrale Koordinationsstelle hat die Meldung aller nach Österreich entsandten drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer und aller Arbeitnehmer, die den Übergangsbestimmungen zur EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit unterliegen (§ 32a), umgehend und automationsunterstützt der jeweils zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG zu übermitteln.

Die Meldung (Meldeformular ZKO 3) ist vom Arbeitgeber der entsandten Arbeitnehmer spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme zu erstatten und hat insbesondere folgende - für die Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 AuslBG erforderliche - Angaben zu enthalten:

-

Name und Anschrift des Arbeitgebers,

-

gegebenenfalls Name und Anschrift des mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten,

-

Name und Anschrift des inländischen Auftraggebers (Generalunternehmers),

-

Name, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer und Staatsangehörigkeit der entsandten Arbeitnehmer,

-

Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,

-

die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer gebührenden Entgelts,

-

den Beschäftigungsort,

-

sofern es sich um Bauarbeiten gemäß § 7b Abs. 2 letzter Satz AVRAG handelt, die Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers,

-

sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, eine Abschrift dieser Genehmigung (anstelle der Abschrift ist auch die bloße Angabe der ausstellenden Behörde, der Geschäftszahl, des Ausstellungsdatums und der Geltungsdauer zulässig),

-

sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, eine Abschrift dieser Genehmigung (anstelle der Abschrift ist auch die bloße Angabe der ausstellenden Behörde, der Geschäftszahl, des Ausstellungsdatums und der Geltungsdauer zulässig).

Die ordnungsgemäße Zulassung zu einer Beschäftigung über die Dauer der Entsendung hinaus wird anhand der im Sitzstaat des entsendenden Unternehmens erforderlichen Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung geprüft. Ist im Sitzstaat des entsendenden Unternehmens keine Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung erforderlich, ist von einer ordnungsgemäßen Zulassung auszugehen.

Liegt eine der Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 Z 1 oder 2 leg cit nicht vor oder wurden die zur Prüfung der Voraussetzungen notwendigen zusätzlichen Informationen trotz schriftlicher Aufforderung nicht fristgerecht nachgereicht, wird die Entsendung untersagt. Die Untersagung ergeht in Bescheidform und wird sowohl dem entsendenden Unternehmen als auch dem (inländischen) Auftraggeber zugestellt. Die Finanzpolizei wird von der Untersagung in Kenntnis gesetzt.

Mit der Novelle BGBl I Nr 78/2007 wurden die Regelungen für die EU-Betriebsentsendung vollständig an das Urteil C-168/04 Kommission/Österreich vom 21.09.2006 angepasst. In der Regierungsvorlage (215 BlgNR 23. GP) heißt es dazu auszugsweise: "Um parallele Prüfungen zu vermeiden, soll die verpflichtende Anzeige der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte an das Arbeitsmarktservice entfallen und statt dessen die im § 7b AVRAG vorgesehene Meldung von Betriebsentsendungen an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung im Bundesministerium für Finanzen (KIAB) als Grundlage für die Prüfung der materiellen Voraussetzungen für die Betriebsentsendung herangezogen werden. Die Meldung ist im Falle der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte von der KIAB umgehend an das Arbeitsmarktservice weiterzuleiten und soll um jene Daten erweitert werden, die für die Prüfung einer gemeinschaftsrechtskonformen Entsendung durch das Arbeitsmarktservice erforderlich sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Arbeitsgenehmigung und die Aufenthaltsgenehmigung, um prüfen zu können, ob die entsandten Arbeitskräfte tatsächlich ordnungsgemäß und dauerhaft im Sitzstaat des Arbeitgebers beschäftigt sind."

Die Regelung des § 18 Abs. 12 AuslBG (BGBl I Nr 78/2007) erfolgte nach dem Willen des Gesetzgebers in vollständiger Anpassung an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (ErläutRV 215 BlgNR 23. GP 5 "Die bestehenden Regelungen für die Entsendung ausländischer Arbeitskräfte durch Unternehmen aus EWR-Mitgliedstaaten werden nunmehr vollständig an diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben angepasst.") und sind diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bei der Auslegung der nationalen Regelung daher entsprechend heranzuziehen (siehe auch L516 2015326-1 vom 14.01.2015). Unter Berücksichtigung der zitierten unionsrechtlichen Bestimmungen und der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass u.a. die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auf das Verfahren nach § 18 Abs 12 AuslBG anzuwenden ist (vgl beispielsweise auch W151 2011927-1 vom 10.06.2015, W178 2011920-1 vom 29.09.2015, W209 2117375-1 vom 15.02.2016, uvm).

Es ergaben sich keine Anhaltspunkte aus dem Sachverhalt heraus, die Zweifel an dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 AuslBG zuließen. Es bestehen keine nationalen sowie unionsrechtlich normativen Bestimmungen über den Mindestzeitraum den ein entsandter Arbeitnehmer im entsendenden Mitgliedstaat dem Sozialsystem vor der Entsendung angeschlossen sein muss.

Die Ablehnung durch die bB erfolgte aufgrund des herangezogenen, das ho. Gericht nicht bindenden Beschlusses. Von einem unmittelbaren Anschluss an das Sozialsystem ist schon aufgrund der beigebrachten A1 Bestätigungen auszugehen.

Nach der Judikatur des VwGH ist Voraussetzung für die Erlangung einer EU-Entsendebestätigung, dass die Ausländer zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Erfüllung eines dem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR erteilten Auftrages entsandt werden. Dies entspricht der Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl. 1997, L 18, S 1. (VwGH vom 19.03.2014, GZ 2013/09/0159)

Nach der Übermittlung der Meldung der Beschäftigung von grenzüberschreitend entsendeten Arbeitnehmern gemäß § 7b Abs. 3 erster Satz AVRAG 1993 iVm § 18 Abs. 12 dritter Satz AuslBG hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice das Vorliegen der Voraussetzungen (für den Entfall des Erfordernisses einer Beschäftigungsbewilligung bzw. einer Entsendebewilligung) zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Die für die Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung erforderlichen Angaben sind in § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG 1993 geregelt. (VwGH vom 05.11.2010, GZ 2010/09/0118).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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