Entscheidungsdatum
17.06.2019Norm
BFA-VG §22aSpruch
W186 2208933-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Judith PUTZER hat als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , alias XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2018, Zl. 440577604-181047131, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 05.11.2018 bis 07.11.2018 zu Recht erkannt:
A) I. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 05.11.2018 wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Gleichzeitig wird die Anhaltung in Schubhaft von 05.11.2018 bis 07.11.2018 für rechtswidrig erklärt.
II. Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat gemäß § 35 VwGVG dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 737,60 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF), ein Staatsangehöriger Nigerias, reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.01.2008 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Dieser wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.05.2011 rechtskräftig abgewiesen und gegen den BF eine Ausweisung nach Nigeria ausgesprochen.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.02.2014 wurde der BF wegen Vergehen nach dem Suchtmittelgesetz (§ 27 SMG) zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt.
Er befand sich von 11.08.2015 bis 10.09.2015 in der Justizanstalt Wien Josefstadt in Haft.
Der BF wurde am 05.11.2018 im Bundesgebiet angetroffen und einer Personenkontrolle unterzogen. Hierbei wies sich der BF mit einem gültigen nigerianischen Reisepass und einem spanischen Aufenthaltstitel aus. Er wurde aufgrund eines 2017 erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und in das PAZ Hernalser Gürtel eingeliefert.
Der BF wurde zur beabsichtigten Schubhaftverhängung sowie zur Sicherung der Abschiebung am 05.11.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.
Die Einvernahme gestaltete sich wie folgt:
"F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetscher? Haben Sie dazu Einwände?
A: Ja die Verständigung ist sehr gut.
F: Sind Sie gesund und können Sie dieser Einvernahme folgen? Nehmen Sie Medikamente?
A: Ich bin gesund ich habe manchmal Magenschmerzen dann nehme ich etwas.
A: Nein.
Sie wurden am 05.11.2018 um 09:20 Uhr, im Zug aufgrund einer eines Festnahmeauftrages festgenommen.
Sie halten sich seit spätestens Ihrer Asylantragsstellung im Jahr 2008 im Bundesgebiet auf.
Ihr Antrag wurde am 17.06.2011 in Il Instanz rechtskräftig negativ entschieden. Gegen Sie besteht daher eine durchführbare und rechtskräftige Ausweisung nach Nigeria.
Erstmalig wurde ein HRZ im Jahr 2016 ausgestellt. Es konnte jedoch Ihre Abschiebung bist dato nicht vollzogen werden, da Sie sich im Verborgenen aufhielten.
Sie waren mal behördlich gemeldet und mal nicht. Letztmalig waren Sie im Jahr 2017 gemeldet. Aufgrund Ihres Untertauchens wurde ein Festnahmeauftrag ausgeschrieben.
Dieser wurde am 05.11.2018 vollzogen.
Sie wurden bei einer Personenkontrolle im Zug Richtung Wien Hauptbahnhof durch die Beamten der LPD Wien angehalten und kontrolliert. Sie legitimierten sich mit einem nig. Reisepass sowie einem spanischen Aufenthaltstitel. Nach Rücksprache mit dem BFA Journal konnte festgestellt werden, dass ein Festnahmeauftrag gegen Sie besteht
Daher wurde der Festnahmeauftrag vollzogen und Sie wurden in das PAZ Hernalser Gürtel gebracht
F: Was sagen Sie dazu?
A: Ja das hat man mir gesagt, da ich kein Asyl bekommen habe. Ich habe das Land verlassen im Jahr 2011, ich habe das Ticket nicht mehr. Ich möchte mich korrigieren, es war 2010. Man hat mir gesagt, wenn ich das Land nicht verlasse, wird man mich nach Afrika abschieben.
Vorhalt: Wie kann das sein, dass Sie 2010 das Land verließen, aber z. B.: 2014 in der JA Josefstadt waren?
A: Ich war 2010 in XXXX und habe dann das Land verlassen und bin zurückgekommen. Seit dem habe ich keinen Brief mehr bekommen, dass ich das Land verlassen soll.
Vorhalt: Diese Angaben können nicht stimmen, da der Auszug aus dem Melderegister etwas anderes ergibt!
A: Hmm Ja.
F: Wie lautet ihre Identität? Gegen Sie ihren Namen, Geburtstag und Geburtsort an!
A: XXXX , geb. XXXX , Nigeria, Lagos.
F: Wann sind Sie in das Bundesgebiet eingereist?
A: 2008
F: Wo haben Sie sich im Bundesgebiet aufgehalten?
A: ich kam erst heute nach Österreich
F: Wie viel Geld hatten Sie bei der Einreise und wie viel haben sie nun?
A: Jetzt hatte ich €300,- Ich habe eine Bankomatkarte mit ca.€1000,F: Wo wollten Sie in Österreich Unterkunft beziehen?
A: Ich wollte bei einem Freund schlafen. Sein Name ist Chukwuma. Nachname und Adresse kenne ich nicht.
F: Sind Sie dazu bereit freiwillig nach Nigeria zurück zu kehren?
A: Ja wenn es so sein soll, dann gehe ich.
F: Wie lautet Ihr Familienstand?
A: Ich bin geschieden und habe ein Kind. Meine Ex Frau und mein Kind (4 Jahre) leben in Spanien. Obsorge vom Kind hat meine Ex Frau und ich.
F: Haben Sie Bekannte oder Verwandte hier in Österreich?
A: Nein.
F: wo lebt Ihre Familie?
A: Meine Familie lebt in Nigeria. Meine Mutter und meine Geschwister leben in Nigeria.
F: Haben Sie Dokumente oder Beweismittel, die Sie vorlegen möchten?
A: Nein
F: Wurden Sie im Bundesgebiet jemals strafrechtlich verurteilt?
A: Mit der Polizei hatte ich nie Probleme. 2013 wurde ich verurteilt.
F: Sprechen Sie Deutsch?
A: Nein.
F: Wo befinden sich Ihre Effekten?
A: Alles ist hier.
Aufgrund der durchführbaren Ausweisung, und dass Sie über keine aufrechte Meldeadresse im Bundesgebiet verfügen, werden Sie im Anschluss der Niederschrift in Schubhaft genommen. Sie werden zum nächstmöglichen Termin nach Nigeria abgeschoben. Dies wird am 14.11.2018. Es besteht bei Ihnen ein erhöhter Sicherungsbedarf.
Gem. §76 Abs 2 Zif. 2 FPG werden Sie in Schubhaft genommen.
Es wird mir mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständig werden wird, da aufgrund des Sachverhaltes ein Schubbescheid gem. S 76 Abs. 2 Ziffer 2 FPG zu erlassen ist.
Es wird mir eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation mich kontaktieren wird.
Es ist daher zur Sicherung dieser Maßnahmen beabsichtigt, gegen mich die Schubhaft zu verhängen.
Der Schubbescheid wird mir persönlich im Anschluss an diese Niederschrift zugestellt.
Gemäß S 22a Abs. 1 BBA-VG haben Sie das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, sofern Sie nach diesem Bundesgebiet festgenommen wurden, unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten werden oder wurden oder wenn gegen Sie die Schubhaft gemäß dem 8.Hauptstück des FPG angeordnet wurde. Die Beschwerde kann auch bei der in der Kopfstampiglie bezeichneten Behörde eingebracht werden.
Gemäß § 82 FPC haben Sie das Recht: das Landesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder der Anhaftung anzurufen, wenn Sie nach diesem Bundesgesetz festgenommen wurden oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wurden.
Es wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie bis zur Realisierung der Abschiebung weiterhin in Haft verbleiben und in das PAZ rücküberstellt werden.
F: Haben Sie alles verstanden? Möchten Sie noch etwas angeben?
A: Ich habe alles verstanden."
2. Mit dem gegenständlich angefochtenen Mandatsbescheid vom 05.11.2018 verhängte das Bundesamt über den BF die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung.
Es traf im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:
"Zu Ihrer Person:
Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger,
Ihre Identität steht fest.
Sie sind im Besitz eines nigerianischen Reisepasses sowie eines Aufenthaltstitels in Spanien.
Sie sind geschieden und haben ein Kind. Ihre Ex Frau und ihr Kind leben in Spanien.
Sie verfügen über keine behördliche Meldung im Bundesgebiet sowie auch keinen nachvollziehbaren Wohnsitz im.
Sie haben keine familiären Bindungen zu Österreich. Sie gehören keinem Verein oder Organisation an.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Eine Rückkehrentscheidung gegen Ihre Person ist durchsetzbar. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.
Gegen Sie besteht eine durchführbare Ausweisung in Ihr Heimatland Nigeria. Sie sind im
Bundesgebiet nicht gemeldet. Sie sind derzeit im Besitz von ca. €300,- .
Sie wurden bereits rechtskräftig verurteilt.
Die Verurteilung lautet wie folgt:
01) LG ESTRAFS. WIEN 041 HV 13/2014a vom 27.02.2014 RK 27.02.2014
§ 27 (1) z 1 1.2.Fa11(2) SMG
§ 27 (1) Z 1 8. Fall (3) SMG S 15 StGB
Datum der (letzten) Tat 29.07.2014
Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 29.042014
zu LG F. STRAF-S. WIEN 041 HV 13/2014a RK 27.02.2014 Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 29.042014 LG ESTRAFS.WIEN 041 HV 13/2014a vom 02.05.2014
zu LG ESTRAFS. WIEN 041 Hl/ 13/2014a RK 27.02.2014 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 29.04.2014
LG STRAFS.WIEN 041 Hi/ 13/2014a vom 16.10.2017
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
Sie sind nach Österreich illegal eingereist.
Gegen Ihre Person besteht eine durchführbare Ausweisung.
Sie gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden. Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hiezu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen halten Sie sich illegal im Bundesgebiet auf. Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie der in Il Instanz rechtskräftigen Entscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen haben. Weiters verbringen Sie Ihren Aufenthalt im Verborgenen. Sie verweilen illegal im Bundesgebiet.
Sie sind in keinster Weise integriert, weil Sie über geringe Deutschkenntnisse verfügen aber auch in keinem Verein oder Organisation in Österreich tätig sind. Weiters verfügen Sie über keine sozialen Bindungen in Österreich.
Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.
Sie haben weder familiäre noch private Bindungen. Sie sind geschieden und ein Kind in Spanien. Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert. Es besteht auch kein schützenswertes Privatleben."
Rechtlich führte das Bundesamt aus:
"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine
Fluchtgefahr:
1, 9
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da gegen Sie eine durchführbare Ausweisung besteht. Sie verfügen über eine keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet. Sie sind derzeit im Besitz von ca. € 300,- Barmittel. Sie gehen keiner legalen Beschäftigung im Bundesgebiet nach.
Sie wurden bereits strafrechtlich im Bundesgebiet verurteilt. Die Verurteilung lautet wie folgt:
01) LG F.STRAFS. WIEN 041 1-11/ 13/2014a vom 27.02.2014 RK 27.02.2014
§ 27 (1) z 1 (2) SA/IG
§ 27 (1) Z 1 8. Fall (3) Si/IG § 15 StGB
Datum der (letzten) Tat 29.01.2014
Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 29.04.2014
zu LG ESTRAFS. WIEN 041 HV 13/2014a RK 27.02.2014 Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 29.04.2014 LG ESTRAFS. WIEN 041 Hi/ 13/2014a vom 02.05.2014
zu LG F.STRAFS.WIEN 041 Hl/ 13/2014a RK 27.02.2014 (Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 29.04.2014
LG ESTRAFS. WIEN 041 1--1V 13/2014a vom 16.10,2017
Sie haben keinen sozialen Bezug zu Österreich. Ein schützenswertes Privatleben wurde von Ihnen nicht angegeben. Sie würden somit untertauchen und unbekannten Aufenthaltes sein.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Wie bereits eingehend begründet, befinden Sie sich illegal im Bundesgebiet. Sie verfügen derzeit über ca. € 310,-, haben jedoch ansonsten keinerlei Barmitteln mehr zur Verfügung. Es besteht die Gefahr, dass Sie bei Entlassung untertauchen. Sie haben weder familiäre, berufliche noch soziale Bindungen. Es liegt daher ein berechtigter Verdacht vor, dass Sie eine Entlassung nur dazu benützen werden, um weiterhin in Österreich zu verbleiben und sich durch Untertauchen einem behördlichen Zugriff entziehen,
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. S 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Sie missachteten die bestehenden fremdenpolizeilichen Vorschriften und trachten danach Ihren illegalen Aufenthalt in Österreich fortzusetzen,
Sie sind wissentlich Illegal Im Bundesgebiet verblieben. Es ist daher festzustellen, dass Sie nicht bereit sind behördlichen Auflagen Folge zu leisten und ist daher zu befürchten, dass Sie untertauchen und sich dem Verfahren zur Sicherung der Abschiebung entziehen werden. Zur Sicherung des Verfahrens musste diese Maßnahme getroffen werden.
Mit der Erlassung eines gelinderen Mittels kann in Ihren Fall nicht das Auslangen gefunden werden.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des
Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass Sie nicht Haftfähig wären. Es liegen derzeit keine Gründe einer Haftunfähigkeit vor.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist".
Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem BF die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
3. Der BF erhob durch seinen Rechtsberater fristgerecht Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid und gegen die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft.
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die rechtskräftige Ausweisung gegen den BF vom 17.06.2011 nicht mehr durchführbar sei, da der BF danach das Bundesgebiet verlassen und sich in Spanien niedergelassen habe. Er sei im Besitz eines gültigen spanischen Aufenthaltstitels und eines nigerianischen Reisepasses. In Spanien würden seine Ex-Frau sowie sein Kind leben. Im Anschluss an seine strafgerichtliche Verurteilung 2014 habe er das Bundesgebiet verlassen und sei zurück nach Spanien gekehrt. Er sei danach regelmäßig unter Verwendung seines Reisepasses in Ausübung seiner Reisefreiheit nach Österreich gereist, wobei er sich niemals länger als 90 Tage innerhalb der 180 Tage im Bundesgebiet aufgehalten habe. Zuletzt habe er am 05.11.2018 seinen Freund in Wien besuchen wollen. Der BF habe beabsichtigt, das Bundesgebiet nach 1-2 Tagen zu verlassen. Der BF verfüge über ausreichend Barmittel in der Höhe von EUR 300,-- und eine Bankomatkarte mit welcher er ca. 1.000,-- abheben könne. Aufgrund des Umstandes, dass der BF über einen spanischen Aufenthaltstitel verfüge, hätte das Bundesamt den BF gemäß § 52 Abs. 6 FPG anzuweisen gehabt, sich selbständig nach Spanien zu begeben. Die belangte Behörde gehe jedoch auf diese Thematik im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht ein. Der BF sei demnach auch nicht zu seiner Rückkehrbereitschaft nach Spanien befragt worden. Der BF sei bereit nach Spanien auszureisen. Eine legale Ausreise nach Spanien sei dem BF rechtlich und faktisch möglich. Die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung erweise sich daher gemäß § 52 Abs. 6 FPG als unzulässig. Der BF halte sich nicht rechtswidrig im Bundesgebiet auf.
Neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in Schubhaft in rechtswidriger Weise erfolgt seien, im Rahmen einer "Habeas Corpus Prüfung" aussprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers nicht vorliegen, sowie der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, auferlegen.
4. Der BF wurde am 07.11.2018 aus der Schubhaft entlassen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist nigerianischer und nicht österreichischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Der Asylantrag des BF im Bundesgebiet wurde mir Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.05.2011 rechtskräftig abgewiesen und eine Ausweisung gegen den BF nach Nigeria erlassen.
Er wurde im Bundesgebiet 2014 wegen Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz strafgerichtlich verurteilt.
Der BF wurde am 05.11.2108 im Zuge einer Personenkontrolle im Bundesgebiet aufgegriffen. Es wurde am selben Tag die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Nigeria über ihn verhängt.
Er verfügte zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung über einen gültigen spanischen Aufenthaltstitel und einen gültigen nigerianischen Reisepass, die das Bundesamt im Zuge der Festnahme sicherstellte.
Der BF wurde von 05.11.2018 bis 07.11.2018 in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Nigeria im PAZ Hernalser Gürtel angehalten.
Er wurde am 07.11.2018 aus der Schubhaft entlassen.
Der BF litt an keinen relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und war somit haftfähig.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum bisherigen Verfahren im Bundesgebiet resultieren aus dem vorliegenden Verwaltungsakt. Die rechtskräftige Ausweisung aus dem Jahr 2011 ergibt sich aus der Abfrage des IZR, sowie aus dem Erkenntnis des Asylgerichtshofs vom 23.05.2011.
Die Angaben zum Vorliegen eines spanischen Aufenthaltstitels resultieren aus der im Verwaltungsakt liegenden Kopie. Die Gültigkeit resultiert aus der landespolizeilichen Meldung und der Sicherstellungsbestätigung vom 05.11.2018.
Die Identität des BF steht aufgrund des vorliegenden nigerianischen Reisepasses und des spanischen Aufenthaltstitels fest.
Die Angaben zur Anhaltung, Festnahme und Schubhaftverhängung resultieren aus dem Verwaltungsakt, insbesondere dem Festnahmeauftrag vom 18.01.2017 und dem Anhalteprotokoll vom 05.11.2018.
Die Feststellung zur Anhaltung des BF in Schubhaft beruhen aus einem Auszug aus der Anhaltedatei Vollzugsverwaltung.
Dass der BF am 07.11.2018 aus der Schubahft entlassen wurde resultiert aus dem im Entlassungsschein in Zusammenschau mit der Anhaltedatei.
Die Haftfähigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass weder in der Beschwerde noch aus dem Verwaltungsakt ein gegenteiliges Vorbringen ersichtlich war.
3. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 76 Abs. 4 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
Gemäß § 57 Abs. 1 AVG ist die Behörde berechtigt, wenn es sich bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen. Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann gemäß § 57 Abs. 2 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
Gemäß § 22a Abs. 5 BFA-VG ist gegen die Anordnung der Schubhaft eine Vorstellung nicht zulässig.
2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z 1), er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde (Z 2), oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z 3). Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten gemäß Abs. 1a die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat gemäß Abs. 2 binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs. 3 jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchpunkt A.I.) - Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft
1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden. Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 leg. cit. nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist ( Z1), dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 2), oder die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen ( Z 3).
1.2. Der Beschwerdeführer ist nigerianischer Staatsangehöriger und nicht österreichischer Staatsbürger. Sohin ist er ein Fremder gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Er ist im Besitz eines gültigen spanischen Aufenthaltstitels.
1.3. Über den Beschwerdeführer wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt, da der Beschwerdeführer entgegen einer aufrechten Ausweisung gemäß § 10 AsylG idF BGBl I Nr. 135/2009 im Bundesgebiet verblieben sei.
§ 31 Abs. 1 Z 3 FPG normiert, dass sich ein Fremder rechtmäßig bis zu drei Monaten (Art. 21 SDÜ) im Bundesgebiet aufhält, wenn er Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels ist, sofern er während seines Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht.
Der Abs. 1 des eben angesprochenen Art. 21 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen), dessen "Geltung" im Zusammenhang mit § 31 Abs. 1 Z 3 FPG ausdrücklich angeordnet wurde und der somit bei der Auslegung dieser Bestimmung einzubeziehen ist (vgl. dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0103, mwN), lautet wie folgt:
"Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 [...] (Schengener Grenzkodex) [nunmehr: Art. 6 Abs. 1 lit. a, c und e VO (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex n.F.)] aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste des betroffenen Mitgliedstaats stehen."
Art. 6 Abs. 1 der erwähnten Verordnung (EU) Nr. 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Unionskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex n.F. - SGK) ordnet (auszugsweise) an:
"Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige
(1) Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen folgende Einreisevoraussetzungen:
a) Er muss im Besitz eines gültigen Reisedokuments sein, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Grenze berechtigt und folgende Anforderungen erfüllt:
i) Es muss mindestens noch drei Monate nach der geplanten Ausreise aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gültig [sein]. In begründeten Notfällen kann von dieser Verpflichtung abgesehen werden.
ii) Es muss innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre ausgestellt worden sein.
b) ...
c) Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, und er muss über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben.
d) ...
e) Er darf keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein."
1.4. Der Asylgerichtshof erließ gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 135/2009. Gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 bleiben Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht und gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012.
Gemäß § 12a Abs. 6 AsylG 2005 bleiben Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinaus gehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt.
Das Bundesamt ging offensichtlich willkürlich davon aus, dass der BF das Bundesgebiet seit der Ausweisung nicht verlassen hat, und dass die Ausweisung zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung sohin weiterhin aufrecht war. Wieso das Bundesamt zu dieser Annahme gelangt - insbesondere da der BF in seiner Einvernahme angibt, jedenfalls ausgereist zu sein, und mittlerweile über einen spanischen Aufenthaltstitel und einer Familie in Spanien verfügt - wurde im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt. Eine diesbezügliche beweiswürdigende Auseinandersetzung finde sich im angefochtenen Bescheid nicht.
Dass der BF mittlerweile über einen spanischen Aufenthaltstitel verfügte, wie er zu diesem (ohne Ausreise aus dem Bundesgebiet) gekommen sein soll, und dass der BF über Familie in Spanien verfügte, würdigte das Bundesamt im angefochtenen Bescheid hingegen nicht und stellte diesbezüglich auch weder Fragen an den BF in der Einvernahme zur Schubhaftverhängung noch tätigte es amtswegige Ermittlungen.
Angesichts des von der belangten Behörde angenommenen langen Inlandsaufenthalts des BF (seit der rechtskräftigen Ausweisung aus dem Jahr 2011) und vor allem der Ausstellung eines spanischen Aufenthaltstitels wäre aber zu prüfen gewesen, ob sich die Beurteilungsgrundlagen im Hinblick auf die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK (nunmehr in Verbindung mit § 9 BFA-VG) so maßgeblich geändert hatten, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme ihre Wirksamkeit verloren hat (vgl. - noch zur Rechtslage vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 38 z.B. VwGH vom 24. November 2009, Zl. 2009/21/0088; VwGH vom 13. Dezember 2012, Zl. 2011/21/0144, und VwGH vom 2. August 2013, Zl. 2012/21/0076). Gegebenenfalls wäre die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung schon wegen des Fehlens eines durchsetzbaren Titels für die Außerlandesbringung rechtswidrig gewesen (vgl. hierzu VwGH vom 20.10.2016, Ra 2015/21/0091).
Darüber hinaus hätten in einem neuerlichen Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung aufgrund der geänderten Sachlage auch die Rückkehr des BF nach Spanien gemäß § 52 Abs. 6 FPG geprüft werden sollen. In der Einvernahme wurde der BF lediglich befragt, ob er bereit sei nach Nigeria zurück zu kehren. Dass der BF über einen gültigen spanischen Aufenthaltstitel verfügte und insbesondere in der Einvernahme angab, eine Ex-Frau und ein Kind in Nigeria zu haben, dessen Obsorge ihm und seiner Ex-Frau zusammen zukomme, wurde vom Bundesamt nicht weiter berücksichtigt.
Der Sicherungszweck, nämlich die Abschiebung des BF nach Nigeria aufgrund der Ausweisung aus dem Jahr 2011, konnte daher mangels Unterlassen der Ermittlungstätigkeiten des Bundesamtes zum Vorliegen des spanischen Aufenthaltstitels und mangels Aufforderung gemäß § 52 Abs. 6 FPG, wonach sich der BF unverzüglich nach Spanien zu begeben habe, nicht erreicht werden.
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nur dann in Betracht, wenn mit der Abschiebung des Fremden auch zu rechnen ist.
Der BF verfügt über einen spanischen Aufenthaltstitel. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen einen unrechtmäßig aufhältigen Fremden, der im Besitz einer von einem Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltsberechtigung ist, kommt gemäß § 52 Abs. 6 FPG nur dann in Betracht, wenn der Fremde seiner Ausreiseverpflichtung nach Aufforderung dazu nicht nachkommt oder wenn seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Die gegenständlich zu prüfende Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung wurde jedoch auf eine Ausweisung aus dem Jahr 2011 gestützt, ohne dass das nunmehrige Vorliegen eines spanischen Aufenthaltstitels berücksichtigt worden war.
Da somit mit einer Abschiebung des BF nach Nigeria auf Grund der erlassenen Rückkehrentscheidung aus dem Jahr 2011 nicht zu rechnen ist, insbesondere auch deshalb nicht, weil das Bundesamt die Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 52 abs. 6 FPG unterlassen hat, kommt auch seine Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht in Betracht.
War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des BF in Schubhaft von 05.11.2018 bis 07.11.2018 ist daher rechtswidrig.
Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu Spruchpunkt A.II.) Kostenbegehren
1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Im gegenständlichen Verfahren stellte lediglich der BF einen Antrag auf Kostenersatz im Sinne des § 35 VwGVG. Da der Beschwerde stattgegeben und sowohl der angefochtene Bescheid als auch die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt werden, ist der BF die obsiegende Partei. Ihm gebührt daher gemäß § 35 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 1 Z. 1 VwG-AufwErsV Kostenersatz in der Höhe von EUR 737,60. Dem Bundesamt gebührt kein Kostenersatz.
Zu Spruchpunkt B.) Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Aufenthaltstitel, Rechtswidrigkeit, SchubhaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W186.2208933.1.00Zuletzt aktualisiert am
09.08.2019