Entscheidungsdatum
24.05.2019Index
L92009 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung WienNorm
WMG §1 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Landesrechtspflegerin Mag. Gubesch über die Beschwerde der Frau A. B. vom 15.3.2019 gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, …, vom 6.3.2019, Zl. …, betreffend Mindestsicherung, Neubemessung gemäß §§ 7, 8, 9, 10 und 12 WMG iZm WMG-VO, zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht vom 6.3.2019 zur Zahl … wurde I. die zuletzt mit Bescheid vom 31.8.2018, Zl. … zuerkannte Leistung mit 31.3.2019 eingestellt und auf Grund einer Änderung, II. eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs (DLU/GDW) und III. Mietbeihilfe zuerkannt:
DLU/GDW Mietbeihilfe
von 01.04.2019 bis 30.04.2019 EUR 125,47 EUR 109,57
Begründend führte die Behörde aus, dass das Ermittlungsverfahren Folgendes ergeben hätte:
„Sie haben eine Honorarnote von März 2019 vorgelegt.
Rückwirkend mit 01.01.2019 wurde der Richtsatz der Mindestsicherung erhöht. Daher ist eine Nachzahlung in Höhe von EUR 75,66 entstanden, welche Ihnen gesondert angewiesen wird.
A. B., …
Einkommen aus selbständiger Arbeit
€ 760,00 mtl.
01.03.2019
31.03.2019
Einkommen aus selbständiger Arbeit
€ 2.000,00 mtl.
01.05.2018
31.05.2018
Einkommen aus selbständiger Arbeit
€ 300,00 mtl.
01.05.2018
31.05.2018
Wohnung
Miete
€ 381,16
01.07.2018
Kein Anspruch WBH ohne MMB
€ 0,00
01.07.2018
31.07.2018
Kein WBH Anspruch
€ 0,00
01.08.2018
Auf Grund geänderter Verhältnisse (Vermögens-, Einkommens-, Familien- bzw. Wohnverhältnisse) war Ihre Leistung zur Mindestsicherung einzustellen und neu zu bemessen.
Bei der Berechnung waren die in der WMG-VO festgelegten Mindeststandards und Mietbeihilfenobergrenzen heranzuziehen. Siehe Beilage
Auf Grund des ermittelten Bedarfs und des zu berücksichtigenden Einkommens waren die Leistungen spruchgemäß zuzuerkennen.“
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wendet die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen ein, dass sie Einspruch gegen die von der Behörde geforderte Rückforderung der Leistung der Mindestsicherung erhebe. Es handle sich bei dem erhaltenen Geld (760€) um eine Vergütung einer musikalischen Komposition für ein Video. Die Summe überschreite nicht das erlaubte Schonvermögen von 4000€. Sie hätte auch diesmal nicht die erforderliche Meldefrist verletzt, da sie die Rechnung vor Erhalt des Geldes an die MA40 per E-Mail geschickt hätte. Sie hätte mit dem Geld Privatschulden beglichen und sich nicht daran bereichert. Diese Privatschulden seien durch den Wegfall der früher 14 Mal ausbezahlten Dauerleistung entstanden.
Sie versuche beruflich Fuß zu fassen, um sich weiter zu stabilisieren. Diese Rückzahlung würde sie in ihrer weiteren Entwicklung behindern.
Sie bitte ihre derzeitige Situation zu berücksichtigen, die Rückforderung entweder ganz fallen zu lassen, den Betrag zu reduzieren oder ansonsten eine Ratenzahlung zu vereinbaren.
Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Der Beschwerdeführerin war mit Bescheid der MA40 vom 31.8.2018, Zahl … eine Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes und Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs für den Zeitraum 1.10.2018 bis 30.4.2019 zuerkannt worden.
Mit E-Mail vom 5.3.2019 übermittelte Frau B. eine Rechnung, in welcher sie für Musik für Videos an Herrn C. einen Betrag von € 760,- in Rechnung stellte.
Dieser Betrag wurde seitens der belangten Behörde als Einkommen im Sinne des § 10 WMG gewertet.
In weiterer Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid erlassen.
Zu diesen Feststellungen gelangte das Verwaltungsgericht Wien auf Grund nachstehender Beweiswürdigung:
Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den insoweit unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.
In sinngemäßer Anwendung des § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG iVm § 24 Abs. 4 VwGVG kann die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.
Rechtlich folgt daraus:
Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen des WMG lauten wie folgt:
Ziele und Grundsätze
§ 1. (1) Die Wiener Mindestsicherung hat zum Ziel, Armut und soziale Ausschließung verstärkt zu bekämpfen und zu vermeiden, die Existenz von alleinstehenden und in Familien lebenden Personen zu sichern, die dauerhafte Eingliederung oder Wiedereingliederung, insbesondere von volljährigen Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, in das Erwerbsleben sowie die soziale Inklusion weitest möglich zu fördern. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen.
(2) Die Wiener Mindestsicherung erfolgt durch Zuerkennung von pauschalierten Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs sowie von den bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen. Auf diese Leistungen besteht ein Rechtsanspruch.
(3) Die Zuerkennung von Leistungen der Wiener Mindestsicherung ist subsidiär. Sie erfolgt nur, wenn der Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann.
(4) Die Wiener Mindestsicherung dient der Beseitigung einer bestehenden Notlage. Sie erfolgt auch vorbeugend, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Eine Fortsetzung ist solange möglich, als dies notwendig ist, um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Hilfeleistung zu sichern. Die Mindestsicherung hat rechtzeitig einzusetzen. Eine Zuerkennung von Leistungen für die Vergangenheit ist nicht möglich.
(5) Die Zuerkennung von Leistungen der Wiener Mindestsicherung erfolgt im Zusammenhang mit individueller Beratung und Betreuung, soweit diese zur Vermeidung und Überwindung von sozialen Notlagen, zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit oder Vermittelbarkeit und sozialen Inklusion sowie zur nachhaltigen sozialen Stabilisierung erforderlich sind. Dabei ist auf die Eigenart und Ursache der Notlage Rücksicht zu nehmen. Weiters ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die familiären Beziehungen erhalten und gefestigt werden, die Kräfte zur Selbsthilfe angeregt und gefördert werden und Nachteilen bei der Geltendmachung von Rechten im Verfahren, insbesondere geschlechtsspezifischen und solchen, die sich aus familienspezifischen Lebensverhältnissen ergeben, entgegengewirkt wird. Es ist besonders darauf hinzuwirken, dass die Hilfe suchenden oder empfangenden Personen zur Beseitigung der Notlage beitragen und ihren Bedarf unabhängig von der Mindestsicherung decken können.
(6) Die mit der Durchführung von Aufgaben des Case Managements, der Sozialarbeit und der psychosozialen Beratung und Betreuung betrauten Personen müssen dafür fachlich und persönlich geeignet sein.
(7) Das Land Wien gewährt im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Förderungen als Hilfen in besonderen Lebenslagen.
Erfasste Bedarfsbereiche
§ 3. (1) Die Wiener Mindestsicherung deckt den Mindeststandard in den Bedarfsbereichen Lebensunterhalt, Wohnen, Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung ab.
(2) Der Lebensunterhalt umfasst den Bedarf an Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Energie sowie andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch die soziale und kulturelle Teilhabe zählt.
(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen Aufwand an Miete, Abgaben und allgemeinen Betriebskosten.
(4) Der Bedarf bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst den Aufwand, der bei Bezieherinnen und Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung durch die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen der Wiener Gebietskrankenkasse abgedeckt ist.
Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
§ 4. (1) Anspruch auf Leistungen der Wiener Mindestsicherung hat, wer
1.
zum anspruchsberechtigten Personenkreis (§ 5 Abs. 1 und 2) gehört,
2.
seinen Lebensmittelpunkt in Wien hat, sich tatsächlich in Wien aufhält und seinen Lebensunterhalt in Wien bestreiten muss,
3.
die in § 3 definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, mit eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abdecken kann,
4.
einen Antrag stellt und am Verfahren und während des Bezuges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung entsprechend mitwirkt.
(2) Ein Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs einschließlich Mietbeihilfe besteht ab einem errechneten Mindestbetrag von fünf Euro monatlich.
Pflichten der Hilfe suchenden oder empfangenden Personen
§ 6. Hilfe suchende oder empfangende Personen haben nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
1.
zur Abwendung und Beseitigung der Notlage ihre Arbeitskraft einzusetzen,
2.
an allen Angeboten zur Feststellung von Kompetenzen und Eignungen, zur Steigerung der Arbeitsfähigkeit oder Vermittelbarkeit und zur Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen,
3.
eigene Mittel vorsorglich und zweckmäßig einzusetzen,
4.
Ansprüche, die der Deckung der Bedarfe nach diesem Gesetz dienen, nachhaltig zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos, unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Kostenrisiko verbunden ist,
5.
zuerkannte Leistungen zweckentsprechend, das heißt zur Abdeckung der Bedarfe für die sie zuerkannt wurden, zu verwenden und
6.
ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren und während des Bezuges von Leistungen zu erfüllen,
…
Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs
§ 7. (1) Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs haben volljährige Personen bei Erfüllung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 2. Der Anspruch auf Mindestsicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs kann nur gemeinsam geltend gemacht werden und steht volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft solidarisch zu. Die Abdeckung des Bedarfs von zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden minderjährigen Personen erfolgt durch Zuerkennung des maßgeblichen Mindeststandards an die anspruchberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft, der sie angehören.
(2) Die Zurechnung zu einer Bedarfsgemeinschaft erfolgt nach folgenden Kriterien:
1.
Volljährige Personen, zwischen denen keine unterhaltsrechtliche Beziehung oder Lebensgemeinschaft besteht, bilden jeweils eine eigene Bedarfsgemeinschaft, auch wenn sie mit anderen Personen in der Wohnung leben (Wohngemeinschaft), sofern nicht Z 2, 4 oder 5 anzuwenden ist.
Mindeststandards
§ 8. (1) Die Bemessung der Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs erfolgt auf Grund der Mindeststandards gemäß Abs. 2, die bei volljährigen Personen auch einen Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs im Ausmaß von 25 vH des jeweiligen Mindeststandards enthalten.
(2) Die Mindeststandards für den Bemessungszeitraum von einem Monat betragen:
1.
100 vH des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG abzüglich des Betrages für die Krankenversicherung
a)
für volljährige Personen ab dem vollendeten 25. Lebensjahr, die in einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 leben (Alleinstehende);
…
Mietbeihilfe
§ 9. (1) Ein über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs nach § 8 Abs. 1 hinausgehender Bedarf wird an die anspruchsberechtigten Personen als Bedarfsgemeinschaft in Form einer monatlichen Geldleistung (Mietbeihilfe) zuerkannt, wenn dieser nachweislich weder durch eigene Mittel noch durch Leistungen Dritter gedeckt werden kann. Die Mietbeihilfe gebührt ab dem auf die Antragstellung folgenden Monat.
(2) Die Mietbeihilfe ist, bei durch unbedenkliche Urkunden nachgewiesenen tatsächlich höheren Kosten der Abdeckung des Wohnbedarfs, bis zur Höhe der Bruttomiete zuzuerkennen und wird wie folgt berechnet:
1.
Den Ausgangswert bilden die nach Abzug sonstiger Leistungen tatsächlich verbleibenden Wohnkosten bis zu den Mietbeihilfenobergrenzen nach Abs. 3.
2.
Dieser Ausgangswert wird durch die Anzahl der in der Wohnung lebenden volljährigen Personen geteilt und mit der Anzahl der volljährigen Personen der Bedarfsgemeinschaft multipliziert.
3.
Von dem für die Bedarfsgemeinschaft ermittelten Wert wird ein Betrag in folgender Höhe vom jeweiligen Mindeststandard nach § 8 Abs. 2 abgezogen:
a)
für jede volljährige Hilfe suchende oder empfangende Person ein Betrag in der Höhe von 25 vH;
…
(3) Die Mietbeihilfenobergrenzen werden pauschal nach Maßgabe der in der Wohnung lebenden Personen und der angemessenen Wohnkosten unter Berücksichtigung weiterer Beihilfen durch Verordnung der Landesregierung festgesetzt.
Anrechnung von Einkommen und sonstigen Ansprüchen
§ 10. (1) Auf den Mindeststandard ist das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen….
(2) Als einkommensmindernd zu berücksichtigen sind Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge, die im Rahmen der gesetzlichen Pflichtversicherung oder bei geringfügiger Beschäftigung geleistet werden.
(3) Nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen sind Zahlungsverpflichtungen, insbesondere in Zusammenhang mit unterhaltsrechtlichen Beziehungen, der zwangsweisen Eintreibung von Schulden (Exekutionen) oder einem Schuldenregulierungsverfahren.
(4) Gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, sind auch dann anzurechnen, wenn die Hilfe suchende Person diese nicht nachhaltig, auch behördlich (gerichtlich) verfolgt, sofern die Geltendmachung weder offenbar aussichtslos noch unzumutbar ist. Dies ist von der unterhaltsberechtigten Person oder ihrer gesetzlichen Vertretung glaubhaft zu machen.
(5) Gesetzliche oder vertragliche und der Höhe nach bestimmte Ansprüche der Hilfe suchenden Person auf Leistungen, die der zumindest teilweisen Deckung der Bedarfe nach § 3 dienen, sind ohne Berücksichtigung eines allfälligen Ruhens oder subjektiven Anspruchsverlusts nach vertraglichen oder gesetzlichen Bestimmungen fiktiv anzurechnen, wenn dies auf ein Verhalten der Hilfe suchenden oder empfangenden Person zurückzuführen ist. Die Bestimmungen des § 15 bleiben davon unberührt.
(6) Von der Anrechnung ausgenommen sind:
1.
Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich und Kinderabsetzbeträge nach § 33 Abs. 3 EStG 1988,
2.
Schmerzensgeld, Entschädigungsleistungen für Opfer, Leistungen des Sozialentschädigungsrechts (Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz, Opferfürsorgegesetz, Heeresentschädigungsgesetz, Verbrechensopfergesetz, Impfschadengesetz, Conterganhilfeleistungsgesetz, Heimopferrentengesetz), sofern es sich nicht um eine einkommensabhängige Rentenleistung mit Mindestsicherungscharakter handelt,
3.
Pflegegeld nach bundesrechtlichen Vorschriften und andere pflegebezogene Geldleistungen, auch bei Dritten, denen diese Geldleistungen als Entgelt für deren Pflegetätigkeit zufließen, sofern die Pflegetätigkeit durch Ehegatte/Ehegattin und deren Kinder, die Eltern, Großeltern, Adoptiv- und Pflegeeltern, Kinder, Enkelkinder, Stiefkinder, Adoptiv- und Pflegekinder, den/die Lebensgefährten/Lebensgefährtin und dessen/deren Kinder, den/die eingetragene/n Partner/in und dessen/deren Kinder sowie Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder und nicht zu Erwerbszwecken, erfolgt,
4.
freiwillige Geldleistungen der freien Wohlfahrtspflege oder Leistungen von Dritten, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, es sei denn diese Leistungen werden bereits für einen ununterbrochenen Zeitraum von vier Monaten gewährt oder erreichen ein Ausmaß, sodass keine Leistungen nach diesem Gesetz mehr erforderlich wären,
5.
Einkünfte, die der Hilfe suchenden Person im Rahmen einer Tagesstruktur oder einer sonstigen therapeutischen Betreuungsmaßnahme als Leistungsanreiz zufließen (therapeutisches Taschengeld), es sei denn, diese überschreiten die Höhe des Taschengeldes gemäß § 17 Abs. 3.
Zunächst darf darauf hingewiesen werden, dass die Beschwerdeführerin von einer „Rückforderung der Leistung der Mindestsicherung“ spricht, sie ist damit im Irrtum, da im Sinne des § 21 WMG nur bereits zu Unrecht empfangene Leistungen seitens der Behörde zurückgefordert werden können. In vorliegendem Fall wurde eine Neubemessung für einen kommenden Zeitraum durchgeführt, deren Überprüfung auf Rechtmäßigkeit Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.
Für die Berechnung der Mindestsicherung ist gemäß § 10 WMG zu prüfen, über welches Einkommen die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verfügen, da Anspruch auf diese Leistung nur derjenige hat, der seinen Mindestbedarf nicht durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter decken kann. Dabei ist gemäß § 10 WMG u.a. auf das Einkommen Bedacht zu nehmen.
Es ist dabei grundsätzlich von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen, der alle Einkünfte des Hilfesuchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihm zufließen (VwGH 28.2.2001, Zl. 98/03/0216; 18.3.2003, Zl. 2001/11/0091).
Aufgrund des der Mindestsicherung zugrunde liegenden Subsidiaritätsprinzips, welches in § 1 Abs. 3 WMG zum Ausdruck gebracht wird, gebühren Leistungen nur dann, wenn der Mindestbedarf nicht durch den Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter gedeckt werden kann (§ 4 Abs. 1 Z 3 WMG).
In § 3 WMG sind jene Bedarfe festgesetzt, welche den Mindeststandard zum Leben und Wohnen sowie bei Krankheit darstellen. Sofern die in § 3 WMG definierten Bedarfe nicht durch den Einsatz von Arbeitskraft, eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abgedeckt werden können, ist grundsätzlich - bei Vorliegen aller geforderten Anspruchsvoraussetzungen - Hilfebedürftigkeit und, daraus resultierend, ein Anspruch auf eine Unterstützungsleistung gegeben.
Gemäß § 10 Abs. 1 WMG ist auf den Mindeststandard das Einkommen der Person, für die der jeweilige Mindeststandard gilt, anzurechnen, sofern keine Ausnahme von der Anrechnung gemäß Abs. 6 zu erfolgen hat. Gemäß § 12 WMG ist auf die Summe der Mindeststandards das verwertbare Vermögen von anspruchsberechtigten Personen der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen.
Daraus resultiert, dass sich die Höhe der zu gewährenden Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung am jeweiligen tatsächlich bestehenden Bedarf orientiert, also daran, wie hoch die jeweilige Bemessungsgrundlage der Antragstellerin gemäß § 8 WMG iVm § 1 WMG-VO ist und welche eigenen Mittel (Einkünfte und Vermögen), welche der Anrechnung gemäß § 10 ff WMG unterliegen, der Antragstellerin im jeweiligen Zeitraum, für welchen diese Leistungen geltend macht, zur Verfügung stehen.
Zum Einkommensbegriff des WMG:
Zunächst ist festzuhalten, dass das WMG zwar die Berücksichtigung des Einkommens bei der Leistungsbemessung anordnet (§ 10 WMG; vgl. oben), jedoch keinerlei Legaldefinition des Einkommensbegriffs kennt. Die Materialien zum WMG äußern sich diesbezüglich ebenfalls nicht.
§ 4 Abs. 1 Z 3 WMG legt für die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen fest, dass diese u.a. nur dann gegeben sein können, wenn der Bedarf gemäß § 3 WMG nicht durch Einsatz der Arbeitskraft, eigenen Mitteln oder durch Leistungen Dritter abgedeckt werden kann. Auch § 1 Abs. 3 WMG ordnet die Subsidiarität von Leistungen der Mindestsicherung gegenüber einer Mindestbedarfsdeckung durch Einsatz eigener Arbeitskraft, eigener Mittel oder Leistungen Dritter an. Einsatz der Arbeitskraft ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Hilfe suchende oder empfangende Person eine zumutbare Beschäftigung annimmt und ausübt (vgl. § 14 Abs. 1 WMG). Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass das „Einkommen“ zumindest all jene Leistungen sind, welche der Beschwerdeführerin aufgrund Einsatzes der Arbeitskraft tatsächlich zufließen.
Diesbezüglich kann auch im Wege einer historischen Interpretation auf das Einkommensteuergesetz 1988 (EStG), BGBl. Nr. 400/1988 in der zum Zeitpunkt der Erlassung des WMG durch LGBl. Nr. 38/2010 in Geltung stehenden Fassung BGBl. Nr. 81/2010, zurückgegriffen werden, welches in seinem § 2 Abs. 2 normiert, dass steuerrechtlich relevantes Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten, nämlich
1.
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 21),
2.
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22),
3.
Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23),
4.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25),
5.
Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 27),
6.
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28),
7.
sonstige Einkünfte im Sinne des § 29,
nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35 EStG) sowie der Freibeträge nach den §§ 105 und 106a EStG, ist.
Dass das WMG jedoch darüber hinausgehend auch noch andere Arten von „Einkommen“ als jenes, welches aufgrund Erwerbstätigkeit zufließt, kennt, kann aus einer systematischen Gesamtbetrachtung des WMG geschlossen werden, zumal beispielsweise § 24 WMG einen Kostenersatz für Einkommen, „welches nicht aus eigener Erwerbstätigkeit stammt“, anordnet. Aber auch anhand des Begriffs „eigene Mittel“, welche jedenfalls bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu berücksichtigen sind, kann nur – unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsgedankens des WMG und anhand des vom Gesetzgeber gewünschten Zwecks der Sicherung des Mindestbedarfs - davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um jegliche der Hilfe suchenden Person zufließende Einkünfte („umfassender Einkommensbegriff im Sozialhilferecht“, u.a. VwGH 23.05.2002, 98/03/0164; 18.03.2003, 2001/11/0091) bzw. vorhandenes Vermögen handeln muss.
Der Begriff der „eigenen Mittel“ ist im Sinne des WMG daher als Überbegriff für alle Arten von zufließenden Einkünften (egal aus welcher Quelle dieses entspringt; vgl. oben – umfassender Einkommensbegriff) sowie vorhandenem Vermögen zu verstehen.
Bei der Bemessung der Mindestsicherung ist, wie bereits festgestellt, von einem umfassenden Einkommensbegriff auszugehen, der grundsätzlich alle Einkünfte der Hilfesuchenden umfasst, gleichgültig aus welchem Titel sie ihr zufließen (vgl. VwGH 14.5.2007, 2005/10/0189, VwGH 9.9.2009, 2006/10/0260). Von diesem weitgefassten Einkommensbegriff sind lediglich die im § 10 Abs. 6 WMG taxativ angeführten Einkünfte von der Anrechnung ausgenommen.
Die Beschwerdeführerin führt an, dass es sich bei dem erhaltenen Geld in Höhe von € 760,- „um eine Vergütung einer musikalischen Komposition für ein Video“ handle. Sie meint weiter, „die Summe überschreitet nicht das erlaubte Schonvermögen von 4000€“. Hier werden die Begriffe „Einkommen“ und „Vermögen“ vermischt. Bei dem am 5.3.2019 in Rechnung gestellten Betrag von € 760,- handelt es sich eindeutig um ein Einkommen im Monat März, dass im April laut Zuflußprinzip bei der Bemessung der zustehenden Leistung aus der Mindestsicherung zu berücksichtigen ist. Dieses Einkommen ist somit kein Vermögen im Sinne des § 12 WMG und fällt daher auch nicht unter den Vermögensfreibetrag.
Das Einkommen der Rechtsmittelwerberin (€ 760,-) ist an Hand der vorgelegten Rechnung vom 5.3.2019 (Musik für Video (Komposition, Arrangement, Bearbeitung) bei der Berechnung der Leistungsansprüche zu berücksichtigen.
Unter Einkommen im Sinne des WMG sind, wie bereits ausgeführt, alle Geldzuflüsse zu werten. Wenn die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, dass sie diese Einkünfte zur Begleichung ihrer Privatschulden verwendet, ist sie darauf hinzuweisen, dass Zahlungsverpflichtungen (Rückzahlung) bei der Bemessung nicht als einkommensmindernd zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 3 WMG) sind.
Die Überprüfung der im gegenständlich angefochtenen Bescheid für den Zeitraum vom 1.4.2019 bis 30.4.2019 zuerkannten Leistung der Mindestsicherung (inkl. Mietbeihilfe) unter Zugrundelegung des Einkommens von Frau B. ergab, dass die zuerkannten Leistungen der Höhe nach zu Recht erfolgten.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Bedarfsorientierte Mindestsicherung; Mindestbedarf; Einkommensbegriff; Interpretation; Einsatz eigener Arbeitskraft; eigene Mittel; zufließende EinkünfteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.242.025.RP16.5564.2019Zuletzt aktualisiert am
08.08.2019