Entscheidungsdatum
13.05.2019Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §31 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 07.08.2018, Zl *****, betreffend Maßnahmen nach dem Wasserrechtsgesetz,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Anordnung zur Entleerung des Festmistlagers rechtmäßig war. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer zur Durchführung nachstehender Maßnahmen verpflichtet.
Die Bezirkshauptmannschaft Y als zuständige Behörde gemäß § 98 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.F. BGBl. I. Nr. 58/2017 (kurz: WRG 1959) trägt Herrn AA, Adresse 2, X als Betreiber des auf GStrNr. **1, KG W bestehenden Mistlagers gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 folgende Maßnahmen auf:
1) Das Mistlager und die eventuell vorhandene Güllegrube sind unverzüglich zu entleeren und der Inhalt ist entsprechend den geltenden landwirtschaftlichen Gesetzen und Richtlinien auf geeigneten Flächen aufzubringen bzw. entsprechend den abfallrechtlichen Bestimmungen zu entsorgen.
2) Bis zur Herstellung eines dem Aktionsprogramm Nitrat 2012 bzw. dem ÖKL-Merkblatt 25 entsprechenden Mistlager samt Güllegrube darf die gegenständliche Düngerlagerstätte nicht mehr betrieben werden.
3) Die Güllegrube ist entsprechen ÖNORM 2503 (2017) auf Dichtheit hin zu überprüfen.
4) Nach Herstellung einer der oben angeführten Normen und Richtlinien entsprechenden Düngerlagerstätte sind der Behörde zusammen mit der Fertigstellungsmeldung Lichtbilder sowie das Protokoll der Dichtheitsprüfung unaufgefordert zu übermitteln.
5) Das Mistlager sollte unverzüglich von einem landwirtschaftlichen Sachverständigen gesichtet werden und bis spätestens Ende August 2018 ist ein Einreichprojekt eines dem Stand der Technik entsprechenden Mistlagers samt Güllegrube bei der Gemeinde W zur baurechtlichen Bewilligung einzureichen. Selbiges Projekt ist auch der Behörde unaufgefordert zur Kenntnis zu bringen
6) Als unmittelbare Sofortmaßnahme ist dafür Sorge zu tragen, dass kein Mistlagermaterial mehr auf die Gemeindestraße abrinnen kann.
7) Die Bauarbeiten sind bis spätestens zum 31.10.2018 abzuschließen.“
Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde in welcher zusammenfassend ausgeführt wird, dass die Vorschreibungen überzogen seien. Es sei entgegen den Feststellungen des Sachverständigen sehr wohl eine entsprechende Güllegrube vorhanden. Die Anlage werde im Pachtwege bewirtschaftet, wobei dies nur noch bis Frühjahr 2019 erfolge. Der Beschwerdeführer habe bereits mit dem Neubau eines neuen Wirtschaftsgebäudes begonnen. Dort würden die Rinder seines Betriebes ab dem Jahr 2019 eingestellt werden. Die vorhandene Mistlagerstätte und die ebenfalls vorhandene Güllegrube sei für den dort gehaltenen Viehstand ausreichend dimensioniert. Die Ursache der Verunreinigung der Gemeindestraße sei in einem technischen Gebrechen gelegen. Die Dichtheit der Güllegrube sei von ihm selbst überprüft worden. Aus seinen Messungen habe eine Undichtheit nicht abgeleitet werden können.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat daraufhin am 24.01.2019 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Bei der Verhandlung anwesend waren neben dem Beschwerdeführer auch der vom Landesverwaltungsgericht Tirol bestellte wasserfachliche Amtssachverständige.
II. Sachverhalt:
Der belangten Behörde wurde durch eine anonyme Nachricht am 19.06.2018 ein angeblicher Missstand, nämlich ein Gülleaustritt aus einem Stall in W mitgeteilt. Bei einem Lokalaugenschein des damit befassten wasserfachlichen Amtssachverständigen konnte festgestellt werden, dass das Mistlager überfüllt war, weshalb ein überborden bzw ein Abrinnen des Inhaltes in das anstehende Gelände erfolgt ist. Über das zur Gemeindestraße hin abfallende Gelände wurde, so die Feststellungen des Amtssachverständigen, bei jedem Regenereignis ein Teil des Festmistes verflüssigt und in Richtung der Gemeindestraße verfrachtet, wo das Material wiederum über einen bestehenden Straßeneinlauf in einen öffentlichen Regenwasserkanal eingebracht wurde. Dieser Kanal entwässert in weiterer Folge in den CC als Vorfluter. Bei der vom Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass ein direkter Eintrag von Mist bzw ausgeschwemmtem Mist auf die Straße nicht festgestellt werden konnte. Weiters wurde bei der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sich die Güllegrube nicht direkt unter der Mistlagerstätte befindet, sondern über eine Ableitung neben dieser.
Bei der mündlichen Verhandlung konnte aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers weiters geklärt werden, dass das Festmistlager mittlerweile im Wesentlichen geleert war. Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, nämlich des Umstandes, dass ein neues Wirtschaftsgebäude errichtet wurde und dieses Mistlager nur noch für eine Übergangszeit in Verwendung stand – welches im Übrigen auch nicht im Eigentum des Beschwerdeführers gestanden ist, sondern von diesem lediglich angepachtet wurde – wurde vom wasserfachlichen Sachverständigen darauf hingewiesen, dass es keiner weiteren Maßnahmen bedarf, wenn das Lager tatsächlich weiterhin nur bis zur Hälfte befüllt wird. Eine neuerliche Nachschau durch den wasserfachlichen Amtssachverständigen am 09.05.2019 hat ergeben, dass das Festmistlager tatsächlich nur bis ca 30 bis 40 cm unterhalb der Oberkante der Umfassungsmauer befüllt war, weshalb ein überborden auch bei einem Regenereignis ausgeschlossen werden kann. Die vom Festmistlager baulich getrennte Güllegrube auf der Parzelle Gp **2 wies einen praktisch entleerten Zustand auf. Aufgrund dieser Umstände hat der Amtssachverständige ausgeführt, dass weiterführende Maßnahmen bzw Vorschreibungen nicht mehr erforderlich sind.
III. Beweiswürdigung:
Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde, der Aussage des Beschwerdeführers und den Feststellungen des wasserfachlichen Amtssachverständigen.
IV. Rechtslage:
§ 31
„Allgemeine Sorge für die Reinhaltung.
(1) Jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, hat mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
(2) Tritt dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, hat der nach Abs. 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächst Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen. Bei Tankfahrzeugunfällen hat der Lenker, sofern dieser hiezu nicht oder nicht allein in der Lage ist auch der Beifahrer, die erforderlichen Sofortmaßnahmen im Sinne der Betriebsanweisung für Tankfahrzeuge zu treffen. Die Verständigungs- und Hilfeleistungspflicht nach anderen Verwaltungsvorschriften, wie vor allem nach der Straßenverkehrsordnung, wird dadurch nicht berührt. Sind außer den Sofortmaßnahmen weitere Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich, so ist zu ihrer Durchführung der Halter des Tankfahrzeuges verpflichtet.
(3) Wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, so hat die Wasserrechtsbehörde, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen – soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden – unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.
…“
V. Erwägungen:
Zur Abweisung der Beschwerde dahingehend, dass der Auftrag auf Entleerung des Festmistlagers bestätigt wurde wird festgehalten, dass die Erfüllung des wasserpolizeilichen Auftrages während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht nicht als relevante Änderung des Sachverhalts zu beurteilen ist (vgl dazu etwa VwGH 29.09.2016, Ra 2016/07/0057). Vor diesem Hintergrund war die Beschwerde in diesem Umfang abzuweisen, wenngleich aufgrund der aktuellen Feststellungen des wasserfachlichen Amtssachverständigen diesbezüglich keine weiteren Schritte durch den Beschwerdeführer erforderlich sind.
Zu den weiteren Vorschreibungen wird festgehalten, dass sich diese aufgrund der geänderten tatsächlichen Verhältnisse als obsolet erweisen. Im Übrigen konnte im Verfahren geklärt werde, dass sehr wohl eine Güllegrube vorliegt, welche allerdings aufgrund ihrer Situierung an einer anderen Stelle als unterhalb des Festmistlagers bei der ersten Begutachtung durch den Amtssachverständigen nicht überprüft werden konnte. Insgesamt hat sich aufgrund der nunmehr gegebenen Situation keine Erforderlichkeit zur weiteren Veranlassung bzw Vorschreibung von Maßnahmen ergeben, wie sich das auch ausdrücklich aus dem bei der mündlichen Verhandlung erörterten Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen ergibt. Dass das Festmistlager jedenfalls nicht überfüllt werden darf, ergibt sich bereits aus der Verpflichtung des Anlagenbetriebes durch § 31 Abs 1 WRG 1959 und war diesbezüglich eine gesonderte Vorschreibung nicht erforderlich.
Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass mit dem derzeit erzielten Stand ohne weitere Änderung weitere Maßnahmen durch den Beschwerdeführer nicht gesetzt werden müssen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So handelt es sich im vorliegenden Fall im Wesentlichen um eine Sachverhaltsfrage und nicht um eine Rechtsfrage.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
Wasserpolizeilicher Auftrag;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.15.2587.5Zuletzt aktualisiert am
08.08.2019