TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 98/04/0033

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1994 §82 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der A-Gesellschaft in W, vertreten durch Dr. R u.a., Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Jänner 1998, Zl. 311.667/2-III/A/2a/97, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 19. Jänner 1998 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Antrag der Beschwerdeführerin vom 24. Jänner 1990 um gewerbebehördliche Bewilligung der Änderung ihrer bestehenden Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort durch die Aufstellung von drei weiteren oberirdischen Lagerbehältern ab. Zur Begründung führte er aus, das gegenständliche Ansuchen sei mit erstinstanzlichem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 14. Dezember 1990 abgewiesen worden. Dagegen habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben. Der dazu ergangene Berufungsbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. Dezember 1991 sei mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1993, Zl. B 282/92-12, im wesentlichen mit der Begründung behoben worden, daß die Anwendung von Bestimmungen der Niederösterreichischen Mineralölordnung im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren ausgeschlossen sei. Vielmehr wären die Bestimmungen der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF) anzuwenden. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten habe daraufhin mit Datum vom 29. November 1994 einen Ersatzbescheid erlassen, mit dem der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen worden sei. Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 15. März 1996 sei nach Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der gegenständlichen Genehmigung wiederum keine Folge gegeben worden. In der Begründung dieses Bescheides des Landeshauptmannes werde ausgeführt, daß die Aufstellung in einer bestehenden Wanne geplant gewesen wäre, in der sich bereits zwei stehende zylindrische Behälter mit je 1 Mio Liter brennbaren Flüssigkeiten der Gefahrenklasse I befänden. An der Nordwestecke der Auffangwanne befände sich das Bürogebäude. Die Auffangwanne habe einen Abstand von 12 m bis zur Böschungskante des Donauufers im Süden und von 31 m zur nördlichen Grundstücksgrenze bzw. der dortigen Straße. Östlich grenze unmittelbar an die Wanne das Betriebsgebiet eines anderen Unternehmens an. Weiters werde in dem Bescheid des Landeshauptmannes ausgeführt, daß der seitliche Abstand der Lagerung zur Außenwand der Auffangwanne 1,5 m betrage und diese Wanne unmittelbar an eine Auffangwanne des genannten anderen Unternehmens angrenze. Weiters werde in dem Bescheid angeführt, daß entsprechend den Bestimmungen der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten das in Rede stehende Projekt mangels einer dem § 90 VbF entsprechenden Schutzzone abzuweisen sei. Der Landeshauptmann habe in Erwiderung eines entsprechenden Vorbringens der Beschwerdeführerin ferner ausgeführt, daß § 92 Abs. 1 VbF, der die Errichtung einer gemeinsamen Schutzzone für mehrere Lagerstätten gestatte, insofern nicht anzuwenden sei, als sich diese Bestimmung lediglich auf "Zusammenlagerungen" in einer Betriebsanlage beziehe. Die Anwendung des § 92 VbF auf den in Rede stehenden Sachverhalt hätte zur Folge, daß die Beschwerdeführerin verpflichtet wäre, eine gemeinsame Schutzzone mit dem anderen Unternehmen einzurichten, ohne daß für sie die Möglichkeit bestünde, für eine dauernde Erhaltung der Schutzzone Sorge zu tragen. Darüber hinaus könne das andere Unternehmen im vorliegenden Verfahren zur Einrichtung der Schutzzone nicht verhalten werden, da die Gewerbeordnung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren eine Verpflichtung von Dritten durch Vorschreibung von Auflagen nicht kenne. Im Bescheid des Landeshauptmannes werde zur Frage der Anwendbarkeit der VbF ausgeführt, daß im § 124 Abs. 1 dieser Norm die Anwendung der §§ 87 bis 97 für bereits genehmigte Anlagen ausgeschlossen sei, im vorliegenden Fall allerdings auf Grund der Vergrößerung des Tanklagers eine genehmigungspflichtige Änderung vorgenommen werden solle. Diese Änderung habe zur Folge, daß § 124 Abs. 1 dieser Verordnung auf die neuen, noch nicht genehmigten Lagebehälter nicht anzuwenden sei. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben. Nach Darstellung des Ganges des weiteren Berufungsverfahrens führt der Bundesminister zunächst in Erwiderung eines diesbezüglichen Vorbringens der Beschwerdeführerin aus, die Behörde erster Instanz habe zugegebenermaßen entgegen der Begründung des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. November 1994, aber quasi als Vorfrage, die Vereinbarkeit des eingereichten Projektes mit den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen der VbF geprüft und sei dabei zu einem negativen Ergebnis gelangt. Dieses Ergebnis werde von der Berufungsbehörde sowohl in technischer als auch in rechtlicher Hinsicht geteilt, sodaß aus Sicht der Berufungsbehörde keine formelle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides gegeben sei. Es könne auch der Berufungsbehörde nicht verwehrt sein, auf Grund der schlüssigen und nachvollziehbaren Argumentation im erstbehördlichen Bescheid und der zum gleichen Ergebnis kommenden gewerbetechnischen Begutachtung durch den Sachverständigen der Berufungsbehörde ihre Rechtsauffassung zu ändern. Dem entscheidungswesentlichen Inhalt des Bescheides des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. November 1994, wie er sich aus dem Spruch dieses Bescheides ergebe, nämlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides, habe der Landeshauptmann von Niederösterreich durch den erstbehördlichen Bescheid vom 15. März 1996 und der vorangegangenen Augenscheinsverhandlung vom 31. Juli 1995 entsprochen, sodaß auch diesbezüglich die Beschwerdeführerin keineswegs in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten aus dem vorangegangenen Berufungsbescheid verletzt sein könne. Es stehe außer Zweifel, daß die Beschwerdeführerin und das genannte, an die in Rede stehende Betriebsanlage angrenzende Unternehmen zwei voneinander verschiedene Rechtssubjekte seien und auch nicht gemeinsam die gegenständliche Betriebsanlage betrieben. Es stehe der Beschwerdeführerin jedoch frei, sich mit dem anderen Unternehmen zu fusionieren und hiedurch Personenidentität zu schaffen. In der gegenständlichen Situation stelle jedoch die Betriebsanlage dieses Unternehmens eine "betriebsfremde Fläche" dar, auch wenn derselbe Betriebszweck, nämlich die Lagerung brennbarer Flüssigkeiten, verfolgt werde, sodaß § 90 zweiter Satz VbF von der Behörde erster Instanz zu Recht angewendet worden sei. Wie auch schon der gewerbetechnische Sachverständige der Berufungsbehörde festgestellt habe, würde das Betreiben einer gemeinsamen Schutzzone im Sinne des § 92 Abs. 1 VbF das Betreiben einer gemeinsamen Betriebsanlage voraussetzen, was unbestrittenermaßen im vorliegenden Fall nicht gegeben sei. Dieser gewerbetechnische Sachverständige habe auch dargestellt, daß die Erweiterung der Lagerkapazität um 330.000 Liter jedenfalls eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage im Sinne des § 81 GewO 1994 darstelle. Ob diese Änderung in Anbetracht der genehmigten Gesamtlagerkapazität der Betriebsanlage von 17,750.000 Liter geringfügig sei oder nicht, sei rechtlich ohne Bedeutung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte, ohne eine Gegenschrift zu erstatten, die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren Rechten wie folgt verletzt:

"Durch den angefochtenen Bescheid sind wir in unserem Recht auf Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage (oder Ausspruch dahingehend, daß wegen Geringfügigkeit eine solche Genehmigung nicht erforderlich ist) nach den Bestimmungen der GewO (insbesondere § 81), sowie der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten - VbF, BGBl. Nr. 240/1991 (insbesondere § 92) unter Beachtung der Bindungswirkung einer vorangegangenen Berufungsentscheidung gemäß den Bestimmungen des AVG (insbesondere § 66) durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 37, 39, 58, 60 AVG) verletzt".

In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, es sei davon auszugehen, daß alle sonstigen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung einschließlich des Schutzzonenerfordernisses als erfüllt anzusehen seien, wenn im Sinne des § 92 VbF von einer Zusammengehörigkeit ihrer Lagerstätte mit der Lagerstätte des benachbarten Unternehmens, welches ein hundertprozentiges Tochterunternehmen sei, auszugehen sei. Die Bescheidbegründung zum Einwand der Beschwerdeführerin, daß nur eine geringfügige Änderung eingetreten sei, sei unzureichend. Hätte sich die belangte Behörde in erforderlicher Weise damit auseinandergesetzt, so wäre sie zum Ergebnis gelangt, daß die einschlägigen Schutzzwecke im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO durch die Änderung die einschlägigen Schutzzwecke nicht berührt würden, weil die Tatsache, daß eine Lagermengenvermehrung von lediglich 1,7 % eintrete, jede relevante Auswirkung ausschließe. Wären die weiteren Erhebungen, wie sie im Aufhebungsbescheid der belangten Behörde der Erstbehörde aufgetragen worden seien, durchgeführt worden, so hätte sich ergeben, daß auch im Bezug auf Nachbarn bzw. in gesundheitlicher Hinsicht sowie überhaupt zentralen denkbaren Aspekten keine Einwände oder Bedenken gegen eine stattgebende Entscheidung bestünden. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, es müsse ihr unbenommen sein, ihre Rechtsauffassung in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Behörde dahingehend zu ändern, daß schon wegen Nichterfüllung des Schutzzonenerfordernisses abschlägig zu entscheiden sei, sei verfehlt. Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien sowohl die Unterbehörden als auch die Berufungsbehörde selbst, ja selbst die Höchstgerichte an die in einem Aufhebungsbescheid geäußerte Rechtsansicht gebunden. Der gegenständliche Aufhebungsbescheid habe ganz klar abgegrenzt, welche Fragen noch zu klären seien. Der erstinstanzlichen Behörde sei es nicht freigestanden, davon abweichende rechtliche Überlegungen einzubeziehen. Die Schutzzonenfrage sei der zentrale Gegenstand des bis dahin abgeführten Verfahrens gewesen. Dadurch, daß die belangte Behörde in dem Aufhebungsbescheid der Unterbehörde den Auftrag erteilt habe, nur noch andere Fragen zu prüfen, habe sie ausreichend deutlich gemacht, daß eine neuerliche abschlägige Entscheidung wegen Verneinung des Schutzzonenerfordernisses der erstinstanzlichen Behörde nicht mehr freigestanden sei. Die Schutzzonenfrage sei auch nicht, wie offenbar von der belangten Behörde vertreten, nicht eine solche, die vom technischen Sachverständigen zu lösen sei, sondern es handle sich dabei um eine Rechtsfrage. Davon abgesehen finde sich für die Auslegung der belangten Behörde, bei der Beurteilung, ob eine ausreichende Schutzzone gegeben sei, sei auf die Gegebenheiten im angrenzenden Betriebsgebiet nicht Bedacht zu nehmen im Wortlaut des § 92 VbF kein Anhaltspunkt. Dort werde nämlich auf das Vorhandensein von "zwei oder mehr als zwei nebeneinanderliegenden Lagerstätten" abgestellt, ohne daß auf die Eigentumsfrage auch nur in irgendeiner Weise Bezug genommen werde. Der Versuch, mit § 90 VbF zu argumentieren, sei (aus näher dargestellten Gründen) rechtlich verfehlt.

In dem bereits mehrfach erwähnten Aufhebungsbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. November 1994 wird zur Begründung zunächst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1993 verwiesen, wonach die (im dort angefochtenen Bescheid erfolgte) Heranziehung von Bestimmungen der niederösterreichischen Mineralölordnung im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren ausgeschlossen sei. Vielmehr wären nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes die Bestimmungen der Verordnungen über brennbare Flüssigkeiten anzuwenden. Daran anschließend wird in der Begründung dieses Bescheides nach Darstellung des Inhaltes des § 66 Abs. 2 AVG folgendes ausgeführt:

"Im gegenständlichen Fall ist das Verfahren erster Instanz insofern mangelhaft, als bei der am 20.8.1990 durchgeführten Verhandlung zwar Gutachten des gewerbetechnischen und des brandschutztechnischen Sachverständigen eingeholt wurden, welche aber insofern unvollständig sind, als sie sich nicht mit den Einwendungen der Nachbarn hinsichtlich Geruchsbelästigungen auseinandersetzen. Weiters ist in diesem Verfahren kein Gutachten eines Sachverständigen auf dem Gebiete des Gesundheitswesens eingeholt worden.

Die Feststellung ob die (sachverhaltsbezogenen) Voraussetzungen für die Erteilung einer Genehmigung nach § 81 GewO 1994 vorliegen, ist regelmäßig Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der Gewerbetechnik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens (so schon Verwaltungsgerichtshof vom 28. Oktober 1958, Zl. 175/65, Verwaltungsgerichtshof vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0150; Verwaltungsgerichtshof vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/04/0250 u.v.a.m.).

...

Da die Bedeutung der gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 zwingend vorgeschriebenen Abhaltung einer Augenscheinsverhandlung vor allem in der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes und der Gelegenheit zur Erhebung von Einwendungen durch die Nachbarn und der damit verbundenen Präklusionswirkung liegt, ist in diesem Fall die Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens nach Ergänzung des Gutachtens des gewerbetechnischen Amtssachverständigen im Rahmen einer neuerlichen mündlichen Verhandlung notwendig. Daher war spruchgemäß zu entscheiden."

Der Verwaltungsgerichtshof kann in diesen Ausführungen der Berufungsbehörde eine die Unterbehörden und in der Folge auch sie selbst bindende Äußerung einer Rechtsansicht dahin, daß die Erfüllung der Voraussetzungen der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen sei (oder von vornherein als gegeben anzunehmen sei), nicht erkennen. Der Umstand allein, daß in den im Aufhebungsbeschluß der Unterbehörde erteilten Aufträgen auf die in der genannten Verordnung normierten Tatbestandsvoraussetzungen nicht Bedacht genommen wird, läßt schon deshalb eine solche Auslegung nicht zu, weil in der Begründung dieses Bescheides - unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes - ausdrücklich ausgeführt wird, es seien im vorliegenden Fall die Bestimmungen der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten anzuwenden.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich daher der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, es sei als Ausfluß einer Bindung an den genannten Aufhebungsbescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 24. November 1994 im vorliegenden Fall von der Erfüllung des Schutzzonenerfordernisses nach der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten auszugehen, nicht anzuschließen.

Die Beschwerde erweist sich aber auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt:

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 82 Abs. 1 GewO 1994 hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie durch Verordnung für genehmigungspflichtige Arten von Anlagen die nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zum Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen und zur Vermeidung von Belastungen der Umwelt (§ 69 a) erforderlichen näheren Vorschriften über die Bauart, die Betriebsweise, die Ausstattung oder das zulässige Ausmaß der Emissionen von Anlagen oder Anlagenteilen zu erlassen.

Wie sich aus § 81 Abs. 1 GewO 1994 zweifelsfrei ergibt, bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten gewerblichen Betriebsanlage einer behördlichen Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 leg. cit. umschriebenen Interessen zu berühren. Betrifft eine derartige Änderung eine Betriebsanlage, auf die eine nach § 82 Abs. 1 leg. cit. erlassene Verordnung anzuwenden ist, so ist mit Rücksicht auf den sich aus § 82 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 ergebenden Zweck einer nach dieser Bestimmung erlassenen Verordnung die Genehmigungspflicht dieser Änderung schon dann gegeben, wenn die Betriebsanlage in ihrer geänderten Form und als Folge der Änderung den Anforderungen dieser Verordnung nicht mehr entspricht.

Für Betriebsanlagen der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Art erging u. a. in Ausführung der Bestimmung des § 82 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1973 in der (bis jetzt inhaltlich unverändert gebliebenen) Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz und des Bundesministers für Arbeit und Soziales über Lagerung und Abfüllung brennbarer Flüssigkeiten (VbF), BGBl. Nr. 240/1991. Nach § 85 Abs. 1 dieser Verordnung müssen, wenn die Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten im Freien in einwandigen oberirdischen Lagerbehältern oder in einwandigen ortsveränderlichen Behältern erfolgt, die Behälter in Auffangwannen aufgestellt sein. Nach dem Abs. 2 dieser Norm muß die Auffangwanne die höchstzulässige Lagermenge an brennbarer Flüssigkeit nur dann zur Gänze aufnehmen können, wenn die Lagerung in einem einzigen oberirdischen Lagerbehälter erfolgt; bei einer Lagerung in mehreren oberirdischen Lagerbehältern muß die Auffangwanne die höchstzulässige Lagermenge des größten Lagerbehälters, mindestens jedoch 75 v. H. der höchstzulässigen gesamten Lagermenge aufnehmen können.

Gemäß § 87 Abs. 3 Z. 1 VbF ist die Breite der Schutzzone bei einer oberirdischen Lagerung brennbarer Flüssigkeiten in ortsveränderlichen Behältern und in einwandigen Lagerbehältern von der Begrenzung der erforderlichen Auffangwanne an zu messen.

Gemäß § 88 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung richtet sich die Breite der erforderlichen Schutzzone nach der Menge der gelagerten brennbaren Flüssigkeiten, wobei die höchste der vorgesehenen Schutzzonenbreiten, nämlich jene von 30 m, bereits ab einer Lagermenge von 500.000 Liter vorgesehen ist.

Mit Rücksicht auf diesen Inhalt der genannten Verordnung vermag der Verwaltungsgerichtshof aus dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht von vornherein zu erkennen, daß entweder im Hinblick auf die Bestimmung des § 82 Abs. 1 GewO 1994 oder auf sonstige Umstände durch die verfahrensgegenständliche Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage die Interessen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 berührt werden könnten und deshalb die Genehmigungspflicht dieser Änderung im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1994 gegeben ist. Insbesondere ist auf Grund des festgestellten Sachverhaltes nicht auszuschließen, daß die vorhandene Auffangwanne auch noch nach durchgeführter Änderung der Betriebsanlage den Anforderungen des § 85 Abs. 1 und 2 der zitierten Verordnung entspricht. Sollte die in Rede stehende Änderung der Betriebsanlage aber keine Änderung an der bestehenden Auffangwanne erforderlich machen, so würden dadurch auch die Anforderungen an die nach § 87 Abs. 3 Z. 1 der zitierten Verordnung von der Begrenzung der erforderlichen Auffangwanne an zu messende Schutzzone nicht berührt.

Um unter diesen Umständen die Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Änderung der Betriebsanlage der Beschwerdeführerin bejahen zu können, hätte es daher weiterer konkreter Sachverhaltsfeststellungen bedurft, aus denen sich ergibt, daß entweder die Betriebsanlage in ihrer geänderten Form nicht mehr den Anforderungen der zitierten Verordnung entspricht oder aus anderen Gründen die Interessen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 gefährdet sein könnten. Die nicht weiter begründete Aussage eines gewerbetechnischen Sachverständigen reicht hiefür jedenfalls nicht aus.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040033.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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