Entscheidungsdatum
21.05.2019Index
32/02 Steuern vom Einkommen und ErtragNorm
KommStG 1993 §14 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Kantner über die Beschwerde der AA-GmbH, Adresse 1, Z, vertreten durch BB-GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Adresse 2, Z, gegen den Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 19.11.2018, *****, AbgabenNr *****, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 19.11.2018, *****, AbgabenNr *****, wurde gemäß § 111 BAO über die AA-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer CC, eine Zwangsstrafe in Höhe von Euro 200,00 verhängt.
Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Partei durch ihre ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die Gemeinden zur Durchführung einer Kommunalsteuerprüfung seit dem zweiten Abgabenänderungsgesetz 2002 nicht mehr zuständig seien. Aufgrund der Verhängung der Zwangsstrafe sei die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung nach Art 7 B-VG und auf den gesetzlichen Richter nach Art 83 B-VG verletzt. Der angefochtene Bescheid verstoße gegen § 14 Kommunalsteuergesetz und sei ersatzlos aufzuheben. Eine Nachschau im Zusammenhang mit der Kommunalsteuer sei lediglich auf eine kursorische Prüfung begrenzt, nämlich ob alle Dienstnehmer angemeldet sind und in einer fachkundig geführten Lohnverrechnung erfasst würden. Die Prüfung, ob alle lohnabhängigen Abgaben richtig erfasst worden seien, sei dagegen als Kommunalsteuerprüfung im Sinn des § 14 Kommunalsteuergesetz zu werten und sei eine diesbezügliche Prüfung ausschließlich dem Finanzamt oder dem Sozialversicherungsträger vorbehalten. Der Verwaltungsgerichtshof habe zwar in seinem Erkenntnis vom 07.07.2011, 2009/15/0023, ein Recht der Gemeinden zur Nachschau nach § 14 Abs 1 Kommunalsteuergesetz bejaht, zu diesem Zeitpunkt seien jedoch die Abgabenverfahrensgesetze der Bundesländer noch in Kraft gewesen. Aus dieser Entscheidung lasse sich sohin keine Kompetenz der Gemeinden zur Kommunalsteuerprüfung ableiten.
Mit 31.12.2009 seien die Landesabgabenordnungen außer Kraft getreten und gelte ab 01.01.2010 ausschließlich die BAO für die jeweiligen Landes- und Gemeindeabgaben. Die statische Verweisung des § 14 Abs 1 Kommunalsteuergesetz auf eine Nachschau nach den Landesabgabenordnungen der Bundesländer schließe ein Nachschaurecht der Gemeinden nach § 144 BAO aus. Diese wortgetreue Auslegung werde durch teleologische und verfassungsrechtlich Überlegungen bestätigt, eine Außenprüfung nach § 147 BAO schließe als umfassende Prüfung „aller für die Erhebung von Abgaben bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse (Außenprüfung)“ ein Recht auf Nachschau gemäß § 144 BAO ein. Eine doppelte Prüfung solle nach dem klaren Gesetzestext und –zweck jedoch vermieden werden. Eine konkurrierende Zuständigkeit im behördlichen Recht, Nachschau zu halten, verstoße ebenso gegen das Verbot der behördlichen Doppel- und Mehrfachzuständigkeiten nach dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art 83 Abs 2 B-VG.
§ 14 Kommunalsteuergesetz ziele auf eine Vermeidung von Doppel- und Mehrfachprüfungen der Lohnverrechnung ab. Eine Kommunalsteuerprüfung nach Belieben der Gemeinden widerspreche der im § 14 Abs 1 Kommunalsteuergesetz ausdrücklich verankerten ausschließlichen Prüfungskompetenz der GPLA. Eine Prüfung durch die Gemeinden stelle sohin Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ohne gesetzliche Grundlage und ohne gesetzliche Zuständigkeit dar und würde daher die betreffenden Personen in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzen.
In diesem Zusammenhang seien die konkurrierenden Zuständigkeiten zwischen den Gemeinden und der GPLA nach Art 140 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben. Dies umso mehr, als sich die Gemeinde in der Praxis nicht mit einer Nachschau im Sinne einer Kontrolle, ob „auf den ersten Blick“ alle Dienstnehmer in einer fachkundigen Lohnverrechnung erfasst werden, begnügen, sondern wollten die Gemeinden – wie im Anlassfall die Stadtgemeinde Z – die für Zwecke der Kommunalsteuer zu führenden Aufzeichnungen im Sinne einer Kommunalsteuerprüfung nach § 14 Abs 1 Kommunalsteuergesetz auf ihre exakte formelle und inhaltliche Richtigkeit prüfen und allenfalls ihre eigene von der Verwaltungspraxis der Finanzämter der Sozialversicherungsträger abweichende Rechtsauffassung ihrer Prüfung zugrunde legen. Es wurde angeregt, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 B-VG die Aufhebung des § 14 Abs 1 letzter Satz Kommunalsteuergesetz zu beantragen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben. Weiters wurde ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben habe.
In der Folge wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt. Im Zeitraum 2013 bis 2017 hat keine GPLA-Prüfung bzw Prüfung durch das Finanzamt Z stattgefunden.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.
II. Sachverhalt:
Mit Nachschauauftrag vom 22.08.2018, AbgabenNr *****, wurde DD, Stadtmagistrat Z, Gemeindeabgaben-Prüfung, beauftragt, eine Nachschau im Sinne der Bestimmungen des § 14 Abs 1 Kommunalsteuergesetz 1993 bei der Beschwerdeführerin, der AA-GmbH, Adresse 1, Z, für den Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2017 vorzunehmen. Der Nachschauauftrag wurde der Beschwerdeführerin am 22.08.2018 zur Kenntnis gebracht, gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die für die Nachschau benötigten Unterlagen die Jahreslohnkonten und Jahresabschlüsse der Jahre 2013 bis 2017 umfassen.
Mit E-Mail vom 28.08.2018 wurden dem Prüfer DD die Betriebsjahreslohnkonten für die Jahre 2013 bis 2017 der Firma AA-GmbH übermittelt.
Mit E-Mail vom 30.08.2018 mahnte der Prüfer DD die Einzeljahreskonten, die Jahresabschlüsse und den unterfertigte Nachschauauftrag ein. Mit E-Mail vom 30.08.2018 teilte die beschwerdeführende Partei mit, dass keine weiteren Unterlagen zur Verfügung gestellt würden.
Wiederum mit E-Mail vom 30.08.2018 wurde seitens des Prüfers der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt, dass eine korrekte Nachschau mit den vorgelegten Unterlagen (es lägen bereits Erklärungsdifferenzen in den Jahren 2013 bis 2015 erkennbar vor) nicht durchgeführt werden könnten, weshalb die angeforderten Unterlagen benötigt würden. Weiters werde darauf aufmerksam gemacht, dass bei Nichtvorlage der Unterlagen eine Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO verhängt werden könne.
Mit Schreiben des Stadtmagistrates Z vom 01.10.2018, Zl *****, SteuerNr *****, zugestellt am 03.10.2018 (Rückschein), wurde die AA-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer CC, zur Fortführung des laufenden Kommunalsteuer-Nachschauverfahrens über die AA-GmbH, Adresse 1, Z, aufgefordert, bis längstens 22.10.2018 im Referat Gemeindeabgaben-Prüfung, Z, Adresse 3, ***** Stock, Zimmer ****, die Dienstnehmerlohnkonten, die Jahresabschlüsse sowie die Buchhaltungskonten jeweils für die Jahre 2013 bis 2017 vorzulegen wobei, festgehalten wurde, dass auch die Möglichkeit bestehe, die Unterlagen bis zum vorgenannten Termin an einem anderen Ort zur Durchführung der Nachschau vorzulegen. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die geforderten Unterlagen bis zum genannten Termin unentschuldigt nicht vorgelegt würden und auch keine Möglichkeit zu deren Einsichtnahme gewährt werde, eine Zwangsstrafe im Sinne des § 111 BAO in Höhe von Euro 200,00 verhängt werde.
Nachdem binnen der gesetzten Frist keinerlei weitere Unterlagen von der beschwerdeführenden Partei vorgelegt wurden und auch nicht die Möglichkeit der Einsichtnahme in dieselben gewährt wurde, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtmagistrates Z vom 19.11.2018, *****, AbgabenNr *****, gemäß § 111 BAO über die AA-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer CC, die mit Schreiben vom 01.10.2018 angedrohte Zwangsstrafe in Höhe von Euro 200,00 verhängt.
Im Zeitraum 2013 bis 2017 fand bei der Beschwerdeführerin keine Prüfung iSd § 14 Abs 1 KommStG durch das Finanzamt bzw die Gebietskrankenkasse statt.
III. Beweiswürdigung:
Vorangeführter Sachverhalt und Verfahrensgang ergibt sich unbedenklich aus dem von Seiten der Abgabenbehörde vorgelegten Abgabenakt. Dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2013 bis 2017 keiner GPLA- oder Finanzamtsprüfung unterzogen wurde, wurde von Seiten der Abgabenbehörde entsprechend mitgeteilt und von Seiten der beschwerdeführenden Partei auch nicht behauptet.
IV. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 1 Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG) unterliegen die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind, der Kommunalsteuer.
Gemäß § 6 Kommunalsteuergesetz 1993 ist Steuerschuldner der Unternehmer, in dessen Unternehmen die Dienstnehmer beschäftigt werden. …
Gemäß § 7 Abs 1 Kommunalsteuergesetz 1993 unterliegt das Unternehmen der Kommunalsteuer in der Gemeinde, in der eine Betriebsstätte unterhalten wird. …
Gemäß § 12 Kommunalsteuergesetz 1993 sind die in den §§ 5, 10, 11 und 14 geregelten Aufgaben der Gemeinde solche des eigenen Wirkungsbereiches.
Gemäß § 14 Abs 1 Kommunalsteuergesetz obliegt die Prüfung der für Zwecke der Kommunalsteuer zu führenden Aufzeichnungen (Kommunalsteuerprüfung) dem für die Lohnsteuerprüfung zuständigen Finanzamt (§ 81 EStG 1988) oder dem für die Sozialversicherungsprüfung zuständigen Krankenversicherungsträger (§ 41a Abs 1 und 2 ASVG). Die Prüfung ist gemeinsam mit der Lohnsteuerprüfung (§ 86 EStG 1988) und mit der Sozialversicherungsprüfung (§ 41a ASVG) durchzuführen. Den Prüfungsauftrag hat jenes Finanzamt oder jener Krankenversicherungsträger zu erteilen, der/das den Prüfungsauftrag für die Lohnsteuerprüfung oder die Sozialversicherungsprüfung zu erteilen hat. Für die Kommunalsteuerprüfung gelten die für Prüfungen gemäß § 147 Abs 1 BAO maßgeblichen Vorschriften der Bundesabgabenordnung. Bei der Durchführung der Kommunalsteuerprüfung ist das Prüfungsorgan des Finanzamtes oder des Krankenversicherungsträgers als Organ der jeweils berührten Gemeinde tätig. Die berührten Gemeinden sind von der Prüfung sowie vom Inhalt des Prüfungsberichtes zu verständigen. Die Gemeinden sind berechtigt, in begründeten Einzelfällen eine Kommunalsteuerprüfung anzuregen. Das Recht der Gemeinden auf Durchführung einer Nachschau gemäß der jeweils für sie geltenden Landesabgabenordnung (Abgabenverfahrensgesetz) bleibt unberührt, wobei § 148 Abs 3 der Bundesabgabenordnung sinngemäß anzuwenden ist.
Gemäß § 144 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde für Zwecke der Abgabenerhebung bei Personen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen zu führen haben, Nachschau halten. Nachschau kann auch bei einer anderen Person gehalten werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass gegen diese Person ein Abgabenanspruch gegeben ist, der auf andere Weise nicht festgestellt werden kann.
In Ausübung der Nachschau nach § 144 Abs 1 BAO dürfen gemäß Abs 2 leg cit Organe der Abgabenbehörde Gebäude, Grundstücke und Betriebe betreten und besichtigen, die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen zu verlangen und in diese Einsicht zu nehmen.
Die Nachschau iSd Tiroler Landesabgabenordnung war in § 116 Abs 1 TLAO insofern geregelt, als die Abgabenbehörde für Zwecke der Abgabenerhebung bei Personen, die nach abgabenrechtlichen Vorschriften Bücher oder Aufzeichnungen zu führen haben, Nachschau halten und hiebei alle für die Abgabenerhebung bedeutsamen Umstände feststellen können. Nachschau kann in diesem Zusammenhang auch bei einer anderen Person gehalten werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass gegen diese Person ein Abgabenanspruch gegeben ist, der auf andere Weise nicht festgestellt werden kann.
Gemäß Abs 2 leg cit dürfen Organe der Abgabenhörde in Ausübung der Nachschau Gebäude, Grundstücke und Betriebe betreten und besichtigen, die Vorlage er nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen verlangen, in diese Einsicht nehmen und hiebei prüfen, ob die Bücher und Aufzeichnungen fortlaufend, vollständig sowie formell und sachlich richtig geführt werden.
Gemäß § 148 Abs 3 BAO darf für einen Zeitraum, für den eine Außenprüfung bereits vorgenommen worden ist, ein neuerlicher Prüfungsauftrag ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen nur erteilt werden
a) zur Prüfung von Abgabenarten, die in einem früheren Prüfungsauftrag nicht enthalten waren;
b) zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 303) gegeben sind;
c) im Beschwerdeverfahren auf Veranlassung (§ 269 Abs 2) des Verwaltungsgerichtes, jedoch nur zur Prüfung der Begründung der Bescheidbeschwerde (§ 250 Abs 1 lit d) oder neuer Tatsachen und Beweise (§ 270).
Die Abgabenbehörden sind gemäß § 111 Abs 1 BAO berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muß gemäß Abs 2 leg cit der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
Die einzelne Zwangsstrafe darf gemäß Abs 3 leg cit den Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen. Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist gemäß Abs 4 leg cit ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
Im Wesentlichen bekämpft die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Bescheid mit der Begründung, dass die Durchführung einer Nachschau iSd § 14 Abs 1 KommStG durch die Abgabenbehörde unzulässig sei, zumal diese über die Grundlagen der Nachschau hinausgehe und tatsächlich aufgrund der eingeforderten Unterlagen einer Kommunalsteuerprüfung gleichkomme, welche jedoch dem Finanzamt und der Sozialversicherung vorbehalten sei. In diesem Zusammenhang wurden verfassungsmäßige Bedenken hinsichtlich der gesetzlichen Regelung dargelegt. Die Erzwingung der Vorlage der geforderten Unterlagen sei unzulässig, folglich auch die Verhängung einer Zwangsstrafe.
Zur Verhängung einer Zwangsstrafe an sich ist auszuführen, dass gemäß § 111 Abs 1 BAO die Abgabenbehörden berechtigt sind, die Befolgung ihrer aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. In diesem Zusammenhang muss die Verhängung der Zwangsstrafe zuvor unter Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von der Abgabenbehörde verlangten Leistung angedroht werden. Sinn und Zweck einer Zwangsstrafe ist es, die Abgabenbehörde bei der Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten und nicht die Bestrafung einer Person (VwGH 27.09.2000, 97/14/0112).
Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gehört zu den abgaberechtlichen Pflichten, die mittels Zwangsstrafe erzwungen werden dürfen, grundsätzlich auch die Duldung einer Nachschau (im Sinn des § 144 BAO bzw der TLAO) und in diesem Zusammenhang - wie gesetzlich normiert - die Vorlage der nach den Abgabenvorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen sowie sonstiger für die Abgabenerhebung maßgeblicher Unterlagen verlangen und in diese Einsicht nehmen zu können.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass ein Organ der Abgabenbehörde mit der Durchführung einer Nachschau beauftragt war und dies der beschwerdeführenden Partei auch entsprechend mitgeteilt wurde. Von Seiten des Organs der Abgabenbehörde wurde sodann konkret zur Durchführung der Nachschau im Zusammenhang mit § 14 KommStG die Vorlage der Dienstnehmerlohnkonten, der Jahresabschlüsse und der Buchhaltungskonten jeweils für die Jahre 2013 bis 2017 gefordert. Zur Aufforderung zur Vorlage der diesbezüglichen Unterlagen war das Organ der Abgabenbehörde gemäß § 14 KommStG iVm mit den Bestimmungen über das Nachschaurecht iSd damals geltenden TLAO grundsätzlich befugt.
Die Vorlage der geforderten Unterlagen wurde von der Beschwerdeführerin jedoch verweigert. Bei Unterlassung der abgabenrechtlichen Pflichten, die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, steht der Abgabebehörde zur Erzwingung der entsprechenden Handlungen die Verhängung einer Zwangsstrafe im Sinne des § 111 BAO zur Verfügung (VwGH 19.04.2018, Ra 2016/15/0030). Die Voraussetzungen zur Verhängung der Zwangsstrafe, nämlich die vorherige Androhung derselben im konkreten Ausmaß hat die Behörde festgestellter Maßen erfüllt.
Nachdem im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich zur Erzwingung der im Rahmen einer Nachschau angeforderten Unterlagen eine Zwangsstrafe verhängt werden kann, ist noch auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung über das Nachschaurecht der Gemeinden, welche einer Prüfung gleichkomme, an sich einzugehen.
Der beschwerdeführenden Partei ist beizupflichten, dass ab 01.01.2010 die Bundesabgabeordnung auch für die Landes- und Gemeindeabgaben gilt, die gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Nachschau für Gemeinden im Sinn der Tiroler Landesabgabenordnung waren daher seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in Kraft.
Die Kommunalsteuer blieb bzw ist jedoch nach wie vor eine ausschließliche Gemeindeabgabe. Mit dem Abgabenverfassungsreformgesetz wurde zwar der Anwendungsbereich der BAO auf Landes- und Gemeindeabgaben erweitert, die Verweisung in § 14 KommStG 1993 auf Bestimmungen der Landesabgabenordnung wurde jedoch nicht (formell) abgeändert. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 07.07.2011, 2009/15/0223, ausgeführt hat, kommt eine dynamische Verweisung in § 14 Abs 1 hinsichtlich der Nachschaumöglichkeit der Gemeinden aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Der Verweis in § 14 Abs 1 KommStG 1993 ist auf die jeweils für Gemeinden geltende Landesabgabenordnung als statische Verweisung zu verstehen. Anzuwenden sind demnach jene Bestimmungen (zur „Nachschau“) der jeweiligen Landesabgabenordnung, wie sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Abänderung des § 14 KommStG 1993 durch BGBl I Nr 132/2002, in Kraft waren. Spätere Abänderungen oder auch Aufhebung dieser Bestimmungen in den Landesabgabenordnungen ändern nichts am Inhalt der Verweisung. In dieser Hinsicht geht der Einwand der beschwerdeführenden Partei, dass die zitierte Judikatur auf einen Sachverhalt fuße, der vor dem 01.01.2010 lag, ins Leere, zumal konkret auf die Rechtslage nach dem 01.01.2010 Bezug genommen wurde.
Die Möglichkeit einer Nachschau durch die Abgabenbehörde blieb durch die gemeinsame Prüfung daher unberührt. Beschränkt ist das Recht auf Nachschau der Gemeinden nur dadurch, als eine Doppelprüfung im Sinn des § 148 Abs 3 BAO unzulässig ist.
Wie festgestellt, hat es für den Nachschauzeitraum 2013 bis 2017 weder eine Prüfung durch das zuständige Finanzamt noch durch den zuständigen Sozialversicherungsträger gegeben. Eine für diesen Zeitraum durchgeführte Prüfung wurde seitens der beschwerdeführenden Partei auch nicht behauptet. Die Einschränkung im Sinn des § 148 Abs 3 BAO kommt sohin ebenfalls nicht zum Tragen.
Von Seiten des Landesveraltungsgerichtes werden die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen verfassungsmäßigen Bedenken nicht geteilt; die Nachschaumöglichkeit der Gemeinden berücksichtigt zB auch, dass die Abgabenbehörden an die Prüfergebnisse des Finanzamtes und der Sozialversicherungsträger nicht gebunden und daher berechtigt sind, den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt selbst festzustellen, wozu eben das Instrument der Nachschau erforderlich ist. Zudem sollen durch das Nachschaurecht der Gemeinden Prüfungslücken vermieden werden und gewährleistet das Nachschaurecht die Abgabenadministration der Kommunalsteuer im Abgabenhoheitsrecht der Gemeinden. Auch eine Doppel- bzw Mehrfachprüfung ist durch den Verweis auf die gesetzliche Normierung des § 148 Abs 3 BAO in § 14 Abs 1 KommStG ausgeschlossen. Die Nachschau iSd Landesabgabenordnungen umfasst im Wesentlichen dieselben Prüfungsbefugnisse wie eine Außenprüfung iSd § 147 BAO (Ritz, Kommentar zur BAO, § 147 RZ 21), weshalb in diesem Zuge die Behörden auch im Sinne der gesetzlichen Bestimmung berechtigt sind, Unterlagen, Bücher und Aufzeichnungen, wie gegenständlich zu verlangen.
Die Abgabenbehörde war sohin zur Nachschau im Zusammenhang mit der Kommunalsteuer aufgrund gesetzlicher Befugnisse berechtigt, die Vorlage der angeführten Unterlagen zu fordern. Zumal sich die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung und angemessener Nachfristsetzung sowie Androhung der Zwangsstrafe weigerte, die geforderten Unterlagen vorzulegen, war die Behörde zur Erzwingung der Vorlage der Unteralgen berechtigt, iSd § 111 BAO eine Zwangsstrafe zu verhängen. Dass die Vorlage der Unterlagen unzumutbar oder unmöglich war, wurde nicht behauptet.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Ergänzend wird festgehalten, dass auch ab 01.01.2020 das Recht der Gemeinden auf Durchführung einer Nachschau iSd § 14 Abs 1 KommStG – trotz entsprechender Änderungen in der Prüfungskompetenz – nach wie vor erhalten bleiben soll, lediglich der Verweis auf die jeweiligen Landesabgabenordnungen entfällt. In den EB ist hiezu ausgeführt wie folgt:
"§ 14 Abs. 1 letzter Satz KommStG 1993 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 117/2016 sah vor, dass das Recht der Gemeinden auf Durchführung von Nachschauen nach der jeweils für sie geltenden Landesabgabenordnung unberührt bleibt. Der VwGH betrachtete dies als statischen Verweis und leitete daraus ein Nachschaurecht der Gemeinden nach den Landesabgabenordnungen ab, obwohl mit dem Abgabenverwaltungsreformgesetz, BGBl. I Nr. 20/2009, die Aufhebung der Landesabgabenordnungen erfolgt ist (VwGH vom 07.07.2011, 2009/15/0223, aM Beiser, SWK 2012, 1039). Der Verweis kann entfallen, weil sich die Anwendbarkeit der BAO ohnehin auf Gemeindeabgaben erstreckt und demzufolge den Gemeinden die Möglichkeit zukommt, allgemeine Aufsichts- und Erhebungsmaßnahmen gemäß § 143 bis § 146 BAO und damit Nachschauen gemäß § 144 BAO durchzuführen. Das Recht auf Durchführung einer Nachschau (nunmehr nach der BAO – was dem durch das Abgabenverwaltungsreformgesetz hergestellten Rechtszustand entspricht) bleibt den Gemeinden damit erhalten." Der Gesetzgeber sieht daher auch künftig keine Bedenken hinsichtlich der Nachschaumöglichkeit der Gemeinden und bejaht eine solche grundsätzlich.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Belehrung und Hinweise
Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.
Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision zu entrichtende Eingabegebühr beträgt Euro 240,00.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Kantner
(Richterin)
Schlagworte
ZwangsstrafeAnmerkung
Mit Beschluss vom 24.11.2020, Z E 2322/2019-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 21.05.2019, Z LVwG-2018/29/2662-3, erhobenen Beschwerde ab.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2018.29.2662.3Zuletzt aktualisiert am
08.03.2021