TE Lvwg Erkenntnis 2019/7/9 LVwG-2019/30/1288-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2019
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Entscheidungsdatum

09.07.2019

Index

41/04 Sprengmittel, Waffen, Munition
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WaffG 1996 §50 Abs1
WaffG 1996 §51 Abs2
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde des AA, geboren am XX.XX.XXXX, wohnhaft in Z, Adresse 1, gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.05.2019, Zl ****, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Waffengesetz (WaffG),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zu Spruchpunkt 2. behoben und das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:

Dem Beschwerdeführer wurde unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet, dass er seit 11.09.2017 im Besitz von fünf Faustfeuerwaffen sei, obwohl er nicht über die dafür erforderlichen Berechtigungen verfüge. Der Berechtigungsumfang seiner Waffenbesitzkarte sei mit vier Faustfeuerwaffen beschränkt. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs 1 iVm § 51 Abs 2 WaffG angelastet und gegen ihn gemäß § 51 Abs 2 WaffG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verhängt. Unter Spruchpunkt 1. wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs 2 iVm § 51 Abs 2 WaffG dem Beschwerdeführer angelastet und gegen den Beschwerdeführer eine Ermahnung ausgesprochen. Spruchpunkt 1. wurde vom Beschwerdeführer nicht angefochten, anerkannt und die Ermahnung angenommen.

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde die Einstellung des Verfahrens beantragt und folgende Begründung hierfür angegeben:

Ich erkenne Spruchpunkt 1 des Straferkenntnis an und nehme die Ermahnung an.

Ich erhebe gegen Spruchpunkt 2 Einspruch,

da ich die Waffe BB vom 11.09.2017 bis 21.10.2017 besessen habe und diese am 21.10.2017 der Firma CC verkauft habe und erst dann die Waffe DD auch am 21.10.2017 bei der Firma CC erworben habe. Ich habe eine Waffe verkauft und eine andere erworben, dies geht auch aus den im Vorfeld an die Bezirkshauptmannschaft-Y übermittelten Meldebestätigungen hervor. Somit habe ich zu keinem Zeitpunkt mehr als die mir erlaubten 4 Waffen besessen. Mit den 3 vor mir hinzugefügten Bildern ist die Richtigkeit meiner Angaben nachvollziehbar, da klar ersichtlich wann und wie lange ich welche Waffe besessen habe.“

Der Beschwerde waren die angeführten drei Beilagen betreffend den An- und Verkauf einer Faustfeuerwaffe BB mit der Herstellernummer: **** und eine Waffenregistrierung betreffend einen am 21.10.2017 erworbenen Revolver DD mit der Herstellernummer: **** angeschlossen.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde konnte aufgrund fehlender Unterlagen nicht überprüft werden, ob der Beschwerdeführer zur angeführten Tatzeit 11.09.2017 im Besitze von vier Faustfeuerwaffen, also Schusswaffen der Kategorie B des WaffG, oder von fünf Faustfeuerwaffen war. Diesbezüglich müssten die Angaben in der Beschwerde mit den Unterlagen und Ausführungen im Waffenakt der belangten Behörde verglichen und überprüft werden. Eine diesbezügliche Abgleichung ist mit dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht möglich.

Seitens der belangten Behörde wurde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer über die in der vorliegenden Waffenbesitzkarte angeführte Anzahl von vier Schusswaffen der Kategorie B noch eine Schusswaffe der Kategorie B darüber hinaus und somit unbefugt besaß.

Wer als Inhaber einer Waffenbesitzkarte, deren Kontingent wie im gegenständlichen Fall bereits erschöpft ist, eine weitere Faustfeuerwaffe (Schusswaffe der Kategorie B) erwirbt und besitzt, begeht keine Verwaltungsübertretung nach § 51 Abs 2 WaffG sondern macht sich gerichtlich strafbar nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG. Im gegenständlichen Fall wurde unter Spruchpunkt 2. dem Beschwerdeführer ein Sachverhalt angelastet, der eine gerichtlich strafbare Handlung nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG und keine Verwaltungsübertretung nach § 51 Abs 1 und Abs 2 WaffG darstellt. Der herangezogene § 51 Abs 2 WaffG enthält eine „Blankettstrafnorm“, die alle Verstöße gegen das WaffG erfasst, die nicht schon nach § 50 WaffG gerichtlich oder aber nach § 51 Abs 1 WaffG mit höherer Strafe verwaltungsbehördlich zu ahnden sind (insbesondere Verstöße gegen §§ 11, 15 und 27 Abs 1 WaffG …).

Da der dem Beschwerdeführer unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Sachverhalt jedenfalls keine Verwaltungsübertretung nach dem WaffG sondern eine gerichtlich strafbare Handlung nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG darstellt, war der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 2. nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Hinweis:

Die belangte Behörde wird darauf hingewiesen, dass diese den Sachverhalt dahingehend abzuklären hat, ob der Beschwerdeführer zu einer bestimmten Tatzeit aufgrund der Akten- und Beweislage rechtmäßiger Weise lediglich vier Schusswaffen der Kategorie B oder über die erlaubte Stückzahl von vier Faustfeuerwaffen hinaus noch eine fünfte Schusswaffe der Kategorie B besessen hat. Sollte die Sachverhaltsabklärung ergeben, dass der Beschwerdeführer tatsächlich über das genehmigte Kontingent hinaus eine fünfte Schusswaffe der Kategorie B unbefugt besessen hat oder immer noch besitzt, so ist seitens der belangten Behörde gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Kriminalpolizei oder an die Staatsanwaltschaft zu erstatten.

II.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dr. Rieser

(Richter)

Schlagworte

Angelasteten Tathandlung keine strafbare Verwaltungsübertretung, sondern gerichtlich strafbare Handlung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.30.1288.1

Zuletzt aktualisiert am

02.08.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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