Entscheidungsdatum
28.03.2019Norm
AVG §58 Abs2Spruch
W128 2215587-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , gesetzliche Vertreterin des mj. XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 05.02.2019, Zl. 401-25/1041-BR-LI/2018,
A)
I. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 2 der bekämpfen Entscheidung als unbegründet abgewiesen.
II. beschlossen:
Hinsichtlich des Spruchpunktes 3 wird der angefochtene Bescheid gem. § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist Mutter und Erziehungsberechtigte des minderjährigen XXXX , geb. XXXX (Kind).
Am 23.03.2018 beantragte die Beschwerdeführerin mittels Formblatt bei der belangten Behörde für das Kind den sonderpädagogischen Förderbedarf festzustellen.
2. Am 24.01.2019 wurde vom Fachbereich Inklusion/Diversität/Sonderpädagogik der belangten Behörde ein sonderpädagogisches Gutachten zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs erstellt. Dieses Gutachten fußt auf Überprüfungen des Kindes am 04.12.2018, 17.12.2018 und am 18.12.2018. Zusammenfassend ist dem Gutachten zu entnehmen, dass die Leistungen des Kindes in den im Gutachten erwähnten Aufgabenstellungen in allen Unterrichtsgegenständen nicht im Leistungsbereich des Lehrplans der zweiten Klasse Volksschule lägen. Das Kind benötige daher einen Unterricht, der individuell an sein Leistungsvermögen angepasst werde. Aufgrund der Berichte der Lehrerin, der Beobachtungen, Testungen und Empfehlungen sowie der vorgefundenen Befundlage werde die Gewährung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs empfohlen.
3. Am 24.01.2019 fand im Rahmen des Parteiengehörs ein Beratungsgespräch mit der Beschwerdeführerin statt. Dem Protokoll ist insbesondere zu entnehmen, dass als Beschulung des Zentrums für Inklusiv- und Sonderpädagogik die "ASO 6" vorgeschlagen wurde, der Beschulungswunsch der Erziehungsberechtigten wurde mit "Volksschule - Integration" festgehalten.
4. Am 05.02.2019 erließ die belangte Behörde den nunmehr bekämpften Bescheid. Mit Spruchpunkt 1 wurde dem Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs stattgegeben. Mit Spruchpunkt 2 wurde ein sonderpädagogischer Förderbedarf in allen Unterrichtsgegenständen nach dem Lehrplan der Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf festgestellt.
Mit Spruchpunkt 3 ordnete die belangte Behörde an, dass das Kind die allgemeine Sonderschule 6, in Linz, zu besuchen habe.
Die Begründung lautet wie folgt: "Dem Ansuchen wurde vollinhaltlich entsprochen, eine nähere Begründung kann daher gemäß §58 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991-AVG, BGBl. Nr. 51/1991, entfallen.
Die Einstufung in den Lehrplan der Sonderschule für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf entspricht den Lern- und Entwicklungsbedingungen des Schülers und durch den Verbleib in der Allgemeinen Sonderschule 6 ist die bestmögliche sonderpädagogische Förderung des Schülers sichergestellt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Der Bescheid wurde am 07.02.2019 zugestellt.
5. Mit Schreiben vom 28.02.2019 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen diesen Bescheid. In der Begründung wird zusammengefasst ausgeführt, dass die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ohne Zustimmung und Einwilligung der Erziehungsberechtigten erfolgt sei. Die Frist für die Bearbeitung des Antrages vom 23.03.2018 sei überschritten. Die Festlegung, dass das Kind die Sonderschule 6 in Linz zu besuchen habe, sei gegen ihren ausdrücklichen Willen erfolgt. Die notwendigen Tests seien ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung erhoben bzw. durchgeführt worden. Sie stelle daher den Antrag den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Besuch des Kindes in eine Integrationsklasse an einer Volksschule gewehrt werde und der sonderpädagogischen Förderbedarf aufgehoben werde.
6. Mit Schreiben vom 04.03.2019 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin beantragte am 23.03.2018 mittels Formblatt bei der belangten Behörde für das Kind den sonderpädagogischen Förderbedarf festzustellen.
Das Kind vermag infolge einer Behinderung, die sich nach ICD10 F84.1 in einer Autismusspektrumstörung im Sinne eines atypischen Autismus manifestiert, dem Unterricht in der Volksschule nicht zu folgen.
Die Dauer der Beeinträchtigung beträgt jedenfalls voraussichtlich mehr als 6 Monate.
Das Kind besucht derzeit die allgemeine Sonderschule 6 in Linz.
Folgende Fördermaßnahmen erfolgten bisher:
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Besuch einer kleinen Klasse
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Zweimal wöchentlich PETÖ-Therapie
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Besuch eines Hortes
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Verbesserung des Sprachverständnisses
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Erarbeitung von Ausdrucksmöglichkeiten
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Zielgerichtete Lenkung der Bewegungsenergie
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Durch regelmäßigen Tagesablauf (Morgenkreis, Bilderstundenplan) klare Regeln und Grenzen einhalten
-
Steigerung der Merkfähigkeit durch melodiebetontes Auswendiglernen von standardisierten Sätzen im Morgenkreis
Ein sonderpädagogischer Förderbedarf besteht in allen Unterrichtsgegenständen.
Im Rahmen des Parteiengehörs am 24.01.2019 hat die Beschwerdeführerin unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie für die Beschulung des Kindes eine Integrationsklasse an einer Volksschule wünsche.
Im Rahmen des Parteiengehörs am 24.01.2019 wurde der Beschwerdeführerin das sonderpädagogische Gutachten vom 24.01.2019 zur Kenntnis gebracht.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus der eindeutigen Aktenlage. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
Laut einem im Akt inne liegenden Kontrollbefund vom 24.05.2016 des Konventhospitals Barmherzigen Brüder Linz wurde bei dem Kind gegenüber einer im Vorjahr stattgefundenen Untersuchung:
-
F 84.1 Autismusspektrumstörung im Sinne eines atypischen Autismus (schwere rezeptiv-expressive Sprachentwicklungsstörung, deutliche Verbesserung im Bereich der sozialen Interaktion, weiterhin selektives Essverhalten)
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deutlich unterdurchschnittliche kognitive nonverbale Begabung bei einem Referenzalter von 4;6 (am Rande einer Intelligenzminderung)
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normales Hörvermögen
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ausgeprägte Einschränkungen in der Kommunikation
diagnostiziert.
Laut einem weiteren im Akt inne liegenden Befund vom 15.01.2018 des Konventhospitals Barmherzigen Brüder Linz wurde bei dem Kind:
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F 84.1 Autismusspektrumstörung im Sinne eines atypischen Autismus (schwere rezeptive expressive Spracheentwicklungsstörung, Besonderheiten in der sensorischen Verarbeitung, selektives Essverhalten, deutliche Verbesserung in der nonverbalen sozialen Interaktion mit Erwachsenen), kurze Aufmerksamkeitsspanne, hohes Aktivitätsniveau und Impulsivität zur weiteren Beobachtung, unterdurchschnittliche kognitive nonverbale Begabung
-
G 47.0 Einschlafstörungen
diagnostiziert.
Aus einer ärztlichen Bestätigung vom 23.01.2019 ist zu entnehmen, dass weiterhin eine rezeptive aber auch expressive Sprachentwicklungsstörung bei reduzierter Aufmerksamkeitsspanne und erhöhte Impulsivität vorliegt. Die Symptome einer Autismus-Spektrum-Störung seien nun stark in den Hintergrund getreten. Die kognitive Entwicklung befinde sich nun im Rahmen der Norm.
Die im Akt inne liegende weitere Stellungnahme einer Kursleiterin des Instituts für interkulturelle Pädagogik der Volkshochschule Oberösterreich vom 23.01.2019 legt ebenfalls nahe, dass es dem Kind an Konzentrations-und Artikulationsvermögen mangelt.
Schließlich ist auf die Testungen und das von der belangten Behörde eingeholte sonderpädagogische Gutachten zu verweisen. Diesem ist schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen, dass das Kind in allen Unterrichtsgegenständen nicht im Leistungsbereich des Lehrplans der
2. Klasse Volksschule liegt.
Es war daher zweifelsfrei festzustellen, dass das Kind infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule nicht zu folgen vermag und ein sonderpädagogischer Förderbedarf in allen Unterrichtsgegenständen besteht. Aus dem beschriebenen Verlauf der Störung lässt sich auch einwandfrei ableiten, dass die Beeinträchtigung nicht nur vorübergehend ist.
Den Ergebnissen des sonderpädagogischen Gutachtens ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Höhe und nur unsubstantiiert entgegentreten. Das Vorbringen ist darüber hinaus nicht geeignet, die unvollständige oder unrichtige Befundaufnahme, welche auch ein Laie nachvollziehbar darzulegen vermag, aufzuzeigen bzw. vom Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen zu berücksichtigende Zweifel hervorzurufen.
Das Formblatt, auf welchem das Protokoll über das Beratungsgespräch mit der Beschwerdeführerin am 24.01.2019 festgehalten wurde, weist ein Feld mit der Bezeichnung: "Beschulungswunsch der Eltern:" auf. Dieses Feld wurde handschriftlich und gut leserlich mit den Worten "Volksschule-Integration" befüllt. Für das Bundesverwaltungsgericht steht damit zweifelsfrei fest, dass die Beschwerdeführerin, nach der laut Protokoll erfolgten Beratung, die Beschulung in einer Volksschule verlangt hat. Das ist auch dadurch nicht zu entkräften, dass die Beschwerdeführerin in weiterer Folge eine mündliche Verhandlung nicht verlangt hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
Gemäß § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG), BGBl. Nr. 76/1985, idgF, hat auf Antrag oder von Amts wegen die Bildungsdirektion mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Hauptschule, Neuen Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag. Unter Behinderung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Unterricht zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. Im Zuge der Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ist auszusprechen, welche Sonderschule für den Besuch durch das Kind in Betracht kommt oder, wenn die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten es verlangen, welche allgemeine Schule in Betracht kommt. Unter Bedachtnahme auf diese Feststellung hat die Bildungsdirektion festzulegen, ob und in welchem Ausmaß der Schüler oder die Schülerin nach dem Lehrplan der Sonderschule oder einer anderen Schulart zu unterrichten ist. Bei dieser Feststellung ist anzustreben, dass der Schüler oder die Schülerin die für ihn oder sie bestmögliche Förderung erhält.
3.2. Zu Spruchpunkt I:
Im Verfahren nach § 8 Abs. 1 SchPflG ist die (zunächst) ausschlaggebende Frage, ob der Schüler infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volks- oder Hauptschule, Neuen Mittelschule oder in der Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung (weiterhin) nicht zu folgen vermag (vgl. in diesem Sinne Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht,
13. Auflage, FN 5a [S 495] zu § 8 Abs. 1 SchPflG sowie VwGH vom 02.04.1998, 96/10/0093).
Durch die mit BGBl. I Nr. 35/2018 erfolgte "Verschlankung des SPF-Verfahrens" entfielen die bisherigen Verfahrensbestimmungen und gelangen stattdessen die Bestimmungen des AVG zur Anwendung. Demnach ist die Behörde zur Amtswegigen Wahrheitsforschung verpflichtet und hat dazu alle sachdienlichen Beweise einzuholen. Eine Zustimmung der Beschwerdeführerin ist dazu nicht erforderlich.
Dazu ist auch festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin am 23.03.2018 selbst den sonderpädagogischen Förderbedarf beantragt hat und während des gesamten Verfahrens vor der belangten Behörde nicht erkennen ließ, dass sie diesen Antrag zurückzuziehen gedenke. Insofern ist der belangten Behörde auch nicht vorzuwerfen, dass sie zu den Spruchpunkten 1 und 2 gemäß § 58 Abs. 2 AVG auf eine nähere Begründung verzichtete. Da die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ausdrücklich beantragt, dass das Kind in eine Integrationsklasse an einer Volksschule gehen soll, geht das BVwG davon aus, dass die Beschwerdeführerin ihren ursprünglichen Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs weiterhin nicht zurückgezogen hat und sich die Wendung "und der Sonderpädagogische Förderbedarf aufgehoben wird" auf die weitere Beschulung in der ASO 6 bezieht.
Dies ist jedoch insofern nachrangig, da der Sonderpädagogische Förderbedarf gemäß § 8 Abs. 1 SchPflG auch von Amts wegen festzustellen ist, wenn wie gegenständlich der Fall die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind.
Die Behörde hat aktenkundig Einschau in die maßgeblichen Befunde gehalten sowie ein sonderpädagogisches Gutachten eingeholt.
Demnach steht fest, dass das Kind infolge einer Behinderung, dem Unterricht in der Volksschule nicht zu folgen vermag.
Die belangte Behörde hat somit zu Recht gemäß § 8 Abs. 1 SchPflG mit den Spruchpunkten 1 und 2 des bekämpften Bescheides den sonderpädagogischen Förderbedarf festgestellt, weshalb die Beschwerde in dieser Hinsicht abzuweisen war.
3.3. Zu Spruchpunkt II:
3.3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG (außer in Verwaltungsstrafsachen) in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Sachverhalt feststeht oder wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Be-scheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, S. 127 und S. 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang [Hrsg], Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, S. 65 und S. 73 f.).
3.3.2. Der angefochtene Bescheid ist im Hinblick auf seinen Spruchpunkt 3 aus folgenden Gründen mangelhaft:
Bei Feststellung des SPF ist gemäß § 8 Abs. 1 SchPflG weiters auszusprechen, welche Sonderschule und bei Verlangen der Erziehungsberechtigten auch welche allgemeine Schule in Betracht kommt. Ein solches Verlangen liegt zweifelsfrei vor, was auch gut dokumentiert aus dem Protokoll vom 24.01.2019 hervorgeht. Die belangte Behörde hat sich somit zu Unrecht in keiner Weise damit auseinandergesetzt, welche allgemeine Schule allenfalls in Betracht kommt. Sie hat somit ihre Verpflichtung verletzt, eine - einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen - sachbezogene Begründung im Sinne des § 58 Abs. 2 AVG zu verfassen.
Da somit die erforderlichen entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, da insbesondere die belangte Behörde näher an den in ihrem Wirkungsbereich in Frage kommenden Schulen und somit am Beweis ist. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
3.3.3. Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Das Schulrecht ist auch weder von Art. 6 EMRK noch von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).
3.4. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen - dargestellten -Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
allgemeine Pflichtschule, Begründungsmangel, Behinderung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W128.2215587.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.08.2019