Entscheidungsdatum
16.04.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G313 2156173-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Rae Dr. Martin DELLASEGA, Dr. Max KAPFERER, Schmerlingstraße 2/2, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 05.04.2016 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) im Rahmen des Parteiengehörs vorgehalten, dass beabsichtigt sei, gegen ihn wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen, und ihm die Möglichkeit gegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dem BFA Gründe, die einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen, insbesondere solche, die im Bereich seines Privat- und bzw. oder Familienlebens iSd Art. 8 EMRK gelegen seien, mitzuteilen.
2. Eine Stellungnahme des BF dazu ist bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht eingelangt.
3. Mit weiterem Schreiben des BFA vom 05.04.2016 wurde der BF unter Bekanntgabe seines aufgrund seiner illegalen Beschäftigung im Bundesgebiet unrechtmäßigen Aufenthalts und der bereits erfolgten Einleitung eines Verfahrens zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert.
4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) wurde gemäß § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.), und gemäß § 53 Abs. 1. iVm Abs. 2 Z. 7 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
5. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
6. Am 09.05.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
7. Mit Aktenvermerk des BVwG vom 11.05.2017 wurde nach durchgeführter Grobprüfung der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und ist im Besitz eines bis Juli 2027 gültigen bosnischen Reisepasses.
1.2. Wann der BF erstmals in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, kann nicht festgestellt werden. Der BF weist jedenfalls für den Zeitraum von 25.09.2013 bis 22.12.2014 eine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf.
1.3. Der BF reiste am 21.02.2016 mit der Absicht zur Arbeitsaufnahme in Österreich ein, daraufhin jedoch wieder aus und jedenfalls zuletzt am 28.03.2016 wieder in den Schengen-Raum und das österreichische Bundesgebiet ein.
1.4. Der BF war nie im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels für das österreichische Bundesgebiet, sondern hat nur am 10.05.2017 einen Erstantrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als "Fachkraft in Mangelberufen" gestellt. Dieser wurde jedoch wieder zurückgezogen.
1.5 Der BF ging im Bundesgebiet im Zeitraum von 22.02.2016 bis 05.04.2016 einer Erwerbstätigkeit nach, dies im Besitz eines gefälschten "slowenischen" Reisepasses mit Alias-Identität und ohne im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung dafür zu sein. Der BF wurde am 05.04.2016 auf einer Baustelle von Organen der Finanzpolizei bei Ausübung einer unrechtmäßigen Beschäftigung betreten, wobei im Zuge einer freiwilligen Nachschau auch der echte bosnische Reisepass des BF vorgefunden werden konnte. Für den Beschäftigungszeitraum von 22.02.2016 bis 09.03.2016 war der BF, wie auch weitere ausländische Arbeitnehmer, von seinem Arbeitgeber nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden.
1.5.1. Deswegen wurde der Arbeitgeber des BF verwaltungsstrafrechtlich belangt.
Diesbezüglich teilte die Finanzpolizei nach einer am 05.04.2016 auf einer Baustelle durchgeführten Kontrolle und der Feststellung, dass sich seit 04.04.2016 neun ausländische Arbeiter - darunter auch der BF - auf der Baustelle befanden bzw. arbeiteten, dem zuständigen Magistrat mit Strafantrag vom 21.04.2016 unter anderem Folgendes mit (Name des BF durch "BF" ersetzt):
"Auf Grund der flüchtigen Personen sowie Unstimmigkeiten hinsichtlich der Identitätsfeststellungen der kontrollierten Personen (Kopien von slowenischen Reisepässen der angetroffenen Personen (BF, ...) und des Verdachtes auf Urkundenfälschung wurde um 10:52 Uhr die PI (...) telefonisch vom Sachverhalt informiert. (...) Aufgrund der weiteren Information durch die PI (...), dass es sich bei den - mittlerweile durch die Arbeiter ausgehändigten - slowenischen Reisepässen um Totalfälschungen handelt und es sich bei den (...) angetroffenen Personen laut Originalreisepässen um die bosnischen Staatsbürger (BF, ...) handelt, wurden diese auf Grund der Urkundenfälschung von den Organen der PI (...) sowie auch von der Finanzpolizei niederschriftlich befragt. (...)
Laut Dienstgebersuche des Hauptverbandes wurden die oben genannten Personen (BF, ...) unter den in den gefälschten slowenischen Pässen angeführten Namen (BF, ...) am 10.03.2016 von der Fa. (...) zur Sozialversicherung angemeldet, womit diese im Zeitraum vom 22.02.2016 bis 09.03.2016 ohne Anmeldung zur Sozialversicherung beschäftigt wurden. (...) Die Behörde wird zudem ersucht, den Beschuldigten hinsichtlich der vier - von der Baustelle am 05.04.2016 geflüchteten - Arbeiter und deren Identität zu befragen und entsprechend im Strafverfahren anzulasten, da der konkrete Verdacht besteht, dass für diese Personen zumindest am 05.04.2016 ebenso keine Anmeldung zur Sozialversicherung vorlag."
1.6. Der BF wurde im Bundesgebiet auch einmal - in Zusammenhang mit seiner illegalen Beschäftigung bzw. der während dieser Beschäftigung festgestellten Totalfälschung seines "slowenischen Reisepasses" rechtskräftig strafrechtlich verurteilt, und zwar
* mit Urteil von Dezember 2016 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Geldstrafe in Höhe von 160 Tagessätzen zu je EUR 4,- (EUR 640,-), im Nichteinbringungsfall 80 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 80 Tagsätzen zu je EUR 4,- (EUR 320,-), im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren.
1.6.1. Dieser strafrechtlichen Verurteilung des BF lag zugrunde, dass der BF am 05.04.2016 im Bundesgebiet durch Vorlage gegenüber Kontrollbeamten der Finanzpolizei der Kopie eines total gefälschten slowenischen Reisepasses, mithin eine ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, nämlich seiner Berechtigung zur Arbeit ohne Beschäftigungsbewilligung sowie seiner Identität, gebraucht hat.
1.6.2. Bei der Strafbemessung dieses Strafrechtsurteils wurde "kein besonderer Umstand" erschwerend und "die bisherige Unbescholtenheit und in nur sehr eingeschränktem Umfang das Geständnis, das der Angeklagte bei der Polizei abgelegt hat", mildernd gewertet.
"Aufgrund des Umstandes, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vehement den Vorsatz in Bezug auf die Fälschung des Dokumentes bestritt, sowie aufgrund generalpräventiver Erwägungen (...) konnte (...) lediglich die Hälfte der verhängten Geldstrafe bedingt nachgesehen werden."
1.6.3. Der unbedingte Teil der Geldstrafe wurde im Mai 2017 bereits vollzogen.
1.7. Der BF hat im Bundesgebiet keine familiären oder sonstigen berücksichtigungswürdigen sozialen Anknüpfungspunkte.
1.8. Mit Schreiben des BFA vom 05.04.2016 wurde dem BF die behördliche Beabsichtigung, gegen den BF wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot zu erlassen, vorgehalten und ihm gleichzeitig unter Gewährung einer zweiwöchigen Frist die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu seinen privaten und familiären Verhältnissen gegeben.
1.8.1. Eine Stellungnahme dazu hat der BF nicht abgegeben.
1.8.2. Nach Zustellung dieses Schreibens des BFA vom 05.04.2016 durch eigenhändige Übernahme durch den BF auf einer Polizeidienststelle an demselben Tag konnte von der belangten Behörde keine amtliche Meldeadresse des BF im Bundesgebiet mehr ausfindig gemacht werden, weshalb darauf behördliche Ermittlungen zum Aufenthaltsort des BF sowohl im Bundesgebiet als auch über die Österreichische Botschaft im Herkunftsstaat des BF gefolgt sind.
1.9. Mit Beschwerdevorlage teilte das BFA dem BVwG in einer "Stellungnahme zur Beschwerde" und der darin behaupteten Verletzung der behördlichen Ermittlungspflicht mit:
"Der BF wurde nachweislich am 05.04.2016 von der Einleitung des Verfahrens und vom wesentlichen Ermittlungsstand unterrichtet und im Zuge dessen sowohl zu einer Stellungnahme aufgefordert, als auch dazu verpflichtet, seine Ausreise nachzuweisen. In diesem Schreiben wurde der BF auch aufgefordert zu seinem Privat- und Familienleben Stellung zu nehmen und er wurde ebenso davon unterrichtet, mit welchen Konsequenzen er zu rechnen hat. Außerdem wurde er aufgefordert, eine Zustelladresse bekannt zu geben, um eine weitere Kommunikation bzw. die Zustellung von Schriftstücken oder einem Bescheid durch die Behörde zu ermöglichen. Der BF hat sämtliche dieser vorstehenden Anordnungen ignoriert und sich nicht bei der Behörde gemeldet. Insbesondere hat er seinen Aufenthaltsort der Behörde nicht bekannt gegeben. Da auch keine Stellungnahme abgegeben wurde, konnte die Behörde davon ausgehen, dass er mit dem Ermittlungsergebnis einverstanden war und diesem nichts hinzuzufügen hatte. (...) Nachdem ein weiterer Aufenthalt des BF im Bundesgebiet nach dem 05.04.2016 für die Behörde nicht ersichtlich war, konnte sie auch nicht davon ausgehen, dass sich der Sachverhalt bezüglich seines Privat- und Familienlebens in Österreich seither maßgeblich geändert hat. Der BF war in Österreich seit der Verständigung durch das BFA am 05.04.2016 nicht mehr amtlich gemeldet. Den Vorwurf, sie hätte jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, weist die Behörde damit entschieden zurück. Es wurde mehrmals über ZMR-Abfragen überprüft, ob der BF im maßgeblichen Zeitraum zwischen 05.04.2016 und der Bescheiderlassung am 20.02.2017 in Österreich gemeldet war. Bei einer Kontrolle durch die Polizei wäre das Bundesamt aufgrund der Ausschreibungen sofort verständigt worden. Eine solche Verständigung erfolgte nicht. So hat die Behörde trotz faktischer Mitwirkungsverweigerung des BF alle maßgeblichen Tatsachen ermittelt, die der Behörde bekannt hätten sein können. Ein schützenswertes Privatleben, das nach dem 05.04.2016 in Österreich entstand, konnte ausgeschlossen werden, da sich der BF im Bundesgebiet nie amtlich gemeldet hat. Ein Familienleben das bereits vor dem 05.04.2016 bestanden hat, hat der BF trotz ausdrücklicher, nachweislicher Aufforderung zur Stellungnahme, nicht behauptet und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht. Soweit es der Behörde bekannt sein konnte, lag der Lebensmittelpunkt des BF zwischen dem 05.04.2016 und dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung offensichtlich nicht in Österreich. Außerdem darf angemerkt werden, dass die vage Aussicht auf eine Arbeitsbewilligung und einen Aufenthaltstitel noch kein schützenswertes Privatleben in Österreich darstellt.
Nach Bescheiderlassung startete die Behörde einen Zustellversuch mittels Zustellersuchen an die Österreichische Botschaft in Bosnien an die einzig bekannte Adresse des BF, die der Behörde über die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht zur Kenntnis gelangte. Dabei war keinesfalls klar, ob der BF überhaupt noch an dieser Adresse gemeldet war. Eine Zustellung des Bescheides (...) am 31.03.2017 wurde vom Rechtsvertreter des BF in der Beschwerdeschrift bestätigt.
In diesem Zusammenhang erlaubt sich die Behörde auf die grundsätzliche Mitwirkungspflicht der Partei im Verfahren hinzuweisen. Der BF hat sich zu keiner Zeit gegenüber den Behörden geäußert, irgendwelche Beweismittel erbracht oder den Anordnungen Folge geleistet. Letztlich gestaltete sich selbst die Zustellung des Bescheides als schwierig. Der BF hat damit die Ermittlungen der Behörde maßgeblich erschwert, indem er in keinster Weise an der Klärung des Sachverhaltes mitwirkte. Dass sich der BF jetzt auf die Verletzung der Ermittlungspflicht und des Parteiengehörs berufen möchte, kann entgegengehalten werden, dass der BF vom Verfahren Kenntnis hatte und es ihm auch jederzeit freistand mit der Behörde in Kontakt zu treten und seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen.
(...)."
10. Der BF verfügt nachweislich über kein Vermögen und kein regelmäßiges Einkommen im Bundesgebiet.
11. Da die belangte Behörde den Aufenthaltsort des BF im Bundesgebiet auch über mehrere ZMR-Abfragen nicht feststellen konnte und sie, wie mit Beschwerdevorlage mitgeteilt, aufgrund der Ausschreibungen bei einer Kontrolle durch die Polizei sofort verständigt worden wäre, dies jedoch nicht der Fall gewesen sei, ging sie folglich davon aus, dass sich der BF nicht mehr im Bundesgebiet aufhält und hat sie mit Spruchpunkt I. des gegenständlich angefochtenen Bescheides gegen den BF eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG erlassen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Zur Person des BF und seinen individuellen Verhältnissen
2.2.1. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum) und Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im Zuge des Verfahrens vorgelegten bis 2027 gültigen bosnischen Reisepass.
2.2.2. Dass der BF im Februar 2016 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, wurde von der belangten Behörde festgestellt und beruht auf den eigenen Angaben des BF gegenüber Organen der Finanzpolizei (AS 20). Die Feststellung über die danach erfolgte Ausreise und Wiedereinreise in den Schengen-Raum und das österreichische Bundesgebiet am 28.03.2016 ergab sich aus einem bei einer freiwilligen Nachschau von Organen der Finanzpolizei vorgefundenen bosnischen Reisepass mit einem mit "28.03.2016" datierten Einreisestempel (AS 105).
2.2.3. Die festgestellte Wohnsitzmeldung des BF im Zeitraum von 25.09.2013 bis 22.12.2014 beruht auf einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister, ebenso wie die Tatsache, dass der BF abgesehen davon keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet mehr aufweist.
2.2.4. Dass keine familiären oder sonstigen berücksichtigungswürdigen sozialen Anknüpfungspunkte des BF im Bundesgebiet festgestellt werden konnten, beruht darauf, dass solche vom BF - sowohl nach schriftlichem Parteiengehör vom 05.04.2016 als auch in gegenständlicher Beschwerde - nicht bekannt gegeben wurden.
In der Beschwerde wurde nur allgemeingehalten angeführt:
"(...) Auch hätte die Behörde um durch die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot nicht das Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu verletzen, die Zulässigkeit des Eingriffs beurteilen müssen, wozu ebenfalls ein Parteiengehör notwendig gewesen wäre. Da die Behörde über ein Jahr keine Ermittlungen tätigte und auch kein Parteiengehör ermöglichte, schuf sie die reale Gefahr einer Art. 8 EMRK Verletzung und verletzt der Bescheid auf Grund der unterlassenen Ermittlungen in entscheidenden Punkten und wegen des Ignorierens des Parteienvorbringens das Grundrecht auf Gleichbehandlung untereinander, (...)."
Dem Beschwerdevorbringen über eine Verletzung der behördlichen Ermittlungspflicht entgegnete die belangte Behörde in einer mit Beschwerdevorlage abgegebenen Stellungnahme im Wesentlichen zusammengefasst damit, dass die belangte Behörde dem BF die beabsichtigte Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorgehalten und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu seiner familiären und privaten Situation gegeben, den BF zur Meldung und zur Bekanntgabe einer Zustelladresse aufgefordert, der BF diesen behördlichen Anordnungen bzw. Aufforderungen jedoch nicht Folge geleistet habe.
Der BF hat damit gröblich seine Mitwirkungspflicht verletzt, was zur Folge hatte, dass die belangte Behörde mehrmals vergeblich über ZMR-Abfragen Überprüfungen anstellte, ob der BF im maßgeblichen Zeitraum zwischen 05.04.2016 und der Erlassung des Bescheides vom 22.02.2017 im Bundesgebiet gemeldet war, und auch nach Bescheiderlassung mittels Zustellersuchen an die Österreichische Botschaft in Bosnien an die einzig bekannte Adresse des BF, die der Behörde über die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht zur Kenntnis gelangte, eine Zustellung versuchte.
Dass der Bescheid des BFA vom 22.02.2017 dem Rechtsvertreter des BF am 31.03.2017 zugestellt werden konnte, wurde in der Beschwerdeschrift festgehalten.
Dass der BF auf den Parteivorhalt vom 05.04.2016 mit bekannt gegebener behördlicher Beabsichtigung, gegen ihn aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu erlassen, keine Stellungnahme abgegeben hat, berechtigte die belangte Behörde grundsätzlich zur Annahme der Zustimmung zum schriftlichen Vorhalt vom 05.04.2016. Dass die belangte Behörde die Tatsache, dass der BF ab 05.04.2016 nicht mehr im Bundesgebiet amtlich gemeldet war, zu Ermittlungen zur Meldeadresse des BF ab 05.04.2016 veranlasste, zeigt den durch die Verletzung der Mitwirkungspflicht des BF der Behörde entstandenen Ermittlungsmehraufwand. Dass auch mit vermehrten behördlichen Ermittlungen kein berücksichtigungswürdiges Privat- und Familienleben festgestellt werden konnte, ist wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflicht dem BF und nicht der Behörde anzulasten.
2.2.5. Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit des BF im Bundesgebiet beruhen auf diesbezüglichen Unterlagen im Verwaltungsakt - Auszügen aus dem AJ WEB-Auskunftsverfahren samt Bescheinigung seiner illegalen Beschäftigung - unter seiner Alias-Identität von 10.03.2016 bis 05.04.2016 (AS 123) - und unter seiner wahren Identität von 22.02.2016 bis 05.04.2016 - und dem Strafantrag der zuständigen Finanzpolizei nach Betretung des BF auf einer Baustelle in Ausübung einer illegalen Beschäftigung (AS 31ff).
2.2.6. Die Feststellungen zur auf die illegale Beschäftigung des BF mit totalgefälschtem slowenischen Reisepass folgenden strafrechtlichen Verurteilung des BF ergaben sich aus einem Auszug aus dem österreichischen Strafregister und dem diesbezüglichen dem Verwaltungsakt einliegenden im Dezember 2016 rechtskräftig gewordenen Strafrechtsurteil von Oktober 2016 (AS 133ff).
2.2.7. Die Feststellung, dass der BF im Bundesgebiet über kein Vermögen verfügt, hat er selbst im Zuge der Strafverhandlung im Oktober 2016 angegeben (AS 134).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) I.:
3.1. Zur Rückkehrentscheidung:
3.1.1. Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren
binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(...)."
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idgF lautet wie folgt:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-
und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(...)."
3.1.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Im gegenständlichen Fall reiste der BF am 21.02.2016 in das österreichische Bundesgebiet ein, bevor er daraufhin wieder aus- und laut einem Einreisestempel in seinem bosnischen Reisepass am 28.03.2016 wieder in den Schengen-Raum und das österreichische Bundesgebiet eingereist ist und am 05.04.2016 von Organen der Finanzpolizei auf einer Baustelle bei Ausübung einer illegalen Beschäftigung betreten werden konnte.
Auf diese Betretung des BF durch die Finanzpolizei folgte eine Anzeigeerstattung wegen Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet.
Der unrechtmäßige Aufenthaltsstatus des BF infolge seiner illegalen Beschäftigung auf einer Baustelle im Bundesgebiet wiegt bei der Interessensabwägung jedenfalls stark zu seinen Ungunsten.
Der BF hat sich zudem über einen gefälschten "slowenischen" Reisepass mit einer Alias-Identität Arbeit verschafft und durch den Besitz einer total gefälschten Urkunde offenbar auch die Täuschung der österreichischen Behörden über einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beabsichtigt.
Diese Urkundenfälschung zog ein Strafverfahren und im Dezember 2016 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung zu einer bedingten Geldstrafe nach sich.
Der BF hat im Bundesgebiet keine Familienangehörigen oder sonstige bei der Interessensabwägung zugunsten des BF berücksichtigungswürdigen sozialen Anknüpfungspunkte, gehen solche doch aus der gesamten Aktenlage und auch aus dem gegenständlichen Beschwerdevorbringen nicht hervor.
Entgegen des Beschwerdevorbringens kann der belangten Behörde zudem keine Verletzung ihrer behördlichen Ermittlungspflichten angelastet werden, hat sie doch dem BF mit einem Schreiben vom 05.04.2016 die beabsichtigte Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen vorgehalten und ihm damit innerhalb einer festgesetzten Frist auch die Möglichkeit zur Bekanntgabe eines den beabsichtigen behördlichen Maßnahmen entgegenstehenden Privat- und Familienlebens gegeben, und konnte sie mangels daraufhin eingelangter Stellungnahme von einer Zustimmung des BF zur behördlich beabsichtigten Vorgehensweise ausgehen.
Aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht des BF im gegenständlichen fremdenrechtlichen Verfahren und seines strafrechtlichen und persönlichen Verhaltens im Bundesgebiet war mangels entgegenstehender aus der Aktenlage hervorgehender berücksichtigungswürdiger familiärer oder sonstiger sozialer Anknüpfungspunkte zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und einer Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen eindeutig von einem Überwiegen der öffentlichen über den privaten Interessen des BF auszugehen.
Es liegt somit keine Verletzung der behördlichen Ermittlungspflichten, sondern vielmehr eine grobe Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den BF vor, hat dieser doch zwar noch den schriftlichen Parteivorhalt am 05.04.2016 eigenhändig übernommen, war er dann jedoch für die Behörde mangels amtlicher Meldeadresse im Bundesgebiet unauffindbar, was sie, unter Zugrundelegung eines nicht mehr aufrechten Aufenthalts des BF im Bundesgebiet, zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung veranlasste.
Die von der belangten Behörde gemäß § 52 Abs. 1. Z. 2 FPG gegen den BF erlassene Rückkehrentscheidung war im gegenständlichen Fall somit jedenfalls gerechtfertigt.
3.2. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist, sind gemäß § 46 Abs. 1 FPG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn die Überwachung der Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint, sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder dies aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist oder Fremde einem Einreise- oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Im gegenständlichen Fall war eine dem BF in Bosnien und Herzegowina drohende Konventionsverletzung nicht feststellbar, handelt es sich doch beim Herkunftsstaat des BF um einen sicheren Drittstaat und wurde auch in vorliegender Beschwerde nichts einer Abschiebung Entgegenstehendes vorgebracht. Die Beschwerde war daher auch gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
3.3. Mit Spruchpunkt III. des gegenständlich angefochtenen Bescheides wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG, BGBl. Nr. 87/2012, idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Im gegenständlichen Fall war aufgrund des vom BF im Bundesgebiet gesetzten strafbaren und persönlichen Verhaltens im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit jedenfalls "die sofortige Ausreise" des BF geboten.
Auch vom BVwG war nach durchgeführter Grobprüfung am 13.03.2018 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt worden.
3.4. Zum Einreiseverbot:
3.4.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
(...).
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
(...)."
3.4.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das vom BFA erlassene Einreiseverbot sowohl dem Grunde als auch der von der belangten Behörde in angefochtenem Bescheid ausgesprochenen zweijährigen Dauer nach als gerechtfertigt:
Mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen - gemäß §§ 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 FPG.
Gemäß § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG ist eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslbG nicht ausüben hätte dürfen.
Im gegenständlichen Fall wurde der BF am 05.04.2016 von Organen der Finanzpolizei auf einer Baustelle in Ausübung einer illegalen Beschäftigung - im Besitz eines total gefälschten "slowenischen" Reisepasses mit "Alias-Identität" und "EWR-Staatsbürgerschaft" - ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung dafür betreten.
Der BF trat am 22.02.2016 ohne Beschäftigungsbewilligung im Bundesgebiet eine Arbeit auf einer Baustelle an und wurde deswegen am 05.04.2016 von Organen der Finanzpolizei betreten, wobei im Zuge einer freiwilligen Nachschau der echte bosnische Reisepass des BF vorgefunden und daraufhin die Totalfälschung des seinem Arbeitgeber vorgelegten slowenischen Reisepasses festgestellt werden konnte.
Die belangte Behörde nahm im angefochtenen Bescheid neben dem Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG auch den Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG als erfüllt an. Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt wurde, spricht grundsätzlich für eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG.
Im gegenständlichen Fall wurde der BF wegen Fälschung seines Reisepasses und damit einer besonders geschützten Urkunde im Dezember 2016 rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 160 Tagsätzen zu je EUR 4,-, im Nichteinbringungsfall 80 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je EUR 4,- (EUR 320,-), im Nichteinbringungsfall 40 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, strafrechtlich verurteilt. Der unbedingte Teil der Geldstrafe wurde am 10.05.2017 vollzogen.
Fest steht, dass bei der Bemessung der Einreiseverbotsdauer das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).
Die belangte Behörde nahm im gegenständlich angefochtenen Bescheid, wie aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ersichtlich, unter Zugrundelegung der Einreiseverbotstatbestände der § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG und § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG in Gesamtbetrachtung aller Umstände eine vom BF ausgehende erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG, nicht jedoch eine "schwerwiegende" Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG an.
Die Erfüllung des Einreiseverbotstatbestandes nach § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG stellt bloß ein Indiz für eine "schwerwiegende" Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Vor dem Hintergrund der individuellen Aufenthaltssituation des aus Bosnien und Herzegowina stammenden BF, der kurz nach seiner Einreise seinem Arbeitgeber einen gefälschten Reisepass mit Alias-Identität und vorgetäuschter slowenischer und damit EWR-Staatsbürgerschaft vorgelegt hat, um auf illegale Weise ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung dafür ein Beschäftigungsverhältnis im Bundesgebiet begründen zu können, und für den BF die jedenfalls innerhalb von drei Monaten nach Einreise im Februar 2016 erfolgte Fälschung einer besonders geschützten Urkunde demnach Mittel zum Zweck war, war dem Einreiseverbotstatbestand nach § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG als Indiz dafür, dass aufgrund der Betretung des BF in Ausübung einer illegalen Beschäftigung eine vom BF ausgehende erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bundesgebiet besteht, der Vorrang einzuräumen.
Nicht außer Acht zu lassen ist, dass bis zum Auffinden des gefälschten Reisepasses mit Alias-Identität und EWR-Staatsbürgerschaft durch Organe der Finanzpolizei im Zuge ihrer Kontrolle am 05.04.2016 der BF offensichtlich nicht nur seinen Arbeitgeber zwecks Ausübung einer Beschäftigung ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung, sondern auch die österreichischen Behörden über seinen wahren Aufenthaltsstatus zu täuschen beabsichtigte.
Eine rechtmäßige Vorgehensweise - Beschaffung einer Beschäftigungsbewilligung vor Einreise und Antreten der Beschäftigung - ist zwecks Wahrung eines geordneten Fremdenwesens jedenfalls notwendig.
Vom BF, der nach seiner Einreise am 21.02.2016 am 22.02.2016 eine illegale Beschäftigung angetreten ist, dann wieder aus dem Bundesgebiet aus- und nach Wiedereinreise in den Schengen-Raum und das österreichische Bundesgebiet am 28.03.2016 seine illegale Tätigkeit bis zu seiner Betretung am 05.04.2016 fortgesetzt hat, und über kein Vermögen und kein regelmäßiges Einkommen aus einer legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet verfügt, geht offensichtlich die Gefahr weiterer illegal ausgeübter "Gelegenheitsarbeiten" aus.
Angesichts der aktuellen Vermögens- und Einkommenssituation und der aufgrund seiner strafrechtlichen Verurteilung wegen Fälschung seines Reisepasses offensichtlichen jederzeitigen Bereitschaft des BF zur Täuschung über seine wahre Identität und Staatsangehörigkeit und damit über seinen tatsächlichen Aufenthaltsstatus kann nicht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden.
In Gesamtbetrachtung der gesamten Vorgehensweise des BF, der sich im Bundesgebiet ohne Beschäftigungsbewilligung und mit einem gefälschten slowenischen Reisepass Arbeit verschafft und im Zuge seines fremdenrechtlichen Verfahrens mangels amtlicher Meldung und Nichtbekanntgabe seines Aufenthaltsorts grob seine Mitwirkungspflicht verletzt hat und nach eigenhändiger Übernahme des schriftlichen Parteivorhalts für die belangte Behörde im Bundesgebiet unauffindbar blieb, liegt bei einem weiteren Verbleib des BF im Bundesgebiet jedenfalls eine vom BF ausgehende erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSv § 53 Abs. 2 7 FPG vor.
Bei der Bemessung des Einreiseverbotes kann sich die Behörde zudem nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen zurückziehen, sondern ist insbesondere auch die Intensität der privaten und familiären Bindungen zu Österreich einzubeziehen (VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0057).
Mangels einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegenstehender familiärer oder sonstiger sozialer Anknüpfungspunkte und berücksichtigungswürdiger privater Interessen des BF war im gegenständlichen Fall zur Verhinderung weiterer illegaler Beschäftigungen und strafbarer Handlungen zur Täuschung über die wahre Identität und die Staatsangehörigkeit und den sich daraus ergebenden rechtlichen Aufenthaltsstatus und zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens die Erlassung eines Einreiseverbotes sowohl dem Grunde als auch der zweijährigen Dauer nach gerechtfertigt und die Beschwerde daher auch gegen Spruchpunkt IV. abzuweisen.
3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Resozialisierung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G313.2156173.1.00Zuletzt aktualisiert am
06.08.2019