TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/17 G314 2173912-3

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Veröffentlicht am 17.04.2019
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Entscheidungsdatum

17.04.2019

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §67

Spruch

G314 2173912-3/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, kroatischer Staatsangehöriger, vertreten durch dieXXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2019, Zl.: XXXX, betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids) beschlossen und zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung

(Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) verbüßte bis XXXX.2019 in österreichischen Justizanstalten eine zehnjährige Freiheitsstrafe. Nach dem Strafvollzug wurde er in Schubhaft genommen; aktuell wird er im Polizeianhaltezentrum XXXX angehalten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde vom 28.03.2019 gegen den oben genannten Bescheid vor, mit dem gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen und gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt wurde (Spruchpunkt I.). Einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt II.).

Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Er sei im Bundesgebiet seit 2009 - abgesehen von Meldungen in diversen Justizanstalten - nicht mehr niedergelassen und habe keine schützenswerten beruflichen oder familiären Bindungen. Aufgrund der in Österreich begangenen Straftaten sei seine sofortige Ausreise zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen notwendig. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Der BF erhob dagegen eine Beschwerde, mit der er die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Behebung des angefochtenen Bescheids beantragt. Hilfsweise strebt er die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots an; außerdem stellt er einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Er begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass durch die Unterlassung seiner Einvernahme sein Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Das BFA habe keine nachvollziehbare Gefährdungsprognose erstellt, zumal seine letzte Straftat mehr als zehn Jahre zurückliege und er seither nicht mehr straffällig geworden sei. Seinen vorangegangenen Verurteilungen seien vorwiegend Vergehen zugrunde gelegen; in mehreren Fällen sei es beim Versuch geblieben. Die Verurteilung 2009 hätte bereits bei der Erlassung des Bescheids über die Abänderung des unbefristeten Aufenthaltsverbots in ein zehnjähriges Einreiseverbot 2012 berücksichtigt werden müssen und könne jetzt nicht mehr zur Begründung eines Aufenthaltsverbots herangezogen werden.

Der BF habe seinen Aufenthalt seit mehr als zehn Jahren im Bundesgebiet. Ein Aufenthaltsverbot gegen ihn setze daher voraus, dass die Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib nachhaltig und maßgeblich gefährdet wäre. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, was auch die Lockerungsprognose für Vollzugslockerungen, die ihm eine zufriedenstellende Arbeitsleistung, eine gute Integration in die Wohngruppe und Bemühungen um Kontakt mit seiner Mutter attestiere, belege. Ein unbefristetes Aufenthaltsverbot sei unverhältnismäßig, weil der BF fast sein ganzes Leben in Österreich verbracht habe. In Kroatien habe er keine Familie, kein soziales Netzwerk und keine Lebensgrundlage. Er spreche schlecht Kroatisch und habe in seinem Herkunftsstaat keine persönlichen Dokumente erhalten, weil er aus allen Registern gelöscht worden sei. Es sei ihm daher nicht möglich gewesen, eine Krankenversicherung zu erhalten oder Arbeit zu finden.

Das 2012 ausgesprochene Einreiseverbot sei mit dem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht des BF nicht kompatibel und daher gegenstandslos, sodass er 2015 nicht entgegen einem bestehenden Einreiseverbot in das Bundesgebiet zurückgekehrt sei. Da er kein weiteres strafrechtliches Fehlverhalten mehr gesetzt habe, sei die Erlassung eines neuerlichen Aufenthaltsverbots gegen ihn unzulässig.

Dem BF hätte schon im Alter von 15 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden können, was nur an der Zustimmung seines Vaters gescheitert sei. Er habe sich vor dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union jahrelang aufgrund von Aufenthaltsgenehmigungen rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Er sei daher als aufenthaltsverfestigt iSd (aufgehobenen) § 9 Abs 4 BFA-VG anzusehen, was das BFA bei der Interessenabwägung gemäß Art 8 EMRK nicht berücksichtigt habe. Es sei angesichts regelmäßiger Kontakte des BF zu seiner schwer kranken Mutter, einer österreichischen Staatsbürgerin, aktenwidrig, dass er keine schützenswerten familiären Bindungen im Bundesgebiet habe.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 11.04.2019 einlangten, erstattete eine ausführliche Stellungnahme zur Beschwerde und beantragte, diese als unbegründet abzuweisen.

Feststellungen:

Der BF kam XXXX in XXXX zur Welt. Im Alter von ca. einem Jahr brachten ihn seine in Österreich lebenden Eltern zu seiner Großmutter nach Kroatien, wo er aufwuchs, bis er mit ca. fünf Jahren zu seinen Eltern nach Österreich zurückkehrte. Er besuchte hier den Kindergarten und absolvierte nach der Pflichtschule eine Bauspenglerlehre. Bis 1993 hielt er sich aufgrund eines unbefristeten Sichtvermerks im Bundesgebiet auf, bis 1994 aufgrund eines befristeten Sichtvermerks. Seither verfügt er nicht mehr über einen Aufenthaltstitel.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Er beherrscht die deutsche Sprache, spricht aber auch Kroatisch. Seine Eltern sind geschieden; zu seinem Vater hat er keinen Kontakt. Abgesehen von seiner Mutter, einer österreichischen Staatsbürgerin, hat er weder in Österreich noch in Kroatien Verwandte. In seinem Herkunftsstaat hielt er sich bis 2015 nur für Urlaube und 1994 für ca. sechs Wochen im Rahmen des Militärdiensts auf.

Der BF konsumierte seit seiner Jugend Drogen und Alkohol. Er wurde in Österreich wiederholt straffällig. Erstmals wurde er mit dem Urteil des Jugendgerichtshofs XXXX vom XXXX.1992 wegen Vermögens- und Aggressionsdelikten (§§ 142 Abs 1, 143; 15, 144 Abs 1; 105 Abs 1; 229 Abs 1; 83 Abs 1 StGB) als Jugendstraftaten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, wobei ein Strafteil von 18 Monaten bedingt nachgesehen wurde. Der unbedingte Strafteil war am XXXX.1993 vollzogen. Die zunächst dreijährige Probezeit wurde anlässlich einer Folgeverurteilung auf fünf Jahre verlängert; im Jahr 2000 wurde die bedingte Strafnachsicht widerrufen.

In den Jahren 1995 bis 2008 folgten zehn weitere strafgerichtliche Verurteilungen, großteils zu unbedingten Freiheitsstrafen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.1995 wurde gegen den BF wegen Suchtgiftdelikten (§§ 12 StGB, 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3, 16 Abs 1 SGG) eine einjährige Freiheitsstrafe verhängt, die am XXXX.1998 vollzogen war. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.1995 wurde der BF wegen Vermögens- und Urkundendelikten (§§ 127, 129 Abs 1, 229 Abs 1 StGB) zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis XXXX.1997 verbüßte. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.1996 wurde gegen ihn wegen Suchtgiftdelikten (§§ 12 Abs 1, 16 Abs 1 SGG) eine sechsmonatige Freiheitsstrafe verhängt, die bis XXXX.1997 vollzogen wurde. Am XXXX.1998 folgte eine Verurteilung zu einer einwöchigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe wegen des Vergehens der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) durch das Bezirksgericht XXXX. Die bedingte Strafnachsicht musste im Jahr 2000 widerrufen werden. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.1998 wurde der BF wegen Suchtmittel- und Vermögensdelikten (§§ 28 Abs 2 SMG, 12 StGB, 27 Abs 1 SMG, 127 StGB) zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, die am XXXX.1999 vollzogen war. Mit dem Urteil des Jugendgerichtshofs XXXX vom XXXX.2000 wurde er wegen des Vergehens des Diebstahls (§ 127 StGB) zu einer einmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis XXXX.2000 verbüßte. Mit dem seit XXXX.2000 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2000 wurde wegen Vermögensdelikten (§§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130, 15, 135 Abs 1 StGB) eine dreijährige Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB dazu verhängt, die am XXXX.2003 vollzogen war. Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.2000 wurde wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB unter Bedachtnahme darauf gemäß §§ 31, 40 keine Zusatzstrafe verhängt. Am XXXX.2005 wurde der BF vom Landesgericht für Strafsachen XXXX wegen Vermögensdelinquenz (§§ 15, 127, 129 Z 1 StGB) zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die bis XXXX.2006 vollzogen wurde. Mit dem seit XXXX.2007 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2006 folgte eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 26 Monaten wegen Eigentumsdelikten (§§ 15, 127, 129 Z 1 StGB), die der BF bis XXXX.2008 verbüßte.

Wenn der BF nicht in Haft war, hielt er sich bei seiner in XXXX lebenden Mutter oder unangemeldet bei Freunden auf. Er war im Bundesgebiet zuletzt 1993 legal erwerbstätig. Am XXXX.2007 wurde gegen ihn gemäß § 60 Abs 1 iVm Abs 2 Z 1 FPG ein seit XXXX.2007 rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Nach der Entlassung aus dem Strafvollzug am XXXX.2008 lebte er von seinen Ersparnissen aus der Haftzeit und der Unterstützung seiner Mutter, bei der er auch wieder wohnte. Er war ohne Beschäftigung und ohne anderes legales Einkommen.

Obwohl er bereits Freiheitsstrafen in der Gesamtdauer von mehr als zwölf Jahren verbüßt hatte, ließ er sich nicht von weiteren Straftaten abhalten und bedrohte am XXXX.2008 und am XXXX.2008 ein Opfer mit einer Schreckschusspistole, forderte die Herausgabe von Geld und nötigte diesem so einmal EUR 1.320 und einmal EUR 180 ab. Wegen dieser Taten wurde er am XXXX.2008 verhaftet und mit dem seit XXXX.2009 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2009 wegen des Verbrechens des schweren Raubes (§§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB) letztlich zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die Voraussetzungen für eine Strafverschärfung bei Rückfall gemäß § 39 StGB vorlagen. Bei der Strafzumessung wurden das Geständnis und die teilweise Sicherstellung der Beute als mildernd, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB, der äußerst rasche Rückfall (binnen nur zweier Monate) und das Zusammentreffen zweier Verbrechen dagegen als erschwerend berücksichtigt.

Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe zunächst in der Justizanstalt XXXX und ab XXXX 2009 in der Justizanstalt XXXX.

Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX.2012 wurde die Dauer des gegen den BF erlassenen Aufenthaltsverbots auf 10 Jahre reduziert.

Nachdem die bedingte Entlassung des BF im August 2013 und im April 2015 - unter anderem wegen seines Vollzugsverhaltens und der Suchtgiftproblematik - jeweils abgelehnt worden war, wurde mit dem Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX.2015 gemäß § 133a StVG aufgrund des Aufenthaltsverbots vom weiteren Vollzug der Strafe abgesehen. Der BF wurde daraufhin aus der Haft entlassen und reiste am 17.07.2015 nach Kroatien aus, nachdem dieser Staat für ihn ein Reisedokument ausgestellt hatte. Er kehrte aber schon im November 2015 wieder in das Bundesgebiet zurück, wo er sich unangemeldet bei seiner Mutter aufhielt. Am XXXX.2015 wurde er verhaftet und anschließend zum Vollzug der Reststrafe wieder in die Justizanstalt XXXX eingeliefert, wo er bis XXXX.2017 angehalten wurde. Danach war er bis zum urteilsmäßigen Strafende am XXXX.2019 in der Justizanstalt XXXX in Haft.

Während der Haft bemühte er sich um die Bewältigung seiner Suchtproblematik und nutzte diverse Psychotherapieangebote. Er erbrachte eine zufriedenstellende Arbeitsleistung in der Wäscherei und als Hausarbeiter und integrierte sich gut in seine Wohngruppe, beging jedoch wiederholt Ordnungswidrigkeiten. So wurde am XXXX.2017 und am XXXX.2018 jeweils wegen Suchtgiftkonsums eine Geldbuße (EUR 30 bzw. EUR 20) verhängt; wegen eines Konflikts mit einem Justizwachebeamten und wegen des Besitzes verbotener Gegenstände musste er am XXXX.2017 und am XXXX.2018 ermahnt werden.

Der BF verfügt über Ersparnisse von ca. EUR 3.000 aus der Zeit des Strafvollzugs. Abgesehen von medikamentös behandelten Entzugsproblemen aufgrund des Absetzens der Substitutionsmedikamente und Gallensteinen ist er gesund und grundsätzlich arbeitsfähig. Seine Mutter wohnt seit XXXX 2018 in einem Seniorenwohnheim in XXXX.

Beweiswürdigung:

Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen, den Angaben des BF im Schubhaftverfahren sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Versicherungsdatenauszug und dem Fremdenregister.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat über eine derartige Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (ua) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG sind hier aufgrund der Raubdelinquenz des vielfach vorbestraften BF, seines getrübten Vollzugsverhaltens und der Suchterkrankung, die er bislang nur in geschützter Umgebung einigermaßen bewältigte und die in Freiheit nach wie vor ein erhöhtes Rückfallrisiko bedeutet, erfüllt, zumal er 2015 kurze Zeit nach der Ausreise gemäß § 133a StVG unter Missachtung des bestehenden Aufenthaltsverbots in das Bundesgebiet zurückkehrte.

Wenngleich der Prämisse des BFA, der BF habe keine familiären Bindungen im Bundesgebiet, angesichts der Kontakte zu seiner österreichischen Mutter nicht gefolgt werden kann, treten seine privaten und familiären Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet aufgrund seiner Schwerkriminalität und des Umstands, dass er in Summe bereits mehr als 20 Jahre in österreichischen Justizanstalten verbrachte, trotz der schwachen Bindung zu seinem Herkunftsstaat zurück, zumal der Konsum von Suchtgift während des Strafvollzugs 2018 zeigt, dass es noch nicht zu einem maßgeblichen Gesinnungswandel hin zu einem rechtstreuen Verhalten gekommen ist. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Privat- und Familienleben ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht verbunden, zumal dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aufgrund der zuletzt besonders gravierenden Straftaten und dem schwer belasteten Vorleben des BF ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (vgl VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271). Es ist ihm daher zumutbar, den Verfahrensausgang außerhalb Österreichs abzuwarten.

Der nach dem Beschwerdevorbringen heranzuziehende Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG ist angesichts der Rückkehr des BF nach Kroatien 2015 nicht anzuwenden, zumal der langjährige Strafvollzug zum Abreißen seiner zuvor in Österreich geknüpften Integrationsbande führte und damit die Kontinuität seines Inlandsaufenthalts unterbrach (vgl EuGH 17.04.2018, C-316/16, C-424/16).

Das 2007 ausgesprochene Aufenthaltsverbot steht einer neuen Sachentscheidung nicht entgegen, zumal sich die Umstände entscheidungswesentlich geändert haben. Der BF beging 2008 zwei Raubüberfälle und wurde 2009 zu einer zehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Weder dies noch die Ausreise und Rückkehr 2015 noch das problematische Vollzugsverhalten konnten seinerzeit berücksichtigt werden. Das mittlerweile nicht mehr wirksame Aufenthaltsverbot steht der Erlassung eines neuen Aufenthaltsverbots, das sich auf neue, beim ursprünglichen Aufenthaltsverbot noch nicht berücksichtigte Gründe stützen kann, nach der derzeitigen Aktenlage nicht entgegen (vgl VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143).

Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des BF (Kroatien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit - vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt - die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2173912.3.00

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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