TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/2 W191 2189785-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.05.2019
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Entscheidungsdatum

02.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §56
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W191 2189785-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX Staatsangehörigkeit Nepal, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Hubert Wagner, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018, Zahl 477257710-161152798, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.01.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 10 und 56 Asylgesetz 2005 sowie §§ 52, 55 und 56 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein nepalesischer Staatsangehöriger, war von 14.04.2009 bis 2003 aufgrund eines vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35 erteilten Aufenthaltstitels für "Schüler" im Bundesgebiet aufhältig.

Am 04.02.2013 wurde der Zweck des Aufenthaltstitels auf "Studierender" geändert. Der BF war zum Verbleib in Österreich bis 06.02.2016 berechtigt.

1.2. Am 22.08.2016 stellte der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) mit ausgefülltem Formularvordruck "Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen" einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

Beigelegt waren dem Antrag mehrere Belege betreffend das Studium des BF, Mietvertrag, E-Card, Geburtsbestätigung, Schulzeugnisse aus Nepal, Beschäftigungsbewilligungen des AMS, Arbeitsvorvertrag, Dokumente betreffend seine in Nepal lebende Ehefrau u.a.m..

Mit Eingabe seines anwaltlichen Vertreters vom 16.11.2016 wurden weitere Belege (darunter ein Sprachzeugnis Deutsch A2) vorgelegt.

1.3. Am 10.03.2017 wurde der BF anlässlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in einem Lokal, bei er sich mit seinem abgelaufenen Studentenvisum auswies, wegen unerlaubten Aufenthaltes im Bundesgebiet von der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, bei der Fremdenpolizei angezeigt und sein nepalesischer Reisepass gemäß § 38 BFA-VG zur Sicherung des Verfahrens sichergestellt.

1.4. Mit Eingabe vom 14.04.2017 legte der BF drei Empfehlungsschreiben und eine Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse über die vom BF beantragte Selbstversicherung in der Krankenversicherung vor.

1.5. Bei seiner Einvernahme am 18.04.2017 vor dem BFA, Regionaldirektion Wien, im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Nepali, gab der BF im Wesentlichen an, er nehme Medikamente gegen Asthma, sei aber (sonst) gesund.

Den gegenständlichen Antrag habe er gestellt, weil er, nachdem er bereits in Nepal Medizin studiert habe, sein Medizinstudium in Österreich fortsetzen habe wollen. Die Magistratsabteilung 35 habe seinen Aufenthaltstitel "Studierender" nicht mehr verlängert und er habe keinen anderen Weg gefunden. Derzeit studiere er nicht, weil er auf Englisch studiert habe und vor dem Weiterstudieren auf Deutsch erst die Sprache lernen müsse.

Im August 2016 sei er für drei oder vier Monate in Nepal gewesen und nach dem derzeit laufenden Deutschkurs werde er wieder für ca. vier Wochen nach Nepal fliegen. Dort lebe seine Frau, mit der er seit 2012 verheiratet sei und gemeinsam ein leibliches Kind und ein von Verwandten adoptiertes Kind habe. In Nepal habe er zehn Jahre die Schule und zwei Jahre ein College besucht.

In Österreich lebe er, weil es ein sehr schönes Land sei. Er wolle seine Frau, die Krankenschwester sei und Deutsch lernen und hier arbeiten wolle, nachholen. Die Kinder würden in Nepal im gemeinsamen Haushalt mit seiner Frau und seinen Eltern im eigenen Haus wohnen, er telefoniere täglich mit ihnen. In Österreich habe er keine Familienangehörigen.

Er habe hier früher geringfügig beschäftigt in einem indischen Lokal gearbeitet. Derzeit gehe er keiner Beschäftigung nach und werde von einem Freund finanziell unterstützt. Er lebe gemeinsam mit zwei weiteren Personen in einer Mietwohnung.

1.6. Mit Schreiben des BFA vom 10.01.2018 wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag "abzulehnen" und eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, und ihm ergänzend die Möglichkeit eingeräumt, schriftlich Fragen zu seinen Lebensumständen in Österreich - die teilweise schon beantwortet waren - zu beantworten.

1.7. Mit Schreiben vom 01.02.2018 teilte der BF mit, es sei ihm unzumutbar, "über die NAG-Schiene einen Antrag auf Erteilung eines Visums" zu stellen. Dies würde eine Ausreise notwendig machen, wobei er dann mangels Erfüllung der konkreten Voraussetzungen der einzelnen Aufenthaltszwecke trotz bereits bestehender Integration keinen geeigneten Aufenthaltstitel beantragen könnte. Sobald es ihm erlaubt sei, würde er wieder eine Erwerbstätigkeit erlangen können.

Er spreche inzwischen sehr gut Deutsch, sei aufgrund der langen Aufenthaltsdauer in Österreich stark integriert und auch in Vereinen aktiv tätig. In seiner Heimat sei das eigene Haus zerstört worden, weshalb es für ihn auch aufgrund der kulturellen und gesellschaftlichen Verhältnisse gar nicht mehr möglich sei, nach Nepal zurückzukehren.

Diesem Schreiben beigelegt war offenbar ein "Motivationsschreiben für Bleiberecht in Österreich" des BF vom 29.01.2018, in dem er seine Lebensumstände und -einstellungen zusammengefasst darlegte.

Dem Verwaltungsakt liegen - unchronologisch vor dieser Stellungnahme eingereiht - zahlreiche Belege (mehrere zum wiederholten Male), darunter eine Anzeige des Adressenwechsels in Nepal sowie Verdienstnachweise aus vorangegangenen Jahren - ein.

1.8. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 07.02.2018 den Antrag des BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen" [richtig: "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen"] vom 22.08.2016 gemäß § 56 AsylG ab und verband diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz (in der Folge BFA-VG) mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Nepal gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des BF 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).

In der Bescheidbegründung listete die belangte Behörde die zahlreichen vom BF vorgelegten Belege genau auf und traf Feststellungen zur Person des BF.

Der humanitäre Antrag, den er am 22.08.2016 beim Bundesamt gestellt habe, begründe kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Der BF versuche durch diesen Antrag, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu umgehen.

Dem BF sei es zumutbar, "über die NAG-Schiene einzuwandern", da er nicht nur gesund und arbeitsfähig, sondern auch gut ausgebildet sei. Der Umstand, dass er das Land verlassen müsse, um einen Antrag zu stellen, können in diesem Fall nicht berücksichtigt werden, da ein öffentliches Interesse an einem geordneten und regulierten Fremdenwesen bestehe.

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG und § 52 Abs. 3 FPG sei diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden, der auch die vorgenommene Abwägung [Anmerkung: der in § 9 BFA-VG normierten Gründe] nicht entgegenstehe.

1.9. Gegen diesen Bescheid brachte der BF mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 14.03.2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) wegen erheblicher Verfahrensfehler und unrichtiger rechtlicher Beurteilung ein.

In der Beschwerdebegründung wurde ausgeführt, dass dem BF "der Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungsvollen Gründen" zu erteilen gewesen sei, da er "in Summe bereits über fast 9 Jahre im Österreich aufhältig" sei. In nur zwei Jahren davon habe er keinen Aufenthaltstitel gehabt, und in diesen zwei Jahren habe er auf die Entscheidung über den gegenständlichen Antrag gewartet.

Behauptet wurde: "Gem. § 55 AsylG ist dem Beschwerdeführer daher der Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen, da die zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens auf Grund der eingetretenen Integration im Sinne des Art. 8 EMRK geboten war." Die Behörde habe keinen freien Ermessensspielraum, sondern habe der BF einen Anspruch darauf, eine Aufenthaltsberechtigung zu erhalten.

Der Verfahrensfehler bestehe in der mangelhaften Begründung des gegenständlichen Bescheides, die dazu geführt habe, dass der erhebliche Grad der Integration des BF nicht berücksichtigt worden sei, obwohl hierzu ein substanzielles Vorbringen erstattet worden sei.

Der BF beantragte u.a. die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.10. Mit Eingabe vom 16.07.2018 legte der BF eine Bestätigung vor, dass der BF den Kurs B2 Sprechen von 03.04.2018 bis 29.05.2018 regelmäßig besucht habe und am 13.07.2018 für die "Integrationsprüfung B1" anwesend gewesen sei, aber zur Prüfung nicht habe antreten dürfen, da er über keinen gültigen Ausweis verfügt habe.

1.11. Das BVwG führte am 21.01.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Nepali durch, zu der der BF persönlich in Begleitung seines anwaltlichen Vertreters erschien. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Fernbleiben.

Dabei gab der BF auf richterliche Befragung im Wesentlichen Folgendes an (Auszug aus der Verhandlungsschrift):

"[...] RI [Richter]: Was ist Ihre Muttersprache?

BF: Nepali. Ich spreche darüber hinaus auch Englisch und Hindi.

RI an D [Dolmetsch]: In welcher Sprache übersetzen Sie für den BF?

D: Nepali.

RI befragt BF, ob er D gut verstehe; dies wird bejaht.

Zur heutigen Situation:

RI: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, der heutigen Verhandlung zu folgen?

BF: Ja, ich bin angespannt.

RI: Leiden Sie an chronischen oder akuten Krankheiten oder anderen Leiden oder Gebrechen?

BF: Nein.

[...]

Der BF hat im Verfahren vor dem BFA bisher folgende Bescheinigungsmittel vorgelegt:

Mietvertrag, Reisepass (sichergestellt), E-Card, Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Meldezettel, Referenzschreiben eines nepalesischen Unterstaatssekretärs, Unterstützungserklärung seines Vaters, Leumundszeugnis und Strafregisterauszug aus Nepal, Registrierung seiner Ehefrau als Krankenpflegerin, mehrere Bescheide des AMS (Arbeitserlaubnis), Arbeitsvorvertrag als Koch, mehrere Empfehlungsschreiben, Deutschprüfungszeugnis A2, Versicherungsnachweis Wiener Gebietskrankenkasse, Deutschkursbesuchsbestätigungen VHS, Verdienstnachweise, zahlreiche Belege bezüglich sein Studium in Nepal und in Österreich.

Heute legt er zusätzlich vor: Kursbestätigung (4-stündiger Kurs für Hotel- und Gastgewerbe vom Oktober 2018), Bestätigung der WGKK bezüglich der Sozialversicherung, Bestätigungen, dass der BF Deutschprüfungskurse (B2) absolviert hat, die Prüfung aber nicht ablegen durfte. Diese werden in Kopie zum Akt genommen.

[...]

Zur Identität und Herkunft sowie zu den persönlichen

Lebensumständen:

RI: Sind die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu Ihrem Namen und Geburtsdatum sowie zu Ihrer Staatsangehörigkeit korrekt?

BF: Ja.

RI: Welcher ethnischen Gruppe bzw. Volks- oder Sprachgruppe gehören Sie an?

BF: Ich bin Brahmane.

RI: Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an, und wenn ja, welcher?

BF: Ich gehöre der Religionsgemeinschaft der Hindus an, bin aber gläubiger Christ.

RI: Sind Sie verheiratet, oder leben Sie in einer eingetragenen Partnerschaft oder sonst in einer dauernden Lebensgemeinschaft?

BF: Ich bin verheiratet, ich habe einen Sohn und einen Adoptivsohn in Nepal.

Zur derzeitigen Situation in Österreich:

RI: Haben Sie in Österreich lebende Familienangehörige oder Verwandte?

BF: Nein.

RI: Haben Sie Kontakt zu Österreichern? Haben Sie in Österreich wichtige Kontaktpersonen, und wie heißen diese?

BF: Ich habe in Österreich viele Freunde und Bekannte, teils vom Arbeitsplatz, vom Studium und privat.

RI ersucht D, die folgenden Fragen nicht zu übersetzen. RI stellt diverse Fragen.

RI: Sprechen Sie Deutsch? Haben Sie mich bis jetzt auch ohne Übersetzung durch den D verstehen können?

BF: Ja, ich kann Sie verstehen.

RI stellt fest, dass der BF die zuletzt gestellten und nicht übersetzten Fragen verstanden und die Verhandlung teilweise auf Deutsch geführt hat.

RI: Haben Sie Arbeit in Österreich? Gehen Sie einer regelmäßigen Beschäftigung nach?

BF: Ich bin seit September 2018 Geschäftsführer in einem Restaurant, der XXXX BFV [Vertreter des BF]: Es handelt sich dabei um einen Essenslieferantenbetrieb für Bioessen mit mehreren Standorten in Wien.

Festgehalten wird, dass der Betrieb im Internet in der Verhandlung gesucht und gefunden wird. Die vorgelegte Kopie des Antrages an das Firmenbuch wird zum Akt genommen.

RI: Besuchen Sie in Österreich bestimmte Kurse oder eine Schule, oder sind Sie aktives Mitglied in einem Verein? Gehen Sie sportlichen oder kulturellen Aktivitäten nach? Wie ist Ihr Tagesablauf?

BF: Ich bin kein sportlicher Typ. Ich helfe Indern, etwa alten Menschen, bei Amtswegen. Es gibt mir eine Entspannung, wenn ich anderen Menschen helfe.

RI: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht wegen einer Straftat verurteilt oder von einer Behörde mit einem Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot belegt?

BF: Nein.

RI: Unterhalten Sie von Österreich aus noch Bindungen an Ihren Herkunftsstaat, insbesondere Kontakte zu dort lebenden Familienangehörigen, Verwandten, Freunden oder zu sonstigen Personen? Wenn ja, wie sieht dieser Kontakt konkret aus (telefonisch, brieflich, per E-Mail), bzw. wie regelmäßig ist dieser Kontakt?

BF: Ich kommuniziere mit meiner Familie über das Internet täglich.

RI: Was spricht dagegen, dass Sie jetzt wieder in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren?

BF: Ich habe hier in Österreich sehr lange Zeit gelebt und auch Freunde gefunden. Das Land Österreich gefällt mir, ich finde, die Österreicher sind hilfsbereit und freundlich. Ich habe eine Karrierechance in Österreich gesehen. Vielleicht mache ich eine Weiterbildung als Krankenpfleger oder Heimhilfe oder Sozialarbeiter. Das Geld, das ich verdiene, verwende ich für meine Kinder für den Kindergarten und um anderen Menschen zu helfen.

RI: Sie sind doch nach Österreich gekommen, um hier zu studieren. Ist das kein Thema mehr für Sie?

BF: Ich habe hier in Österreich zunächst an einer amerikanischen Privatuniversität in 1070 Wien Diplomatie (auf Englisch) studiert.

RI: Wie weit sind Sie mit Ihrem Studium?

BF: Ich habe nur zwei Jahre die Uni besucht, die Universtität ist seit 2011 geschlossen. Das Studium hätte noch zwei Jahre lang gedauert und mit dem Bachelor abgeschlossen. Ich habe versucht, das Studium an anderen Universitäten (etwa bei der Webster-Uni) fortzusetzen, es war aber für mich zu teuer. Dann habe ich bei der Universität für Bodenkultur in Wien einen Antrag auf Zulassung zum Studium gestellt (Bioresearch-Management). Ich hätte eine Deutschprüfung (C1) ablegen müssen. Nach einem Semster hat meine Frau ein Kind geboren, und ich bin dann für drei Monate zu ihr nach Nepal gereist. Als ich wieder zurückgekommen bin, habe ich noch ein Semester lang den Deutschkurs besucht. Die Uni hat mich dann nicht zum Studium zugelassen, weil ich die Prüfung nicht in der vorgegebenen Frist abgelegt habe.

BF legt Belege hiefür vor, die in Kopie zum Akt genommen werden.

BF: Seither besuche ich privat an der VHS Deutschkurse.

RI: Wann haben Sie sich in Nepal aufgehalten, zumal Sie im Jahr 2012 geheiratet haben und im Jahr 2014 Ihr Kind zur Welt gekommen ist?

BF: Seit ich in Österreich bin, war ich drei oder vier Mal in Nepal. Im Reisepass sind alle Ein- und Ausreisen vermerkt. Ich habe auch meinen alten Reisepass bei mir Zuhause. Soweit ich mich erinnern kann, war ich das erste Mal 2012 für ca. sechs Wochen in Nepal. Das zweite Mal war ich 2013 oder 2014 für ca. zweieinhalb Monate und das dritte Mal war ich 2016 ca. zweieinhalb Monate in Nepal.

Der RI bringt unter Berücksichtigung des Vorbringens des BF auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen die dieser Niederschrift beiliegenden Feststellungen und Berichte über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat [...] (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2018) in das gegenständliche Verfahren ein.

Der RI erklärt die Bedeutung und das Zustandekommen dieser Berichte. Im Anschluss daran legt der RI die für die Entscheidung wesentlichen Inhalte dieser Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat dar.

RI folgt BFV Kopien dieser Erkenntnisquellen aus und gibt ihm die Möglichkeit, zu den bisherigen Angaben des BF ihm Fragen zu stellen. Ihm wird für eine allfällige schriftliche Stellungnahme ab heute eine Frist von - zwei Monaten - eingeräumt.

BFV: Würden Sie, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten, Ihr Studium Diplomatie abschließen wollen?

BF: Ja.

BFV: Warum können Sie aus Ihrer Sicht nicht nach Nepal zurückkehren?

BF: Ich bin schon lange in Österreich, mein Studium habe ich noch nicht abgeschlossen. Ich habe auch Kinder zuhause, ich möchte hier bleiben.

BFV wiederholt die Frage.

BF: Ich möchte mein Leben hier aufbauen.

BFV: Welche Probleme haben Sie in Nepal?

BF: Ich habe keine persönlichen Probleme in Nepal. In der ganzen Welt gibt es Probleme. Ich habe so lange Zeit auch kein Geld, was soll ich dann unten machen, ich müsste von ganz vorne anfangen. Die Leute werden sagen, ich hätte nichts gemacht und habe zehn Jahre im Ausland gelebt.

RI befragt BFV, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will; dies wird verneint.

RI befragt BF, ob er noch etwas Ergänzendes vorbringen will;

BF: Ich bitte Sie um eine Arbeitserlaubnis mit Aufenthaltsbewilligung, ich respektiere die österreichischen bzw. europäischen Gesetze.

RI befragt BF, ob er D gut verstanden habe; dies wird bejaht. [...]"

Dem BFA wurde die Verhandlungsschrift samt Beilagen übermittelt.

1.12. Innerhalb der dem BF gewährten Nachfrist ist keine ergänzende Stellungnahme des BF beim BVwG eingelangt.

Mehr als ein Monat verspätet ist eine Stellungnahme des BF eingelangt, in der er einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag vorlegte und eine kurze ergänzende Stellungnahme abgab.

Vorgelegt wurden eine Mitgliedskarte des Samariterbundes sowie eine Spendenbestätigung. Die Zahl der Aufenthalte des BF in Nepal seit 2012 wurde auf drei korrigiert.

Die Länderberichte würden die allgemeine Situation in Nepal im Großen und Ganzen richtig darstellen.

Bezogen auf den BF sei aufgrund des Erdbebens jedoch eine besonders missliche Lage eingetreten, da sein Haus zerstört worden sei und seine Familie nur äußerst notdürftig und provisorisch bei seinen Eltern untergebracht sei. Es liege somit ein berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des Art. 8 EMRK vor und sei die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels geboten.

Belege oder sonstige Beweismittel für dieses Vorbringen legte der BF nicht vor.

Dem BFA wurde auch diese Eingabe übermittelt.

2. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

* Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend den Antrag vom 22.08.2016, die vom BF vorgelegten Belege und sonstigen Beweismittel, die Niederschrift der Einvernahme des BF vor dem BFA am 18.04.2017, das schriftlich gewährte Parteiengehör vom 10.02.2018 und die dazu erfolgte Stellungnahme des BF vom 01.02.2018 sowie die Beschwerde vom 14.03.2018

* Einvernahme des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 21.01.2019 sowie Einsichtnahme in die im Beschwerdeverfahren zusätzlich vom BF vorgelegten Belege

* Einsicht in die vom BVwG in das Verfahren eingebrachten Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des BF (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2018)

3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):

Das BVwG geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen, glaubhaft gemachten Sachverhalt aus:

3.1. Zur Person des BF:

Der BF führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist nepalesischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe/Kaste der Brahmanen und der Religionsgemeinschaft der Hindus an und ist nach eigenen Angaben gläubiger Christ.

Der BF stammt aus Nepal, hat dort zehn Jahre lang die Schule und zwei Jahre lang ein College besucht. Er ist seit dem Jahr 2009 - zunächst mit einem Aufenthaltstitel nach dem NAG als Schüler bzw. Studierender, der bis 2016 gültig war - in Österreich aufhältig.

Der BF hat mehrere Male seinen Herkunftsstaat besucht, dort im Jahr 2012 geheiratet, und dort ist auch im Jahr 2014 sein Kind zur Welt gekommen. Seine Ehefrau, ihr gemeinsames leibliches sowie ein weiteres adoptiertes Kind leben zu Hause in Nepal im gemeinsamen Haushalt mit der Ehefrau und den Eltern des BF. Der BF hat mit seiner Familie täglich Kontakt über das Internet.

Der BF hat in Österreich ab 2009 zwei Jahre lang an einer Privatuniversität in Wien - in englischer Sprache - Diplomatie studiert. Nachdem diese Universität im Jahr 2011 schloss, versuchte der BF, das Studium an anderen Universitäten - etwa an der Webster-Universität in Wien - fortzusetzen, konnte sich das aber nicht leisten. Dann versuchte er, eine Zulassung zum Studium Bioresearch-Management an der Universität für Bodenkultur in Wien zu erreichen, was ihm aber mangels hinreichender Deutschkenntnisse nicht gelang, zumal er in dieser Zeit anlässlich der Geburt seines Kindes mehrere Monate bei seiner Frau in Nepal verbrachte.

Er war dann - nach einigen Monaten geringfügiger Beschäftigung in einem indischen Lokal - einige Zeit ohne Beschäftigung und war zuletzt Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft in der Lebensmittelbranche.

Der BF engagiert sich in einem geselligen Nepal-Verein in Wien und auch privat durch Hilfestellungen für andere Menschen.

Er bemüht sich um seine Integration in Österreich, hat die Deutschprüfung A2 abgelegt sowie B1- und B2-Deutschkurse besucht und lebt gemeinsam mit zwei anderen Personen in einer Mietwohnung in Wien.

Der BF ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

3.2. Zu einer möglichen Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat:

Es konnte vom BF nicht glaubhaft gemacht werden, dass er im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat einer existenziellen Bedrohungslage (ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes oder aus gesundheitlichen/medizinischen Gründen) ausgesetzt wäre.

Der BF hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Allfällige freundschaftliche Beziehungen in Österreich sind erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der BF seiner (zeitlich und inhaltlich) eingeschränkten aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. Seine Familie, zu der er regelmäßigen Kontakt hat, lebt im Herkunftsstaat.

3.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des BF:

Aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des BF getroffen:

Zur allgemeinen Lage in Nepal (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA vom 27.03.2018, Schreibfehler teilweise korrigiert):

"Nepal

Politische Lage

Nepal hat ca. 147.181 km² Fläche und ca. 29,5 Mio. Einwohner. Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (AA 2.2018). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie, die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996-2006) entstand. Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 2.2018; vgl. AA 3.2018).

Nepal war 240 Jahre lang ein hinduistisches Königreich. Die ersten freien Parlamentswahlen im MAI 1991 gelten als Geburtsstunde der parlamentarischen Demokratie in Nepal. Die oftmals rasch wechselnden Koalitions- und Minderheitsregierungen konnten die Erwartungen der breiten Bevölkerung jedoch nicht erfüllen. Der Unmut führte schließlich im Februar 1996 zur Aufnahme des bewaffneten Kampfes der maoistischen Rebellenbewegung unter Führung der Unified Communist Party of Nepal (UCPN-M) gegen das bestehende politische System mit dem Ziel der Etablierung einer Volksrepublik. Der Konflikt zwischen Sicherheitskräften und Maoisten eskalierte nach 1999 landesweit und forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.000 Todesopfer auf beiden Seiten. Mehr als 1.200 Menschen gelten noch immer als vermisst. Die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996 - 2006) Anfang April 2008 gewählte erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik. Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19.11.2013 gewählt. Die endgültige Staatsform, das Regierungs- und Wahlsystem sowie die künftige föderale Gliederung (sieben Provinzen) regelt die neue Verfassung, die am 16.09.2015 durch die verfassungsgebende Versammlung verabschiedet und am 20.09.2015 verkündet wurde. Mit Verkündung der Verfassung hatte sich die verfassungsgebende Versammlung aufgelöst. Die Funktion übernahm in Folge das Parlament. Das Parlament und die sieben neu eingerichteten Provinzparlamente sind am 07.12.2017 gewählt worden (AA 3.2018).

In den im November und Dezember 2017 abgehaltenen Parlaments- und Provinzwahlen erhielten die Vereinte Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (CPN-UML) und ihr Bündnispartner, die Kommunistisch-Maoistische Zentrumspartei (CPN-MC), 121 bzw. 53 Sitze im Unterhaus, das über 275 Sitze verfügt. Bei der bislang stärksten Partei Nepali Congress (NC) verfehlten dagegen viele Politiker den Wiedereinzug ins Parlament. In der südlichen Provinz Nr. 2 erhielten zwei Parteien, die die Minderheit der Madhesi vertreten, eine parlamentarische Mehrheit. Das linke Bündnis der Kommunisten verstärkte seine Position noch, indem es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erhielt. Die CPN-UML und die CPN-MC gewannen dort 27 bzw. 12 Sitze von insgesamt 59. Nach dem überwältigenden Wahlsieg des linken Bündnisses hat der Führer der CPN-UML Khadga Prasad Sharma Oli das Amt des Premierministers Nepals als Nachfolger von Sher Bahadur Deuba angetreten.

Die verfassungsmäßigen Vorschriften und neuen Mehrheitsverhältnisse machen es wahrscheinlich, dass Nepal, anders als in der Vergangenheit, von Premierministern regiert wird, die mehrere Jahre im Amt bleiben werden. Nach den erfolgreichen Wahlen sind jetzt auf der Gemeinde-, der Provinz- und der Bundesebene gewählte Volksvertreter dabei, die Exekutive zu kontrollieren (GIZ 3.2018b; vgl. DS 14.02.2018).

Auf nationaler Ebene wird Nepal ein Bestehen von demokratischen Institutionen attestiert. Doch sind diese instabil, etwas umstritten und wegen fortwährender politischer Kontroversen wenig effektiv (BTI 2018). Diese ersten nationalen, regionalen und lokalen Wahlen, welche unter einer neuen Verfassung mit einer hohen Wahlbeteiligung stattfanden, bedeuten trotz einiger Gewaltmeldungen einen Aufwärtstrend für Nepal (FH 2018).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage bleibt vor allem in urbanen Zentren wie Kathmandu und Pokhara angespannt. Unruhen, Streiks und Anschläge sind zu keiner Zeit auszuschließen (BMEIA 28.3.2018). Nepal befindet sich in einer politischen Übergangsphase. Seit Inkrafttreten der Verfassung am 20.09.2015 haben sich die politischen Spannungen erhöht, da sie nicht von allen politischen Parteien und Gesellschaftsgruppen akzeptiert wird. Zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2016 führten zahlreiche Proteste und Generalstreiks auf nationaler, regionaler und Distrikt-Ebene zu mehrmonatigen Versorgungsengpässen; vor allem die Treibstoffversorgung war stark eingeschränkt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt. Sie haben vereinzelte Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden verursacht (EDA 18.12.2017). Im jetzigen politischen Umfeld kommt es in Nepal nur noch gelegentlich zu kurzfristig ausgerufenen "Bandhs" (Zwangsstreiks jedweder Art, auch im Kathmandu-Tal, mit Blockaden/Straßensperren); manchmal werden diese auch gewaltsam durchgesetzt. Letzteres gilt auch für sog. Transportstreiks. Nach den bisherigen Erfahrungen können diese Protestaktionen das öffentliche Leben empfindlich stören. Besonders im TerAI ist mit Protestaktionen und gewaltsamen, unter Umständen gefährlichen Auseinandersetzungen zu rechnen (AA 20.03.2018).

Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch. Auf Grund der politischen Instabilität und der Unzuverlässigkeit des Rechtssystems ist eine steigende Gewaltbereitschaft und Kriminalität im ganzen Land feststellbar (AA 20.03.2018).

Bedenken bestehen hinsichtlich Aktivitäten von indischen Grenzsicherheitskräften, welche außerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche agieren. Darüber hinaus sollen chinesische Grenztruppen an der nördlichen Grenze zur Autonomen Region Tibet gelegentlich auf nepalesischem Territorium operieren (BTI 2018).

Regionale Problemzone Terai

Politische und ethnische Spannungen sind im TerAI und in den östlichen Hügelgebieten ausgeprägter als in anderen Teilen des Landes. Im Terai-Gebiet im Süden des Landes agieren zahlreiche bewaffnete Gruppierungen und es kommt häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Es besteht ein Risiko von lokalen Unruhen, Blockaden und Streiks (Bandhs), besonders in Siraha, Sarlahi, Dhanusha, Bara, Kailali, Dang und Kapilbastu, sowie in den östlichen Hügeldistrikten inklusive Jhapa (EDA 18.12.2017; vgl. AA 20.03.2018, BMEIA 28.03.2018).

Am 08.08.2015 einigten sich vier der wichtigsten Parteien darauf, Nepal in der neuen Verfassung als föderale Republik zu definieren und in sieben föderal verwaltete Bundesstaaten aufzuteilen. Ethnische Gruppen im Süden und mittleren Westen von Nepal protestierten gegen die neue Struktur, die ihnen ihrer Meinung nach die politische Repräsentanz verweigerte. In der Folge kam es zu gewalttätigen Protesten in der Region Terai. Die Sicherheitskräfte wendeten bei mehreren Zusammenstößen mit Protestierenden exzessive, unverhältnismäßige oder unnötige Gewalt an. Bis Oktober 2015 waren mehr als 50 Zivilpersonen und Polizeiangehörige bei diesen Auseinandersetzungen ums Leben gekommen (AI 24.02.2016; vgl. BTI 2018). Von Ende August 2015 bis zum Frühjahr 2016 forderten Unruhen im westlichen Terai mehrere Todesopfer und Verletzte, und es wurde eine Ausgangssperre verhängt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich (EDA 18.12.2017; vgl. AA 20.03.2018, BMEIA 28.12.2017, AI 22.02.2018).

Im März 2017 kam es im Distrikt Saptari (östliches Terai) zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten der Madhesi und Sicherheitskräften, die mehrere Todesopfer und zahlreiche Verletzte forderten. Während der Untersuchung der Todesfälle wurden Beamte der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) in ihrem Fahrzeug von Anhängern jener Partei angegriffen, welche die Wahl boykottierten (AI 22.02.2018; vgl. HRW 18.01.2018).

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Gerichtsbarkeit ist unabhängig und gemäß internationalen Maßstäben des Rechtsdenkens ausgerichtet. Das Justizwesen ist jedoch anfällig für politischen Druck, Bestechung und Drohungen. Das Gerichtswesen ist dreistufig: an der Spitze steht der Oberste Gerichtshof, darunter rangieren Berufungs- und Distriktgerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen zuständig (GIZ 3.2018; vgl. USDOS 03.03.2017). Durch den Obersten Gerichtshof wurden mehrere politische Führer wegen Korruption anklagt und mutige Entscheidungen mit Bezug auf Übergangsjustiz, Staatsbürgerschaft und Quoten getroffen (BTI 2018).

Die Behörden setzen Gerichtsbeschlüsse, einschließlich Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs, nicht konsequent um. Der Respekt für die Einhaltung rechtsstaatlicher Normen und das Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane sind erodiert. Die formelle Justiz ist in Nepal für Konfliktparteien oft kaum erreichbar, unzuverlässig und zu teuer. Die weit verbreitete Korruption der Polizeibehörden und der Staatsverwaltung trägt dazu bei, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die bestehenden Rechtsorgane setzt (GIZ 3.2018; vgl. USDOS 03.03.2017).

Unsichere Eigentumsrechte stellen für Einkommensschwache ein besonderes Problem dar, da es diesem Personenkreis oft an einer geeigneten Dokumentation mangelt, um einen Anspruch auf Grund und Boden bei der Verwaltung und bei örtlichen Gerichten durchzusetzen (BTI 2018).

Bei der Umsetzung und Mittelausstattung für die beiden Übergangsmechanismen der Justiz, der Wahrheitskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) und der Untersuchungskommission für Verschwindenlassen / verschwundene Personen (Commission on the Investigation of Enforced Disappeared Persons - CIEDP), kommt es zu Verzögerungen. Während der Konfliktzeit begangene Verbrechen werden nur ungenügend strafverfolgt (USDOS 03.03.2017).

Die Regierung hat das vom Obersten Gerichtshof in den Jahren 2014 und 2015 angeordnete Gesetz zur Untersuchung von Fällen verschwundener Personen, Wahrheit und Versöhnung nicht abgeändert. Bis Ende des Jahres hatten die TRC und die CIEDP über 60.000 bzw. 3.000 Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen wie Mord, Folter und Verschwindenlassen durch staatliche Sicherheitskräfte und Maoisten während des Konflikts von 1996 bis 2006 gesammelt. Effektive Untersuchungen fanden nicht statt. Ein akuter Mangel an Ressourcen und Kapazitäten beeinträchtigt die Fähigkeit der beiden Organe, Aufklärung, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erbringen (AI 22.02.2018; vgl. BTI 2018).

Sicherheitsbehörden

Die Aufgabe der Nepal Police (NP) ist die Durchsetzung von Recht und Ordnung, während die Armed Police Force (APF) für die Terrorismusbekämpfung, für die Gewährleistung der Sicherheit während Ausschreitungen und öffentlichen Unruhen, für die Unterstützung bei Naturkatastrophen und für den Schutz wichtiger Infrastruktur zuständig ist. NP und APF können Fahndungs- und Haftbefehle ohne gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Überprüfung erlassen. Beide Einheiten verfügen, genauso wie die Armee (Nepal Army - NA), über eine Menschenrechtskommission, aber nur die Kommissionen von NP und NA verfügen über unabhängige Ermittlungsbefugnisse. Alle Sicherheitskräfte erhalten eine Menschenrechtsschulung. Von der NP wurde festgestellt, dass die Missbrauchsvorwürfe bezüglich der Zeit des Bürgerkriegs durch die Truth and Reconciliation Commission (TRC) behandelt werden sollten. Die Menschenrechtskommission der Nepal Police berichtete zwischen Juli 2015 und Juli 2016 über drei Beschwerden, die sich alle auf Foltervorwürfe bezogen und zur Bestrafung von zehn Polizeibeamten führten. Sieben Offiziere erhielten offizielle Rügen, und drei wurden nicht befördert. Zusätzlich rügte die nepalesische Polizei in drei Folterfälle aus dem abgelaufenen Jahr fünf Beamte und mahnte einen anderen Beamten ab. Die NGO Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) und das Advocacy Forum (AF) berichten jedoch unabhängig voneinander, dass sie seit August 2016 mehrere Beschwerden wegen Polizeigewalt bei den Bezirksgerichten einreichten, die alle noch anhängig sind. AF informiert weiters, dass es keine Beschwerden mehr an die Menschenrechtskommission der NP richtet, da diese auf keine der über 100 Beschwerden, welche AF seit 2010 eingereicht hat, reagiert hat. Die Polizeikorruption, vor allem bei unterbezahlten niederen Polizeibeamten, und die mangelhafte Bestrafung polizeilichen Missbrauchs bleiben weiterhin Probleme (USDOS 03.03.2017).

Bemühungen, die strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten, werden weiterhin dadurch stark untergraben, dass die Polizei die zur Einleitung von Ermittlungen erforderlichen Berichte (First Information Reports) nicht anfertigt, keine Untersuchungen einleitet und gerichtliche Anweisungen nicht befolgt. Dies gilt selbst in Fällen von mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen, Menschenhandel, geschlechtsspezifischer Gewalt sowie von Folter und anderen Misshandlungen (AI 24.02.2016).

Angebliche unangemessene Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte bei den Protesten zwischen August 2015 und Februar 2016 - besonders in der Region Terai - werden kritisiert und als erhebliches Menschenrechtsproblem betrachtet (USDOS 03.03.2017).

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl sich sowohl die Interimsverfassung von 2007 als auch die Verfassung von 2015 mit dem Thema Folter befassen, wird diese nicht explizit kriminalisiert und das Gesetz enthält keine klaren Leitlinien zur Bestrafung der Täter. Das Folter-Entschädigungs-Gesetz sieht eine Entschädigung für Folteropfer vor; das Opfer muss eine Beschwerde einbringen und den Fall vor Gericht verfolgen. Die NGO Terai Human Rights Defenders Alliance (THRDA) erklärt, dass Folteropfer wegen der Einschüchterungen durch Sicherheitskräfte und aus Angst vor Repressalien oft zögern, eine offizielle Beschwerde einzureichen. Weiters wurden laut THRDA zahlreiche Folterfälle vom Gericht aufgrund fehlender glaubwürdiger Beweise, insbesondere medizinischer Befunde, zurückgewiesen. In Fällen, in denen die Gerichte dem Opfer einen Schadenersatz zusprachen oder eine Disziplinarmaßnahme gegen die Polizei verordneten, wurden die Urteile nur selten umgesetzt. THRDA verzeichnet eine leichte Steigerung von Misshandlungen. In den ländlichen Teilen der Terai-Region ist gemäß NGO-Angaben keine Verbesserung bezüglich Polizeigewalt feststellbar. Berichten zufolge wird der Polizei im Distrikt Kailali willkürliche Verhaftung, Folter und andere Misshandlungen bzw. erzwungene Geständnisse im Zusammenhang mit der Tötung von Demonstranten und einem Kind in Tikapur im August 2015 vorgeworfen (USDOS 03.03.2017).

Während der Untersuchungshaft kommt es nach wie vor zu Fällen von Folter - etwa um Geständnisse zu erzwingen. Das neue Strafgesetz, welches durch das Parlament im August 2017 verabschiedet wurde, enthält Bestimmungen, welche Folter und andere Misshandlungen unter Strafe stellen und mit einer Höchststrafe von fünf Jahren ahnden. Ein eigenständiges Anti-Folter-Gesetz, welches im Parlament anhängig bleibt, entspricht bei weitem nicht den völkerrechtlichen Anforderungen (AI 22.02.2018).

Die Regierung verhindert gründliche Untersuchungen bzw. das Ergreifen schwerwiegender Disziplinarmaßnahmen gegen Polizisten, die wegen Brutalität und Folter angeklagt wurden. Der UN-Ausschuss gegen Folter stellte fest, dass die Folterung von Verdächtigen in Untersuchungshaft weit verbreitet ist. Amnesty International berichtet von Fällen von Folterung von Frauen und Kindern (FH 27.01.2017).

Gemäß dem Folterbericht von AF waren 17,2% der 1.212 befragten Insaßen im Jahr 2015 und 16,2% im Jahr 2014 einer körperlichen Misshandlung ausgesetzt. Der gleiche Bericht weist auf einen leicht erhöhten Anstieg der Folterfälle unter Häftlingen indigener Gruppen hin. Laut der Menschenrechtskommission der Nepal Police (NP) wurde der Großteil der angeblichen Vorfälle nicht offiziell angezeigt oder formell untersucht. Bis August 2016 besuchte die Menschenrechtskommission der NP sieben Haftanstalten in vier Distrikten, und befragte die Häftlinge über die Behandlung in der Haft (USDOS 03.03.2017).

Korruption

Das Verwaltungssystem ist marode, voller Korruption und dringend reformbedürftig (BTI 2018). Korruption bleibt auf allen Ebenen der Verwaltung ein Problem (USDOS 03.03.2017).

Wie in den meisten südasiatischen Ländern deuten verschiedene Indikatoren auf eine schwache Leistungsfähigkeit des Staates hin. Während die Verwaltungsstruktur des Staates über die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung hinausgeht, ist die schwache Verwaltung nicht in der Lage, allen Bürgern einen gerechten Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen zu gewähren. Gerade im ländlichen Raum ist die Infrastruktur zu schwach, um eine solide administrative Basis für die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu ermöglichen (BTI 2018).

Obwohl das Gesetz Strafen für Behördenkorruption vorsieht, gibt es weiterhin Berichte darüber, dass korrupte Praktiken ungestraft ausgeübt werden. Es gibt zahlreiche Meldungen über korrupte Handlungen auf allen Regierungsebenen, in politischen Parteien und parteinahen Organisationen. Auch die Gerichtsbarkeit ist von Bestechungen betroffen. Korruption und Straflosigkeit stellen auch innerhalb der Polizei weiterhin ein Problem dar, vor allem in den unteren Rängen (USDOS 03.03.2017).

Nepal liegt im 2017 Corruption Perceptions Index von Transparency

International mit einer Bewertung von 31 (von 100) (0=highly

corrupt, 100=very clean) auf Platz 122 (von 176) (je höher, desto

schlechter) (TI 2018). 2016 lag das Land mit Bewertung 29 auf Platz 131 (von 180) (TI 2016).

Wehrdienst und Rekrutierungen

Ein freiwilliger Militärdienst ist im Alter von 18 Jahren möglich, eine Wehrpflicht gibt es nicht (CIA 22.02.2018).

Allgemeine Menschenrechtslage

Nach dem verheerenden Erdbeben am 25.04.2015 wurde innerhalb weniger Monate eine neue Verfassung verabschiedet, welche im September 2015 in Kraft trat. Sie wies zahlreiche Defizite in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte auf und sah eine föderalistische Staatsstruktur vor, die von den ethnischen Gruppen in der Terai-Region abgelehnt wurde. Der Verfassungsänderung folgten gewalttätige Zusammenstöße zwischen Protestierenden und Polizei - besonders in den Gebieten der Terai, und führte von August 2015 bis Februar 2016 zu zahlreichen Toten (AI 22.02.2017; vgl. AI 24.02.2017, AI 22.02.2018, BTI 2018). Im August 2016 genehmigte jedoch die Regierung die Gründung einer unabhängigen Juristischen Kommission, um Menschenrechtsverletzungen während der Unruhen bezüglich der Verfassungsänderung zu untersuchen. Aber seit September wurde die Arbeit noch nicht aufgenommen (USDOS 03.03.2017).

Durch eine ungleiche Verteilung der Katastrophenhilfe nach dem Erdbeben wurden benachteiligte Gruppen diskriminiert; in allen betroffenen Gebieten kam es zu Verzögerungen beim Wiederaufbau (AI 22.02.2017; vgl. AI 24.02.2017). Hunderttausende Überlebende des Erdbebens von 2015 (fast 70% der Betroffenen) leben noch immer in Notunterkünften. Die Regierung hat einen Nachweis des Grundbesitzes als Bedingung für den Erhalt einer Wiederaufbauförderung festgelegt. Da jedoch bis zu 25% der Bevölkerung dieses Kriterium nicht erfüllt haben, sind zehntausende der Überlebenden des Erdbebens nicht förderfähig. Die Situation betrifft vor allem marginalisierte und benachteiligte Gruppen, darunter Frauen, Dalits, wie auch andere ethnische Minderheiten und Kasten (AI 22.02.2018; vgl. BTI 2018).

Weitere Menschenrechtsprobleme sind die Schikanierung von Medien und die Einschränkung der Presse durch Selbstzensur. Die Regierung begrenzte die Versammlungsfreiheit vor allem in den Gebieten, wo die gewalttätigen Proteste gegen die Verfassungsänderung stattfanden. Die Freiheitsrechte von Flüchtlingen, insbesondere tibetischer Herkunft, wurden teilweise eingeschränkt. Die Staatsbürgerschaftsgesetze und -regelungen sind diskriminierend und tragen zur Entstehung von Staatenlosigkeit bei. Früh- und Zwangsehen sowie Vergewaltigung und häusliche Gewalt gegen Frauen, einschließlich Mitgiftmorde, sind nach wie vor ernste Probleme. Es wird weiterhin über Gewalt gegen Kinder, auch in Waisenhäusern, berichtet; die Vorfälle werden jedoch selten gerichtlich verfolgt. Menschenhandel von Kindern und Erwachsenen zu Zwecken sexueller Ausbeutung kommt häufig vor. Personen mit Behinderung und einige ethnische Minderheiten leiden unter Diskriminierung (USDOS 03.03.2017). Jegliche Diskriminierung auf der Basis der Kastenzugehörigkeit ist von der nepalesischen Verfassung verboten. Trotzdem werden Angehörige "unberührbarer Kasten" (Dalits) vielfach ausgegrenzt (GIZ 3.2018). Die Schikanierung aufgrund von Geschlecht oder Zugehörigkeit zu sexuellen Minderheiten ist nach wie vor verbreitet. Die Arbeitnehmerrechte werden teilweise eingeschränkt. Bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft gibt es nur geringe Fortschritte. Trotz Verbots sich diese weiterhin gebräuchlich. Bei der Bekämpfung von Kinderarbeit gibt es moderate Fortschritte (USDOS 03.03.2017).

Menschenrechtsorganisationen in Nepal fordern von der Regierung, das Schicksal der im Bürgerkrieg verschwundenen, verschleppten und ermordeten Menschen aufzuklären (GIZ 3.2018). Diesbezüglich wurden bereits die ersten Initiativen ergriffen. Die Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen (Commission of Investigation on Enforced Disappeared Persons - CIEDP) hat eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die darauf zielt, Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen. Daneben möchte die CIEDP auch solche Fälle untersuchen, in denen die Opfer des Verschwindenlassens auch gefoltert wurden oder anderen Verbrechen ausgesetzt waren. Die o.g. Forderungen wurden jedoch bis jetzt von der Regierung ignoriert. Die Regierung hatte die Kommission gebildet, ohne ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, das das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert, womit sie Vorgaben des Obersten Gerichts ignorierte, den Transitional Justice Act entsprechend zu überarbeiten. Sie sah sich deshalb dem Vorwurf von Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft ausgesetzt, eine zahnlose Übergangsjustiz etablieren zu wollen, bei der die schweren Verbrechen aus der Konfliktzeit nicht mehr strafrechtlich aufgearbeitet würden. Laut CIEDP dienen die Maßnahmen der Regierung nur dazu, die Erlassung der erforderlichen Gesetze und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen verzögern zu können (SAB 1.2016; vgl. THT 26.03.2017).

Bis Juni 2017 erhielt der CIEDP 3.093 Beschwerden über Verschwindenlassen. Eine weitere Aufsichtsbehörde, die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) nahm trotz fehlender Ressourcen bereits ihre Arbeit auf; sie ist in sieben Provinzen anwesend und bis Juni 2017 erhielt sie 58.000 Beschwerden bezüglich Menschenrechtsverletzungen vor allem aus der Zeit des Bürgerkriegs. Der Vorsitzende der TRC berichtet, dass Gerechtigkeit für die Opfer von außergerichtlicher Tötung, Verschwindenlassen, Vergewaltigung und Folter aufgrund der mangelhaften Gesetzeslage nicht gewährleistet werden kann (THT 08.07.2017).

Haftbedingungen

Laut Menschenrechtsorganisationen entsprechen die Haftbedingungen nicht internationalen Standards. Nach offiziellen Angaben gab es im August 2016 19.078 Häftlinge verteilt auf 74 Gefängnisse (offizielle Kapazität: 10.978). Dementsprechend wird berichtet, dass Überbelegung ein ernstes Problem ist. Allerdings ist eine gewisse Verbesserung festzustellen, da neue Haftzentren eröffnet wurden. Weiters bemängelt das Büro des Generalstaatsanwalts (OAG) in manchen Haftanstalten das Fehlen von natürlichem Tageslicht, sanitären Einrichtungen, Kücheneinrichtung und Betten. Laut Advocacy Forum (AF) hatten einige Insaßen keinen Zugang zu sauberem Wasser und erhielten unzureichendes Essen. Außerdem wurde ein Mangel an Belüftung, Heizung und Bettwäsche festgestellt. Häftlinge in Untersuchungshaft werden generell getrennt von verurteilten Personen untergebracht. Aufgrund des Mangels an Jugendstrafvollzugsanstalten werden jedoch teilweise auch Minderjährige in Einrichtungen für Erwachsene inhaftiert. Kinder dürfen manchmal mit ihren inhaftierten Eltern im Gefängnis bleiben. Nicht alle Haftanstalten verfügen über separate Bereiche für Frauen. Die NGO Child Workers in Nepal berichtet, dass Minderjährige, die in Gefängnissen für Erwachsene untergebracht werden, oft Mobbing durch ältere Insaßen ausgesetzt sind, von der Polizei schlecht behandelt und oft gezwungen werden, die Toiletten zu reinigen. Die medizinische Versorgung ist unzureichend (USDOS 03.03.2017; vgl. FH 27.01.2017).

Laut dem Bericht der Nationalen Menschenrechtskommission (NHRC) gibt es Beschwerdemöglichkeiten für Häftlinge nach einem vorgeschriebenen Verfahren. Diese Gelegenheit wird jedoch laut AF von den Insaßen aus Angst vor Bedrohung und Einschüchterung nur selten genutzt. Auf Beschwerden, die von NGOs und internationalen Organisationen eingereicht werden, reagieren die Behörden schneller. Es gibt keinen Ombudsmann, um die Beschwerden von Gefangenen zu untersuchen. Es existiert kein institutioneller Mechanismus für die Überwachung der Gefängnisse. Einige unabhängige Menschenrechtsbeobachter, z.B. der UN-Hochkommissar für Menschenrechte und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC), dürfen Monitoringbesuche in Haftanstalten durchführen. Einigen NGOs wurden der Zugang oder Gespräche mit den Insaßen jedoch verwehrt (USDOS 03.03.2017).

In der Untersuchungshaft kommt es weit verbreitet auch zu Folter (FH 27.01.2017), in der Haft zu körperlichen Misshandlungen (USDOS 03.03.2017).

Todesstrafe

Nepal gehört zu jenen Staaten, die die Todesstrafe völlig abgeschafft haben (AI 04.03.2018)

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Frauen, werden im öffentlichen Leben regelmäßig diskriminiert und sind vom Zugang zu Ressourcen und Machtpositionen ausgeschlossen (BTI 2018). Allerdings errangen Frauen bei den Kommunalwahlen aufgrund von Quotenregelungen 41% der Sitze. Höhere Posten bleiben jedoch überwiegend von Männern besetzt. Während die Verfassung ein Drittel der Sitze im Parlament für Frauen vorsieht, waren nur 7% der Direktwahlkandidaten für die Parlamentswahlen Frauen (HRW 2.2018).

Häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen bleibt ein ernstes Problem. Es gibt viele Beweise dafür, dass physische und verbale Misshandlungen weit verbreitet sind. Die Menschenrechtsorganisation Informal Sector Service Centre (INSEC) hat über eine Zunahme von gemeldeten Fällen von häuslicher Gewalt im Laufe des Jahres 2017 berichtet. Diese Zunahme kann teilweise auf das gestiegene Bewusstsein zurückzuführen sein (USDOS 03.03.2017).

Im neuen Strafgesetz liegen die Strafbestimmungen für Vergewaltigungen und deren gesetzliche Verjährungsfristen noch weit hinter internationalen Standards und dem Völkerrecht zurück. Geschlechtsspezifische Diskriminierungen untergraben weiterhin die Möglichkeiten von Frauen und Mädchen, über deren Sexualität zu bestimmen, eine angemessenen Gesundheitsfürsorge für Schwangere und Mütter in Anspruch zu nehmen, Entscheidungen zum Thema Fortpflanzung zu treffen oder eine verfrühte bzw. erzwungene Ehe anzufechten (AI 22.02.2018).

Chaupadi, eine Praxis, welche menstruierende Frauen und Mädchen aus ihren Häusern zwingt, wurde im August 2017 nach einer Serie von Todesfällen von Frauen und Mädchen in sog. Menstruationsschuppen, welche an die Öffentlichkeit gelangten, unter einem neuen Gesetz kriminalisiert. Allerdings war diese Praxis bereits im Jahr 2005 durch den Obersten Gerichtshof verboten worden (HRW 2.2018).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungs- und Reisefreiheit, aber auch das Recht auf Emigration und Rückkehr vor. Eine Ausnahme bilden Flüchtlinge; diese müssen bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit oft gesetzlich geregelte Einschränkungen hinnehmen. Die Einschränkungen der Flüchtlingsbewegungen werden aber nicht einheitlich durchgesetzt. Die Regierung stellt seit 20 Jahren keine Ausweisdokumente für tibetische Flüchtlinge mehr aus. Es gibt Berichte über Vertriebene aus Tibet, die aufgrund fehlender Personaldokumente an Kontrollpunkten von der Polizei schikaniert oder zurückgeschickt werden. Um Frauen vor Menschenhandel oder Misshandlung zu schützen, führte die Regierung für Frauen ein Mindestalter von 24 Jahren für Auslandsreisen zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung ein. Diese Regelung wird jedoch von NGOs und Menschenrechtsaktivisten als diskriminierend und kontraproduktiv empfunden, da so Frauen auf informellem Weg über die indische Grenze migrieren (USDOS 03.03.2017). Rekrutierungsunternehmen nutzen weiterhin ihren politischen Einfluss, um Ermittlungen, Strafverfolgung und Wiedergutmachungen für Missbrauch und Ausbeutung von Migranten zu verhindern

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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