TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/9 G307 2209295-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.05.2019
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Entscheidungsdatum

09.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

G307 2209295-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am

XXXX, Staatsangehörigkeit: Bosnien-Herzegowina, vertreten durch die Diakonie gemeinnützige Flüchtlingsdienst Gesellschaft mbH - ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 23.10.2018, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), stellte am 26.06.2018 den gegenständlichen Asylantrag gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

Am selben Tag erfolgte in der Polizeiinspektion XXXX die polizeiliche Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Am 11.07.2018 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, die Einvernahme des BF zu seinen Fluchtgründen statt.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD Tirol, dem BF persönlich zugestellt am 24.10.2018, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bosnien-Herzegowina gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem BF gemäß § 57 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen diesen gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Bosnien-Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt IV.); gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde dem BF keine Frist für die freiwillige Ausreise eingeräumt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Mit Schriftsatz vom 07.11.2018, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis VI. des oben genannten Bescheides. Darin wurde beantragt, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den bekämpften Bescheid - allenfalls nach Verfahrensergänzung - zu beheben und dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten einzuräumen, in eventu den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf Spruchpunkt III. aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben, auf Dauer unzulässig erklärt und dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß Art 8 EMRK erteilt werden, in eventu den Bescheid im angefochtenen Umfang zu beheben und zur Verfahrensergänzung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

Die gegenständliche Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.11.2018 vom BFA vorgelegt und sind dort am 12.11.2018 eingelangt.

Mit Schreiben vom 24.12.2018 verständigte das Bundesamt das erkennende Gericht über die am XXXX.2018 in die Heimat des BF erfolgte Abschiebung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsbürger von Bosnien-Herzegowina. Er ist geschieden, gehört der bosnischen Volksgruppe an und bekennt sich zum Islam. Er besuchte in Bosnien-Herzegowina 8 Jahre lang die Grundschule und erlernte den Beruf eines Bäckers. Er verfügt in seiner Heimat über keine Verwandten mehr.

1.2. Der BF war und ist in Österreich beschäftigungslos. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF keine Arbeit mehr annehmen könnte.

1.3. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

1.4. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.5. Der BF verließ den Herkunftsstaat zuletzt am 17.06.2018 und reiste am 18.06.2018 nach Österreich ein, wo er am 25.06.2018 den gegenständlichen Antrag stellte. Davor stellte er am XXXX.2015 in den Niederlanden, am XXXX.2016 in Deutschland und am XXXX.2017 in der Schweiz einen Asylantrag. Auch in Österreich stellte er am XXXX.2017 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes, der wegen Zuständigkeit Deutschlands zurückgewiesen wurde und in Rechtskraft erwuchs.

1.6. Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF befand sich bislang in Bosnien-Herzegowina. Dort wohnte er zuletzt bei einem Freund, arbeitete in einer Bäckerei und sicherte seinen Lebensunterhalt auch durch "Schwarzarbeit". In seinem Heimatstaat ist der BF nicht krankenversichert.

Der BF verfügt über keine familiären oder sonstigen sozialen Bindungen in Österreich. Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer nachhaltigen Integration in Österreich in beruflicher, sprachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Der BF ist in Österreich ohne regelmäßige Beschäftigung, verfügt über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes und befindet sich in der staatlichen Grundversorgung.

1.7. Der BF zeigt keine Symptome einer krankheitswertigen Störung oder Hinweise auf eine Denkstörung. Es besteht kein Hinweis auf eine affektive, kognitive oder traumatisch bedingte Störung. Symptome einer Anpassungsstörung zeigen sich derzeit nicht. Zuletzt befand er sich vom XXXX.2018 bis längstens XXXX.2018. in Krankenhaus XXXX in stationärer Behandlung. Die in der Beschwerde angekündigte, für den XXXX.2018 im Krankenhaus XXXX in XXXX wegen Varikositas geplante Operation fand nicht statt.

1.8. Vom 29.03.2017 bis 08.08.2017 verrichtete der BF Remunerantentätigkeiten bei der XXXX.

1.9. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF mit den Behörden seines Herkunftsstaates auf Grund seines Religionsbekenntnisses, seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder sonst irgendwelchen Problemen ausgesetzt war. Er verließ den Herkunftsstaat, um sich in Österreich behandeln zu lassen und seine Trombose in Griff zu bekommen.

1.10. Bosnien-Herzegowina gilt als sicherer Herkunftsstaat.

1.11. Die Beschwerde beschränkt sich auf die Spruchpunkte II. bis VI. des angefochtenen Bescheides.

1.12. Der BF wurde m XXXX.2018 in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Dass sich das Rechtsmittel ausschließlich gegen die Spruchpunkte II. bis VI. des bekämpften Bescheides bezieht, ist dem dahingehend unmissverständlichen Beschwerdewortlaut zu entnehmen.

2.3. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.3.1. Die zu Identität, Staatsbürgerschaft, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie den persönlichen Verhältnissen, vormaliger beruflicher Tätigkeit, Sicherung des Lebensunterhalts und Lebensumständen im Herkunftsstaat und in Österreich getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Einvernahme vor der belangten Behörde und decken sich mit der Bestätigung des KH XXXX vom XXXX.2018.

Der BF legte eine auf seinen Namen ausgestellte bosnische Identitätskarte vor, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Der BF verneinte in seiner Einvernahme vor dem BFA verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Österreich. Der Umstand, dass er hier auch Bekannte habe, ohne Namen, Anschrift oder Beziehungsintensität zu diesen Personen nennen zu können, reicht nicht hin, um eine dahingehende (enge) Bindung glaubhaft machen zu können.

Die Feststellungen zur Ausreise aus Bosnien-Herzegowina, zu den in der Schweiz, Deutschland und in den Niederlanden gestellten Asylanträgen wie dem diesbezüglichen Verfahrensausgang ergeben sich aus dem Erstbefragungsprotokoll des SPK XXXX und den eigenen Ausführungen des BF.

Dass der BF in Österreich - bis auf seine Remunerantentätigkeit (Bestätigung im Akt) - bisher keiner Beschäftigung nachgegangen ist, ergibt sich aus dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges. Es steht zwar außer Zweifel, dass der BF aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage ist, jegliche Beschäftigung anzunehmen. Die Arbeitsfähigkeit völlig auszuschließen, wäre jedoch überzogen. So hat der BF selbst angegeben, in naher Vergangenheit als Bäcker gearbeitet und Remunerantentätigkeiten ausgeführt sowie auch schwarz Gelegenheitsarbeiten vorgenommen zu haben.

Der Aufenthalt im Krankenhaus XXXX ergibt sich aus dem Inhalt der dahingehenden Bestätigung im Akt. Dessen maximale Dauer folgt aus dem Umstand, dass der BF am 02.07.2018 bereits wieder eine Ärztin aufgesucht hat, deren datumsbezogene Bescheinigung (02.07.2018) sich im Akt befindet.

Der BF legte keine Bescheinigung über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus vor, weshalb dahingehend keine Feststellungen getroffen werden konnten.

Die Sicherung des Lebensunterhaltes in der Heimat und die Unterkunftnahme bei einem Freund sind dem Vorbringen des BF in seiner Einvernahme zu entnehmen. Die fehlende Krankenversicherung folgt der Bestätigung der Krankenversicherungsanstalt in XXXX, welche in Kopie im Akt und in Übersetzung einliegt.

Der psychische Zustand des BF ist aus dem Gutachten der Dr. XXXX vom XXXX.2018 ersichtlich. Wenn die darin gezogenen Schlüsse in der Beschwerde nicht nachvollzogen werden können, so ist dem folgendes zu entgegnen:

Die psychologische Stellungnahme von XXXX datiert vom XXXX.2017 und liegt nunmehr mehr als 2 Jahre zurück. Abgesehen davon, dass es sich bei Dr. XXXX um eine Ärztin im Bereich der Allgemeinmedizin mit psychosomatischer, psychotherapeutischer und psychologischer Zusatzausbildung handelt, wurde deren Befund in viel größerer zeitlicher Nähe zur Bescheiderlassung erstellt als die Stellungnahme des XXXX. Diese fällt im Übrigen sehr kurz aus und lässt die angewandten Untersuchungsmethoden nicht erkennen. Ferner entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, dass in der Zwischenzeit (also dem in Deutschland und dem nunmehr in Österreich geführten Asylverfahren) eine Besserung des Gesundheitszustandes des BF eingetreten ist. Schließlich wurden dem Rechtsmittel keine (weiteren) beigefügt, welche eine Verschärfung der Krankheitssymptome des BF nahegelegt hätten.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des BVwG (Einsicht in das GVS-Betreuungsinformationssystem und in das Strafregister der Republik Österreich).

Der Umstand, dass Bosnien-Herzegowina ein sicherer Herkunftsstaat ist, ist der Herkunftsstaatenverordnung zu entnehmen.

Die Abschiebung in den Herkunftsstaat ergibt sich aus dem Abschiebebericht der Polizeiinspektion XXXX vom XXXX.2018.

Nicht schlüssig ist die in der Beschwerde getätigte Argumentation, die belangte Behörde habe es zur Gänze unterlassen, sich mit dem Zugang zu medizinischer Versorgung und Situation arbeitsloser Menschen in Bosnien-Herzegowina, die nicht in der Lage seien, die Kosten für die medizinische Versorgung aufzubringen und somit mit dem Fluchtvorbringen des BF auseinanderzusetzen.

Einerseits nämlich wurde Spruchpunkt I. des Bescheides, der den auf die Gewährung von Asyl bezogenen Antrag des BF abweist, gar nicht angefochten und erwuchs somit in Rechtskraft, andererseits befasst sich der Bescheid sehr wohl, und zwar ausführlich auf den Seiten 28 bis 32 mit dem Zugang zu medizinischer Versorgung im Herkunftsstaat.

Auch wenn der BF über keine Krankenversicherung verfügt, ist dem entgegenzuhalten, dass es jedem bosnischen Staatsbürger von Rechts wegen zu steht, die Sozialversicherung in Anspruch zu nehmen und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem BF medizinische Versorgung in seiner Heimat verwehrt wäre.

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine Gründe dargelegt, die die Beweiswürdigung des Bundesamtes in seinem Bescheid erschüttert hätten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.1.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte.

In seinem Beschluss vom 10.08.2017, Zahl Ra 2016/20/0105 hielt der VwGH zum wiederholten Male fest, dass kein Fremder im Allgemeinen ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff).

Der EGMR wiederum hat in seinem Erkenntnis vom 13.12.2016, Hahl 41738/Z10, erwogen, dass - was die zu berücksichtigenden Faktoren betrifft - (189 siehe dort) die Behörden des ausweisenden Staates sich anhand des Einzelfalls vergewissern müssten, ob die im Empfangsstaat generell verfügbare Versorgung in der Praxis für die Behandlung der Krankheit des Bf. ausreichend und angemessen ist, um zu verhindern, dass er einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung ausgesetzt wird. Maßstab ist nicht das im ausweisenden Staat herrschende Versorgungsniveau. Es geht nicht darum sich zu vergewissern, ob die im Empfangsstaat gewährte Versorgung jener entspricht, die vom Gesundheitssystem des ausweisenden Staates geboten wird, oder dieser unterlegen ist. Aus Art. 3 EMRK kann auch NLMR 6/2016-EGMRPaposhvili gg. Belgien kein Recht abgeleitet werden, eine bestimmte Behandlung im Empfangsstaat zu erhalten, die für die übrige Bevölkerung nicht verfügbar ist. (190) Die Behörden müssen auch berücksichtigen, inwieweit die fragliche Person tatsächlich Zugang zu dieser Behandlung und diesen Einrichtungen im Empfangsstaat haben wird. In diesem Zusammenhang stellt der GH fest, dass er in früheren Fällen die Zugänglichkeit von Versorgung bezweifelt und auf die Notwendigkeit hingewiesen hat, die Kosten von Medikamenten und Behandlung, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzes und die Distanz zu berücksichtigen, die zurückgelegt werden muss, um die erforderliche Behandlung zu erhalten. (191) Wenn nach Prüfung der relevanten Information ernste Zweifel hinsichtlich der Auswirkung der Abschiebung auf die betroffene Person bestehen [...], muss der ausweisende Staat als Voraussetzung für die Abschiebung individuelle und ausreichende Zusicherungen des Empfangsstaats erhalten, wonach eine angemessene Behandlung verfügbar und für die betroffenen Personen zugänglich sein wird, sodass sie sich nicht in einer Art. 3 EMRK widersprechenden Situation wiederfinden. (192) Der GH betont, dass in die Ausweisung schwer kranker Personen betreffenden Fällen das Ereignis, das die unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auslöst und die Verantwortung des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründet, nicht das Fehlen medizinischer Infrastruktur im Empfangsstaat ist. Es geht auch nicht um eine Verpflichtung des ausweisenden Staates, die Diskrepanzen zwischen seinem Gesundheitssystem und dem Versorgungsniveau im Empfangsstaat zu mildern, indem er allen Fremden ohne Niederlassungsrecht in seinem Hoheitsgebiet kostenlose und unbeschränkte Gesundheitsversorgung gewährt. Die Verantwortung unter der Konvention, um die es in solchen Fällen geht, ist jene des ausweisenden Staates aufgrund einer Handlung - in diesem Fall der Ausweisung -, die dazu führen würde, dass eine Person der Gefahr einer von Art. 3 EMRK verbotenen Behandlung ausgesetzt wird. (193) Die Tatsache, dass der betroffene Drittstaat ein Vertragsstaat der EMRK ist, ist nicht entscheidend.

[...].

In Bosnien-Herzegowina hat der BF zuletzt bei einem Freund gelebt, bei welchem er für mehrere Monate Unterkunft nehmen konnte. Ein Blick auf die zur medizinische Versorgung in Bosnien-Herzegowina getroffenen Feststellungen (Bescheid Seiten 28 ff) zeigt, dass Personen mit psychischen Erkrankungen kostenlos behandelt werden und alle Bürger Bosnien-Herzegowinas ein Recht auf Sozialversicherung haben.

Dem BF ist grundsätzlich der Zugang zum heimatstaatlichen Gesundheitssystem - wenn auch teils mit Kosten verbunden - möglich. Dass er sich - vor dem Hintergrund seines nunmehrigen Gesundheitszustandes - überhaupt keinen Lebensunterhalt erwirtschaften kann, um damit auch medizinische Leistungen im Herkunftsstaat in Anspruch zu nehmen, kann nicht gesagt werden. Ferner hat der BF vorgebracht, zuletzt bei einem Freund gelebt zu haben, der ihn durch Zurverfügungstellung einer Unterkunft unterstützt hat.

Er wird daher im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein, sich mit der bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten, wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht substantiiert entgegengetreten und in weiterer Folge auch nicht dargelegt wurde, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf die individuelle Situation auswirkte, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat läge somit eine Verletzung in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 (über die Abschaffung der Todesstrafe) und Nr. 13 (über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) nicht vor. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich brächte, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3. Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Rückkehrentscheidung:

3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Wie sich aus den bisherigen Angaben des BF im Verfahren vor der belangten Behörde und aus der Beschwerde ergibt, verfügt dieser in Österreich über keinen familiären Anknüpfungspunkt. Darüber hinausgehende verwandtschaftliche oder sonstige soziale Kontakte konnte der BF nicht dartun.

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die kurze Dauer seines bisherigen Aufenthalts in Österreich (von Ende Juni bis Mitte Dezember 2018) nicht erkennbar. Er ging auch keiner regelmäßigen Beschäftigung in Österreich nach. Die Sprachkenntnisse allein - selbst wenn sie im behaupteten Ausmaß vorhanden wären - vermögen das Ausmaß der iSd § 9 BFA-VG nötigen Integration nicht in eine Richtung zu lenken, die für einen Verbleib des BF im Bundesgebiet sprächen.

In der Beschwerde wurde zur vermeintlichen Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung lediglich vorgebracht, der BF stelle keine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und sei strafrechtlich unbescholten. Gewichtige - insbesondere in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannte - Argumente, welche für einen Verbleib im Bundesgebiet sprächen, wurden jedoch nicht ins Treffen geführt.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.

Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände zu Recht davon ausgegangen, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen nicht zu erteilen ist.

Auch Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z. 2 iVm Abs. 9 FPG sowie § 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die belangte Behörde hat mit den angefochtenen Bescheiden gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Was die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde betrifft, bestimmt § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, dass das BFA einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen kann, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFAVG stammt.

Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ist - anders als jene nach § 18 Abs. 2 BFA-VG - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechende Interessen voraus. Dabei wäre das öffentliche Interesse an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern, die aus einem "sicheren Herkunftsstaat" nach § 19 Abs. 5 BFA-VG iVm. § 1 Herkunftsstaaten-Verordnung kommen, den im Einzelfall allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen gegenüberzustellen (VwGH 28.04.2015, Zl. Ra 2014/18/0146 ua).

Gemäß § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) gilt Bosnien-Herzegowina als sicherer Herkunftsstaat. Anhaltspunkte dahingehend, dass im gegenständlichen Fall allenfalls konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen würden, sind nicht hervorgekommen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFAVG ist daher zu Recht erfolgt, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFAVG iVm. § 55 Abs. 1a FPG als unbegründet abzuweisen war.

4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFAVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFAVG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht hinreichend nachgekommen. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, weil der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde samt Ergänzung geklärt war. Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, welches die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig gemacht hätte

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung, mangelnde Asylrelevanz, non
refoulement, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G307.2209295.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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