Entscheidungsdatum
24.05.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G308 2178998-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.11.2017, Zahl: XXXX, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 07.01.2016 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG 2005).
2. Am 07.01.2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung des Beschwerdeführers im Asylverfahren statt.
Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, der Irak sei ein Land, wo es keine Sicherheit gäbe und er Angst um sein Leben gehabt hätte. Seit seiner Geburt habe er in einem Land gelebt, wo er immer auf der Flucht sei. Es habe keinen schönen Tag in seinem Leben gegeben.
3. Am 06.05.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, statt. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zusammengefasst an, er wisse nicht, was er sagen solle. Er habe in einem Land gelebt, wo er nie etwas Schönes erlebt habe. Ständig hätte es Kriege gegeben, gegen den IS, gegen die Türken und zwischen den kurdischen Parteien. Er habe auf Facebook einen Kommentar über die Peshmerga und den IS gepostet. Den konkreten Wortlaut könne er nicht wiedergeben. Er habe jedenfalls seine Unterstützung für die Peshmerga bekundet und dass der IS "gegen die Menschlichkeit" sei. Daraufhin habe er einen Drohanruf erhalten. Aus Angst habe er sein Facebook-Konto gelöscht, woraufhin er keine weiteren Anrufe bekommen habe. Er habe jedoch ständig in Angst gelebt. Weiters sei die wirtschaftliche Lage sehr schlecht und würden oft die Gehälter nicht bezahlt werden.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.11.2017, dem Beschwerdeführer am 20.11.2017 zugestellt, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 07.01.2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat "Irak" (Spruchpunkt II.) abgewiesen, dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den "Irak" gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.), sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer den Irak wegen der allgemeinen Sicherheitslage verlassen habe. Die von ihm konkret vorgebrachten Fluchtgründe seien nicht glaubhaft gewesen. Es habe somit nicht festgestellt werden können, dass er im Irak einer persönlichen Verfolgung oder Gefährdung ausgesetzt gewesen wäre. Einer generellen und systematischen Verfolgung von Muslimen sunnitischer Glaubensausrichtung könne nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer verfüge im Irak über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und leben seine Eltern und Geschwister nach wie vor in Suleimaniya, wo der Beschwerdeführer auch vor seiner Ausreise lebte und auch bei einer Rückkehr wieder Unterstützung erhalten könnte. In Österreich lebe nur ein Cousin väterlicherseits, der gemeinsam mit dem Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis habe nicht festgestellt werden können.
Das Bundesamt traf weiters Feststellungen zur Situation im Herkunftsland Irak.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 02.12.2017, beim Bundesamt per Fax am selben Tag einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen, ihm allenfalls subsidiären Schutz gewähren; allenfalls den angefochtenen Bescheid aufheben und zur Ergänzung des Verfahrens an das Bundesamt zurückverweisen, einen landeskundlichen Sachverständigen beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen; allenfalls eine Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklären und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen und allenfalls feststellen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak unzulässig ist.
Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdeführer gehöre den Sunniten an und fürchte im Irak Verfolgung sowohl wegen spezifischer Bedrohungen als auch wegen seiner "westlichen Lebenseinstellung", die ihn inkompatibel mit der im Irak vorherrschenden, streng islamischen Gesellschaftsordnung mache. Aus Furcht um sein Leben aufgrund der realistischen Gefahr, ermordet zu werden und aufgrund der Schutzunfähigkeit und Schutzunwilligkeit der irakischen Behörden vor den massiven Verfolgungshandlungen, welchen er ausgesetzt gewesen sei, habe der Beschwerdeführer nach Österreich flüchten müssen um hier internationalen Schutz zu beantragen. Der Beschwerdeführer habe sehr detailliert über seine Fluchtgründe berichtet und Daten, Orte, beteiligte Personen, wann und wie viele Angreifer involviert gewesen seien sowie seine Gedanken und Emotionen dabei geschildert. Er habe eine konkrete individuelle Verfolgung vorgebracht. Die Beweiswürdigung sei nicht nachvollziehbar. Die Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit irakischer Behörden gegenüber Personen wie dem Beschwerdeführer, welche sowohl von sunnitischen Terroristen als auch schiitischen Milizen verfolgt würden, habe das Bundesamt nicht untersucht, obwohl die Länderberichte eine zunehmende Eskalation des interkonfessionellen Bürgerkrieges im Irak belegen würden. Es bestehe keine innerstaatliche Fluchtalternative. Aufgrund der instabilen allgemeinen Lage drohe dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr eine Verletzung seiner Rechte gemäß Art. 2 und Art. 3 EMRK.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 07.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
7. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.04.2019 wurden dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsvertretung aktuelle Länderberichte zur Lage im Irak mit Stand 20.11.2018 (samt Kurzinformation vom 09.04.2019) zur Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt.
8. Am 03.05.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Parteiengehör ein. Zu den Länderberichten sei festzuhalten, dass die Situation im Irak generell keine Anzeichen der Besserung erkennen lasse. Die Länderberichte würden zeigen, dass die Anti-IS-Operationen die politische Instabilität eher gefördert hätten. Der Premierminister sei noch mehr vom Iran abhängig. Der Irak werde überwiegend von Schiiten regiert und würden sich die mächtigen schiitischen Milizen massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig machen. Die Sicherheitslage sei weiters massiv instabil. Der Beschwerdeführer habe eine konkrete individuelle Verfolgung vorgebracht und verfüge über keine innerstaatliche Fluchtalternative, zumal er als "Araber" (sic!) in der kurdisch-autonomen Region nicht auf Dauer leben könne. Er unterliege im gesamten Staatsgebiet des Irak asylrelevanter Verfolgung, da die Schutzfähigkeit oder auch Schutzwilligkeit der irakischen Behörden vor Verfolgung durch radikal-islamische Terroristen und schiitischen Milizen nicht gegeben sei.
Zusammen mit der Stellungnahme wurden noch nachfolgende Unterlagen vorgelegt:
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Unterstützungsschreiben vom 29.04.2019
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Unterstützungsschreiben vom 26.04.2019
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Unterstützungsschreiben vom 25.04.2019
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Unterstützungsschreiben vom 29.04.2019
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Unterstützungsschreiben vom 28.04.2019
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Teilnahmebestätigung Deutschkurs A1 vom 25.04.2019
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Unterstützungsschreiben vom 26.04.2019
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Irak, Angehöriger der Volksgruppe der Kurden und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Seine Muttersprache ist Kurdisch-Sorani (vgl Erstbefragung vom 07.01.2016, AS 11 ff; Niederschrift Bundesamt vom 16.05.2017, AS 61 ff; vorgelegter irakischer Reisepass, AS 53ff).
Der Beschwerdeführer reiste seinen Angaben nach gemeinsam mit seinem Cousin am 20.12.2015 legal auf dem Luftweg von Suleimaniya in die Türkei aus. Von Istanbul aus reisten beide gemeinsam schlepperunterstützt über Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien bis nach Österreich, wo sie am 07.01.2016 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz stellten (vgl Erstbefragung vom 07.01.2016, AS 15 ff; Niederschrift Bundesamt vom 16.05.2017, AS 63 ff; Einreisestempel und Visum der Türkei vom 20.12.2015, vorgelegter irakischer Reisepass, AS 59; Angaben des Cousins in der Erstbefragung vom 07.01.2016, AS 15 ff, Gerichtsakt zu G308 2179027-1).
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er ist gesund, bedarf keiner medizinischen Behandlung und ist arbeitsfähig. Er ist in der Stadt XXXX in der Provinz Suleimaniya geboren, lebte aber überwiegend im Elternhaus in XXXX (auch: XXXX), wo die meisten seiner Familienangehörigen, darunter die Eltern, die drei Schwestern und ein Bruder leben. Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder, die bereits verheiratet sind. Einer von diesen lebt in XXXX. Der Beschwerdeführer hat die Grundschule abgeschlossen und die Mittelschule begonnen, diese jedoch abgebrochen. Er hat keinen Beruf gelernt und Gelegenheitsarbeiten als Taxifahrer, Gemüseverkäufer und in der Landwirtschaft verrichtet. Seinen Lebensunterhalt konnte er damit nicht ausschließlich selbst finanzieren und lebte daher nach wie vor im Elternhaus und von der finanziellen Unterstützung seines Vaters, der eine Pension erhält. Er hat Kontakt zu seinen Eltern über das Internet oder Telefon (vgl Erstbefragung vom 07.01.2016, AS 11 ff; Niederschrift Bundesamt vom 16.05.2017, AS 63 ff).
Der Beschwerdeführer weist im Zentralen Melderegister nachfolgende Wohnsitzmeldungen auf (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 16.05.2019):
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12.02.2016-24.04.2017 Hauptwohnsitz
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24.04.2017-laufend Hauptwohnsitz
Zum Entscheidungszeitpunkt lebt der Beschwerdeführer nach wie vor von der Grundversorgung. Er ist bisher keiner legalen Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen und hat bis auf privaten Deutschunterricht sowie einen Deutschkurs auf Niveau A1, den er zurzeit besucht, keine Schule oder Ausbildung absolviert. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auch entsprechende Deutschsprachprüfungen abgeschlossen hat oder dass der Beschwerdeführer tatsächlich über maßgebliche Deutschkenntnisse verfügt. Er ist kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation und hat sich auch nicht freiwillig oder ehrenamtlich engagiert. Der Beschwerdeführer konnte einige Unterstützungsschreiben zur Vorlage bringen. Bis auf seinen mit ihm mitgereisten Cousin, XXXX, geboren am XXXX, hat der Beschwerdeführer keinerlei familiäre Bindungen im Bundesgebiet. Der Cousin und der Beschwerdeführer wohnen in derselben privaten Unterkunft. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zum Cousin liegt nicht vor. Hinsichtlich des Cousins ist beim Bundesverwaltungsgericht ebenso ein Beschwerdeverfahren zur Zahl G308 2179027-1 anhängig (vgl Auszug aus der Grundversorgungsdatenbank vom 16.05.2019;
Sozialversicherungsdatenauszug vom 16.05.2019;
Deutsch-Kursbestätigung vom 25.04.2019 der "XXXX"; Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 16.05.2017, S 63 ff;
Auszüge aus dem Zentralen Melderegister hinsichtlich des Beschwerdeführers und seines Cousins vom 16.05.2019; eingeholter Gerichtsakt zur Zahl G308 2179027-1).
Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 16.05.2019).
Insgesamt konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer war im Irak kein Mitglied einer politischen Partei und gehörte auch keiner bewaffneten Gruppierung an. Gegen den Beschwerdeführer ist kein Gerichtsverfahren anhängig und wird nach ihm weder gefahndet, polizeilich gesucht noch wird er behördlich verfolgt (vgl Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vom 16.05.2017, S 63 ff).
Der Beschwerdeführer hat den Irak aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage und aus wirtschaftlichen Gründen verlassen (vgl Erstbefragung vom 07.01.2016, AS 15 ff; Niederschrift Bundesamt vom 16.05.2017, AS 63 ff).
Ein konkreter Anlass oder Vorfall für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte jedoch nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist oder, dass Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
Zur entscheidungsrelevanten Lage im Irak:
Zur allgemeinen Lage im Irak werden die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Irak mit Stand 20.11.2018 und eingefügter Kurzinformation vom 09.04.2019 auch als entscheidungsrelevante Feststellungen zum endgültigen Gegenstand dieses Erkenntnisses erhoben.
Dazu ist bezogen auf den Beschwerdeführer festzuhalten:
1. "KI vom 9.4.2019, Parlamentswahlen vom 30.12.2018 (relevant für Abschnitt 3. Sicherheitslage)
Die folgende Karte von liveuamap zeigt die Einteilung des Irak in offiziell von der irakischen Zentralregierung kontrollierte Gouvernements (in rosa), die autonome Region Kurdistan (KRG) (in gelb) und Gebiete unter der weitgehenden Kontrolle von Gruppen des Islamischen Staates (IS) (in grau). Die Symbole kennzeichnen dabei Orte und Arten von sicherheitsrelevanten Vorfällen, wie Luftschläge, Schusswechsel/-attentate, Sprengstoffanschläge/Explosionen, Granatbeschuss, uvm.
https://iraq.liveuamap.com/en/time/01.04.2019/ [Karte gelöscht, Anm.]
Seit Sommer 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle im Irak zurückgegangen. Im Dezember 2018 wurde ein Rekordtief an Sicherheitsvorfällen registriert (Joel Wing 2.1.2019). Anfang 2019 ist diese Zahl wieder leicht angestiegen, wobei die Monate Jänner und Februar in etwa die gleichen Zahlen an Angriffen und Opfern aufweisen (Joel Wing 4.3.2019). Für März 2019 wurde die niedrigste, je vom Irak-Experten Joel Wing registriere Zahl von Sicherheitsvorfällen verzeichnet (Joel Wing 3.4.2019).
Die folgende Grafik von Iraq Body Count (IBC) stellt die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. (IBC 3.2019).
https://www. iraqbodycount.org/database/ [Karte gelöscht, Anm.]
Die folgende Tabelle des IBC gibt die Zahlen der Todesopfer an. Für Dezember 2018 sind 155 zivile Todesopfer im Irak ausgewiesen. Im Jänner 2019 wurden von IBC 323 und im Februar 2019 271 getötete Zivilisten im Irak dokumentiert (IBC 3.2019).
https://www.iraqbodvcount.org/database/ [Tabelle gelöscht, Anm.]
Der Islamische Staat (IS) ist im Irak weitestgehend auf Zellen von Aufständischen reduziert worden, die meist aus jenen Gebieten heraus operieren, die früher unter IS-Kontrolle standen, d.h., aus den Gouvernements Anbar, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salahaddin. Laut dem Institute for the Study of War (ISW) werden nur die Distrikte Shirqat und Tuz in Salahaddin, Makhmour in Erbil, Hawija und Daquq in Kirkuk, sowie Kifri und Khanaqin in Diyala als umkämpft angesehen (EASO 3.2019). Das ganze Jahr 2018 über führten IS-Kämpfer Streifzüge nach Anbar, Bagdad und Salahaddin durch, zogen sich dann aber im Winter aus diesen Gouvernements zurück. Die Anzahl der verzeichneten Übergriffe und zivilen Todesopfern sank daher im Vergleich zu den Vormonaten deutlich ab (Joel Wing 2.1.2019).
BAGDAD
Aufständische haben mittlerweile die meisten ihrer Ressourcen aus Bagdad abgezogen, einst das Hauptziel des Terrorismus (Joel Wing 4.3.2019). Im Dezember 2018 wurden 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zehn Toten (Joel Wing 2.1.2019) verzeichnet, bzw. 17 Tote und drei Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten erfasst (Joel Wing 4.2.2019), im Februar dagegen nur noch sieben Vorfälle mit sieben Toten (Joel Wing 4.3.2019) und im März vier Vorfälle mit fünf Toten und fünf verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Dabei handelte es sich meist um Schießereien/Schussattentate in den Vorstädten und Dörfern des Gouvernements (Joel Wing 4.3.2019).
Der IS behielt jedoch eine latente Präsenz nördlich von Bagdad und begann damit seine Unterstützungszone weiter auszubauen (ISW 7.3.2019). Er verfügt in Bagdad und den Bagdad Belts über mehrere aktive Zellen (EASO 3.2019). Der nördliche "Bagdad-Belt" dient dabei als Transferroute von Kämpfern zwischen den Gouvernements Anbar, Salahaddin und Diyala, während das sogenannte "Dreieck des Todes" im südlichen Bagdad-Belt IS-Gruppen in den Gouvernements Anbar, Bagdad und Babil verbindet. Irakische Sicherheitskräfte (ISF) haben seit Dezember 2018 mehrere IS-Kämpfer an Kontrollpunkten entlang der Autobahnen, die das Gouvernement Babil mit Bagdad verbindet, festgenommen und im Februar 2019 180 Personen mit Verbindungen zum IS verhaftet (ISW 7.3.2019).
AUTONOME REGION KURDISTAN (KRG)
In Nordkurdistan setzte die Türkei ihre Angriffe auf PKK-Stellungen fort. Zwei Treffer durch Luftschläge in Ninewa zogen letztlich einen Protest der irakischen Regierung nach sich. Die Türkei gab jedoch bekannt, ihre Aktionen fortführen zu wollen (Joel Wing 2.1.2019). Als Folge eines Luftangriffs, bei dem mutmaßlich einige Zivilisten ums Leben kamen, stürmte eine aufgebrachte Menge einen Posten der türkischen Armee nahe Dohuk, wobei eine Person ums Leben kam und zehn verletzt wurden (BBC 26.1.2019). Im Dezember 2018 wurden zwölf Luftschläge mit 31 Toten registriert (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 elf mit 35 Toten (Joel Wing 4.2.2019) und im März zwei Vorfälle mit 32 Toten und 10 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Zusammenstöße zwischen türkischen Soldaten und kurdischen Kämpfern hatten Todesopfer auf beiden Seiten zur Folge (Joel Wing 26.3.2019). Am 30.3.2019 bombardierte die türkische Luftwaffe erneut PKK-Stellungen im Qandil Gebirge (BAMF 1.4.2019).
Der IS rekrutiert in der kurdischen Autonomieregion (ISW 7.3.2019).
NORD- UND ZENTRALIRAK
In einem Bericht des UN-Sicherheitsrats vom 1.2.2019 heißt es, dass verbliebene IS-Kämpfer nach wie vor eine Bedrohung im Nord- und Zentralirak (Gouvernements Kirkuk, Ninewa und Salahaddin, sowie Anbar, Bagdad und Diyala) darstellen (UNSC 1.2.2019). Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salahaddin sind dabei das Herzstück der Umgruppierungsbemühungen des IS. Dort werden monatlich auch die meisten sicherheitsrelevanten Vorfälle verzeichnet. Der IS ist beinahe im gesamten ruralen Gebiet dieser Gouvernements aktiv, kann sich Berichten zufolge in einigen Städten nachts völlig frei bewegen und hebt Steuern ein (Joel Wing 3.4.2019). Die Lage in diesen umstrittenen Gebieten hat sich nach dem Abzug der kurdischen Peschmerga 2017 verschärft (Landinfo 8.1.2019). Die Konkurrenz zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Autonomieregierung, erzeugt in diesen Gebieten zusätzliche Instabilität, die wiederum vom IS ausgenutzt werden kann (ISW 7.3.2019). Sowohl kurdische Streitkräfte als auch Mitglieder der vom Iran unterstützten Volksmobilisierungskräfte (PMF) üben weiterhin in unterschiedlichem Ausmaß Kontrolle und Einfluss aus, was die Zentralregierung in eine prekäre Lage versetzt, da sie sowohl mit zivilen Unruhen, als auch mit Versuchen einer Reorganisation des IS umgehen und gleichzeitig ihre Verbündeten unter Kontrolle halten muss (ACLED 2019).
Insbesondere ländliche Gebiete, das Hamrin-Gebirge, sowie das Diyala-Flussdelta dienen dem IS als Rückzugsorte, von wo bereits im Jahr 2018 ein Großteil der IS-Operationen im Irak ausgegangen sind (Landinfo 8.1.2019). Das Hamrin-Gebirge ermöglicht dabei den Nord-Süd Übergang zwischen den Gouvernements Ninewa und Diyala und bietet dem IS dauerhaften Schutz vor Luftangriffen und Bodenoffensiven (ISW 7.3.2019). Es gelang den irakischen Sicherheitskräften (ISF) bisher trotz umfangreicher Säuberungsaktionen nicht, den IS aus Hawija zu vertreiben (ISW 7.3.2019; vgl. Landinfo 8.1.2019). Zwischen 25. und 27. März wurde eine neuerliche koordinierte Luft- und Bodenoperation durch die Luftwaffe der Koalition und die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) gegen den IS im nordwestlichen Irak geführt (OIR 29.3.2019).
Der IS führt seine Operationen hauptsächlich südlich und westlich von Ninewas Hauptstadt Mossul durch (Joel Wing 4.2.2019). Er soll auch in der Stadt über Schläferzellen verfügen, und hat dort zuletzt im Februar 2019 eine Autobombe eingesetzt (ISW 7.3.2019). Seit einigen Wochen fordern IS-Angriffe insbesondere in Ninewa regelmäßig viele Opfer (Joel Wing 1.4.2019). So wurden in der Provinz im Dezember 2018 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 36 Toten und 37 Verwundeten registriert, wobei hier elf ältere Leichen eingerechnet wurden, die aus Trümmern der Altstadt von Mossul geborgen wurden. Mit den verbliebenen 25 im Dezember getöteten Personen und 37 Verwundeten verzeichnete die Provinz die meisten Gewaltopfer im Irak im Dezember (Joel Wing 2.1.2019). Die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen für den Irak nennt für denselben Zeitraum hingegen sieben Tote und 19 Verwundete (UNAMI 3.1.2019). Im Jänner 2019 wurden neun Vorfälle mit 75 Toten und einer verwundeten Person, sowie zwei Massengräberfunde (ältere Gräber aus der Zeit der IS-Herrschaft) mit den Überresten von insgesamt 66 Leichen verzeichnet (Joel Wing 4.2.2019). Im Februar kam es erneut zu einem Anstieg der IS-Aktivitäten, mit 20 Vorfällen mit 147 Toten und 31 Verletzten, wobei wiederum die meisten der Toten auf Funde von Massengräbern älteren Datums zurückgehen (Joel Wing 4.3.2019). Im März wurden elf Vorfälle mit 109 Toten und 53 Verletzten registriert (Joel Wing 3.4.2019).
In Diyala kam es im Dezember 2018 zu 28 sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit insgesamt 15 Toten und 16 Verwundeten, darunter drei Angriffe auf Kontrollpunkte (Joel Wing 2.1.2019), sowie Mörserbeschuss der Stadt Saraya (Joel Wing 10.12.2018). Im Jänner 2019 wurden 32 Vorfälle mit zehn Toten und 21 Verwundeten registriert (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 26 Vorfälle mit acht Toten und 16 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März 17 Vorfälle mit acht Toten und 18 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019).
In Kirkuk wurden im Dezember 17 Vorfälle mit 204 Toten und 16 Verwundeten registriert, wobei 200 Leichenfunde aus einem Massengrab im Distrikt Hawija im Süden Kirkuks miteingerechnet wurden (Joel Wing 2.1.2019). Im Jänner 2019 wurden 28 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und 31 Verwundeten registriert (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 17 Vorfälle mit 17 Toten und 7 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März 15 Vorfälle mit sieben Toten und sechs Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Die Stämme von Diyala kündigten um Jänner 2019 eine Mobilmachung gegen den IS an, um die Sicherheitskräfte in ihrem Kampf zu unterstützen (Diyaruna 21.1.2019).
In Salahaddin wurden im Dezember acht Vorfälle mit drei Toten und zwei, bzw. drei Verletzten registriert (Joel Wing 2.1.2019; vgl. UNAMI 3.1.2019), im Jänner 2019 14 Vorfälle mit 17 Toten und 36 Verwundeten (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 18 Vorfälle mit 25 Toten und 48 Verwundeten (Joel Wing 4.3.2019) und im März acht Vorfälle mit acht Toten und 14 Verletzten (Joel Wing 3.4.2019).
In Anbar, ist es dem IS wieder gelungen eine Unterstützungszone in der Nähe von Amariyat al- Fallujah einzurichten, von der aus seit August 2018 Angriffe in Fallujah erfolgen (ISW 7.3.2019). Im Dezember 2018 wurden in Anbar acht Vorfälle mit acht Toten und 13 Verwundeten registriert (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 16 Vorfälle mit elf Toten und 35 Verwundeten (Joel Wing 4.2.2019), im Februar 28 Vorfälle mit 46 Toten und 26 Verletzten und im März fünf Vorfälle mit acht Toten und fünf Verletzten (Joel Wing 3.4.2019). Der starke Anstieg im Februar wird auf das Einsickern fliehender IS-Kämpfer aus dem benachbarten Syrien zurückgeführt (Joel Wing 4.3.2019).
SÜDIRAK
Am 21.12.2018 setzte die Polizei scharfe Munition und Tränengas ein, um Demonstranten im südirakischen Basra an der Erstürmung eines Regierungsgebäudes zu hindern. Die zweitgrößte Stadt des Landes erlebt seit Juli 2018 ausgedehnte Proteste gegen Korruption, Misswirtschaft, die schlechte Grundversorgung und Arbeitslosigkeit (Guardian 18.7.2018; vgl. Reuters 21.12.2019). Auch 2019 kommt es weiterhin zu häufigen Protesten (Jane's 5.2.2019).
In Qadisiya wurde im Dezember 2018 ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit einer verwundeten Person registriert. In Babil waren es im Dezember 2018 zwei Vorfälle mit sechs Verletzten (Joel Wing 2.1.2019), im Jänner 2019 drei Vorfälle mit sechs Verletzten (Joel Wing 4.2.2019) und im Februar zwei Vorfälle mit zwei Verletzten (Joel Wing 4.3.2019). Im März wurde in Babil ein Vorfall registriert, bei dem zwei Personen getötet wurden (Joel Wing 3.4.2019). In Basra wurden bei einem Zusammenstoß zweier Stämme am 11.3.2019 mindestens drei Menschen getötet und sieben weitere verwundet (Kurdistan 24 12.3.2019).
Quellen:
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ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2019),
Behind Frenemy Lines: Uneasy Alliances against IS in Iraq, https://www.acleddata.com/2019/03/01/behind-frenemy-lines-uneasy-alliances-against-is-in-iraq/, Zugriff 12.3.2019
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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.4.2019): Briefing Notes 1 April 2019, per E-Mail
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BBC News (29.1.2019): Kurdish protesters storm Turkish military camp in Iraq, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-47015699, Zugriff 13.3.2019
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Diyaruna (21.1.2019): Diyala tribes mobilise to rout ISIS remnants,
http://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/01/28/feature-02, Zugriff 14.3.2019
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EASO - European Asylum Support Office (3.2019): Iraq; Security situation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2004116/Iraq security situation.pdf, 13.3.2019
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IBC - Iraq Bodycount (3.2019): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 12.3.2019
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ISW - Institute for the Study of War (7.3.2019): ISIS Re-Establishes Historical Sanctuary in Iraq, https://iswresearch.blogspot.com/2019/03/isis-re-establishes-historic-sanctuary.html, Zugriff 12.3.2019
-
Jane's 360 (5.2.2019): Protests in Iraq's Basra likely throughout 2019, but security force presence mitigates disruption risk to oil sites,
https://www.janes.com/article/86167/protests-in-iraq-s-basra-likely-throughout-2019-but-security-force-presence-mitigates-disruption-risk-to-oil-sites, Zugriff 13.3.2019
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Joel Wing, Musings on Iraq (10.12.2018): Security In Iraq Dec 1-7, 2018,
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Joel Wing, Musings on Iraq (2.1.2019): Islamic State Went Into Hibernation In Winter 2018,
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Joel Wing, Musings on Iraq (4.2.2019): Slight Uptick In Islamic State Ops In Iraq As New Year Begins, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/02/slight-uptick-in-islamic-state-ops-in.html, Zugriff 12.3.2019
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Joel Wing, Musings on Iraq (4.3.2019): Islamic State Might Be Coming Out Of Its Winter Hibernation In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/03/islamic-state-might-be-coming-out-of.html, Zugriff 12.3.2019
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Joel Wing, Musings on Iraq (26.3.2019): Security In Iraq Mar 15-21, 2019,
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Joel Wing, Musings on Iraq (1.4.2019): Security In Iraq Mar 22-28, 2019,
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Joel Wing, Musings on Iraq (3.4.2019): Iraq Saw Lowest Violence Ever March 2019,
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Landinfo - Norwegian Country of Origin Information Centre (8.1.2019): Temanotat Irak: Diyala provins - sikkerhetssituasjonen per november 2018,
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UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq (3.1.2019): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of December 2018, http://www.uniraq.org/index.php?option=com_k2&view=item&id=10269:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-december-2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 12.3.2019
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2. Politische Lage
Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).
An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).
Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).
Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).
Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack 27.9.2018). Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).
Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).
Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).
In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).
Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).
Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf.
Zugriff 12.10.2018
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Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,
https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker- 180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018
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BBC - British Broadcasting Corporation (9.12.2017): Iraq declares war with Islamic State is over, http://www.bbc.com/news/world-middle-east-42291985. Zugriff 18.10.2018
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BBC - British Broadcasting Corporation (3.10.2018): New Iraq President Barham Saleh names Adel Abdul Mahdi as PM, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-45722528. Zugriff 18.10.2018
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CIA - Central Intelligence Agency (17.10.2018): The World Factbook
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Iraq,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html. Zugriff 19.10.2018
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DW - Deutsche Welle (2.10.2018): Iraqi parliament elects Kurdish moderate Barham Salih as new president, https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-elects-kurdish-moderate-barham-salih-as-new-president/a-45733912, Zugriff 18.10.2018