TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 93/12/0147

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §53 Abs2 lith;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der I in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. März 1993, Zl. VIII 1-L-1018, wegen Anrechnung von Ruhegenußvordienstzeiten nach § 53 PG 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die ausländischen Schulzeiten vom 1. September 1960 bis 6. Juli 1962 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit er die ausländischen Dienstzeiten vom 1. September 1962 bis 31. August 1965 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Religionsoberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Ihre Dienststelle ist die Hauptschule Krems-Hafnerplatz.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 12. Juni 1992 wurden der Beschwerdeführerin bestimmte genau bezeichnete Zeiten, die zwischen der Vollendung ihres 18. Lebensjahres, dem 19. Oktober 1959, und dem Tag des Beginnes ihrer ruhegenußfähigen öffentlichen Dienstzeit, dem 1. März 1988, gelegen waren, nach den Bestimmungen des § 53 PG als Ruhegenußvordienstzeiten angerechnet; die von der Beschwerdeführerin bekannt gegebenen Schulzeiten vom 1. September 1960 bis 6. Juli 1962 an der Höheren Kindergärtnerinnenbildungs-anstalt Sopron wurden jedoch ebenso wie ihre Dienstzeit als Kindergärtnerin in Ungarn in der Zeit vom 1. September 1962 bis 31. August 1965 nicht berücksichtigt.

Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin mit Berufung vom 14. Juli 1992 insoweit, als ihr die Zeiten zwischen 1. September 1960 und 6. Juli 1962 (Höhere Kindergärtnerinnenbildungsanstalt Sopron), vom 1. September 1962 bis 31. August 1963 (Kindergärtnerin in Bük-Ungarn) und vom 1. September 1963 bis 31. August 1965 (Kindergartenleiterin in Bucsu-Ungarn) nicht als Ruhegenußvordienstzeiten angerechnet wurden. Die Beschwerdeführerin führte aus, daß in ihrem Fall die Höhere Kindergärtnerinnenbildungsanstalt als verwandte Lehranstalt im Sinne des § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 mit einer österreichischen pädagogischen Akademie vergleichbar sei, sohin unter die bezogene Gesetzesstelle zu subsumieren wäre. Da sie diese Ausbildung in der gesetzlichen Mindestzeit absolviert habe, seien diese Zeiten jedenfalls anzurechnen. Ein Argument für die Vergleichbarkeit mit österreichischen Bildungsinstitutionen sei die Tatsache, daß der Besuch der höheren Kindergärtnerinnenbildungsanstalt die Ablegung der Matura, die ihr in Österreich nostrifiziert worden sei, vorausgesetzt habe. Zu absolvierende Gegenstände wären unter anderem Pädagogik, Psychologie, Kinderliteratur bis hin zum Puppenspiel gewesen. Nur für den Fall, daß die Ausbildungszeiten an der höheren Kindergärtnerinnenbildungsanstalt in Ungarn nicht gemäß § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 angerechnet werden könnten, stelle sie den Eventualantrag, diese Zeiten zusammen mit ihren Dienstzeiten als Kindergärtnerin in Ungarn nach Einholung der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen anzurechnen (§ 53 Abs. 3 lit. b leg. cit.).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. März 1993 hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid bestätigt und in der Begründung dieses Bescheides nach Wiedergabe der Rechtslage ausgeführt, daß sie nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren zur Ansicht gekommen sei, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anrechnung der gegenständlichen Vordienstzeiten nicht vorlägen, weil das Kriterium "inländisch" bei der Beschwerdeführerin nicht erfüllt sei. Das ausgewiesene Studium könne überdies solange nicht als "gleichzuhaltend" angesehen werden, bis die Beschwerdeführerin die Nostrifizierung nachweisen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Pensionsgesetz, BGBl. Nr. 340/1965, sind Ruhegenußvordienstzeiten die in den Abs. 2 bis 4 genannten Zeiten, soweit sie vor dem Tag liegen, von dem an die ruhegenußfähige Bundesdienstzeit rechnet.

Nach Abs. 2 leg. cit. sind folgende Ruhegenußvordienstzeiten

anzurechnen:

"......

h)

die Zeit eines abgeschlossenen inländischen oder einem solchen gleichzuhaltenden Studiums an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten mittleren Schule, höheren Schule, Akademie oder verwandten Lehranstalt, soweit die gesetzliche Mindestdauer des Studiums nicht überschritten worden ist,

i)

die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Hochschule oder einer staatlichen Kunstakademie, das für den Beamten Anstellungs- oder Definitivstellungserfordernis gewesen ist, bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren für jedes Studium. Zum Studium zählt auch die für die Ablegung der Abschlußprüfungen oder für die Erwerbung eines akademischen Grades erforderliche Vorbereitungszeit bis zum Höchstausmaß von einem halben Jahr, ..."

Nach Abs. 3 leg. cit. können folgende Ruhegenußvordienstzeiten mit Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen angerechnet werden

".....

b) die im Ausland im öffentlichen oder privaten Dienst oder in einem Berufsausbildungsverhältnis zurückgelegte Zeit,..."

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Anrechnung von Ruhegenußvordienstzeiten gemäß § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 durch unrichtige Anwendung dieser Norm, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, 37, 39, 60 AVG) verletzt.

Die Beschwerdeführerin sieht Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, daß sie in ihrer Berufung ausdrücklich darauf hingewiesen habe, daß der Besuch der Kindergärtnerinnenbildungsanstalt in Ungarn die Ablegung der Matura zur Voraussetzung gehabt habe und daß ihr diese in Österreich nostrifiziert worden sei. Sie habe zum Beweis ihrer Ausführungen hinsichtlich der Qualität und der Vergleichbarkeit jener Bildungsanstalt hinsichtlich Lernziel und Lerninhalten beantragt, eine Stellungnahme der zuständigen ungarischen Unterrichtsbehörde im Wege des Bundesministeriums für Unterricht einzuholen. Die belangte Behörde habe diesem Antrag offensichtlich nicht entsprochen und ihre gesamte Begründung zu dieser Thematik bestehe darin, daß das im § 53 Abs. 2 lit. a (richtig: lit. h) PG 1965 genannte Kriterium "inländisch" für einen Schulbesuch in ihrem Fall nicht erfüllt sei und daß sie das von der Beschwerdeführerin ausgewiesene Studium solange nicht als "gleichzuhaltend" ansehe, bis die Beschwerdeführerin die Nostrifizierung nachweisen könne. Da es sich beim Studium der Beschwerdeführerin in Sopron um eine Ausbildung zur Kindergärtnerin gehandelt und eine solche in Österreich überhaupt keine Matura vorausgesetzt habe, habe überhaupt keine weitergehende Nostrifizierung erfolgen können, als sie durch den Landesschulrat von Niederösterreich mit Erledigung vom 4. Mai 1966 ohnehin erfolgt sei.

Mit diesen Ausführungen ist die Beschwerdeführerin im Recht.

Während die belangte Behörde ihre abweisende Entscheidung allein darauf stützt, daß das von der Beschwerdeführerin in Ungarn absolvierte Studium solange nicht als "gleichzuhaltend" im Sinne des § 53 Abs. 2 lit. h des Pensionsgesetzes anzusehen sei, als die Beschwerdeführerin nicht die Nostrifizierung dieses Studiums nachgewiesen habe, gesteht sie in ihrer Gegenschrift zu, daß das Zeugnis der Kindergärtnerinnenbildungsanstalt Sopron vom Landesschulrat am 4. Mai 1966 als Befähigungszeugnis für Kindergärtnerinnen anerkannt worden sei. Erstmals in der Gegenschrift führt die belangte Behörde weiters aus, ungeachtet dessen sei die vorliegende Schulzeit deshalb nicht anzurechnen, weil in der Anlage zum Gehaltsgesetz, Art. II, das Erfordernis für die Ernennung zum Religionslehrer in der Verwendungsgruppe L2a1 nicht durch die Lehramtsprüfung für Volksschulen in einer pädagogischen Akademie erbracht werde, sondern, wie dies bei Religionslehrern im Ersatzwege möglich sei, durch die erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung an einer höheren Schule und die der Verwendung entsprechende Lehrbefähigung. Diese Lehrbefähigung werde von der Beschwerdeführerin durch das Zeugnis über die Lehramtsprüfung für die Erteilung des katholischen Religionsunterrichtes an Volksschulen vom 30. Oktober 1984, ausgestellt vom Erzbischöflichen Amt für Unterricht und Erziehung in Wien, erbracht. Die von der Beschwerdeführerin genannte Ausbildung zur Kindergärtnerin sei daher nicht als Anstellungserfordernis zu sehen, auch würden die Studienzeiten am Gymnasium und an der Kindergärtnerinnenbildungsanstalt zusammen die gesetzliche Mindestdauer des Studiums überschreiten.

Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift geäußerten Ansicht muß das nach § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 anzurechnende Studium für den betreffenden Beamten nicht Anstellungs- oder Definitivstellungserfordernis gewesen sein. Durch die Anrechnung von Studienzeiten wird vermieden, daß Absolventen von Schulen, die eine über die Pflichtschule hinausgehende Bildung bzw. Ausbildung vermitteln, hinsichtlich der Erwerbung von ruhegenußfähigen Zeiten gegenüber anderen Beamten benachteiligt werden (vgl. Gebetsroiter/Grüner, Das Pensionsgesetz, 2. Auflage, S. 833 ff, FN 40 mwN). Die nach § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 anzurechnenden Schulzeiten setzen daher nicht voraus, daß die Schulzeiten als Anstellungsvoraussetzung anzusehen sind. Dies findet seine Begründung vor allem auch in dem Umstand, daß § 53 Abs. 2 lit. h leg. cit. anders als etwa lit. i die Anrechnung nicht unter die Bedingung stellt, daß das Studium "für den Beamten Anstellungs- oder Definitivstellungserfordernis gewesen ist ...". Damit erweist sich auch die in der Gegenschrift getroffene rechtliche Wertung der belangten Behörde als unzutreffend, daß die Schulzeiten, die die Beschwerdeführerin in Ungarn absolviert hat, von vornherein zur Anrechnung ungeeignet seien. Ausgehend von dieser unrichtigen Rechtsansicht hat sich die belangte Behörde nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob das ausländische Studium einem inländischen gleichzuhalten ist. Gleichzuhalten ist ein ausländisches Studium jedoch nur dann, wenn es einem inländischen Studium gleichwertig ist. Ob diese Voraussetzungen für das maßgebliche Studium im Beschwerdefall zutreffen, vermag der Verwaltungsgerichtshof angesichts der Feststellung im angefochtenen Bescheid, daß eine Nostrifizierung dieses Zeugnisses nicht erfolgt sei und des damit in Widerspruch stehenden Zugeständnisses in der Gegenschrift, wonach dieses Zeugnis vom Landesschulrat für Niederösterreich "anerkannt" worden sei, nicht zu beurteilen. Der angefochtene Bescheid ist somit in diesem Umfang mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin führt schließlich aus, daß der angefochtene Bescheid bezüglich der Anrechnung ihrer ungarischen Kindergärtnerinnenzeit überhaupt keine Begründung enthalte.

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Zwar ist die Behörde danach, entsprechend dem in der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes entwickelten Grundsatz, daß das innere Ausmaß der Begründungspflicht durch das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtsschutzinteresse der Partei bestimmt wird (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 20. Oktober 1965, Slg. Nr. 6767/A, mit weiteren Judikaturhinweisen, insbesondere auf das Erkenntnis vom 26. Juni 1959, Slg. Nr. 5007/A, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1989, VSlg. 12184), zweifellos nicht verpflichtet, "zu allen im Verfahren von irgendeiner Stelle gemachten Äußerungen Stellung zu nehmen, sie zu widerlegen oder zu bekräftigen"; sie muß aber, soweit dieses anerkannte Rechtsschutzinteresse im konkreten Fall reicht, in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dartun, welcher (für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebende) Sachverhalt mit den hiebei als feststehend angenommenen Tatsachen der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtete (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 25. März 1998, Zlen. 96/12/0251, u.a. mit weiteren Judikaturhinweisen).

Diesen Voraussetzungen wird der angefochtene Bescheid nicht einmal ansatzweise gerecht. Durch die genannten verfahrensrechtlichen Mängel war der Verwaltungsgerichtshof an der inhaltlichen Überprüfung gehindert. Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensfehler die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid - soweit er die ausländischen Dienstzeiten betrifft - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1993120147.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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