TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/4 L517 2217368-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.06.2019
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Entscheidungsdatum

04.06.2019

Norm

AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2142941-1/20E

L517 2149355-1/23E

L517 2217368-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Alexander Niederwimmer als Vorsitzender und den fachkundigen Laienrichtern Dr.in WEIGL und Mag.a SOVIC als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX . und XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX , GZ: XXXX , vom 14.11.2016, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 18 Abs. 12 AuslBG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

07.07.2016 - Meldung der Entsendung des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Kroatien (in Folge Arbeitnehmer), für die berufliche Tätigkeit als Maschinenbauingenieur für den Zeitraum 14.07.2016 bis 13.10.2016 gemäß § 18 Abs. 12 erster Satz AuslBG durch die XXXX (beschwerdeführende Partei bzw. bP)

18.07.2016 - Ausstellung der EU-Entsendebestätigung für 14.07.2016 bis 13.10.2016 durch die belangte Behörde (bB)

23.09.2016 - Meldung für den Zeitraum 14.10.2016 bis 30.06.2017

27.09.2016 - Nachreichung von Unterlagen

13.10.2016 - Parteiengehör

18.10.2016 - Stellungnahme der bP

14.11.2016 - Bescheid der bB / Ablehnung des Antrages vom 23.09.2016 und Untersagung der Entsendung für 14.10.2016 bis 30.06.2017

15.11.2016 - Meldung der Entsendung für den Zeitraum 23.11.2016 bis 31.08.2017

14.12.2016 (am 16.12.2016 bei der bB einlangend) - Beschwerde der bP gegen den Bescheid vom 14.11.2016

16.12.2016 - Ausstellung der EU-Entsendebestätigung für 23.11.2016 bis 31.08.2017 durch die bB

22.12.2016 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

28.03.2017 - Erkenntnis des BVwG

27.05.2017 - ao. Revision an den VwGH

12.09.2017 - Erkenntnis des VwGH, Ra 2017/09/0023 bis 0024-7

24.11.2017 - Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 15.01.2018

10.01.2018 - Vertagungsbitte der bP / Abberaumung der mündlichen Verhandlung

04.04.2018 - Beschluss des BVwG, Aussetzung des Beschwerdeverfahrens bis zur Entscheidung des EuGH über das ihm mit Beschluss des VwGH vom 13.12.2016, EU 2016/009 bis 0014-1 (Ra 2016/09/0082 bis 0087) vorgelegten Vorabentscheidungsersuchens

14.11.2018 - Urteil des EuGH, C-18/17

13.12.2018 - Erkenntnis des VwGH, Ra 2016/09/0063 bis 0087

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP mit Firmensitz in Italien, meldete am 07.07.2016 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung die Entsendung des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Kroatien, für die berufliche Tätigkeit als Maschinenbauingenieur für den Zeitraum 14.07.2016 bis 13.10.2016 gemäß § 18 Abs 12 erster Satz AuslBG.

Am 18.07.2016 stellte die bB die EU-Entsendebestätigung für den Zeitraum 14.07.2016 bis 13.10.2016 aus.

Am 23.09.2016 erfolgte für denselben Arbeitnehmer eine Meldung für den Zeitraum 14.10.2016 bis 30.06.2017.

Mit Schreiben vom 27.09.2016 reichte die bP u.a. folgende Unterlagen nach: Entsendungsvertrag vom September 2016 zwischen der XXXX d.o.o. mit Sitz in XXXX , Kroatien, und dem Arbeitnehmer XXXX , über die Entsendung als Maschinenbauingenieur an die XXXX zum Zwecke des Projekteinsatzes bei der XXXX GmbH, Entsendungsdauer 14.10.2016 - 01.07.2017; A1-Bescheinigung vom 15.09.2016 mit Gültigkeitsdatum 11.07.2016 - 30.06.2017; Diplom der Universität in XXXX vom 05.12.2008 (diplomierter Maschinenbauingenieur) in beglaubigter Übersetzung.

Mit Schreiben der bB vom 13.10.2016 wurden der bP die Ermittlungsergebnisse im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und diese zur Stellungnahme in Bezug auf die Gegebenheiten, welche zur neuerlichen, unmittelbar anschließenden Entsendung für denselben Mitarbeiter, dieselben Unternehmen und denselben Mitgliedstaat führten, aufgefordert.

In ihrer diesbezüglichen Stellungnahme vom 18.10.2016 führte die bP aus, dass die Entsendung des betroffenen Mitarbeiters von vornherein für eine längere Zeit geplant gewesen sei, weshalb auch die A1-Bescheinigung - welche, wie der EuGH festgestellt hätte, den zuständigen Träger und die Gerichte des Gaststaates binde - bis zum 30.06.2017 ausgestellt worden sei. Da die Entsendung nicht auf Vollzeitbasis erfolgt sei, sei die Entsendung, der Empfehlung des zuständigen BMASK folgend, nur für einen Zeitraum von drei Monaten gemeldet worden, obwohl von Anfang an eine längere Entsendung geplant gewesen sei. Daher sei es erforderlich, im vorliegenden Fall weitere ZKO3-Meldungen einzureichen, da eine Einzelmeldung bis zum 30.06.2017 nicht zulässig sei. Es stünde in Widerspruch zur Empfehlung des Ministeriums und stellte eine wesentliche und nicht gerechtfertigte Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, wenn die inländischen Behörden eine zweimonatige Unterbrechung nach jeder abgelaufenen Meldeperiode verlangten. Auch § 18 Abs 12 AuslBG sähe keine Limitierung oder Unterbrechung der Entsendung vor, welche auch mit der Entsenderichtlinie nicht vereinbar sei, da in dieser keine zeitliche Obergrenze vorgesehen sei. Die Verordnung 883/2004 und deren Artikel 12 regelten lediglich, welches Sozialversicherungsrecht für den Zeitraum der Entsendung auf den Arbeitnehmer anzuwenden sei und definiere somit den territorialen Zuständigkeitsbereich der Sozialversicherungen, eine zeitliche Limitierung der Entsendung werde hingegen nicht vorgenommen. Der Beschluss Nr. A2 diente der Auslegung von Art. 12 der Verordnung (EG) 883/2004 und könne daher schon deshalb nicht allgemein die Zulässigkeit der Entsendung im Sinne der Entsenderichtlinie beeinflussen. Im Sinne der europarechtlichen und nationalen Bestimmungen könne daher eine Entsendung von bis zu 24 Monaten jedenfalls erfolgen.

Mit Bescheid der bB vom 14.11.2016 wurde der Antrag vom 23.09.2016 gem § 18 Abs. 12 AuslBG iVm Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 96/71/EG, Art. 12 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004, Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 und dem Beschluss Nr. A2 zur Auslegung des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 abgelehnt und die Entsendung untersagt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission im Zusammenhang mit Entscheidungen betreffend § 18 Abs. 12 AuslBG verbindlich sei, welcher unter Ziffer 3c vorsieht, dass eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dieselben Unternehmen und denselben Mitgliedstaat erst nach Ablauf von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangehenden Entsendezeitraumes zugelassen werde.

Mit Schreiben vom 14.12.2016 erhob die bP Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.11.2016 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und führte sinngemäß zusammengefasst aus, dass der Beschluss A2 keine eigenständige normative Wirkung entfalte, sondern ausschließlich der Auslegung von Art. 12 der Verordnung 883/2004 diene, welche wiederum ausschließlich das anzuwendende Sozialversicherungsrecht regle. Weitere Rechtswirkungen könnten weder Art. 12 der Verordnung noch dem in der Unionsrechtsordnung diesem untergeordneten Beschluss A2 unterstellt werden; die Verordnung sei nicht auf Verfahren nach § 18 Abs 12 AuslBG anzuwenden, auch der Beschluss A2 habe keinerlei unmittelbaren Einfluss auf das Verfahren nach § 18 Abs 12 AuslBG. Weiters führte die bP aus, dass die Voraussetzungen nach § 18 Abs 12 AuslBG erfüllt seien, insbesondere sei eine gültige A1-Bestätigung des kroatischen Sozialversicherungsträgers ausgestellt worden, weshalb die bB eine EU-Entsendebestätigung auszustellen gehabt haben würde. Die A1-Bescheinigung binde Gerichte und Behörden des Mitgliedstaates, in den die Arbeitnehmer entsandt würden, und zwar solange, bis die A1-Bescheinigung vom ausstellenden Sozialversicherungsträger zurückgezogen oder für ungültig erklärt würde. Eine mehrfache Entsendung desselben Arbeitnehmers in denselben Mitgliedstaat und an denselben Empfänger sei daher auch ohne zweimonatige Unterbrechung zulässig, wenn insgesamt die Zweijahresfrist von Art. 12 der VO 883/2004 nicht überschritten werde. Der Arbeitnehmer halte sich während der Entsendung nicht dauerhaft in Österreich auf, sondern werde auch auf anderen Baustellen tätig. Vor Beginn seiner Tätigkeit sei nicht absehbar gewesen, wann und wie oft seine Anwesenheit während des Entsendezeitraumes notwendig sein werde. Für solche Sachverhalte sähe die LSDB-Richtlinien 2015 des BMASK die Erstattung einer Rahmen(Quartals)meldung und dessen Rz 11 ein Vorgehen für Entsendungen für Arbeitnehmer, die immer wieder ad-hoc eingesetzt werden müssten, vor. Die bP habe diese Vorgaben befolgt, weshalb ihr der Meldezeitraum nicht zum Nachteil gereicht werden könne.

Die Beschwerde richtete sich zudem gegen die Gesetzwidrigkeit der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides, da in ihr die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt worden sei. Die bP brachte vor, dass weder im Spruch noch in der rechtlichen Begründung auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde eingegangen werde. Der Ausspruch sei unzulässig und rechtswidrig erfolgt und daher nicht zu beachten.

Im Zuge der Beschwerdevorlage am 22.12.2016 am Bundesverwaltungsgericht wurde von der bB folgendes ausgeführt: "Hr.

XXXX war bei der kroatischen XXXX d.o.o. mit Sitz in XXXX beschäftigt. Er wurde von dort an die italienische XXXX S.p.A entsandt. Die italienische XXXX S.p.A meldete die Entsendung von Hr.

XXXX für den Zeitraum 14.07.2016 bis 13.10.2016, Projekt:

Stranggießanlage, XXXX . Das AMS XXXX stellte daraufhin für die italienische XXXX eine EU-Anzeigebestätigung für den Zeitraum vom 14.07.2016 bis 13.10.2016, Projekt: Stranggießanlage, XXXX , aus. Am 23.09.2016 wurde eine weitere Entsendung für den Zeitraum vom 14.10.2016 bis 30.06.2017 für Hr. XXXX für dasselbe Projekt gemeldet. Aufgrund des Beschlusses Nr. A2 zur Auslegung des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates wurde diese weitere Entsendung mit Bescheid des AMS XXXX vom 14.11.2016 abgelehnt. Gegen diesen Bescheid richtet sich gegenständliche Beschwerde. Hr. XXXX wurde mittlerweile bei der kroatischen XXXX d.o.o. abgemeldet und direkt bei der italienischen

XXXX S.p.A eingestellt. Da somit keine Entsendung von demselben Unternehmen mehr vorliegt, wurde aufgrund einer neuerlichen Entsendungsmeldung vom 15.11.2016 eine EU-Anzeigebestätigung für den Zeitraum vom 23.11.2016 bis 31.08.2017 erteilt, ebenfalls für das Projekt Stranggießanlage, XXXX ".

Für die am 15.11.2016 erfolgte Meldung der Entsendung desselben Arbeitnehmers (Arbeitgeber nun die italienische XXXX S.p.A - [Entsendungsvertrag vom 04.11.2016 zwischen der XXXX S.p.A mit Sitz in XXXX , Italien, und dem Arbeitnehmer XXXX , über die Entsendung als Supervisor des mechanischen Bereichs zum Zwecke des Projekteinsatzes bei der XXXX GmbH, Arbeitseinsatz von 16.11.2016 bis 31.08.2017]) für die berufliche Tätigkeit als Supervisor des mechanischen Bereichs für den Zeitraum 23.11.2016 bis 31.08.2017 wurde am 16.12.2016 die EU-Entsendebestätigung ausgestellt - die gegenständliche Beschwerde richtet sich sohin gegen die Versagung der Entsendung des Arbeitnehmers im Zeitraum 14.10.2016 bis 22.11.2016.

Mit Erkenntnissen des BVwG vom 28.03.2017, L517 2142941-1/3E und L517 2149355-1/4E wurde die Beschwerde betreffend den Beschwerdepunkt "EU-Entsendebestätigung" als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A) und betreffend den Beschwerdepunkt "Ausschluss der aufschiebenden Wirkung" stattgegeben (Spruchpunkt B).

Die bP erhob am 27.05.2017 außerordentliche Revision an den VwGH.

Mit Erkenntnis des VwGH vom 12.09.2017, Ra 2017/09/0023 bis 0024-7, wurden die angefochtenen Erkenntnisse in ihren Spruchpunkten A wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Am 24.11.2017 wurde eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG für den 15.01.2018 anberaumt. Der Vertagungsbitte der bP vom 10.01.2018 wurde nachgekommen und die mündliche Verhandlung am selben Tag abberaumt.

Mit Beschluss des BVwG vom 04.04.2018 wurde das Beschwerdeverfahren bis zur Entscheidung des EuGH über das ihm mit Beschluss des VwGH vom 13.12.2016, EU 2016/009 bis 0014-1 (Ra 2016/09/0082 bis 0087) vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt.

Der VwGH legte dem EuGH zwei Fragen zur Beantwortung vor. Diese lauteten:

"1.) Sind Art. 56 und 57 AEUV, die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, Nr. 2 und 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit, des Anhangs V der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von Arbeitnehmern, die bei einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege der Überlassung an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die italienische Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der kroatischen Arbeitnehmer für die italienische Gesellschaft bei der Errichtung eines Drahtwalzwerks in Österreich auf die Erfüllung dieser Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der italienischen Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?

2.) Sind Art. 56 und 57 AEUV und die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von bei einer Gesellschaft mit Sitz in Italien beschäftigten russischen und weißrussischen Arbeitnehmern durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege einer Überlassung an eine in Italien ansässige zweite Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die zweite Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der russischen bzw. weißrussischen Arbeitnehmer für die zweite Gesellschaft auf die Erfüllung von deren Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der zweiten Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?"

Am 14.11.2018 erging das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-18/17, in welchem der EuGH feststellte, dass

1. die Art. 56 und 57 AEUV sowie Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens dahin auszulegen sind, dass ein Mitgliedstaat berechtigt ist, die Entsendung von kroatischen Arbeitnehmern, die bei einem Unternehmen mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn die Entsendung dieser Arbeitnehmer im Wege ihrer Überlassung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 an ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch dieses Unternehmen in dem ersten dieser Mitgliedstaaten erfolgt und

2. die Art. 56 und 57 AEUV dahin auszulegen sind, dass ein Mitgliedstaat nicht berechtigt ist, zu verlangen, dass Drittstaatsangehörige, die einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen von einem anderen, ebenfalls in diesem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung im erstgenannten Mitgliedstaat überlassen werden, über eine Beschäftigungsbewilligung verfügen.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister, dem im Akt befindlichen Staatsbürgerschaftsnachweis sowie den sonstigen relevanten Unterlagen.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Der Entscheidung des Gerichts zugrunde liegt insbesondere das Urteil des EuGH zur Rechtssache C-18/17.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

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Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

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Ausländerbeschäftigungsgesetz AuslBG, BGBl. 218/1975 idgF

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Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993

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Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

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Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

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Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG,: BGBl. Nr. 10/1985 idgF

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Richtlinie 96/71/EG der Europäischen Union ("Entsenderichtlinie")

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Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

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Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20f Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 20f AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Gemäß § 20f Abs. 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1 im Generellen und jene unter den Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung - entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 - eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur - wie es § 21 vorsieht - bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2014, Rz 558 ff). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.

Der ausländische Arbeitnehmer der bP hat im Verfahren um Erteilung einer ihn betreffenden Entsendebestätigung Parteistellung.

3.5. Mit Beschluss des VwGH vom 13.12.2016, EU 2016/009 bis 0014-1 (Ra 2016/09/0082 bis 0087), erging das Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: Nach den Übergangsbestimmungen des Beitrittsvertrags der Republik Kroatien zur EU wäre eine Überlassung aus Kroatien nach Österreich unzulässig. Der EuGH habe jedoch zu beurteilen, ob das auch für den vorliegenden Fall gilt, bei dem zunächst eine Überlassung nach Italien und erst von dort aus eine Entsendung nach Österreich erfolgte (ZAS-Judikatur 2017/28).

Nach Ansicht des EuGH, auf dessen Urteil vom 14.11.2018, C-18/17, das Gericht in der gegenständlichen Entscheidung Bezug nimmt, kommen die Übergangsbestimmungen der Akte über den Beitritt Kroatiens zur Anwendung, weil die Dienstleistungserbringung durch die bP in Österreich entsprechend Anhang V Kapitel 2 Nr 1 der Beitrittsakte eine Dienstleistung mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften iSd Art 1 der RL 96/71/EG darstellt. Die drei Voraussetzungen, die der EuGH in seiner Rsp zur Entsendung von Arbeitnehmern durch ihre Überlassung iSd Art 1 Abs 3 Buchst c RL 96/71/EG entwickelt hat (vgl etwa EuGH 18. 6. 2015, Martin Meat, C-586/13, ARD 6454/7/2015), werden im vorliegenden Fall nämlich erfüllt:

-

Erstens sollen die betreffenden kroatischen Arbeitnehmer durch ein Arbeitsverhältnis an das kroatische Unternehmen gebunden bleiben, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem italienischen Unternehmen geschlossen würde.

-

Zweitens bestand der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung, die zwischen dem kroatischen Unternehmen und der bP vereinbart wurde, in der Vornahme der Entsendung dieser kroatischen Arbeitnehmer nach Österreich zur Erfüllung des mit dem österreichischen Unternehmen geschlossenen Vertrags über den Bau des Drahtwalzwerks, für die allein bP verantwortlich blieb.

-

Drittens steht fest, dass die bP von dem kroatischen Unternehmen überlassenen kroatischen Arbeitnehmer während ihrer Entsendung nach Österreich ihre Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens, dh die bP, wahrnehmen mussten.

Weiter hält der EuGH fest, dass es als Maßnahme iSd Anhangs V Kapitel 2 Nr 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens mit den Art 56 und 57 AEUV vereinbar ist, wenn ein Mitgliedstaat (hier: Österreich) während der dort vorgesehenen Übergangszeit die Entsendung kroatischer Staatsangehöriger iSd Art 1 Abs 3 Buchst c der RL 96/71/EG in sein Hoheitsgebiet weiterhin von der Einholung einer Beschäftigungsbewilligung abhängig macht (vgl EuGH 10. 2. 2011, Vicoplus ua, C-307/09 bis C-309/09, ARD 6122/12/2011).

Auch eine Dienstleistung der Überlassung von Arbeitnehmern zwischen zwei in demselben Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen fällt in den Anwendungsbereich der Art 56 und 57 AEUV, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen erbracht wird, in dem das verwendende Unternehmen ansässig ist (Rechtsnews Nr. 26332).

Unionsrechtlich regelt die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.1996 die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Entsende-RL).

Gemäß Art. 1 Abs. 1 Entsende-RL gilt diese Richtlinie für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden.

Gemäß Art. 1 Abs. 3 Entsende-RL findet diese Richtlinie Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

b) einen Arbeitnehmer in eine Niederlassung oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

c) als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsenden, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht.

Gemäß Art. 2 Abs. 1 Entsende-RL gilt im Sinne dieser Richtlinie als entsandter Arbeitnehmer jener Arbeitnehmer, der während eines begrenzten Zeitraums seine Arbeitsleistung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates als demjenigen erbringt, in dessen Hoheitsgebiet er normalerweise arbeitet.

Gemäß Art. 12 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gilt als betriebsentsandter Arbeitnehmer "eine Person, die in einem Mitgliedstaat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, ...".

Gemäß Art. 14 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 987/2009 beziehen sich bei der Anwendung von Artikel 12 Absatz 1 der Grundverordnung (VO 883/2004) die Worte "der gewöhnlich dort tätig ist" auf einen Arbeitgeber, der gewöhnlich andere nennenswerte Tätigkeiten als reine interne Verwaltungstätigkeiten auf dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen niedergelassen ist, ausübt, unter Berücksichtigung aller Kriterien, die die Tätigkeit des betreffenden Unternehmens kennzeichnen; die maßgebenden Kriterien müssen auf die Besonderheiten eines jeden Arbeitgebers und die Eigenart der ausgeübten Tätigkeiten abgestimmt sein.

Gemäß Art. 71 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 883/2004 werden Entscheidungen zu den in Artikel 72 Buchstabe a genannten Auslegungsfragen gemäß den Beschlussfassungsregelungen des Vertrages getroffen und im erforderlichen Umfang bekannt gemacht.

Gemäß Art. 72 lit a leg cit behandelt die Verwaltungskommission alle Verwaltungs- und Auslegungsfragen, die sich aus dieser Verordnung oder der Durchführungsverordnung oder in deren Rahmen geschlossenen Abkommen oder getroffenen Vereinbarungen ergeben; jedoch bleibt das Recht der betreffenden Behörden, Träger und Personen, die Verfahren und Gerichte in Anspruch zu nehmen, die nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, nach dieser Verordnung sowie nach dem Vertrag vorgesehen sind, unberührt.

Gemäß Z 3 lit c des Beschlusses Nr. A2 vom 12. Juni 2009 zur Auslegung des Artikels 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer sowie auf Selbständige, die vorübergehend eine Tätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat ausüben, anzuwendenden Rechtsvorschriften (ABl. 2010/C 106/02) kann nach Ablauf einer Entsendung eines Arbeitnehmers, eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dieselben Unternehmen und denselben Mitgliedstaat erst nach Ablauf von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangehenden Entsendezeitraums zugelassen werden. Unter besonderen Gegebenheiten kann allerdings von diesem Grundsatz abgewichen werden.

Gemäß § 18 Abs. 1 AuslBG bedürfen Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

Gemäß Abs. 12 leg cit ist für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

-1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind und

-2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 1 bis 3 und Abs. 2 des Arbeitsvertragsrechts Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter Ausländer gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden.

Maßgebliche Grundlage für die Prüfung der EU-Konformität der Entsendung ist die im § 7b Abs 3 und 4 AVRAG vorgesehene Meldung des entsendenden Unternehmens an die zentrale Koordinationsstelle im BMF. Die zentrale Koordinationsstelle hat die Meldung aller nach Österreich entsandten drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer und aller Arbeitnehmer, die den Übergangsbestimmungen zur EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit unterliegen (§ 32a), umgehend und automationsunterstützt der jeweils zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG zu übermitteln.

Die Meldung (Meldeformular ZKO 3) ist vom Arbeitgeber der entsandten Arbeitnehmer spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme zu erstatten und hat insbesondere folgende - für die Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 AuslBG erforderliche - Angaben zu enthalten:

-

Name und Anschrift des Arbeitgebers,

-

gegebenenfalls Name und Anschrift des mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten,

-

Name und Anschrift des inländischen Auftraggebers (Generalunternehmers),

-

Name, Geburtsdatum, Sozialversicherungsnummer und Staatsangehörigkeit der entsandten Arbeitnehmer,

-

Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung,

-

die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer gebührenden Entgelts,

-

den Beschäftigungsort,

-

sofern es sich um Bauarbeiten gemäß § 7b Abs. 2 letzter Satz AVRAG handelt, die Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitnehmers,

-

sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, eine Abschrift dieser Genehmigung (anstelle der Abschrift ist auch die bloße Angabe der ausstellenden Behörde, der Geschäftszahl, des Ausstellungsdatums und der Geltungsdauer zulässig),

-

sofern die entsandten Arbeitnehmer im Sitzstaat des Arbeitgebers eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen, eine Abschrift dieser Genehmigung (anstelle der Abschrift ist auch die bloße Angabe der ausstellenden Behörde, der Geschäftszahl, des Ausstellungsdatums und der Geltungsdauer zulässig).

Die ordnungsgemäße Zulassung zu einer Beschäftigung über die Dauer der Entsendung hinaus wird anhand der im Sitzstaat des entsendenden Unternehmens erforderlichen Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung geprüft. Ist im Sitzstaat des entsendenden Unternehmens keine Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung erforderlich, ist von einer ordnungsgemäßen Zulassung auszugehen.

Liegt eine der Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 Z 1 oder 2 leg cit nicht vor oder wurden die zur Prüfung der Voraussetzungen notwendigen zusätzlichen Informationen trotz schriftlicher Aufforderung nicht fristgerecht nachgereicht, wird die Entsendung untersagt. Die Untersagung ergeht in Bescheidform und wird sowohl dem entsendenden Unternehmen als auch dem (inländischen) Auftraggeber zugestellt. Die Finanzpolizei wird von der Untersagung in Kenntnis gesetzt.

Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil "Vander Elst", EuGH Rs C-43/93, klargestellt, dass das Recht eines Unternehmens auf Ausübung der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 und 50 des EU-Vertrages (jetzt: Art. 56 bis 62 AEUV) auch das Recht mit einschließt, Arbeitskräfte ohne Staatsangehörigkeit eines EWR-Mitgliedstaates zur Erbringung der Dienstleistung in einem anderen EU-Mitgliedstaat einzusetzen. Demnach darf von einem grenzüberschreitend tätigen EU-Unternehmen nicht verlangt werden, für den Einsatz seiner Arbeitskräfte ohne EU-Staatsangehörigkeit eine Beschäftigungsbewilligung einholen zu müssen, wenn diese Arbeitskräfte am EU-Sitz des Unternehmens ordnungsgemäß und dauerhaft beschäftigt sind. Im Urteil C-168/04 Kommission/Österreich vom 21.09.2006 hat der EuGH festgehalten, dass ein Mitgliedstaat kontrollieren darf, ob ein Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und von dort Arbeitnehmer aus einem Drittstaat entsendet, den freien Dienstleistungsverkehr nicht zu einem anderen Zweck als dem der Erbringung der betreffenden Dienstleistung nutzt, beispielsweise dazu, sein Personal kommen zu lassen, um Arbeitnehmer zu vermitteln oder Dritten zu überlassen (ebendort, Rz 56). Gleichwohl räumt der EuGH den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, die Beachtung der nationalen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Erbringung von Dienstleistungen zu kontrollieren und sich dabei insbesondere zu vergewissern, dass betriebsentsandte Arbeitnehmer im Sitzstaat ihres Arbeitgebers legalen Status bezüglich Aufenthalt, Arbeitsberechtigung und soziale Absicherung haben. Die Kontrollmaßnahmen müssen sich jedoch innerhalb der vom Gemeinschaftsrecht gezogenen Grenzen bewegen und dürfen die Dienstleistungsfreiheit nicht unverhältnismäßig einschränken.

Mit der Novelle BGBl I Nr 78/2007 wurden die Regelungen für die EU-Betriebsentsendung vollständig an dieses Urteil angepasst. In der Regierungsvorlage (215 BlgNR 23. GP) heißt es dazu auszugsweise: "Um parallele Prüfungen zu vermeiden, soll die verpflichtende Anzeige der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte an das Arbeitsmarktservice entfallen und statt dessen die im § 7b AVRAG vorgesehene Meldung von Betriebsentsendungen an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung im Bundesministerium für Finanzen (KIAB) als Grundlage für die Prüfung der materiellen Voraussetzungen für die Betriebsentsendung herangezogen werden. Die Meldung ist im Falle der Entsendung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte von der KIAB umgehend an das Arbeitsmarktservice weiterzuleiten und soll um jene Daten erweitert werden, die für die Prüfung einer gemeinschaftsrechtskonformen Entsendung durch das Arbeitsmarktservice erforderlich sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Arbeitsgenehmigung und die Aufenthaltsgenehmigung, um prüfen zu können, ob die entsandten Arbeitskräfte tatsächlich ordnungsgemäß und dauerhaft im Sitzstaat des Arbeitgebers beschäftigt sind."

Die Regelung des § 18 Abs. 12 AuslBG (BGBl I Nr 78/2007) erfolgte nach dem Willen des Gesetzgebers in vollständiger Anpassung an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben (ErläutRV 215 BlgNR 23. GP 5 "Die bestehenden Regelungen für die Entsendung ausländischer Arbeitskräfte durch Unternehmen aus EWR-Mitgliedstaaten werden nunmehr vollständig an diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben angepasst.") und diese gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bei der Auslegung der nationalen Regelung daher entsprechend heranzuziehen sind (siehe auch L516 2015326-1 vom 14.01.2015). Unter Berücksichtigung der zitierten unionsrechtlichen Bestimmungen und der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass u.a. die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auf das Verfahren nach § 18 Abs 12 AuslBG anzuwenden ist (vgl beispielsweise auch W151 2011927-1 vom 10.06.2015, W178 2011920-1 vom 29.09.2015, W209 2117375-1 vom 15.02.2016, uvm).

Der VwGH führt aus, dass eine Untersagung der Entsendung dann in Betracht kommt, wenn die angezeigte Beschäftigung der Sache nach sich gar nicht als Entsendung (iSd Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 96/71 und § 18 Abs. 12 AuslBG), sondern als eine andere Form der Beschäftigung erweist (VwGH 06.11.2012, 2012/09/0130; 19.03.2014, 2013/09/0159).

Für die Beurteilung, ob betriebsentsandte Ausländer der österreichischen Sozialversicherung unterliegen, sind die Vorschriften des ASVG, zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen, das Sozialversicherungs-Ergänzungsgesetz (SV-EG), die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 maßgeblich. Im Verhältnis zu allen EU- und EWR-Mitgliedstaaten sowie zur Schweiz gilt primär die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und die Verordnung (EG) Nr. 987/2009. Dementsprechend besteht für betriebsentsandte Arbeitskräfte (u.a.) aus Kroatien keine Sozialversicherungspflicht in Österreich. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten wird von den jeweils zuständigen Sozialversicherungsträgern bzw. Behörden bestätigt, welche nationalen Rechtsvorschriften auf die tätig werdende Person anzuwenden sind. Diese grundsätzlich verbindliche Bescheinigung gilt gegenüber den Kontrollorganen der Staaten, in denen die Tätigkeiten ausgeübt werden, als Nachweis, dass die Person bereits von den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates erfasst ist. Nach der VO (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit wird mit dem Formular PD A1 bestätigt, welchen nationalen Rechtsvorschriften eine Person zu unterstellen ist.

3.7. Nach der Judikatur des VwGH ist Voraussetzung für die Erlangung einer EU-Entsendebestätigung, dass die Ausländer zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Erfüllung eines dem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR erteilten Auftrages entsandt werden. Dies entspricht der Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl. 1997, L 18, S 1. (VwGH vom 19.03.2014, GZ 2013/09/0159)

Nach

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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