TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/6 G303 2208705-1

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Veröffentlicht am 06.06.2019
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Entscheidungsdatum

06.06.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2208705-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 25.09.2018, OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß §§ 1 Abs. 2, 42 Abs. 1 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) idgF sowie § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 20.07.2018 über die Zentrale Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) ein.

Da der BF nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" war, wurde dieser Antrag gemäß dem Antragsformular der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme dieser Zusatzeintragung gewertet.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25.09.2018 wurde der Antrag vom 20.07.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 08.06.2018, das im Zuge eines Vorverfahrens zur Einschätzung der Höhe des Grades der Behinderung eingeholt wurde. Dieses Gutachten wurde seitens der belangten Behörde als schlüssig erkannt und dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen und zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt. Danach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen.

In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen. Des Weiteren wurden die maßgeblichen Kriterien, welche entsprechend der VwGH-Judikatur für die gegenständliche Zusatzeintragung relevant sind, angeführt.

3. Gegen den oben genannten Bescheid brachte der BF fristgerecht eine vor der belangten Behörde am 25.09.2018 mündlich zu Protokoll gegebene Beschwerde ein. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der BF extrem große Schmerzen in den Hüften habe, die beim Gehen nicht auszuhalten seien. Der große Zeh des BF sei steif, er habe Schmerzen in beiden Knien und könne diese nicht abbiegen. Der BF habe Atemprobleme und bekomme schwer Luft. Er sei durch Narkosen im Jahr 2010 geschädigt worden. Stiegensteigen könne er nur mit Pausen nach nur einer Stufe bewältigen. Der BF habe aufgrund der 12 Dioptrien und grünem Star Probleme mit seinen Augen, weshalb er bald operiert werde. Des Weiteren habe er Schmerzen in der rechten Schulter und im Schulterblatt.

Aufgrund der Ausführungen im Gutachten von Dr. XXXX, wonach "derzeit ein akut schmerzhafter Zustand der Wirbelsäule und der peripheren Gelenke zu einer erheblichen Einschränkung des Gehens und der Mobilität führe..." würden bereits die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung vorliegen. Zu den gutachterlichen Ausführungen, wonach "nicht von Dauerhaftigkeit auszugehen sei, da bisher keinerlei Behandlung der akuten Verschlimmerung erfolgt sei" brachte der BF vor, dass bei ihm aufgrund der bestehenden Abnützung keine Behandlung mehr wirke und es auch keine Behandlung gäbe, die ihm helfe. Der BF halte eine Kur auch psychisch nicht mehr aus. Er habe Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule mit Ausstrahlungen und benötige manchmal Krücken oder einen Rollator zum Gehen. Bereits nach fünfzig Metern würden seine Knie "schlottern" und die Wirbelsäule, Hüfte und Knien schmerzen und würde er fast keine Luft mehr kriegen.

4. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 31.10.2018 vorgelegt.

5. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichts ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.

5.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemein- und Sportmedizin, vom 30.01.2019, wird - basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag - im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Diagnosen:

-

Degenerative Veränderungen großer Gelenke

-

Höhergradige Abnützungen beider Schultergelenke

-

Höhergradige Abnützung beider Kniegelenke

-

Höhergradige Abnützung beider Hüftgelenke

-

Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Sprunggelenkes

-

Reaktive Depression auf Grund der Schmerzen

-

Leistungseinschränkung bei implantierter Aortenklappe, mit gleichzeitiger Mitralklappenundichheit

Zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde ausgeführt, dass unzweifelhaft höhergradige Abnützungen im Bereich des gesamten Bewegungsapparats (Wirbelsäule, Großgelenke der oberen als auch unteren Extremitäten) bestehen würden. Die Schmerzen würden die Limitation der Wegstrecke bedingen, wobei die Schmerzmedikation laut WHO nach Stufe I, entsprechend der Eigenangabe des BF, erfolge. Auf Grund der Untersuchung erscheine das zügige Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel nicht gewährleistet. Auch erscheine der sichere Transport bei Gang- und Standeinschränkung ebenso nicht gewährleistet. Beim BF würden direkte erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten in der Bewegungskette vorliegen. Eine Besserung sei nicht anzunehmen. Die Einschätzung gelte ab der Antragstellung.

6. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 05.02.2019 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

6.1. Die Parteien erstatteten dazu keine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist am XXXX geboren und im Besitz eines Behindertenpasses.

Der BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

-

Degenerative Veränderungen der großen Gelenke

-

Höhergradige Abnützungen bei beiden Schultergelenken

-

Höhergradige Abnützungen bei beiden Kniegelenken

-

Höhergradige Abnützungen bei beiden Hüftgelenken

-

Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Sprunggelenkes

-

Reaktive Depression auf Grund der Schmerzen

-

Leistungseinschränkung bei implantierter Aortenklappe, mit gleichzeitiger Mitralklappenundichtheit

Die Mobilität des BF ist insbesondere aufgrund der höhergradigen Abnützungen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates (Wirbelsäule, Großgelenke der oberen als auch unteren Extremitäten) und der daraus ergebenen Schmerzen erheblich eingeschränkt. Insbesondere liegen beim BF erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor.

Der BF ist nicht in der Lage eine kurze Wegstrecke im Ausmaß von 300-400 Metern selbständig zurückzulegen. Auch das sichere Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel sowie der sichere Transport des BF in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist aufgrund der bestehenden Gang- und Standeinschränkung unter den üblichen Transportbedingungen nicht gewährleistet.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, die Feststellungen zum Geburtsdatum und zum Besitz des Behindertenpasses ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Im seitens des erkennenden Gerichts eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von MR Dr. XXXX, Arzt für Allgemein- und Sportmedizin, vom 30.01.2019, welches auf einer persönlichen Untersuchung des BF basiert, wurde auf die Art der Leiden des BF und deren Auswirkungen auf die Mobilität und auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Feststellungen diesbezüglich gründen sich darauf.

Insbesondere wurde ausgeführt, dass beim BF höhergradige Abnützungen im Bereich des gesamten Bewegungsapparats sowie eine Gang- und Standeinschränkung bestehen.

Aus dem Untersuchungsbefund, der vom Amtssachverständigen MR Dr. XXXX erhoben wurde, konnte festgestellt werden, dass die Mobilität aufgrund der Wirbelsäulen- und Großgelenksleiden (Schulter, Knie, Hüfte, Sprunggelenke) und der dadurch bedingten Schmerzen erheblich eingeschränkt ist und der BF nicht in der Lage ist, eine kurze Wegstrecke im Ausmaß von 300-400 Metern selbständig zurückzulegen.

Im Gutachten wurden auch explizit erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten festgehalten.

Aus Sicht des erkennenden Senates ist aufgrund der vorliegenden Gesamtfunktionseinschränkung der sichere Transport des BF in einem öffentlichen Verkehrsmittel insgesamt, insbesondere auch das Ein- und Aussteigen, nicht gewährleistet.

Der Inhalt dieses ärztlichen Sachverständigengutachtens wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder vom BF noch von der belangten Behörde erstattet. Es blieb somit im gegenständlichen Verfahren unbestritten und wird der Entscheidung des erkennenden Gerichtes in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung von MR Dr. XXXX basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint und auch unstrittig ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, da auch von den Verfahrensparteien keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach

§ 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind entsprechend der Erläuterungen der oben angeführten Verordnung ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).

Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Der BF leidet an erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten im Sinne des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen.

Die Mobilität des BF ist erheblich eingeschränkt. Der BF ist nicht in der Lage eine kurze Wegstrecke im Ausmaß von 300 - 400 Metern selbständig zurückzulegen und Niveauunterschiede beim Ein- und Austeigen in beziehungsweise aus einem öffentlichen Verkehrsmittel sicher zu überwinden. Auch der sichere Transport des BF im öffentlichen Verkehrsmittel ist unter den üblichen Transportbedingungen nicht gewährleistet.

Da der BF zudem Inhaber eines Behindertenpasses ist, liegen die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass jedenfalls vor.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Vollständigkeitshalber wird angemerkt, dass nunmehr die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) mit der gegenständlichen Entscheidung vorliegen. Die belangte Behörde wird daher in weiterer Folge auch über den noch offenen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO zu entscheiden haben.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G303.2208705.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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